Narzissmus kombiniert mit Wut

  • Hallo und guten Morgen :smiling_face:

    Ok, also ich werde versuchen es dir zu erklären, wie ich es mir vorstelle. Mitgefühl würde für mich bedeuten, dass man sich beispielsweise auch ernstahft FÜR andere freuen kann, wenn sie irgendeinen persönlichen oder gar karrieremäßigen Erfolg erlebt haben. Ich stehe dann zwar da und lächel, mache ich aber nur um nicht wie der letzte Arsch von anderen betrachtet zu werden. Ebenso würde Mitgefühl für mich bedeuten, dass wenn jmd. Schicksalsschläge erleidet oder etwas allgemein trauriges über einen Bekannten erzählt sich in diese Situation einfühlen zu können um zu verstehen, wie es dem Anderen jetzt dabei geht. Damit meine ich nicht, okay er/sie ist traurig, er/sie wütend und er/sie ratlos. Das bekomme ich auch mit, was meiner Meinugn nach aber eher an einer Deutung des Verhaltens liegt, alsdass es etwas mit Mitgefühl zu tun hat. Ich kann mich nicht ernsthaft für mich selbst einfühlen. Ich versuche dann mit Sachen, die die Lebenserfahrung mitgebracht hat den richtigen Weg einzuschlagen und genau, wie bei der Freude nur, damit man danach nicht auch noch böse auf mich ist.

    edit: Ich möchte dir gern noch ein selbst erlebtes Beispiel dafür nennen.

    Eine Freundin von mir (ich denke, das spricht z.B. gegen Narzissmus bei mir =) ich denke ich bin zu Freundschaften fähig) hat vor 3 Wochen einen wirklich guten Freund verloren. Er erlag einem angeborenen Herzfehler, allerdings vollkommen unerwartet. Sie erzählte mir, sie sei am Boden zerstört. Der Tod komme ihr jetzt viel zu realistisch vor und da sie auch an Epilepsie leidet hat sie ebenfalls Angst, dass es ihr mal genauso ergehen könnte. Sie weinte, brach ständig mitten im Satz ab, war tagelang Depressiv und konnte nichts unternehmen. Das alles hat sie mir erzählt und ich saß nur daneben, habe mir alles angehört und wusste danach nicht, was ich sagen soll (was ja noch nicht unbedingt ungewöhnlich ist). Allerdings konnte ich mir absolut nicht vorstellen, wie sie sich fühlt. Es hat mir noch nicht einmal leid getan. Es war einfach so, als würde sie mir eine Geschichte erzählen, die ich in jedem Buch finden kann.

    so far
    Asator

  • Guten Morgen,

    auch wenn einige das vielleicht anders sehen mögen, aber dass ist erst einmal nur ein eher männliches Rollenverhalten und Ausdruck "mangelnder Lebenserfahrung" (nicht falsch verstehen), und hat mit mangelndem Mitgefühl nur rudimentär etwas zu tun. Männer sind bekannt dafür, wenn es um "Problemstellungen" geht, und letztlich ist das Leid eines anderen auch immer "nur" eine Problemstellung, erst einmal zu probieren analytisch Lösungsansätze herbeizuführen. Einerseits entspricht das natürlich unserem Rollenmodell, andererseits ist der neurophysiologische Aufbau des männlichen Gehirns prädestiniert für dieses Vorgehen. Das lässt sich auch empirisch belegen, dazu gibt's Experimente en masse. Erklärungsmodelle, die die Hintergründe in allerlei früheren Anforderungen verloten finden sich auch wie Sand am Meer. Ein ziemlich sympathischer ist vielleicht das "Jäger-Modell", wonach es für den sich auf der Jagd fernab vom heimischen Feuer befindlichen steinzeitlichen Mann von Nachteil gewesen wäre, für einen verletzten Artgenossen allzu viel Mitgefühl aufzubringen. Starke Emotionen hemmen die analytisch-logische Denkfähigkeit, was durchaus seinen Sinn hat. In solchen Situationen ist aber nicht das Trösten gefragt, sondern eine Lösung: "Wie bekomme ich den verletzten Steinzeit-Jochen so schnell wie möglich abtransportiert, oder hält der Typ womöglich noch die paar Tage Jagd in dem Zustand durch?"

    Wie komme ich jetzt auf mangelnde Lebenserfahrung? Nunja... meine Erfahrungen zeigen, dass sich einfühlen können auch immer eigene ähnlich gelagerte Erlebnisse voraussetzt. Wie soll ich wissen, wie sich etwas anfühlen könnte, wenn ich nicht auch schon einmal so etwas erlebt habe? Klar kann ich mutmaßen, mehr aber auch nicht.

    Zu der Geschichte mit deinem Großvater:
    Der Meinige, bei dem ich im Übrigen aufwuchs und der somit eher mein Vater war, starb als ich 14 war. Auf der Beerdigung ging es mir ähnlich... ich registrierte die Befremdlichkeit der üblichen Riten, das Falschspielen der Violinisten, und fragte mich ganz im Allgemeinen warum man so ein Aufhebens um das Ableben eines alten Menschen machen müsse. Weißt du, letztlich habe ich erst im Verlauf der nächsten Monate und Jahre wirklich realisiert, wie traurig ich über diesen Verlust war, wie sehr er mir fehlte, wie lieb und teuer er mir gewesen war. Ich merkte wie sehr es mir leid tat, ihm das zu Lebzeiten nicht oft und ausdrücklich genug gesagt zu haben, und ich fragte mich ob, und ich hoffte inständig, dass er es trotzdem gewusst hatte. Dieses Empfinden öffentlich zu bekennen, hat mich noch ein paar Jahre mehr gekostet.

    Was will ich damit sagen? Nur weil ich nicht zu zu Tode betrübt, wie ein Schlosshund schluchzend auf einer Beerdigung sitze, heißt das nicht, dass ich nicht mitfühlend wäre oder der Mensch mir nichts bedeutet hätte. Die Frage ist eigentlich nur, ob ich meinem Gegenüber dieses Empfinden und das Zeigen dieser Gefühle zugestehen kann.
    In einem sozialen Umfeld muss es auch immer denjenigen geben der sagt: "Ach komm, hab dich nicht so!", genau so, wie es die mitleidenden hochemphatischen Charaktere geben muss. Die Menschheit lebt von diesen Polaritäten, auch wenn der Zeitgeist bisweilen manchmal ein anderes Bild vermittelt.

    Und um es mal etwas überspitzt darzustellen: Der blanke, unreflektierte pathologische Narzisst reagiert da eventuell noch etwas anders... er steht vielleicht auf, sagt noch wie dumm er es findet sich Sorgen zu machen eventuelle an einer Epilepsie zu sterben, geht und streicht zu Hause betreffende Person von der Freundesliste, wegen Wehleidigkeit und weil sie ihn nicht weiterbringt. Obendrein beansprucht sie auch noch die Aufmerksamkeit, die eigentlich ihm gebührt.

    Das ist jetzt natürlich nur ein fiktives und vollkommen überzogenes Szenario, mit dem ich ausdrücken möchte, dass ich eben jenen Widerspruch den rose wahrnimmt, bei dir auch wahrnehme, und warum ich dir auch rate, dich bloß nicht auf diese Narzissmus-Geschichte einzuschießen. Interessant ist nämlich, dass die Menschen oft die Eigenarten besitzen überall nur noch narzisstische Tendenzen wahrzunehmen, sowie sie einmal über dieses Phänomen im Bilde sind. :winking_face:

    LG
    WbD

  • Den großen Text möchte ich vorerst einfach mal so hinnehmen. Ich möchte sehen, wie sich das entwickelt.

    Was ich grade allerdings äußerst einleuchtend fand, ist dein letzter Absatz. Du hast Recht! So ziemlich alles, was ich versucht habe für mich zu rekonstruieren, tat ich unter dem Gesichtspunkt Narzissmus. Ich möchte zwar anmerken, dass ich mich auch hier nie als eine Person mit NPS bezeichnet habe, es aber wie gesagt ziemlich in diese Richtung zu tendieren schien. Ich habe jeden Tag auch mehr und mehr darüber gelesen und viele Ansätze gefunden, die so auf mich nicht zutreffend sind. Das kombiniert mit deinem letzten Absatz beweist mir eigentlich, dass ich mich zu stark darauf fixiert habe, es unter dem Gesichtspunkt zu behandeln. Bei anderen Sachen kann ich jedoch nicht so einlenken. Manche Sachen versuchst du auf einem Wege zu erklären, bei denen man denken könnte: "Okay, dann ist ja scheinbar alles normal bei mir". Ich respektiere das und habe es auch mit Interesse gelesen. Ich kann dir aber versichern, dass diese zu einem gewissen Teil mit großer Sicherheit bei mir nicht so normal sind und sich auch nicht zwangsläufig normal auswirken. Ich mache dir damit keinen Vorwurf, da du mich ja nicht wirklich kennst und mich nicht real erlebt hast, kannst du nur sachlich beurteilen aus dem was hier steht. Wenn es so einfach gewesen wäre, wäre ich wahrscheinlich auch nicht hier gelandet. Es gibt Probleme, die sich schon jahrelang halten oder schlimmer wurden. Nicht ohne Grund sagen Freunde und Verwandte ich müsse etwas dagegen unternehmen. Auch wenn es mich immer aufgeregt hat diesen Satz zu hören, da ja nunmal nicht ganz genau klar ist WOGEGEN. Ich werde erstmal noch eine Weile die Gedanken um eine Psychoanalyse kreisen lassen. Vielleicht entscheide ich mich demnächst einmal dafür, ich denke auch ihr könnt mit professionelleren Ergebnissen besser arbeiten, als mit Mutmaßungen, Angelesenem und so weiter.

    so far
    Asator

  • Hallo Asator,

    es ist halt immer eine gefährliche Sache, sich selbst zu diagnostizieren. Und wir hier sind ja alles "nur" hemalig Betroffene, die einfach einiges an Erfahrungen haben, aber professionelles Wissen und Beurteilen und Diagnostizieren können und dürfen wir hier nicht! Wir können nur Denkanstöße geben :winking_face:

    Ich meine, ok, mit dir scheint etwas "nicht zu stimmen". Reicht das nicht erstmal? Ich meine, um heraus zu finden, WAS GENAU nicht in Ordnung ist, also wie man das bezeichnet, dem ganzen einen Namen geben und dann helfen, dass sich das bessert, dafür sind nunmal Profis zuständig.

    Liebe Grüße
    gelberose

  • Hallo Rose,

    Ja, ich weiß :smiling_face: Nur wie schon einmal erwähnt ist mein Vertrauen in diese sogenannten "Profis" nicht sonderlich hoch. Deshalb hielt ich es auch für richtig erstmal mit anderen neutralen Menschen zu sprechen und ja ich gebe es zu, eine leise Hoffnung auf Erfolg hatte ich natürlich :winking_face: Dass ihr hier nicht diagnostizieren dürft ist mir bekannt :smiling_face: Das habe ich in dem Sinne auch nicht erwartet.
    Ich weiß halt einfach nicht, wie ich zu irgendwelchen Psychologen gehen soll, ohne viel Vertrauen zu haben. Klar gibt es viele, aber das sind für mich alles nur gesichtslose Namen in einer angelegten Kartei. Ich bin ein wenig überfordert mit der Situation

    so far
    Asator

  • Das kann ich verstehen, Asator. Aber Vertrauen baut sich mit der Zeit auf. Du hast ja bei jedem Therapeuten erstmal 5 Probestunden, die dir auf alle Fälle zustehen. Und in dieser Zeit kann man sich zumindest nen gewissen Eindruck verschaffen, also ob der Gegenüber einem sympathisch ist und man sich vorstellen kann, dass man Vertrauen zu ihm aufbauen könnte.

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