Partnerin ist schwerbehindert - Ich weiß nicht, was ich machen soll......

  • Hallo Forum,

    ich muss einfach mal loswerden, was mich so belastet. Vielleicht hat der Eine oder Andere eine ähnliche Situation und hat Tipps & Tricks, wie er (oder sie) damit umgegangen ist oder noch umgeht....

    Zu meiner Situation: Ich bin 45, verheiratet und habe einem Sohn (12 Jahre). Meine Frau hat bereits vor unserer Hochzeit (2001) die Diagnose "MS" bekommen. Damals war das auch noch kein Problem. Man ist ja naiv und jung und so schlimm wird es ja wohl nicht werden....
    Bis vor ca. 5 Jahren stimmte das auch soweit, denn die Krankheit war zwar da, man hatte diverse kleine Einschränkungen, aber im großen und ganzen kein Problem. Seit Dezember 2012 geht es nun aber mehr oder minder steil bergab....Mittlerweile sitzt sie im Rollstuhl, auch die Hände sind stark betroffen, Hand-Auge-Koordination ist mangelhaft, das Sprachzentrum ist stark betroffen und die kognitiven Fähigkeiten sind zumindest angegriffen. Kurz gesagt: Wirklich viel anfangen kann sie nicht mehr.....Ende 2013 und Mitte 2014 habe ich meine Eltern verloren, beide an Krebs und war im Anschluss reif für die Klappse, weil ich auch beruflich stark beansprucht war. Dazu die ständige Belastung zu hause...es ging nichts mehr! Aber gut. Die Kur wurde abgelehnt und so habe ich mich aus eigener Kraft erholen müssen und es auch geschafft....hoffe ich. Seit Dezember 2016 sitzt sie nun im Rollstuhl und ist auch auf Pflege angewiesen, die ich nicht mehr leisten konnte.
    Tja, wo ist denn nun das Problem, werdet Ihr fragen....ganz einfach: Ich komme mit der Situation einfach nicht mehr klar. Durch den Tod meiner Eltern habe ich quasi erfahren müssen, dass das Leben endlich ist (ok, eigentlich keine Überraschung) und dass das verdammt schnell so sein kann!! Ich habe nun Angst, etwas zu verpassen, ich möchte nun endlich mal mein Leben leben, endlich mal nur an MICH denken, nachdem ich jahrelang nur für andere da war. Ja, ich weiß, dass das egoistisch ist. Aber ich habe nun mal nur dieses EINE Leben.....Ich bin für alles verantwortlich und werde auch für alles verantwortlich gemacht...ist ja klar: Wer nichts macht (machen kann), kann ja auch nicht Schuld sein....!
    Man muss dazu natürlich wissen, das meine Frau von der Natur her keine einfache Person ist. Es wird als selbstverständlich angenommen, das ich nun für sie da bin und alles mache (was ich sowieso schon immer getan habe, in allen Bereich des Lebens!) und wehe, ich habe mal Bedürfnisse oder möchte abends weggehen......Auch interessant ist: Spreche ich mit anderen Leuten über meine Situation, heißt es immer: Du musst da raus! Spricht sie mit anderen darüber, bin ich immer der A...., der sie im Stich lassen will...
    Dabei ist unsere Ehe doch eigentlich gar keine mehr. Wir machen NICHTS mehr gemeinsam. Einerseits weil es nicht mehr geht und andererseits, weil wir keine Gemeinsamkeiten mehr haben, außer dem Haus und unserem Sohn. Selbiger steht ja nun kurz vor der Pubertät und ich kann nur hoffen, dass wir das ganz gut überstehen....denn noch einen "Pflegefall" kann ich weiß Gott nicht brauchen.....
    Von Haus aus bin ich jemand, der zu jedem Problem eine Lösung finden will, mit der alle Seiten leben können. Aber in diesem Falle finde ich keine und das macht mich innerlich fertig. Mittlerweile merke ich auch, das meine Gesundheit angegriffen wird (Nervliche Überbelastung), aber keiner hört auf mich....
    Ich bin total frustriert von diesem Sch....-Leben und will hier raus....aber weiß nicht wie! Da ich die Risiken und Konsequenzen nicht überblicken kann (bin halt ein rationaler Pessimist) scheue ich mich, die endgültige Trennung zu forcieren. Versuche im Internet "Kontakte";-) zu knüpfen, obwohl ich weiß, dass mich das vermutlich nicht weiterbringen wird und bin dann noch frustrierter......Dieses Fehlen jeglicher Perspektive, das Wissen, dass es einfach immer nur schlechter wird, die Aussicht bis ans Ende der Tage immer die eigenen Dinge zurückstellen zu "müssen", da man ihr bei allem zur Seite stehen muss.....all das kann ich einfach nicht mehr lange ertragen.........

    Wer hat ähnliches erlebt oder ist in einer ähnlichen Lage und kann mit seiner Erfahrung zur Lösungsfindung beitragen?? Ich bin für alles offen (und somit nicht ganz dicht..:-))!!

    Vielen Dank im Voraus für Eure Antworten!!

    LG,
    Stefan

  • Hey Elchmann,

    ich wollte schon eher schreiben, aber musste erstmal etwas über eine Antwort nachdenken :smiling_face:

    Das ist echt eine scheiss Situation in der du da steckst. Ich kann total verstehen, das du da raus willst, erst recht, wenn die Ehe eigentlich sowieso keine mehr ist. Und ich kann mir vorstellen, da eine Trennung gerade wenn eine solche Krankheit mit dabei ist, noch schwerer umzusetzen ist als das eh schon der Fall wäre.
    Wie war eure Ehe denn, als deine Frau noch fitter war, noch so das du - das ihr - glücklich wart, oder war es auch da schon eher so naja..?
    Und wie siehts mit deinem Sohn aus? Der bekommt ja sicher zumindest ein bisschen was mit. Vom Zustand seiner Mutter und auch davon, das die Ehe seiner Eltern eher schlecht statt recht ist. Die bekommen da ja schon meist mehr mit, als man denken mag. Hast du mit ihm mal darüber geredet? Altersgerecht natürlich. Ich denke, wenn du darüber nachdenkst und in Richtung Trennung und "neues Leben" tendierst, dann ist es nie falsch und nie zu früh auch deinen Sohn da mit einzubeziehen.
    Mit deiner Frau scheint man ja leider nicht mehr wirklich reden zu können. Als das noch möglich war, habt ihr da mal über Trennung geredet?

    Ich denke ich persönlich könnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, auch gerade wegen des Kindes wegen. Aber ich denke auch nicht, das man in deiner Situation nur wegen einem Kranken Partner in einer unglücklichen Beziehung bleiben muss. Wie du schon sagst, man hat nur das eine Leben und ich sehe es eher als einen guten Gedanken das du sagst, du willst endlich dein leben glücklich leben. Find ich gut, lass dir da kein schlechtes Gewissen machen von Menschen, die nie in so einer Situation waren oder gar nicht wissen, das euere Ehe gar keine mehr ist.

    Braucht deine Frau Pflege - also Hilfe bei was auch immer im Alltag? Und falls ja, wer stemmt die? Es wird ja auf lange Sicht eher mehr Pflege werden, die sie benötigt denke ich. Gibt es da Unterstützung (Pflegedienst etc.?) Selbst bei einer tollen Ehe wird es den meisten irgendwann zu viel nur für die Pflege eines Angehörigen da zu sein. Vielleicht kannst du dich dahingehend informieren ob und wie sowas möglich ist. Das ist zwar oft ein blödes Prozedere, aber vielleicht bekommst du durch sowas noch mehr abstand, mehr Freiheit zum Nachdenken über deine nächsten Schritte. Ich hoffe du verstehst was ich meine.

    erstmal Viele Grüße,

    Diebin

  • Hi Diebin,

    danke für Deine Worte....! Tja, wie war die Ehe....hmm, wie sagt man so schön..."etwas in die Jahre gekommen" würde ich sagen...man lebt sich halt etwas auseinander. Aber so lange sie noch etwas selbstständiger war, konnte man die Dinge wenigstens etwas genießen. Mittlerweile bin ich halt meistens einfach nur genervt, weil sie ständig irgendwas braucht oder irgendwo hin muss.....
    Klar, der Sohn bekommt natürlich so einiges mit und hat kein ganz so gutes Verhältnis zu ihr. Mag aber teilweise daran liegen, dass er ein Junge ist und dementsprechend mehr mit dem Vater anfangen kann, als mit der Mutter. So direkt habe ich aber noch nicht im ihm über eine mögliche Trennung gesprochen. Von Januar bis Juli hatte ich meine Frau zu ihren Eltern ausquartiert, weil ich fertig mit der Welt war. Das hat ihm zumindest ganz gut gefallen.....da war sie dann nur mittwochs und am Wochenende bei uns.
    Mit meiner Frau kann man eher weniger darüber reden. Ich sage ihr zwar inzwischen sehr offen, dass ich weder glücklich bin, noch dieses Leben noch lange mitmachen werde, aber das führt meist nur zu tränenreichem Gestammel und dann ist die Diskussion auch schon wieder vorbei.
    Ja, mittlerweile haben wir einen Pflegedienst, der sie morgens versorgt. Danach sitzt sie dann halt den ganzen Tag rum und wartet bis ich komme.

    Wenn es nicht so kompliziert wäre, würde ich einfach gehen.....aber ob es dann wirklich alles besser wird..???

  • Ich habe nun Angst, etwas zu verpassen, ich möchte nun endlich mal mein Leben leben, endlich mal nur an MICH denken, nachdem ich jahrelang nur für andere da war. Ja, ich weiß, dass das egoistisch ist. Aber ich habe nun mal nur dieses EINE Leben.....

    Das ist völlig normal bei solchen Erlebnissen. So wird es dem einen oder anderen hier auch schon ergangen sein. Du bekommst Panik, dass es dir auch so ergehen kann und du am Ende dein Leben überblickst und Angst bekommst nicht erlebt oder erreicht zu haben.

    Das ist schwierig. Hast du denn mal geschaut, ob es eine Angehörigengruppe oder sowas bei dir in der Umgebung gibt? Bei uns in der Stadt gibt es das extra für Angehörige, die MSkranke Partner, Kinder, etc. haben. Ich finde das eine krasse Überlegung, die du da vor hast. Und natürlich wird das von irgendjemand so hingestellt werden können, dass du sie jetzt verletzt, weil sie krank ist oder ein Pflegefall ist. Damit musst du rechnen. Aber du hast natürlich auch Recht. Es ist DEIN Leben und du musst auf Dauer glücklich werden.
    Klar, kann ich mir auch vorstellen, dass es deine Frau auch Schwierigkeiten hat ihre Situation und Erkrankung anzunehmen und vielleicht sich auch so ins negative verändert hat?

  • Das mit der Selbsthilfegruppe finde ich ne gute Idee. Zum Austauschen und Gedanken klar kriegen. Vielleicht findest du sowas im Umkreis und schnupperst mal rein.

    Vielleicht wären gleichgesinnte zum Austauschen aber auch für deine Frau eine gute Sache. Da gibt es ja auch Angebote.. aber das muss sie natürlich auch wollen.

    Ich seh das wie SoccerLady. Eine Trennung in so einer Situation macht sicher auf aussenstehende den Eindruck als würdest du abhauen weil sie Krank ist und stört und sicher wird es Leute geben die dich deswegen anfeinden. Es kann aber auch auf der anderen Seite gute Freunde geben, die dich verstehen können. Am Ende ist es halt doch so, das du deine Entscheidung treffen musst, eine, die für dich die richtige ist. Vielleicht braucht es erstmal generell eine Entscheidung als Anfang. Trennung ja, oder nein. Wie und wann und was und und und, das kommt danach.
    Ich kann bei schwierigen Entscheidungen nur von mir selber berichten - mir hilft es immer erstmal einen "Anfang" zu finden. In deinem Falle ist ja die generelle Frage, willst du die Trennung oder nicht. Und auf Grundlage dieser Entscheidung, kann man dann in die jeweilige Richtung weitergehen.

    Als deine Frau bei Ihren Eltern war, wie ging es dir denn in der Zeit, besser? Und wie ging es Ihr (falls du das weisst) ?

  • Meine Frau bekomme ich nicht zu solchen Gruppen...."was soll ich denn da, die können mir auch nicht helfen...." bekomme ich dann immer zu hören, ich habs inzwischen aufgegeben.
    Aber ja, vielleicht gucke ich selber mal nach sowas.....obwohl ich mittlerweile schon selber auch keine Lust mehr habe mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Ich habe ihr schon häufiger gesagt, sie soll sich mal mit der Frage beschäftigen, wie es weitergehen soll, aber eine richtige Aussage kommt dann auch nicht...so langsam resigniere ich einfach und mache mehr und mehr mein eigenes Ding ohne Rücksicht.
    Oh, mir ging es ziemlich gut, als ich mit meinem Sohn alleine war, da der größte Stressfaktor aus dem näheren Umfeld nicht zugegen war. Sie hat wohl ziemlich gelitten.....meine Schwiegereltern sind auch nicht so die einfachsten vom Umgang her.....sie wird nicht so gerne wie ein "Baby" behandelt, obwohl sie leider wieder zu einem geworden ist...das will sie bloß nicht wahrhaben....!
    Schlimm waren dann wieder die Tage in der Woche, wo sie wieder bei uns war, da einem dann wieder so richtig bewusst wurde, wie "schön" es doch ohne sie ist.....Aber nach sechs Monaten waren meine Schwiegereltern dann auch froh, sie wieder los zu sein.....ein paar Mal waren sie auch schon so weit, ihre Tochter ins Heim zu geben...aber jetzt bin ich wieder der Depp, der sie loswerden will......verkehrte Welt!!!!
    Ich wünsche mir eigentlich nichts sehnlicher, als die Trennung, um nochmal "von vorne" beginnen zu können. Aber ich habe zu viel Angst vor den Konsequenzen, die das mit sich bringt. Ein "Anfang" wäre toll.....aber jeder "Anfang", der mir einfällt führt sofort zu ziemlich weitreichenden Folgen, so dass ich wieder zurückschrecke und den Mist wieder ertrage, bis es zum nächsten Mal so richtig kracht...ich bin einfach zu gut für diese Welt, glaube ich...:-(((

    Ich glaube, ich brauche erst eine neue "richtige" Beziehung (sprich zunächst eine Affäre?), um aus dem Teufelskreis ausbrechen zu können.....aber wer lässt sich bei diesen unklaren Verhältnissen schon auf so etwas ein...??? Es fehlt sonst irgendwie doch noch der letzte Ansporn, der mich alles aufgeben lässt.....es schlagen immer zwei Herzen in meiner Brust.....

    SoccerLady: Klar akzeptiert meine Frau ihr Schicksal nicht so ohne Weiteres. Das ganze wurde ja auch jahrelang totgeschwiegen und es durfte ja keiner wissen.."was sollen denn die Leute denken"...OMG!!! Was für ein Schei...:!!!!

  • Meine Frau bekomme ich nicht zu solchen Gruppen...."was soll ich denn da, die können mir auch nicht helfen...." bekomme ich dann immer zu hören, ich habs inzwischen aufgegeben.

    Du sollst auch keine Gruppe für sie suchen, sondern für dich! :winking_face:
    Vielleicht kannst du da auch Unterstützung erfahren wie du deinen Neuanfang angehen könntest. Zu dem denke ich, dass Verdrängung auf Dauer nicht gesund sein wird. Aber das ist letztendlich deine Entscheidung und dein Leben.
    Was mich noch interessieren würde, willst du deinen Sohn dann mitnehmen?

  • Ja, habe ich doch geschrieben, dass ich mal gucke, ob es bei uns in der Gegend etwas entsprechendes gibt. Verdrängung ist definitiv nicht gesund, das merke ich ja jetzt schon......
    Wenn es nach mir geht, dann nehme ich meinen Sohn auf jeden Fall mit. Meine Frau ist schließlich überhaupt nicht in der Lage, sich um ihn zu kümmern.
    Aber ich weiß natürlich weder, was das Gericht dazu sagt, noch was ER letztendlich möchte......

  • Das meiste was du schreibst kann ich mehr oder weniger nachvollziehen natürlich is es für keinen der Beteiligten einfach aber warum glaubst du dass ne Affäre der erste Schritt in ein neues Leben wäre. Es hört sich für mich so an als wäre die Frage OB du dich trennen willst schon entschieden, wenn ich das richtig verstanden habe schaust ja schon im Internet nach Seitensprüngen und Co, die Sache wird nicht sauberer wenn du dich erst trennst nachdem du ne Neue am Start hast. Meiner Meinung nach eher im Gegenteil.

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