Hallo,
Derzeit bin ich ziemlich verzweifelt. Ich weiß dass dieses Forum nicht die Lösung meiner Probleme ist, aber ich hoffe dass ich hier den ein oder anderen Rat mit nehmen kann, ich weiß echt nicht mehr weiter! Ich versuche mich kurz zu fassen. Es geht um meinen Bruder. Er ist jetzt 32 (3 Jahre älter als ich). Er hat mit ca. 16 Jahren angefangen zu kiffen. Es hat nicht lange gedauert bis er von Morgens bis Abends, eine Bong nach der anderen geraucht hat. Das tut er bis heute. Mittlerweile hat er angefangen zu trinken (seit ca. 4 Jahren) und das im selben maße wie das Kiffen. Nur noch harte Sachen. Nach einem kurzen, wird mit Bier nachgespült... Es ist echt heftig. Ich kann ihm beim geistigen und körperlichen verfall zusehen und das halte ich nicht mehr aus. Es quält mich und ich liege wie jetzt wach und kann nicht schlafen weil mich diese Hilf - und Machtlosigkeit so quält! Mein Bruder ertrinkt und ich stehe am Beckenrand und kann nur zuschauen. Das ist für mich die reinste Folter!
Kurz zum Hintergrund: Unsere Eltern haben sich scheiden lassen da war ich 6. Wir sind bei meiner Mutter aufgewachsen. Sie war psychisch auch nicht ganz "beisammen", sie hat uns zum Teil verwahrlosen lassen, sie hatte viele Männergeschichten, und wir sind viel umgezogen. Wir waren ihr besten Freunde, weniger ihre Kinder. Demnach mussten wir uns auch mit ihren Problemen auseinander setzen. Sie und ihre Probleme waren immer der Mittelpunkt unseres Lebens. Wir müssen umziehen weil..., wir haben nix zu essen weil..., wir können uns das nicht leisten weil... Es ging immer um ihre Probleme.
Unseren Vater haben wie alle 2 Wochenenden besucht.
Er war starker Alkoholiker. Trotz der Sucht hat er versucht seiner Vaterrolle (zumindest am Wochenende) gerecht zu werden. Allerdings blieb es leider immer nur beim Wochenend-Vater.
Vor 12 Jahren starb unser Vater - er lag tot in der Wohnung, ein Freund hat ihn gefunden, vermutlich Herzinfarkt. 3 Jahre später ist dann auch unsere Mutter gestorben - Autounfall.
Man kann sich vorstellen dass diese "Umstände" die Situation meines Bruders nicht verbessert haben. Auch ich hatte nach dem Tod der Eltern eine persönliche Kriese - Depressionen, Panikattacken, schulisches versagen, die Familie weg, niemand da. Nix, garnix klappte. Ich habe mich in Therapeutische Behandlung begeben da ich kurz vor dem Suizid war.
Um es abzukürzen: ich habe mich wieder eingekrigt. Nach 4 Jahren Therapie ging es mir besser, wir haben viel aufarbeiten können. Ich habe erfolgreich meine Ausbildung beendet und stehe jetzt fest im Berufsleben.
Aber mein Bruder...
So wie es mit mir Bergauf ging, ging es mit ihm Bergab.
Das wirkliche schlimme ist, dass er ein unglaublich schlauer mensch ist. Ich vermute er ist hochbegabt und ich sage das nicht aus stolz weil er mein Bruder ist. Jeder der ihn kennt, hält ihn für extrem intelligent!
Leider merke ich wie dieser ganze Drogen - und Alkohol dreck seine Gehirnzellen abschießt und es ist so traurig diesen Verfall mit anzusehen!! Er hätte es wirklich so leicht, soweit bringen können. Er hat zwar eine gute mittlete Reife gemacht, hat aber leider keine Ausbildung. Das höchste der Gefühle ist gelegentlich ein Job auf dem Bau.
Er gibt immer den Ämtern die Schuld. Die sind Schuld dass er die Miete nicht zahlen konnte, der Vermieter ist Schuld weil der die Miete erhöht hat, usw. Immer sind andere für seine schlechten Umstände Schuld. Er nimmt von mir keine Hilfe an. Er meldet sich nur wenn er Geld braucht. Ich sehe dass er sich dafür schämt und dass er das eigentlich nicht will, aber er schnorrt mich trotzdem an. Nachdem ich wochenlang nix gehört hab - ein Anruf von ihm ob ich ihm Kohle mäßig aushelfen kann. Ich kann ihm aber auch nicht böse sein.
Bei ihm sieht es aus wie auf ner Müllhalde. Man sagt so leute müssen ganz unten sein bis sie merken so kanns nicht weiter gehen. Aber ich frage mich, wie weit kann man denn noch sinken - mehr geht doch garnicht. Das letzte mal hat er mir erzählt er hat sich seit Wochen nicht mehr gewaschen weil er nicht wüsste für was. Die nächste und letzte Stufe ist nur noch der Tod. Ich habe Angst er tut sich was. Ich bin schon voll auf solch ein schlimmen Anruf vorbereitet.
Ich habe mich schon mit dem Thema Suchtkrankheit auseinandet gesetzt. Es heißt als Angehöriger kann man nix tun. Man soll kein Geld geben und akzeptieren dass man nix tun kann und man soll lernen wieder ein glückliches Leben zu führen. Man soll Hilfe anbieten wenn es darum geht aus der Sucht zu kommen alles andere an Hilfe (z.B. Geld) verlängert das ganze. Aber das kann ich nicht. Ich kann diesen schlimmen Zustand meines Bruders nicht einfach wegignorieren. Ich sehe er braucht Hilfe und schafft es nicht allein. Was kann ich nur tun?
Eine Psychotherapie hat er schon geschmissen, er sagte das half ihm nicht..
Ich will nicht auch noch mein Bruder verlieren. Er hat es doch verdient ein schönes Leben zu haben nach all dem was passiert ist...
Danke schonmal für eure Antworten!!