Neurologisches oder psychiatrisches Problem?

  • Hallo,

    ein Angehöriger war lange Zeit heroinabhängig, ist aber seit 15 Jahren gut substituiert, lebt, so weit wir es wissen, ohne Beikonsum und erhält seit 2 Jahren die Minimaldosis Methadon.

    Bekannt sind regelmäßige Migräneattacken, die aber in der Familie liegen, so wie ein Leberschaden.

    Der Angehörige kam Freitagabend mit Verdacht auf einen Schlaganfall in eine Neurologie, die ihn (vermeintlich) recht schnell auschlossen, da das EEG unauffällig war.

    Symptome:

    Verwaschene Aussprache, sprachliche und gedankliche Zerfahrenheit, insbesondere zeitlich nicht formal geordnet.

    Da das EEG unauffällig war, wurde er in eine psychiatrische Klinik verlegt. Kein CT oder MRT, was mich ein wenig irritiert.

    Der Angehörige ist Ü60, also durchaus ein Alter, in dem ein Schlaganfall nicht ganz unüblich wäre.

    Über das Wochenende passiert nun in der Psychiatrischen scheinbar nichts oder wenig, er erhält jedenfalls keine Medikamente.

    Mir wäre grundsätzlich wohler, wenn ein Bild vom Kopf gemacht wird, um eventuelle hirnorganische Probleme zu erkennen oder auszuschließen.

    Eine Angehörige hatte einen Hirntumor.

    Blut und Urin wurden zwar gesammelt, aber die Ergebnisse vom Screen liegen noch nicht vor.

    Insgesamt habe ich etwas Bauschmerzen mit der Situation. Scheinbar wird davon ausgegangen, dass er wieder irgendetwas genommen hat und die Symptomatik auf eine Erkrankung aus dem schiziphrenen Formenkreis hinweist, asugelöst durch irgendeinen Missbrauch.

    Ich verstehe, dass der Verdacht bei einem Substituierten nicht ganz von der Hand zu weisen ist.

    Insgesamt würde ich es dennoch für besser halten, erst mal alle somatischen Probleme auszuschließen.

    Eine andere Überlegung: Können auch noch nach 15 Jahren Abstinenz von Heroin (und allem anderen, was da so drin ist) vielleicht psychotische Symptome auftreten?

    Methadon ist eher nicht für die Symptome bekannt, oder?

    Ich möchte einfach nicht, dass er vorverurteilt wird und nun davon ausgegangen wird, dass er wieder etwas genommen hat.

    Leider können alle Angehörigen jetzt nicht zu ihm fahren, ich kann frühestens nächstes Wochenende hinfahren. Er liegt 3,5 Stunden mit dem Zug entfernt in einer Klinik.

    Danke schon mal,

    Frau Jordana

  • Die Sorgen sind verständlich und ich kenne auch Behandlungen bei Junkies die nur über die Sucht abgehandelt wurden - aber das liegt 30 Jahre zurück!
    Aber meine Erfahrungen sind wirklich heute anders, ich vertraue der Ärzteschaft in der Hinsicht ...

    Das bedeutet5 aber nicht, dass man nicht kritisch alles hinterfragen soll :winking_face:

    Was nach 15 Jahren Abstinenz noch alles nachkommen kann, das ist eher nicht wissenschaftlich untersucht.

    Sicher könnte der ganze Dreck im H nach lange irgendwelche Nachteile mit sich bringen - ob psychotisch kann kaum sicher bestimmt werden.

    Das "nur" ein EEG gemacht wurde, muss nicht unbedingt falsch sein, aber ein CT oder MRT hätte natürlich eine klarere Aussagekraft.

    Gerade aber bei Schlaganfallverdacht glaube ich eher nicht, dass Ärzte alles nur auf eventuelle Drogeneinnahme schieben würden.

    Mittlerweile sollten aber Blut- sowie Urinergebnisse vorliegen.

    Das du dich als Angehörige einsetzt, das solltest zumindest mal telefonisch dem behandeltem Arzt deutlich übermitteln.

    Gibts schon was neues?

  • Danke Franz, für deine Antwort!

    Ja, die Ergebnisse vom Screen sind da und sauber :smiling_face: ! Das bringt viel Erleichterung mit sich. Nicht alle in der Familie waren überzeugt und die Ärzte auch nicht, aber das ist jetzt erst mal vom Tisch.

    Auf mein und das Drängen eines weiteren Angehörigen hin (und weil der Screen sauber war vielleicht?) wird morgen doch noch ein MRT gemacht.

    Die aktuelle Arbeitshypothese, ohne, dass es sicher ist, heisst "Delir". Durch was das bedingt sein könnte, ist unklar, das Alter, der Leberschaden, doch das Methadon, zusätzlich in den letzten Monaten Stress durch eine sehr unangenehme Baustelle bei der Wohnung.

    Jetzt kommen weitere Fragen ganz praktische Fragen. Wer fährt wann zu ihm? Wer schaut nach der Wohnung? (Klinik und Wohnung sind nach der Verlegung weiter auseinander).

    Traurig, dass es keine/wenig wissenschaftliche Belege für die Spätfolgen einer Heroinabhängigkeit gibt.

    Traurig bin ich auch, weil ich ihn am Telefon nicht erkenne, fast ein ganz anderer Mensch. Nicht nur die verwaschene Sprache , die zeitliche Unordnung und all das. Auch alles was er sonst mochte, erreicht ihn nicht. Ich kenne ihn auf Heroin, auf Entzug, die letzten prima 15 Jahre, es gab immer so bestimmte Dinge, mit denen man ihn wenigstens ein bißchen erreichen konnte.

    Auch wenn noch nichts wirklich geklärt ist, bin ich heute zufriedener oder zuversichtlicher. Aber traurig.

    Liebe Grüße

    FrauJordana

  • Wenn die Leber oder die Nieren nicht mehr richtig funktionieren, und sich Gifte im Körper anhäufen, dann wird das Gehirn auch in Mitleidenschaft gezogen. Wenn das Gehirn nicht mehr funktioniert, ist der Mensch natürlich schwer beeinträchtigt. Wie hier: https://de.wikipedia.org/wiki/hepatische_enzephalopathie

    Natürlich vergiften und zerstören bestimmte Streckgifte oder Partikel den Körper viel, viel, viel schlimmer als beispielsweise Opioide in ganz normaler pharmazeutischer, oder wenigstens mal annähernder vernünftiger Lebensmittelqualität . Gerade wenn es um intravenöse Injektionen geht.

    Was sich da mitunter abspielt, ist ein Abgrund. Für mich noch das stärkste Argument, neben anderen recht starken, das evtl. für eine Legalisierung (und fachmännische Fertigung und Abgabe) von Drogen spräche.

    Dass Methadon bei bestimmungsgemäßem Gebrauch derart schwere organische Schäden hervorruft, würde mich sehr wundern. Es kann aber angeblich eine Art Herzrhythmusstörungen verursachen.

    Hoffentlich kann der Angehörige geheilt oder entgiftet werden.

  • Hallo,

    Leber- und Nierenwerte waren tatsächlich nicht so gut, aber auch nicht so schlimm, und haben sich inzwischen normalisiert.

    Eben habe ich mit ihm telefoniert.......nicht gut, keine Besserung. Sprache verwaschen, keine zeitliche Orientierung, teils auch zur Situation unorientiert, kaum kausale Antworten, Satzfetzen, Gedankenspringen, dann beschimpft er ganz vulgär Mitpatienten, was er sonst nie gemacht hätte, dann ist er sich sicher, dass wir abgehört werden, aber kurz drauf kommt eine Beschwerde, dass alle ihn auffordern, so viel zu trinken.

    Hm ....gerade kann ich nur zuhören und ganz viel Verständnis zeigen, für etwas, was ich nciht verstehe.....

    MRT wurde gemacht und ist unauffällig.

    Als er noch klar war, sprach er davon, das Methadon endlich ganz abzusetzen, weil er schon einen chronischen Leberschaden habe.

    Das war so sein Ziel für dieses Jahr.

    Daraus habe ich gehört, dass Methadon vermutlich schädlich für die Leber sei, ohne das groß zu hinterfragen.

    Nach 15 Jahren gut geglückter Substitution und einer realistisch klingender Selbsteinschätzung, hielt ich das auch für eine sinnige Idee.

    Danke auch dir, strider, für deine Antwort!

    Liebe Grüße

    FrauJordana

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