Erw. Sohn (heute 25) mit Depression und Angsterkrankung lässt sich nicht helfen, stattdessen nimmt er "Helferlein" und macht alles noch schlimmer

  • Hallo,
    ich bin zum ersten Mal hier, obwohl ich schon über 1 Jahr versuche mit der Situation zurecht zu kommen, bzw. versuche sie zu verbessern ( für meinen Sohn). Eigentlich weiß ich gar nicht wo ich anfangen soll... ich habe 4 Kinder, er ist mein ältester und war schon immer mein Sorgenkind - mal mehr, mal weniger. Es würde den Rahmen hier sprengen, wenn ich von vorne anfange... Daher beginne ich einfach bei der aktuellen Situation: Mein Sohn wohnt seit er 20 ist in einer eigenen Wohnung - hat seine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und hat sogar die weiterführende BOS besucht um sein Abitur nachzumachen - soweit war (zumindest dachte ich es) alles ok - er bekam bafög und die Wohnung wurde von uns übernommen - selbstverständlich, wie auch bei den jüngeren Kindern die studieren - auf dem Land gehts leider net anders, da die Uni zu weit weg ist um zu pendeln. Im Dez. 2015 erhielt ich einen Anruf von der Krankenkasse, das mein Sohn abgemeldet wurde..?? Ok, so erfuhr ich das er die Schule geschmissen hatte. Ich suchte natürlich sofort das Gespräch, da er überhaupt nix gesagt hatte - er meinte dann, dass er schlechte Noten hatte und lieber nächstes Jahr noch mal starten wolle... ok, dachte ich mir - dann mußte halt arbeiten gehen bis dahin, weil Bafög, Kindergeld etc. fallen ja damit weg. Zu dem Zeitpunkt war mir nicht ersichtlich was wirklich dahinter gesteckt hat - natürlich klappte das mit dem Arbeiten gehen nicht wirklich - er bekam aber wohl Arbeitslosengeld - Wohnung wurde weiter von uns übernommen - blieb uns auch nix anderes übrig, da wir als Mieter im Mietvertrag mit drin stehen. Er lies mich immer im Glauben sich um Arbeit zu bemühen, und irgendwann meinte er auch einen Halbtagsjob gefunden zu haben - so konnte er zumindest sein Kosten für alles andere selber tragen - DACHTE ICH. So wurde ich monatelang mit Lügen im Glauben gelassen es geht ihm gut und es passt alles. Selbst als ich ihn besucht habe hatte er sich wohl besonders Mühe gegeben das Bild aufrecht zu erhalten.

    Im Okt. 2016 dann brach alles zusammen: wir waren zum Essen verabredet, ich stand also mit den Geschwister vor seiner Türe und wollten Ihn abholen.... er machte nicht auf. Erst als ich den Schlüssel zückte, polterte er zur Türe und servierte uns kurz und bündig ab: ich kann nicht, ich komm nicht mit... das wars. Wir gingen dann wieder, ich war aber ziemlich geschockt und konnte erstmal gar nicht fassen was passiert war - ich stellte mir alles mögliche vor - so ist mein Sohn noch nie mit mir(uns) umgegangen.

    Eine Woche habe ich gebraucht um mir zu überlegen wie ich damit umgehe.... in dieser Woche habe ich allerdings auch recherchiert: er hatte weder die erfundene Arbeit, krankenversichert war er auch nicht mehr... OK- da stimmt irgendwas nicht.
    Ich bin dann mit Schlüssel bewaffnet zur Wohnung und habe geklingelt, wollte ihn zur Rede stellen. Natürlich machte er nicht auf - also bin ich mit Schlüssel rein.... die Wohnung war ein Schlachtfeld, alle Rollos runter, er in einem vernachlässigtem Zustand - schlimm. Als er mich entdeckte wollte er mich erst raus schmeißen, aber da mein Sohn Gott sei Dank doch noch einen gewissen Respekt vor mir hat, gelang ihm das nicht. Ich habe mich auf die Couch gesetzt und gesagt das ich erst gehe, wenn ich weiß was hier los ist. Es dauerte ein bisschen bis er mir unter tränen eröffnete das er seit 3 Jahren Angstattacken habe die vor allem in der Schule aufgetreten seien, ohne das er real Angst habe- sie überfiel ihn einfach und er wäre wie erstarrt bis hin das er denkt er müsse sterben - ich war geschockt, hatte mit allem gerechnet aber nicht damit. Er habe mit niemanden darüber reden können, nicht mal mit mir - und selbst versucht das in den Griff zu bekommen, was mal mehr und mal weniger geklappt hat - Bücher, Internet, Foren verschlungen - die Mittel die er so genommen hat, kannte ich teilweise nicht mal... von Drogen über Medikamente war alles dabei - so überstand er wohl das erste Jahr auf der BOS. Er kämpfte sich noch bis zum Dez15 durch die Schule bis dann der Zusammenbruch kam und er alles hinschmiss. Zu diesem Zeitpunkt war er eigentlich schon am Ende - hielt die Scheinwelt nach aussen aber weiter erfolgreich aufrecht - Besuche seinerseits kamen aber keine mehr….er sagte weil er kein Auto habe -mein schlechtes Gefühl wurde weggelogen. Selbst seinem Bruder konnte er vormachen das alles ok sei… ein halbes Jahr hatte er nix zu essen, ging Flaschen sammeln und ernährte sich von Äpfeln die er nachts von den Bäumen geklaut hatte… er hatte bereits konkrete Pläne sich das Leben zu nehmen, so verzweifelt war er….es war Horror als Mutter das zu hören. Er hätte nur mit mir reden müssen…. aber er konnte nicht sagte er. Ich nahm ihn in den Arm und versprach ihm, dass wir die Sache nun angehen. Ok jetzt wars raus - das erstmal seit 3 Jahren in dem er das mit rumschleppt.

    Mein Schlachtplan machte er wirklich super mit: Arbeitslos melden - versichert sein (am nächsten Tag erledigte er das) am gleichen Tag sind wir dann in die Ambulanz der Psychiatrie - dort durfte ich leider nicht mit rein, da er ja volljährig ist. Er bekam die Diagnose Depression und Angsterkrankung, ein Antidepressiva undein paar Adressen wo er sich um einen Therapieplatz bewerben soll - eine stationäre lehnte er ab.. leider. Einmal im Monat hatte er dort in der Klinik noch übergangsmäßig Termine. Das war jetzt vor einem Jahr - anfänglich hat er wirklich gut mitgemacht - als wenn er Hoffnung geschöpft hatte. Seit dieser Zeit fahre ich einmal die Woche zu ihm, helfe ihm wo ich kann, putze, wasche und geh mit ihm spazieren, mal essen und viel reden, finanzelle Unterstützung sowieso - jeden Sonntag…. leider hat er bis heute immer noch keinen Therapieplatz und er hat auch wieder die Hoffnung verloren - keine Zukunftspläne - resigniert. Heute habe ich entdeckt - er greift wieder zu allem was ihm für den Augenblick ein besseres Gefühl gibt, Schlafmittel damit er schlafen kann usw. usw. Natürlich bekommt er immer weniger hin. Ich habe eine riesen Angst das er sich was antut….Ich würde sogar alles privat bezahlen, Klinik, Therapeut - aber er sieht kein Sinn darin :frowning_face: und ohne ihn kann ich das auch nicht in die Wege leiten, er ist ja volljährig.

    ich fühle mich so hilflos! Was kann ich nur tun? Es ist so eine gefährliche Mischung! Hat jemand Erfahrungen mit einer ähnlichen Situation?
    Oh Gott ist das lang geworden - tut mir leid - danke schon mal für das Durchlesen…

    eine verzweifelte, liebende Mutter

    Einmal editiert, zuletzt von pables (2. Juli 2017 um 22:04)

  • Servus pables,

    leider fast schon ein "klassischer" Fall, der Betroffene kann noch nicht erkennen, wie ernst die Lage ist - so scheint es. Ich bin sicher, meist weiß der Erkrankte schon sehr genau was grade passiert, doch die Erkrankung ist eben so "unfair" und arbeitet voll gegen Einsicht und annehmen von Hilfe.

    Als Angehöriger kann man wenig machen, aber du tust ja bereits alles was möglich ist.
    Oft sagt man, grade extreme Hilfe Angehöriger bewirkt das Gegenteil - die Wohnung wird bezahlt, also hat er ja seinen geschützten Raum und kann sich verkriechen.
    Auf der anderen Seite, wer setzt schon seinen Sohn einfach vor die Türe ...
    Trotzdem solltest du überlegen, ob dein Putzen und letztlich alles für ihn erledigen der richtige Weg ist.
    Es bleibt nur eines was du tun kannst - hilf dir selbst und geh zur Angehörigenberatung!
    Beispiel ==> Diakonie Schweinfurt: Startseite

    Im Grunde bleibt der Familie nur abzuwarten, sachte auf den Erkrankten einzuwirken, dass er sich helfen lässt. Letzteres ist immer eine Gratwanderung, wirkt man zu viel, verliert man den Zugriff.
    Man kann nur immer zeigen, wir lieben dich und würden dir gerne helfen, doch ohne dein Zutun kann man dir nicht helfen.
    Aber es gibt ja auch Geschwister, die haben vielleicht sogar einen etwas leichteren Zugang als die Eltern.
    Es geht sowieso nur im Familienkollektiv ...

    Abschließend noch, wenn konkrete Hinweise auf einen eventuellen Suizid bestehen, dann kann man natürlich schon was machen.
    Aber das sollte besser zusammen mit einem Berater oder behandelnden Arzt passieren, dein Sohn wird es nicht als Hilfe ansehen.

    Ich denke es wird dir aber auch helfen, wenn du dich mitteilst und dafür ist unser Forum ja da :smiling_face:

    LG Franz

  • Hallo Franz,
    danke für deine Antwort. Ja es hat gut getan das mal so abzuladen... Seit der Erfahrung gestern, mit dem Drogenfund und seinem Zustand wurde mir bewusst wie wenig ich mit meinem Tun erreicht habe - nämlich eigentlich gar nix - Symptom-Behandlung mehr nicht... es ist wirklich der blanke Horror. Ich werde mir jetzt selber Hilfe suchen, ich brauche Antworten und Hilfestellung. Das schlimmste ist diese Angst das er sich was antut, die Schuldgefühle die man als Mutter mit rumträgt, die Frage nach dem warum und was habe ich falsch gemacht - naja das wiederum ist auch wieder klassisch. Finanziell ist er jetzt auch noch unabhängig, bekommt Harz4 und die Wohnung wird vom Amt bezahlt. Ich weiß das es wahrscheinlich das sinnvollste wäre ihn zu lassen und abzuwarten - wäre er mein Mann würde ich mich sofort trennen (wegen den Drogen nicht wegen Depression) - aber vom eigenen Kind kann man sich nicht trennen... ich würde es nicht überleben wenn er sich was antut in seiner Verzweiflung.

    Ich bin schon soweit, dass ich nur warte bis ich ihn desolat in seiner Wohnung antreffe um dann den Rettungswagen zu holen, damit er in die Klink kommt ... ich weiß doofer Gedanke, aber solche Gedanken habe ich schon :tired_face::tired_face:

    Vielen Dank für den Link, den schau ich mir gleich mal genauer an.

    LG
    pables

  • Hi... Ich bin auch so ein Sohn... Ich entschuldige mich schon mal gegenüber aller Mammas... Ich habe genau das selbe durchgemacht... Und meine Mom durch die Hölle geschickt... Allerdings waren bei mir noch Drogen im Spiel... Was ich Ihr an einem Sylvestermorgen gestanden habe... Ich glaube das Dein Sohnemann das nicht gegen irgendjemanden richtet... Er ist halt mit seiner Lebenssituation unzufrieden gewesen, und ist dann den Weg des geringsten Wiederstandes gegangen... So habe ich es auch gemacht...
    Je mehr Druck Du auf Ihn ausübst, um so schlechter fühlt Er sich... (zumindest war es so bei mir)... lass Ihn machen, und gib Ihm immer das Gefühl, das Dur /Ihr da seit...
    Hinterfragen, bringt in diesem Fall gar nix...
    MfG Markus

  • Hei Viereck,
    ich übe keinen druck aus, da er unter schweren depressionen leidet wäre das natürlich kontraproduktiv - aber einfach machen lassen ist für mich unmöglich, er hätte sich fast das leben genommen und so wie er beeinander war weiß ich es das es auch so gekommen wäre. mein sohn liebt mich und wir haben ein gutes verhältnis, wer will mich nicht unglücklich machen, das ist mir klar - vorwürfe mache ich ihm auch nicht sondern versuche ihn mit zureden zu einer therapie zu bewegen. und ja es ist die hölle für eine mutter... aber auch für meinen sohn, das ist mir klar... wenn ich wüsste das es irgendwann aufhört, er wieder klar kommt dann würde ich sofort zur salzsäule erstarren und ihn machen lassen, glaub mir! aber was ist wenn nicht? ...

  • ich habe professionelle hilfe in anspruch genommen, die mir sehr gut hilft damit umzugehen - mir auch wege aufzeigt meinem sohn zu helfen ohne ihn unter druck zu setzen. es gibt nach wie vor gute und schlechte tage - ich bin bereit wenn er soweit ist sich helfen zu lassen und bis er soweit ist, zeige ich ihm dass ich ihn überall abhole - egal wo er ist.

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