Jahre in Angst - Mein persönlicher Hilferuf

  • Hallo an alle da draußen, die sich hierhin verirrt haben.

    Ich bin ein mittlerweile siebzehnjähriges Mädchen, das eigentlich seit Jahren einen Albtraum aus Zwängen und Ängsten durchmacht.
    Es begann alles, als ich sieben wurde und in die Schule kam. Ich musste fast jeden Tag nach der zweiten oder dritten Stunde abgeholt werden, denn ich hatte das Gefühl, wenn ich nicht da wäre, würde meiner Mutter etwas passieren. Trotzdem schien es außer den Lehrern niemand ernst zu nehmen.
    Es steigerte sich, die Ängste wurden schlimmer, und plötzlich hatte ich fast jeden Tag Durchfall und extreme Magenkrämpfe, alleine weil ich wusste, dass ich auch an den nächsten Tagen in die Schule zu gehen hatte.

    Meine Klassenkameraden mieden mich, die Ängste wurden schlimmer. Sie gingen mit dem Älterwerden in andere Richtungen. Bin ich überhaupt als Mensch genauso viel wert wie die anderen?, war mein einziger Gedanke. Leider hatte ich in der Schule keine Freunde und in der Realschule begann es dann mit dem Mobbing. Ich wurde beschimpft, geschlagen und sogar sexuell belästigt, was die Ängste noch verschlimmerte, mittlerweile litt ich unter starken Panikattacken. Dazu kamen diese Zwänge. Ich musste generell alles zählen. Egal was. Und alle Elektrogeräte im Haus mussten ausgesteckt und mindestens dreimal kontrolliert sein, bevor ich einschlafen konnte. Ich fühlte mich nicht normal, grenzte mich von allem ab und versank in tiefen Depressionen.

    In der achten Klasse bemerkten meine Eltern, dass mit mir etwas nicht stimmte, als ich meinen Suizid androhte. Sie brachten mich zum Nervenarzt, und ich bekam endlich meine Diagnose und Arzneimittel. Mittlerweile hatte ich sehr spezifische Phobien: Die Angst vor hohen Räumen, weiten Plätzen und Menschenansammlungen, sowie akute Höhenangst. Die Panikattacken verschlimmerten sich um einiges, und ich kann all diese Orte bis heute nicht besuchen, auch wenn ich es irgendwann schaffen will.

    Heute geht es mir ein bisschen besser, leider nicht allzu viel, doch meine Eltern wollen nicht, dass ich irgendjemandem von meiner Krankheit erzähle, egal wie nahe er oder sie mir steht. Sie schämen sich dafür und ich schäme mich genauso. Ich fühle mich als minderwertiger Mensch und habe immer noch niemandem, der mir richtig nahesteht. Aber hier, in den anonymen Weiten des Internets möchte ich gerne die Meinungen anderer zu meinem Werdegang hören. Vielleicht bestärkt es mich ja.

  • He du!

    Glückwunsch zu dem Schritt!
    Erstmal kann ich dir sagen, nein du bist nicht anders und jeder hat natürlich Ängste. Zwar vielleicht nicht einem deinem Ausmaße, aber das du niemandem davon erzählen sollst, solltest du definitiv zurückweisen!
    Grade wenn man was älter wird kommt glaub ich das Bedürfnis sich da mitzuteilen und das solltest du auch tun, ok?

    Erzähle soviel wie du magst, es bringt viel, ich denke es ist wichtig das du auch diese Erfahrung machst, und vielleicht kannst du ja mit deinen Eltern reden und sie vor die Wahl stellen, entweder akzeptieren sie dich so oder du ziehst irgendwann deine eigenen Wege.
    Auch wenn dich die Aussage jetzt vielleicht ein wenig ins grübeln bringen sollte, du hast es mit deinem Post hier doch schon getan :winking_face:

    Hier sind viele Menschen die sich in Sachen Angst bestimmt mitteilen und ich würd dich bitten einfach alles nieder zu schreiben, und wenn du speziell Rat hast oder nicht weisst wie du irgendwie vorgehen sollst dann frag einfach.
    Kenn das nur von mir, hab halt Angst vor Menschenansammlungen und hab halt bis ich 20 oder 21 war noch nie einen Club oder so besucht. Man steigert sich da so rein und frisst es ebenso in sich, was eigentlich dann nur noch schlimmer wird und ne Depression wird zur Falle.
    Wenn also was ist, lass es raus!

    Grüsse!

  • Zitat

    Ich fühle mich als minderwertiger Mensch

    Aufgrund deiner Erkrankung? Totaler Quatsch! :winking_face:

    Was ich interessant find, ist, dass deine Eltern dir verbieten es Jemanden zu erzählen?!... Wann wirst du 18 ? du bist alt genug und meiner Meinung ist es allein deine Sache wem du davon erzählst und wem nicht, denn es ist deine Erkrankung und nicht die deiner Eltern. Und schämen brauch man sich deswegen auch nicht. Wenn deine Eltern sich deswegen schämen, dann kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Denn eigentlich wäre es ihre Aufgabe ihr Kind zu unterstützen und beizustehen. Nur so am Rande.
    Zu mal viele deiner Mitmenschen sich sicher manchmal fragen wieso du dich so verhälst wie du dich verhälst und auch wenn man es nicht meint, aber die meisten Menschen haben mehr Verständnis für solche Erkrankungen als man selber meistens denkt.
    Ich denke, wenn du darüber könntest, könnte es dir in deinem sozialen Umfeld einfacher machen.

    Machst du denn aktuell noch Therapie?

  • Find ich extrem unverständlich das ganze!
    Eine Therapie zu beginnen hat nichts mit dem Alter zu tun, sondern mit der Lage der Probleme die man angehen möchte.
    Und über die weiss nun mal niemand mehr Bescheid als du selbst.

    Übrigens kannst du auch schon unter 18 zu deinem Hausarzt (oder einem anderen) und ihm deine Probleme schildern :winking_face:

    Mich würde dein soziales Umfeld interessieren, klingt sehr "katholisch" das ganze?

    lg

  • Mir gings auch eher um das Ausziehen bei den Eltern. :winking_face:
    Und woher will dein das beurteilen, dass du keind Therapie mehr brauchst? Er ist kein Arzt/Therapeut und kann das beurteilen?
    Und du hast ja einen Leidensdruck wie du schriebst, da kann Therapie auf jeden Fall Abhilfe schaffen.

    Wie siehst du das denn selber?
    Ich mein du musst ja später auch mal ne Ausbildung machen oder was studieren und ich kann mir vorstellen, dass das sehr anstrengend und schwierig werden kann, wenn man unter solchen Ängsten leidet.

  • Ja, meine Eltern sind ziemlich katholisch.
    Und ich weiß auch nicht, woher mein Vater wissen will, ob ich noch eine Therapie brauche, oder nicht.
    Eine Ausbildung habe ich schon vor einem Vierteljahr begonnen und es hat mein Leben auch ins Positive verändert.
    Trotzdem komme ich mir manchmal immer noch so vor wie Stephen Kings 'Carrie'.

  • Persönliche Meinungen hin und her, wer Dogmen hinterläuft ignoriert wohl auch das Wohlergehen der eigenen Tochter.
    Schön dass die Ausbildung einen guten Effekt auf dich hat, so lernst du das du nicht anders bist, sondern dich vielleicht so fühlst.

    Nichtsdestotrotz lass dir da nicht reinreden.
    Wie sind dein Ängste denn derzeit, hindern die dich in deiner Ausbildung ebenfalls?

  • Hallo Satiria,

    Deine Eltern reiten dich ja quasi noch mehr in die Krankheit rein, indem sie dir verbieten dein Umfeld zu informieren. Gerade bei Zwängen ist das ein so wichtiger Schritt und wirkt entgegen dem Symptom, die Erkrankung zu verheimlichem und somit weiter zu festigen. Auch Scham ist ja ein ewig großes Thema dabei. Das ist echt eine harte Sache von deinen Eltern. Ich kann da nur sagen, dass deine Erkrankung so gesehen wohl auch nicht von ungefähr kommt. Wenn es irgendwie geht, halte dich nicht an das, was dir deine Eltern vorschreiben. Wer lebt mit der Krankheit: du oder sie? Was ist wichtiger: äußerer Schein oder die Gesundheit? Du hast ein Recht auf Hilfe, mit oder ohne Erlaubnis deiner Eltern. Und du hast auch ein Recht darauf, Freunde etc. einzuweihen, das lässt sich wohl schlecht verbieten ;).
    Vielleicht schenkst du ihnen zu Weihnachten eines der empfohlenen Büchern der dt. Gesellschaft Zwangserkrankter für Angehörige :smiling_face: - weil offensichtlich haben sie nicht wirklich einen Plan davon, wie es dir geht, sondern nur davon, wie es dir nach ihrer Meinung gehen soll.

  • Bin ich überhaupt als Mensch genauso viel wert wie die anderen?

    Ja klar. Du bist ein Mensch wie jeder andere mit allen Hoffnungen und Aengsten.

    meine Eltern wollen nicht, dass ich irgendjemandem von meiner Krankheit erzähle

    Du entscheidest fuer Dich was Du willst. Wenn Du reden willst...dann rede !!!

    und mein Vater ist der Meinung, dass ich keine Therapie mehr brauche.

    Steckt Dein Vater in Deinem Koerper das er weiss was Du brauchst und was nicht ? Es geht da um Dich....und absolut nicht um ihn. Seine Vorstellungen darf er sich ganz galant ans Hinterteil kleben. Du bist noch nicht volljaehrig aber mit 17 auch kein kleines Kind mehr.

    Eine Ausbildung habe ich schon vor einem Vierteljahr begonnen und es hat mein Leben auch ins Positive verändert.

    Ein Schritt in die richtige Richtung. Das Positive zu sehen ist nicht immer einfach. Nimm es an wenn Du es siehst....mit Deinen Augen.

    LG Siegfried

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