Angst vor Leuten zu Reden bzw. im Mittelpunkt zu stehen - Logophobie?

  • Hallo Leute,

    ich bin neu hier und verfasse heute dass erste mal einen Beitrag. Warum erst jetzt, weiß ich nicht, vielleicht weil ich mich jetzt erst so richtig damit befasse und wirklich etwas dagegen unternehmen will.

    Ich versuche mal mein Problem zu beschreiben ohne zu weit abzudriften und es nicht zu lang werden zu lassen....

    Seit ich denken kann, habe ich Angst davor vor eine Gruppe von Leuten zu sprechen. Sei es innerhalb der Familie, vor Freunden oder im Beruf.

    Vor allem habe ich das Problem frei zu sprechen wenn alle Augen auf mich gerichtet sind. Wenn ich in größeren Gruppen an einer Diskussion teilnehme habe ich kein Problem damit frei zu sprechen und auch wenn die Stimmung entspannt ist bekomme ich es meistens sehr gut hin. Aber sobald ich vor Leuten stehen muss oder alle Ohren/Augen auf mich gerichtet sind, bekomme ich Angst.

    Es äußert sich bei mir nicht so, dass ich dann in dem Moment wo ich rede totalen Blödsinn rede oder überhaupt nicht reden kann, das bekomme ich schon einigermaßen hin, jedoch wird mir im Nachgang oft berichtet das ich sehr nervös gewirkt habe.

    Und der schlimmste Moment für mich ist eigentlich der Moment kurz bevor es los geht. Selbst wenn es nur eine Vorstellungsrunde in der großen Gruppe ist, um so näher der Moment kommt an dem ich sprechen muss umso mehr beginnt mein Herz an zu rasen, ich werde unruhig überlege mir genau was ich sagen soll und freue mich auf den Moment wo es überstanden ist. Für mich und meinen Körper ist die ganze Situation so stressig, das ich teilweise noch 30min danach total kaputt bin. Nicht wirklich bei der Sache. Zu meinem Nachteil ist außerdem das ich ein Mensch bin der in so einer Situation "Rot anläuft", was die ganze Sache noch verschärft.

    Zu meiner Person, ich bin 35 Jahre alt, war in meiner Jugend ein eher schüchterner Junge der wenig Selbstvertrauen hatte. Also ich stand noch nie gerne im Mittelpunkt und dachte auch immer das anderer "cooler" und " besser" sind. Das hat sicher seine Gründe, aber ich denke dafür ist hier im Forum nicht die richtige Plattform (?!?). Das Problem mit dem Selbstvertrauen habe ich durch einige gute Freunde und durch die Erfahrungen die ich gemacht habe richtig gut in den Griff bekommen. Bis auf kleine Ausnahmen habe ich wirklich ein gesundes Selbstvertrauen und finde mich gut so wie ich bin, ich mag mich und akzeptiere mich. Ich bin Vater von 2 Kindern (3 und 1 Jahr) und bin seit 3 Jahren verheiratet, mit meiner Frau aber schon 13 Jahre zusammen. Im Freundeskreis bin, sofern ich das mal so beurteilen kann, beliebt und anerkannt.

    Ich habe eine Handwerkliche Ausbildung gemacht und seit 2012 habe ich in diesem Beruf auch meinen Meister gemacht, so dass ich bis letztes Jahr 4 Jahre als Führungskraft gearbeitet habe - und das auch erfolgreich. Aber auch dort war mein ständiger Begleiter immer die Angst vor Leuten zu reden. Ich musste als Meister oftmals Teamsitzungen Moderieren oder Unterweisungen durchführen, ich habe es auch einigermaßen hinbekommen, aber souverän sieht sicher anders aus.

    Auch während meier Ausbildung zum Meister habe ich einige Präsentationen gehalten, wir wurden sogar auf Video aufgenommen. Und sooooo schlecht wie ich dachte war es dann auch nicht - dennoch in meinem Kopf war vor und nachher reinstes Chaos.

    Inzwischen habe ich einen anderen Technischen Posten der mir Spaß bringt aber keine Führungsaufgaben mehr beinhaltet. Aber auch hier muss ich ab und zu in Workshops, wo ich bei der Vorstellung oder wenn es um Präsentieren geht, kein gutes Bild abgebe.

    Warum schreibe ich hier ins Forum?!? Ich würde gerne Meinungen von anderen Menschen hören, die vielleicht ähnliche Probleme gehabt haben bzw noch haben und Möglichkeiten gefunden haben damit zu Leben oder diese Probleme zu bekämpfen.

    Es ist einfach ein Punkt gekommen wo ich nicht mehr sagen möchte "Ich bin halt einfach so". Ich möchte dagegen etwas tun.

    Ich habe zwar im Vergleich zu meiner Jugend einen riesigen Sprung gemacht (damals wäre ich einfach vor diesen Situationen weg gelaufen) aber zufriedenstellend ist diese Situation für mich nicht.

    Ich hoffe und wünsche mir hier vielleicht ein paar gute Erkenntnisse zu sammeln.

    Viele Grüße und Danke im voraus

    Maxim

  • Hallo Maxim

    Das sich das Logophobie nennt wusste ich noch nicht...Aber ich kenn dein Problem aus eigener Erfahrung. Bei mir gab es einige Schlüsselerlebnisse die mir geholfen haben. Zum Beispiel wurde mir gesagt das ich gut vor Gruppen reden kann... Ich konnte es nicht fassen, ich hab , genau wie du mir immer lange überlegt was ich wie sagen kann. Ich dachte immer das man mir die Nervosität ansieht oder die Röte im Gesicht...Aber mir wurde mal gesagt das man das nicht merkt... Ein Außenstehender merkt also nicht wie du dich fühlst!

    Was mir am meisten geholfen hat, war die Erkenntnis, das, wenn ich spontan rede (vor 200 Leuten) es viel besser klappt, als wenn ich mir vorher lange n Kopf mache.

    Früher bin ich vor solchen Situationen auch weggelaufen...dann war ich eben krank! Ich konnte es nicht, es ging einfach nicht. Und ein wenig therapeutisch: Da hilft nur üben, üben, üben...

    Ich weiß heute das weglaufen nix bringt, sondern eben nur "machen" die Situation durchstehen, es merkt doch keiner.

    Und: Es geht vielen so. Keiner redet gern vor vielen Menschen. Ist meine Erfahrung.

    lg desty

  • Hallo,

    danke für deine Einschätzung.

    Bei mir ist halt das Problem, dass man es mir anmerkt. Ich muss also einfach irgendwie lockerer werden.
    Ich habe auch manchmal schon einfach drauf los gelegt, aber so wirklich besser wurde es dadurch nicht.

    Ich bin mir sicher dass es vielen so geht, ich merke das auch an anderen, dennoch bekommen die es irgendwie souveräner hin.

    Mein Hauptproblem ist nicht das ich ein toller Redner werden will, ich denke meine Paradedisziplin wird das wahrscheinlich nie werden, aber dieser Stress davor und danach kann nicht gut sein.

    Ich muss eine Lösung dafür finden das mir das Herz kurz davor fast aus der Brust springt. Ich glaube wenn man sich darauf konzentriert könnte man von außen meinen Herzschlag wahrnehmen :smiling_face:

    gruß

  • Hey Maxim.

    Ich habe zwar nicht direkt das Problem vor Menschen zu sprechen, leider allerdings an einer Sozialen Phobie. Gerade aber die Minuten vorher... kenne ich auch gut, wenn einem das Herz fast zum Hals heraus springt. Wie auch immer, habe ich zumindest für mich gute Erfahrungen damit gemacht, zu Anfang des Vortrages (oder was auch immer man eben da tut :winking_face: ) einfach zu sagen - Hey Leute, ich bin gerade total aufgeregt..... -

    Ich hoffe du verstehst was ich sagen will, fällt mir gerade schwer das zu text zu verarbeiten :smiling_face:

    Also das vor Leuten sprechen damit beginnen, ihnen zu sagen wie es dir gerade geht, das nimmt mir immer eine ganze Ecke Druck, weil ich nicht mehr so viel "verbergen" muss, da mein Gegenüber ja nun weiss warum ich rot werde/zittere/schwitze what ever.

    natürlich geht das nicht unbedingt wunderbar vor 200 völlig fremden Leuten, aber wenn es dir in kleinerem Rahmen bei Familie und Freunden ähnlich geht, dort könntest du es mal probieren.

    Meine Erfahrung ist, wenn das Gegenüber bescheid weiss, dann macht man sich selber weniger Stress "das" zu verbergen, denn versuchen etwas zu verbergen was an die Oberfläche will, macht ja nur noch mehr Stress.

    War jetzt nur so eine kleine Idee die mir beim Lesen in den Kopf kam.

    Liebe Grüße

    Diebin

  • Hm, also mir geht es davor und danach auch nicht gut. Zu hoher Blutdruck, Kopfschmerzen, extreme Müdigkeit nachher. Meine Paradedisziplin wird das auch nie.

    Aber ich bin Stolz darauf, das ich es überhaupt schaffe!! Sei stolz auf dich!!! Und die Idee es gleich offen zu sagen, find ich super. Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen.... Aber das werde ich ausprobieren. Ich frage mich grad, warum will man das überhaupt verbergen? Wenn man doch weiß das es anderen genau so geht? Mir hat auch geholfen, das ein Fehler meinerseits von den Zuhörern oder wem auch immer, sehr schnell vergessen wird. Für einen selbst ist diese Unsicherheit sehr schlimm, der Zuhörer/Zuschauer vergisst es sofort wieder. Das muss man sich bewusst machen.

  • Vielen dank für Eure Rückmeldungen!

    Bei Vorstellungsgesprächen habe ich das so gehandhabt, ich habe vorher gesagt das ich in so einer Situation immer sehr nervös bin, das war auch sehr gut weil mir dieser Punkt nicht negativ angerechnet wurde und es mir schon ein bisschen last genommen hat.

    In manchen Situationen passt das auch, aber wenn man in einer Vorstellungsrunde schon sagt dass man sehr nervös ist, das ist schon irgendwie unangenehm. Im Endeffekt stellt man sich ja "nur" vor.

    Irgendwie hat man dann auch gleich so einen Mitleids Stempel auf der Stirn, leider ist es in der Gesellschaft oft so, dass man dann nicht so richtig Ernst genommen wird - glaube ich.

    Also ja, der Tipp ist super, aber ich glaube nicht in jeder Situation anwedenbar.

    Ich hab gerade gelesen dass man Atmungsübungen machen soll...lange einatmen, danach die lust erstmal anhalten und ganz langsam wieder ausatmen. Vielleicht hilft mir das ja schon ein bisschen weiter.

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