Mein Freund ist Alkoholiker und sitzt in U-Haft - was kann ich tun, wenn er raus kommt?

  • Hallo in die Runde!
    Ich bin neu hier und hätte gern euren Rat.
    Ich bin Sozialarbeiterin und habe mich letztes Jahr in einen "Klienten" von mir in einem Flüchtlingsheim verliebt. Leider war er damals und scheinbar auch schon für viele Jahre (was ich von meinen Kollegen gehört habe) alkoholsüchtig. Fast jeden 2.-3. Tag habe ich Alkohol an ihm gerochen bzw. ihn betrunken und abgehalftert im Heim herumlaufen sehen. Er hatte viele Probleme, als ich den Job angefangen habe und ihn kennen gelernt habe. Ich konnte ihm dabei helfen, seine Finanzen zu regeln und sogar, ein Praktikum und anschließend eine Ausbildung anzufangen! Es ging ihm besser in der Zeit. Er hat viel mehr auf sich geachtet und weniger getrunken (ich glaube wenn, dann nur am Wochenende aber dafür viel :-/). Für ca. 1 Monat hielt das an, dann gab es ein paar Probleme auf der Arbeit - er fühlte sich diskriminiert und bevormundet und auch im Flüchtlingsheim ging es drunter und drüber. Aufgrund des Flüchtlingsansturmes im Sommer kamen ständig so viele neue Leute. Er musste im Heim umziehen. Auch habe ich nebenbei erfahren, dass er kein gutes Verhältnis zu seiner Ursprungsfamilie in der Heimat hat und immer wenn sie Telefonkontakt hatten, trank er massiv. Es ging also leider alles den Bach runter im September und Oktober - er wollte die Ausbildung nicht weiter machen und hatte dann auch wieder kein Geld mehr. Es gab ständig Konflikte in dem Heim und ich machte mir große Sorgen, dass ihm irgendetwas passiert, wenn er noch länger dort bleibt. Ich gestand ihm im September meine Liebe. Er meinte, er hätte auch Gefühle für mich. Wir wollten es aber ganz langsam angehen, solange er noch in dem Heim wohnte und ich noch dort arbeitete. Aber wir näherten uns immer mehr an. Ich habe noch nie einen Menschen wie ihn kennen gelernt und er ist der Erste, in den ich mich richtig verliebt habe - trotz Alkohol... Es gab einen Moment, wo ich ihn zu mir nach Hause eingeladen habe über das WE, er aber kurzfristig doch nicht mitkommen wollte. Ich habe mit ihm am Telefon gesprochen und war sehr traurig - er wollte dann, dass wir es lassen mit der Beziehung. Er meinte, ich solle mir einen besseren Jungen/Mann suchen. Ich antwortete ihm per Whatsapp dann später, dass ich keinen anderen außer ihn möchte. Daraufhin schrieb er mir zum ersten Mal "Ich liebe dich".
    Ok also wir kamen uns immer näher und er blieb tatsächlich ein WE im Oktober bei mir. Es war sehr schön - und er hat nicht getrunken. Am Montag kamen wir wieder zurück ins Heim (getrennt voneinander, damit keiner merkt, dass wir zusammen sind) und noch am selben Tag fing er an sich zu betrinken. Ich war geschockt!
    Am nächsten Tag komme ich auf Arbeit und ich erfahre von meinen Kollegen, dass er in der Nacht an einer Auseinandersetzung unter den Bewohnern beteiligt war und von der Polizei verhaftet wurde. Er sitzt seitdem in U-Haft. :loudly_crying_face:
    Wir schreiben uns regelmäßig aller 2-3 Tage Briefe und ich besuche ihn 1x im Monat. Aktuell läuft seine Verhandlung. evtl. kommt er bald raus. Das Thema Alkohol habe ich in den Briefen öfter angesprochen - er ist lange Zeit nicht richtig darauf eingegangen. Erst in den letzten 2 Monaten - da hat er im Knast auch einen Therapie angefangen und mir gesagt, dass er ganz mit dem Trinken aufhören will und dass er nun sieht, dass er durch den Alkohol viele Probleme im Leben hatte, wir haben sogar über Heirat und Kinder gesprochen!
    Ich möchte gern mit ihm zusammen ziehen, wenn er raus kommt, weil ich nicht zulassen möchte, dass er wieder zurück in dieses schreckliche Heim muss oder auf der Straße landet und weil ich mit ihm eine richtige Beziehung haben möchte. Ich mache mir allerdings auch große Sorgen, was dann passiert und v.a. wie ich mich verhalten soll, wenn er doch wieder trinkt!???
    Ich habe leider mit dem Thema Alkohol überhaupt keine Erfahrungen.
    Könnt ihr mir vielleicht etwas empfehlen oder raten? Wie könnte ich ihm helfen bzw. ihn unterstützen?
    :6:

  • Hallo Amaly 1304,

    ich kann dir nur einen Rat geben, wenn er draußen ist und dann wieder mit dem trinken anfängt, verlass ihn. Jeder ist für sein Leben selber verantwortlich und er muss es wollen. Wenn er nichts ändert gehst du daran kaputt, ich spreche aus Erfahrung.
    Mein Mann hat mir auch so oft Versprechungen gemacht, das hat er dann ein paar Wochen durchgehalten und dann ging der ganze Mist wieder von vorne los. Er muss es für sich selber tun und nicht für dich, sonst fängt er immer wieder an...
    Wünsche dir viel Kraft

  • Hey Amaly,

    also das klingt alles nicht so ganz nach gesunder Beziehung. Ich möchte dich keinesfalls verurteilen. Als Sozialarbeiterin weisst du um Übertragungen und Abhängigkeiten, die in einem Berufsverhältnis entstehen können. Bevor du dein ganzes Leben ausrichtest um deiner Liebe nachzugehen, kannst du vielleicht nochmal innehalten und z.B. zur Supervision außerhalb deines Arbeitgebers gehen? Über das ganze Schlamassel mal reden. Nur um die volle Klarheit zu haben, dass es eine gleichwertige Beziehung sein kann und nicht etwas, das aus Abhängigkeiten deines Berufes resultiert.

    Die Frage ist ja auch: was will er? Viele deiner Informationen bezogst du ja, weil über ihn geredet wurde/Akten da waren, aber nicht, weil du mit ihm geredet hast. Zumdinest scheint es so. Möchte er überhaupt vom Alkohol weg? Mit dir zusammenziehen? Kann er überhaupt konstant dabei bleiben?

  • Danke für eure Antworten!! Ja ihr habt Recht - wenn er nicht für sich selbst aufhört zu trinken, kann ich nicht mit ihm zusammen sein. Das habe ich ihm auch mehrfach gesagt...
    Er hat mir gesagt, dass er mit mir zusammen ziehen möchte, weil er noch nie für eine Frau soviel empfand, wie für mich und er keine bessere Frau als mich finden werde... und er möchte sich auch einen Job suchen. Es stimmt natürlich - die Frage ist, ob er konstant dabei bleiben kann.
    Von seiner Vergangenheit her war das einzige Konstante in seinem Leben seit seiner Jugend: der Alkohol.
    Also ich mache mir keine Illusionen.
    Nach meinem letzten Besuch bei ihm habe ich nun einen langen Brief von ihm erhalten, in dem er mir schrieb, dass alle Menschen Schauspieler sind und dass er, wenn er trinkt, in seiner eigenen Welt sei, was er schön fände und dass er damit nicht aufhören werde und dass er keine Hilfe mehr möchte und es keinen Platz für jemand anderem in seinem Leben gebe usw.

    Nach allem, was ich für ihn getan habe und was er mir bisher geschrieben hat, war das für mich wie ein Schlag ins Gesicht und ich muss das erst einmal verarbeiten. Aber jetzt kann ich wenigstens Abstand von ihm und seinen ganzen Abgründen nehmen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.
    Wenn ich darüber hinweg bin, hoffe ich mich nie wieder in einen Alkoholiker zu verlieben...

    Herzlichste Grüße

    Einmal editiert, zuletzt von Amaly1304 (23. April 2016 um 02:46)

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