Umgang mit Zwangsstörungen im Alltag

  • Hallo erstmal. Ich bin neu hier und stelle mich später nochmal genauer vor. Ich weiß noch gar nicht ob dass hier auch so ùblich ist, daher belasse ich es erstmal für ein paar Worte. Ich bin 33 Jahre Alt, wohne in NRW (Owl), beruflich Schlosser und leide seit meiner Kindheit unter dem Tourette Syndrom und Zwangsstörungen.

    Nun wie fing das an. Ich hatte als Kind so um 10 Jahre schon immer mal über ein paar Wochen den Tick, mit meiner Brille herum zu spielen. Das waren mehrere Sachen, wie das herumbiegen an den Nasenstegen oder Bügeln, die auch dann und wann mal abgebrochen sind. Das war damals und heute oft ziemlich nerfig. Nun habe ich mit 3 Dioptrien aber nicht gerade gute Augen, also ein paar Tage ohne Brille geht auch nicht so einfach. Und so hatte ich mit dieser Macke schon etwas zu kämpfen.

    Nun war dieser Zwang und einige andere, die oft in dieser Richtung gingen immer mal ein paar Wochen oder ganz wenige Monate da, dann aber auch mal wieder zwei oder drei Jahre weg. Ich hatte mir schon den Kopf darüber zerbrochen wie es immer wieder dazu kommt, dass mich dieser Zwangsstörungen packen, bin da aber nur zu einem Schluss gekommen. Wenn sich gravierende Dinge in meinem Leben änderten.
    Das mit der Brille war zu Beginn meiner Lehrzeit dann wieder für 2 Monate so. War dann aber auch wieder weg.
    In den letzten Jahren war dass dann aber haufiger der Fall. Ich suche mir irgendwas aus, und habe den Zwang daran herumbiegen oder zu fummeln. Was ich damit bezwecke kann ich bis heute nicht sagen, gibt dafür wahrscheinlich auch keinen Grund. Vielleicht der Kick zu wissen wieviel irgend ein Teil aushalten kann oder so, ka.
    Nun wohne ich seit letztem Herbst in einer Eigentumswohnung, vorher noch zu Hause im Obergeschoss. Seit Herbst ist die Sache wieder verstärkt da. Ich hatte im März etwas Ruhe vor diesen Zwangsstörungen aber seit 3 Wochen gehen sie mir wieder auf den Sack. Das ist im Moment so, dass ich schon 2-4 Stunden mal von diesen Gedanken abgelenkt werde, und sie Phasenweise im Kopf habe. Bin ich dann in der Nähe gehe ich diesen Zwangsstörungen auch nach.
    Denn ganz lassen kann ich sie halt nie auch wenn sie dann wieder für ein paar Tage verschieden. Doch dann wechselt man nur den Gegenstand.

    Daher mal die Frage, wer von euch hat so etwas in der Richtung und wie kommt ihr damit durch den Alltag.

  • Hallo MurDOC5000,

    Ich bin zwar nicht direkt betroffen, aber indirekt total, da ich mit Personen arbeite, die genau wie du Zwänge und Tourette haben und auch Angehörige eines Betroffenen bin.
    Meine erste Frage: bist du sicher, dass das ein Zwang ist? Oder ist es ein Tick? Ticks können sich sehr vielfältig äußern und auch wie Zwänge aussehen. Der Unterschied wäre insofern wichtig, dass Ticks sich verschieben lassen, Zwänge aber nicht. Für einen Tick würde auch sprechen, dass das Verhalten nur phasenweise, nicht aber ständig auftritt - hast du das mal abklären lassen?

    Warum glaubst du, dass es einen Zweck/Ursache haben muss, wenn es ein Zwang ist?

    Wie wirst und wurdest du denn bisher behandelt? Hast du gelernt, Ticks rauszuzögern und Zwänge zu ersetzen?
    Das Verhalten was du beschreibst kenne ich von einem meiner Kids in ähnlicher Form, das wirkt stimulierend und beruhigend zugleich auf den Betroffenen. Wie ist deine Anspannung, wenn du diesen Zwängen nachgehst? Was passiert, wenn du es nicht tust?

    Im Alltag kann man ja zu einem gewissen Grad trainieren das Verhalten abzuschwächen oder zu ersetzen. Machst du dahingehend was?

    VG,
    grany

  • Danke für die schnelle Antwort Grany.

    Behandelt wurde ich bis jetzt noch nicht, da ich noch nicht bei einem Psychologen war. Ich hatte zwar vor 6 Jahren schon einmal ein Medikament vom Psycho_doc bekommen, mich haben die Nebenwirkungen damals wie heute aber so abgeschreckt dass ich es so versucht hatte damit klar zukommen. Und vor 6 Jahren hat sich die Sache dann auch so erledigt, dass ich es nicht mehr in Erwägung gezogen hatte zu nehmen.

    Wie unten schon geschrieben ist es seit 6-7 Monaten wieder da. Nach deiner Definition wären es dann Tics. Setze ich den Zwängen aber in dem Fall gleich, da sie oft über mehrere Wochen anhalten. Und auch dann nicht ganz verschwinden sondern oft ein paar Monate ruhen, jedenfalls im Moment, um dann zu völlig willkürlichen Zeiten durchzubrechen. Ich will da jetzt nicht alles nennen, aber wenn ich z.B. heute den Zwang / Tic habe an meinem Mauskabel herumzuspielen, kann dass in drei/vier wochen Vorbei sein, dann aber entweder durch eine andere Sache ersetzt werden, oder nach einer Weile wieder auftreten. Das eben war nur ein Beispiel was ich noch als sehr lapidar ansehe. Es geht dann aber auch dahin, Dinge beschädigen zu wollen die weitaus teurer sind als ein Computermaus.

    Ich versuch es seit einem halben Jahr mit "Sinnvollen Argumentationen" dageben vorzugehen, mir einzureden wie dämlich dass doch eigentlich ist, das haut aber nur zum Teil hin. In Kombination mit etwas Selbstdisziplin geht das aber nicht immer gut, und oft ist man dann an einem Punkt wo einem der Tic / Zwang dann wieder packt.

  • Hallo nochmal,

    Es wäre, so denke ich, schon wichtig, dass mal abklären zu lassen: ob Tic oder Zwang. Und zwar nicht allein durch meine Laien-Definiton. Es gibt nicht überall gute Ärzte/Therapeuten, die sich mit Tourette und Zwang gut auskennen. Mittlerweile gibt es nicht nur den Weg der Medikamente - es gibt auch den Weg der Trainings. Einige wenige gute Kliniken bieten ambulante Tourette-Sprechstunden an... es wäre sicher extrem sinnvoll wenn du mal da die Ausmaße deiner Krankheit aufzeigen lässt und die entsprechenden Möglichkeiten! Ein örtlicher Psychologe ist da nur sehr bedingt der richtige Ansprechpartner, mit einem großem Kompetenzzentrum einer Klinik ist das schon viel besser. Die können dir dann auch bei Wunsch den entsprechenden örtlichen Arzt/Psychologe nennen, der für das Krankheitsbild auch wirklich die fachliche Kenntnis und nicht nur eine allgemeine Krankheitskenntnis hat. So kommst du viel schneller an eine kompetente Lösung und kriegst nicht gesagt, du sollst irgendwelche Pillen oder allgemeinen Verhaltenstherapien machen. Ist nur von meiner Erfahrung heraus ein Rat.

    Wenn dich das wirklich so stört, dann wirst du auch bereit sein, dir entsprechende ärztliche Informationen zu holen. Weil du hast ja keinen Einstellungsfehler, sondern eine Krankheit (jetzt egal ob Tic oder Zwang) und eine Krankheit wird man nicht durch "sinnvolle Argumentation" oder Disziplin los. Natürlich kann das der Gesundheit förderlich sein, aber bei einem Knochenbruch hilfts doch auch nicht, wenn ich diszipliniert meinen Arm schone und sinnvoll damit umgehe - da hilfts zunächst nur zum Arzt zu gehen, damit der abklären kann, ob es ein einfacher Bruch ist, der geschont werden muss oder ob vielleicht auch Nerven geschädigt sind, der Knochen Splitter hat oder nur angebrochen ist. Du weißt sicher, wie ich das meine und ich könnte mir vorstellen, dass du vielleicht insgeheim das auch bereits weißt.

    Wenn du nicht bereit zur fachlichen Hilfe bist, wird es schwer von Laien erleichternde Ratschläge zu erlangen, da die nicht wissen, was mit deinem "Arm" los ist und selber ganz andere Brüche haben. Gerade bei dem Krankheitsbild ist es schwierig ohne klare Kenntnisse Analogien zu ziehen. Nur mal so bildlich gesprochen und nur mal mein Wissen als außenstehende Person, die das so von den Betroffenen/Kliniken/Ärzten indirekt miterlebt hat und so aufgenommen hat. Die Realität wist du rausfinden, wenn du möchtest.

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