Wettsüchtig, wie komme ich da raus?

  • Hallo miteinander.

    Ich bin 28 Jahre alt, männlich und lebe in einer festen Beziehung. Ich bin nun seit ca. 4-5 Jahren definitiv wettsüchtig.
    Angefangen hat alles damals mit bwin und Einsätzen zwischen 10 und 20 Euro. Da ging es wirklich nur um Spaß. Ich habe hin und wieder mal was gesetzt und es wieder gelassen wenn ich verloren hab. Nach und nach bin ich dann aber irgendwie in den Sog geraten, wie kann ich gar nicht mehr genau sagen. Ich denke das Problem war, dass ich damals ohne irgendeinen Plan 25 Euro auf 6 Baseballspiele in den USA gesetzt habe (Hab noch nie vorher ein Baseballspiel gesehen, einfach nach dem Prinzip 1,75 gegen 1,95 Quote, da wird schon der mit 1,75 gewinnen) und dadurch 800 Euro gewonnen habe. Daraufhin habe ich meine Einsätze erhöht weil ich "natürlich" dachte das klappt öfter. Logische Konsequenz, ich habe die 800 komplett verloren und erstmal wieder 100 eingezahlt um wieder den Status zu erreichen... In der Zeit hab ich echt viel Müll getippt. Wasserball-WM, Cricket in Indien und vieles mehr wovon ich noch nicht mal die Regeln kenne.

    Naja irgendwann bin ich dann "sinnvollerweise" auf Fußball umgestiegen, (sinnvoll, weil ich großer Fußballfan bin und davon wenigstens etwas Ahnung habe) und habe nur noch analysierte Sachen getippt. Wie es halt so ist, natürlich hie und da mal was gewonnen, aber kontinuierlich über die Monate immer verloren. Ich habe kaum mit System oder Moneymanagement gespielt, weil ich einfach zu gierig bin. So habe ich auch so gut wie nie Einzeltipps gespielt, sondern immer Kombis. Über die Jahre habe ich über 20 Wettkonten angelegt, Bei allen namhaften Anbietern habe ich inzwischen eines.... Ich hatte irgendwie immer wieder das Gefühl ein neuer Anbieter bringt mir neues Glück...
    Zwischenzeitlich habe ich auch immer mal wieder den Schalter selbst umlegen können und aufgehört (Pause gemacht besser gesagt) und sogar diverse Konten schon gesperrt. Allerdings hat das dann halt auch nur bis zum nächsten Sportevent (z.B WM) gehalten und dann hab ich halt bei einem anderen Anbieter wieder ein Konto eröffnet.
    Ich hatte auch meine Phasen wo ich mit guten Analysen und halbwegs vernünftigen Wetten aus 100 Euro in 3 Wochen 5000 Euro gemacht habe.
    Aber ich war immer und immer wieder zu gierig und wollte mehr. Also habe ich damit weiter gespielt und meine Einsätze bei dem Kapital z.B. auf 1000 Euro oder 500 Euro erhöht und selbstverständlich wieder alles verloren...

    So habe ich über 3 Jahre bestimmt 20.000 Euro an Einzahlungen verloren. Das was ich ausgezahlt habe ist nicht der Rede wert, zumal ich es in der Regel innerhalb einer Woche wieder doppelt und dreifach eingezahlt habe.
    Vor 2 Jahren habe ich dann den bisher größten Fehler meines Lebens gemacht und nach und nach mehrere Kredite aufgenommen über insgesamt ca. 20.000 Euro um mir meine Einsätze finanzieren zu können. Ich war mir aus mir selbst unerklärlichen Gründen in dem Moment absolut sicher, dass ich mit "sicheren" Wetten das Geld einfach verdoppel, die Kredite direkt zurück zahle und dann im Geld baden kann... Selbstverständlich hat das nicht geklappt und ich lebe seit 2 Jahren mit monatlichen Fixkosten von ca. 500 Euro nur für Kreditrückzahlungen.
    In 2 Monaten ist es endlich soweit und die ersten 2 Kredite sind getilgt und somit reduzieren sich die Fixkosten um ca. 300 Euro.

    Im Grunde genommen lebe ich jeden Monat auf 0 Euro, habe keine Rücklagen, aber zum Glück abgesehen von den Kreditschulden keine Zahlungsrückstände. Ich zahle jeden Monat pünktlich meine Miete und die Kredite zurück und das restliche Geld wandert meistens an die Wettanbieter. Viel ist das in der Regel freilich nicht mehr.
    Meine aktuelle Situation ist, dass ich vor 3 Wochen unerwartet 1000 Euro geschenkt bekommen habe (Eine Art vorzeitiges Erbe) und wie ihr euch denken könnt alles verzockt.
    Nur habe ich dieses mal mein eigenes Tabu gebrochen und bin so weit gegangen, dass ich als die 1000 Euro weg waren, direkt nach Gehaltseingang erstmal eingezahlt habe um die 1000 Euro wieder zurückzugewinnen und zwar so viel, dass mein Konto nicht mehr gedeckt war für die Kreditraten. Nun flattern mir die Mahnungen ins Haus... Natürlich kommt jetzt nicht gleich der Gerichtsvollzieher, ich kann die schon noch aus eigener Kraft ausgleichen sobald mein nächstes Gehalt da ist, aber dieser Tabubruch hat mir jetzt endgültig das gezeigt was ich zwar schon lange weiß, aber nie wahrhaben wollte:
    Ich bin krank. Ich schaffe es aus eigener Kraft nicht. Ich brauche Hilfe.

    Ich dachte immer (wie wahrscheinlich fast alle Süchtigen), jetzt noch das eine Mal, dann hör ich auf, werde ich schon schaffen, denn ich weiß ja dass es so nicht weiter geht und man muss es ja nur selbst verstanden haben und dann haut das schon hin.

    Aber das tut es nicht. Jetzt gerade bin ich bei Verstand und würde abgesehen davon, dass ich gerade kein Geld habe nichts einzahlen. Aber ich mach mir nichts mehr vor, ich weiß, dass ich sobald mein Gehalt da ist und ich einen "todsicheren" Tipp sehe wieder einzahle und notfalls erneut Mahnungen in Kauf nehme, weil ich in dem Moment wieder überzeugt bin ich gewinne und hol das verlorene der letzten Wochen wieder rein und entledige mich so meiner Sorgen.


    Lange Rede kurzer Sinn, ich weiß dass ich Hilfe benötige und alleine trotz dieser Erkenntnis wohl nicht weiter komme.
    Für mich ist es schonmal sehr erlösend mir das alles von der Seele zu schreiben, denn es gibt zwar einige in meinem Bekanntenkreis die von meiner Spielerei wissen, ja auch meiner Freundin habe ich letzte Woche gesagt dass ich süchtig bin und es nicht mehr unter Kontrolle habe, allerdings hab ich mich nicht getraut jemandem das ganze Ausmaß zu unterbreiten...

    Meine Frage an euch, abgesehen davon wie gesagt dass es mir schon gut getan hat all das zu erzählen, ist was ihr mir empfehlen würdet.
    Professionelle Hilfe ist klar, ich möchte mir auch helfen lassen.
    Aber ich hab keine Ahnung auf welche Art...

    Selbsthilfe Gruppe? Therapeut? Psychologe? Ich weiß einfach nicht wohin ich mich wenden soll...

    Vielen Dank im voraus für das Durchhaltevermögen beim lesen und für jeden Tipp oder Kommentar.

    Liebe Grüße,

    crystallic

  • Hallo crystallic,
    ich finde das du mit deiner Selbsteinschätzung schon malauf einen guten Weg bist.

    Das Buch von "Alexander Bollmann - Keine Zeitfür Vernunft" hat mir persönlich dabei geholfen, wie man mit Klarheit nach intensiver Selbstreflexion meinen persönlichen Checkliste erstellt. Ich habe mein Leben umgestellt d.h. ich habe angefangen monatlich Geld zurückzulegen und nebenbei meine Liste abgehackt diese positives Erlebnis hat mich beflügelt. Diese Zwischenschritte sind für mich momentan wichtige Stützen, ich hoffe das ich mit meinen Input in irgendeiner Form beitragen konnte.

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