Angst vor dem was nach dem Konsumstop kommt

  • Hallo Zusammen,

    heute ist es soweit. Nach 10 Jahren Cannabis Konsum mit allen Höhen und Tiefen, an die ich nur denken kann, habe ich heute die Kraft gefunden NEIN zum Teufelskreis zusagen. Ich habe schon so oft aufgehört und Pause gemacht, aber noch nie ist es mir so schwer gefallen wie jetzt. Weil ich weiß, dass es ein Abschied für immer sein muss. In der Vergangenheit habe ich immer gedacht, dass ich nach einer längeren Pause einen kontrollierten Konsum anstreben kann, aber das hat immer wieder dazu geführt, dass ich an den Punkt angekommen bin, wo es dann eingerissen ist. Ich habe dann Abends nach der Arbeit lieber gekifft als irgendwas zu unternehmen. Leute versetzt, vor den Kopf gestoßen und angelogen. Das hat ein Ende. Ich habe mir so viele Beiträge durch gelesen von Curly Sue zum Beispiel und weiß, dass ich nicht alleine bin. Das hilft ungemein und gibt Mut.
    Mein Ziel ist es die nächsten 12 Monate genau festzuhalten was mit mir passiert und wie ich mich entwickel. Und dann einfach als Nichtkiffer durch die Welt zu gehen.
    Meine Hintergrundgeschichte erspare ich euch, weil es sich nicht viel mehr von der anderer Dauerkiffer unterscheidet.
    Aber ich bitte um Hilfe. Ich bitte um ehrliche Rückmeldungen und nützliche Tipps.
    Ich bitte um eine Art moralische Unterstützung, da ich mittlerweile weiß, dass man so ein Vorhaben nicht alleine schafft. Zu den meisten Leute in meiner Umgebung habe ich schon lange keinen Kontakt mehr, da viele von ihnen kiffen. Und die wenigen, die noch geblieben sind, können nicht nachvollziehen was einen Cannabisabhängigen quält und ausmacht.
    "Das ist doch nur eine Kopfsache" bekomme ich dann oft gesagt. Ja, das stimmt, aber im Kopf beginnt eben alles.
    Die Einstellung zum Clean werden ist da. Die Einsicht, dass der Konsum mir mittlerweile mehr schadet, als dass es mir hilft ist auch da. Nur alleine ist das sooo schwer.
    Ich hoffe, dass Leute, die in einer ähnlichen Situation sind, oder es auch geschafft haben, mir mit Rat zu Seite stehen werden.

    Also auf in den Kampf und auf zum einem klaren Verstand und ein lebenswerteres Leben.

    Eure Pearl

  • Hallo,

    Na, reflektiert hast du ja alles recht gut, Einsicht und Motivation sind auch da & NEIN, ein "ab und zu" gibt es für dich nimmer!
    Du kannst dir mal das hier anschauen:
    Lass das Gras - Fragen zum Programm

    Im Moment sind wir zwar mehr als voll; aber Mitte September kommt ne Kollegin aus dem Urlaub zurück und demnächst schließen auch
    wieder einige ihr Programm ab!
    Wenn du aber HIER über ein Jahr weg dokumentieren magst, (LdG geht nur 90 Tage!) gibt es von mir gerne Kommentare und Unterstützung dazu! :winking_face:

    LG.Ganesha

  • hey pearl!
    super entscheidung!
    also ich hatte mich dazu entschieden einen öffentlichen blog zu schreiben...dieser hilft mir ungemein beim reflektieren und anderen offenbar auch, jedenfalls bekomme ich positive rückmeldungen.
    hast du jemand in deiner direkten nähe der von deinem problem bzw. vorhaben weiß?

    liest sich so als ob du deine situation schon gut einschätzen kannst. ich wünsche dir viel erfolg!!!!

  • Heute startet Tag 3. Wie das so typisch ist für die ersten Entzugstage ist mein Schlafrhythmus total verschoben. Heute habe ich gerade mal 3 Stunden geschlafen. Schweißausbrüch, wirre Gedanken und emotionale Unausgeglichenheit sind mein ständiger Begleiter. Gestern hatte ich einen sehr emotionalen Tag, der in Streit mit einem guten Freund ausgeartet ist. Ich habe versucht diesem Freund meine Situation zu erklären und ihn um etwas Verständnis gebeten für die nächsten Tage. Da hat er mich nur an gemault und meinte, dass es doch alles nur in meinem Kopf wäre und Kiffer (das Wort hat er mit einem Ekel ausgestoßen, der mich selbst sehr erschrocken hat) doch immer nur nach einer Ausrede suchen würden um weiter kiffen zu können. Obwohl ich mehrfach versucht habe ihm zu erklären, dass es durch aus Entzugserscheinungen gibt. Sei es, psychisch oder physisch. Naja, auf jeden Fall bin ich sehr stolz, dass ich trotz diesem emotionalen Druck und der Trauer nicht zum Joint gegriffen habe.Das war bisher nämlich immer eines der Gründe, warum ich überhaupt kiffe. Weil ich nicht mit meinen eigenen Emotionen klar komme und weil ich sie lieber verdränge als mich mit ihnen auseinander zu setzen. Ich glaube ich habe einen großen Entwicklungsschritt getan. Oder was meint ihr?Ich frage mich aber wie es die nächsten Tage sein wird. Auf der Arbeit ist dicke Luft, und das schon länger. Es fällt mir unglaublich schwer da ruhig zu bleiben und meine Laune nicht an den Kollegen auszulassen. Wäre es sinnvoll wenn ich mir ein paar Tage frei nehme? Wie habt ihr das gemacht?Bedanken möchte ich mich an diesem Punkt auch für die Hinweise von Amielh und Ganesha. Immer wenn ich merke, dass der Suchtdruck groß wird schaue ich in diesem Forum und bin motiviert weiter zu machen. Man könnte sagen, ich bin richtig geil auf ein Konsum freies Leben. Auch wenn das bedeutet, dass ich jetzt wohl etwas einsam sein werde für einige Zeit. Aber ihr seid doch zumindest da. Und mit der Zeit werde ich auch wieder Kraft und Energie für die Leute in meiner unmittelbaren Umgebung haben.
    Auf in den Tag Liebe Grüße Pearl

  • Hey Pearl55 :smiling_face:

    Ich fühle mit dir......
    Das mit dem Schlaf-rhythmus regelte sich (bin bei Tag 13 ohne kiffen :smiling_face: ) ziemlich "schnell",so nach einer Woche ist das allerschlimmste schon vorbei ! (Also auch das schwitzen,extreme Unruhegefühle, gar-nicht-schlafen können.....)
    Mir hilfts,wenn ich gar keinen Kaffee/Cola/Schwarztee trinke,dafür so viel wie möglich an die frische Luft......oder,wenn du kaffee"süchtig" bist,dann halt weniger davon...und keinen mehr nachmittags/abends!.....oder für die Entspannung "Einschlaf-Tee" mit Hopfen,Baldrian,Lavendel trinken......Baden / heiß duschen......

    Der Rest, also Stimmungsschwankungen und Stress,den ich selber verursache, die Depressionen und sowas.....brauchen glaub länger zum Heilen....,vorallem die Umstellung auf neue "Fluchtmechanismen" aus blöden Situationen/ Beziehungen/nach Konflikten wie du auch geschrieben hast...das ist ein rießiger Lernprozess für mich, mit meinen Gefühlen umzugehen.....
    ...ich versuche,an mir zu arbeiten, mir gleichzeitig keinen Druck zu machen, manchmal hilft es mir, zu sagen: nur für heute nicht rauchen./ jetzt nicht . (Obwohl ich das ziel dabei schon im hinterkopf behalte ,aber mich nicht mit dem Gedanken "nieee wieder" abplage.....der mich manchmal runterzieht....)

    Fühlt sich auch echt scheiße an, wenn andere Leute die Entzugssymptome runterspielen/ "es ist alles nur Kopfsache"....ich glaube, solche Aussagen machen nur leute, die sich mit dem Thema noch nie selber beschäftigen mussten/ keine Suchtproblematik haben......

    Wünsch dir weiterhin viel Glück und Erfolg :smiling_face:
    LG, cari

  • Hi, Pearl,

    ich habe (mit Unterbrechungen) 33 Jahre gekifft und kann natürlich gut nachvollziehen, wie sich besonders die erste Zeit der Abstinenz anfühlt. Nach meiner Polytox-Entgiftung (vordergründig aber Alk) hielt ich mir das "Hintertürchen Cannabis" offen und fing nach acht Monaten der völligen Abstinenz wieder an. Kiffen schien mir harmlos zu sein, und das war es damals, vor fast 20 Jahren, auch noch, weil das Gras einfach noch nicht so stark wie später war.

    Wegen diverser Kreislaufkicks hörte ich nach anderthalb Jahren für ein knappes Jahr wieder damit auf - ohne nennenswerte Probleme. Sinnigerweise war das aber auch der Grund dafür, erneut damit anzufangen. Vier Jahre später legte ich MPU-bedingt (ich hatte 13 Jahre zuvor den Lappen abgeben müssen und machte ihn neu) wieder für einige Monate auf und fing danach wieder an. Doch dann wurde das Gras peu á peu stärker, und ich Trottel meinte:"Ja, toll, dann spare ich ja bares Geld, weil ich ja viiieeel weniger brauche!"

    Trugschluss, denn wie es bei uns Suchtis nun mal so ist, wollen wir den Kick. So kiffte ich mehr und mehr, bis ich vor sechs Jahren einen Kreislaufkick bekam, der sich gewaschen hatte. Während ich mit dem Fahrrad fuhr, kippte plötzlich das Bild weg und ich sah nichts mehr. Anlass genug, um meine erste stationäre "Entkifftung" zu starten (mit anschließender ambulanter Therapie). Mir war klar, dass es nun kein Hintertürchen mehr gab. Ich betrog mich selber, indem ich zwar vorgab, clean bleiben zu wollen, mir insgeheim aber sagte, dass ich irgendwann wieder rückfällig werden wollte.

    Den passenden Grund fand ich während eines stationären Aufenthaltes in einer Depressionstherapie. Ich war noch in einer Beziehung und verknallte mich in eine Mitpatientin. Und fing, weil ich echt dachte durchzudrehen, nach dreieinhalb Jahren Abstinenz wieder an. Meine langjährige Beziehung ging in die Brüche, und auch mit der Mitpatientin war Schluss, bevor es richtig begonnen hatte. Mit nunmehr 48 Jahren dachte ich mir, dass ich bis an mein Lebensende weiterkiffen würde. Ende letzten Jahres begab ich mich in die zweite stationäre Entkifftung, wusste aber, dass ich wieder rückfällig werden würde/wollte.

    Das tat ich dann auch. Vor fünf Wochen hörte ich erneut mit dem Gras auf, und das hatte mehrer Gründe: Mein Stammdealer hatte kein Gras mehr, mein Ausweichdealer war in der Entgiftung, und mir war es zu blöd, wie ein "Grasjunkie" fragwürdige neue Quellen aufzusuchen. Ich steuerte auf den finanziellen Ruin zu. Ich hatte eine neue Frau kennen gelernt, die meine Kifferei zwar tolerierte, aber auch nicht guthieß. Und last but not least war ich trotz des Kiffens praktisch immer gleichermaßen mies drauf, bekam überhaupt keinen Kick mehr. Die erste Woche war ziemlich übel, doch zum Glück konnte ich Freunden beim Renovieren helfen, was mich ablenkte.

    Abends trank ich diesen Schlaf- und Nerventee und las, bis mir die Augen zufielen. Nach einer Woche unternahm ich eine mehrtägige Radtour und verausgabte mich fast völlig. Nach zwei Wochen hatte ich so gut wie keinen Suchtdruck mehr und wunderte mich über mich selber. Während dieser Zeit las ich das Buch "Gespräche mit Gott", das mir wirklich zum ersten Mal in meinem Leben die Augen hinsichtlich meines wahren Ichs öffnete. Irgendwie stand ich plötzlich "über den Dingen", erkannte immer deutlicher, dass nicht nur mir sondern allen Menschen Fähigkeiten zur Verfügung stehen, die "Suchtkrücken" schlichtweg überflüssig machen.

    Inzwischen kommt es mir echt so vor, als sei ich bereits seit vielen Monaten, wenn nicht Jaaahren clean. Und denke ernsthaft darüber nach, auch das "normale" Rauchen dranzugeben. Ich kann es nicht präzise benennen, was da geschehen ist, doch das ist mir auch egal, denn es zählt lediglich, DASS etwas passiert ist. Versuche am besten, DEINEN eigenen Weg, unbeeinflusst von der Umwelt, den Menschen, die Dich umgeben, zu finden. Sieh Deine fortschreitende Abstinenz meinetwegen als "Jagd nach dem ewigen Highscore", bau Dir mit Deiner Intelligenz ein Argumentationsgebäude, versuch's mit Affirmation, zieh alle Register und GLAUB AN DICH!!!

    Ich wünsch' Dir viel Glück und viel Kraft!

    Gruß, Alice/Paule

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