• Lieber Papa,
    ich kann es fast nicht glauben, aber jetzt ist es dann fast ein Jahr her, dass Du beschlossen hast, nicht ohne mich und Deine Enkel an Deiner Seite, leben zu wollen. Du hast es immer gesagt, angedroht, voller Angst vor dem Alleinesein, aber ich hätte nie gedacht, dass es wirklich so kommt. Ich wollte Dich am nächsten Tag besuchen, wir alle wollten Dich mehrmals die Woche besuchen, wir haben Dich doch geliebt und lieben Dich. Und vermissen Dich, egal wie schwierig es mit Dir war. Eine Nacht alleine bzw. mit Deiner Polin und am nächsten vormittag der Anruf - nach einer Nacht in der neuen Wohnung. Ich habe ewig vor der Intensivstation gewartet, bis ich endlich zu Dir konnte, aber Du konntest nur noch meine Hand drücken und Dein Gebrummel habe ich nicht verstanden. Ich wusste, dass Du gehen wirst...Und trotzdem habe ich geschrien, als nachts der Anruf kam. Egal, was ich nach dem Tod von Mama über Dich erfuhr, Du warst mein Vater, der Arzt, der Vorlesungen gehalten hat, ich war stolz auf Dich und es war mir egal, dass Du zum Schluß eine Windel getragen hast, komisch wurdest, feindselig, seltsam... Ich denke, Du bist selber nicht klar gekommen, wie Du Dich verändert hast.
    Du lagst so friedlich da, aber auch so kalt...Und es hat weh getan, dass Dich niemand anders sehen wollte. es hat mir weh getan, dass Dein Sohn Dich nicht auf seine Hochzeit eingeladen hat, weil Du eine Windel hattest, weh, weil ich merkte, dass es Dir etwas ausgemacht hat, auch wenn Du gleichgültig getan hast...
    Ich habe so viel erfahren über Dich in den letzten drei Jahren, auch nach Deinem Tod und ich verstehe jetzt viel mehr. Und irgendwie kann ich Dir verzeihen, sehe Dich als Opfer Deiner Kindheit, während ich bei Mama zu kämpfen habe...
    Wir vermissen Dich, jeden Tag...

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