Mehrfach Abhängigkeit meines Sohnes, ADHS und Co-Abhängigkeit

  • Hallo ihr Lieben,

    Zum ersten Mal traue ich mich in ein Forum um meine Geschichte zu erzählen.

    Ich bin jetzt 41 Jahre, habe zwei Söhne im Alter von 22 Jahren.

    Ich wurde schon sehr früh mit Sucht und daraus entstandenen Dramen ( Suizid meines alkoholabhängigen Vaters und dadurch kaufsüchtiger Mutter) konfrontiert.

    Mein ganzes Leben verbrachte ich damit, mich und meine Kinder genau vor diesem Schicksal zu bewahren.

    Ich habe es bis dato nicht geschafft, einen gesunden Umgang aus dieser Misere heraus zu finden.

    Einer meiner Söhne ist wohl auch durch mein extremes Vermeidungsverhalten in eine Mehrfach Abhängigkeit vorzüglich Amphetamine und Alkohol geraten.

    Ich habe ihn vor ca. 1,5 Wochen schweren Herzens vor die Tür gesetzt.

    Irgendwie fehlt mir nach all diesen Lügen, seiner Drogenparties und Orgien die er hier bei mir abhielt sobald ich am Wochenende nicht da war, nicht mehr aus.

    Ja es ist immer noch mein Sohn. Das wird er immer bleiben.

    Nur bin ich definitiv am Ende meiner Kräfte.

    Er hat jetzt eine gerichtliche Betreuung, die mir, obwohl meiner klaren Kommunikation, versucht mir Dinge aufzuhalsen die ich jedoch nicht mehr in der Lage bin als Mutter durchzuführen.

    Diese Jahre an Kampf haben mich müde gemacht ...

    So unendlich müde ...

    Dazu kamen auch die sich immer häufiger auftretenden körperlichen Angriffe, sobald ich irgendwie versuchte, ihn aus dem Bett zu bewegen.

    Ich weiß, dass es nicht mein Sohn ist der so handelt.

    Eher seine Suchtpersönlichkeit, die ich in diesen Momenten zu spüren bekam.

    Irgendwie finde ich auch gerade keine Linie hier chronologisch alles genauestens wiederzugeben, was, wann und wo konsumiert wurde. Vorwiegend war es jedoch ein Mix aus Chrystal, Pep, Kokain, und durch die Goa Parties auch LSD und/ oder Extasy

    Trotz dieser vielen Jahre, habe ich jetzt erst diese Realität für mich eingestanden und erkannt.

    Mein Sohn ist abhängig und ich fütterte meinen Sohn durch meine schon von klein auf bestehende Co-Abhängigkeit.

    Vom wegschicken und vermeiden Süchtiger löst sich diese wohl nicht auf.

    Das habe ich begriffen.

    Denn umso mehr ich mich dagegen sträubte, Abhängigkeit und Sucht aus meinem Leben zu verbannen, statt sie konstruktiv zu lösen und sich auseinanderzusetzen, umso mehr zog ich genau das in mein Leben.

    Ich bin also hier, um irgendwie ein Gespür dafür zu bekommen, diese Mitte zu finden, meinem Sohn nicht ablehnend gegenüber zu stehen, sondern ihm ein gesunder Halt zu sein, ohne mich dabei selbst zu vergessen sprich diese Co Abhängigkeit zu bearbeiten.

    Ich bin um jeden Tipp und eure Sicht darüber von Herzen dankbar.

    LG Daniela

  • Servus Daniela,

    sicher kein einfacher Schritt, aber der einzig richtige!

    Im Moment wird er es vermutlich nicht einsehen können, aber wie du schreibst, geht es jetzt endlich mal um dich ...

    Nimmst du irgendwelche Beratung in Anspruch?

    Vielleicht ne SHG?

    Was sagt der (Zwillings-)Bruder dazu?

  • Hallo Franz,

    Erstmal vorweg ein liebes Dankeschön für Deine schnelle Antwort.

    Sein Zwillingsbruder möchte derzeit keinen realen Kontakt, da auch er schön in diese Szene eingetaucht ist.

    Jedoch hat er sich ziemlich schnell davon entfernen können.

    Ich weiß auch dass ihn diese Situation extrem belastet und er für sich erstmal keine Angehörigen Beratung in Anspruch nehmen möchte.

    Er hat viel Arbeit mit Umzug und Job und darauf konzentriert er sich jetzt.

    Ich für meinen Teil nehme die Beratung bei unserer regionalen Suchtberatungsstelle “Drugstop“ in Anspruch und habe am 10.08. den ersten Termin.

    In Therapie bin ich bereits, aufgrund eines Burnouts vor 1,5 Jahren.

    Allerdings würde dort nie die Co Abhängigkeit angesprochen.

  • Allerdings würde dort nie die Co Abhängigkeit angesprochen.

    Aber bekannt ist es dem Therapeuten, oder?

    So ganz verstehe ich nicht, wie das komplett ausgeklammert werden kann.

    Ok, es wird nicht zum primären Behandlungsinhalt, aber ganz ausgrenzen?

    Der Zwillingsbruder wünscht zu dir oder seinem Bruder keinen Kontakt?

    Das ist ja wirklich verzwackt, wenn er selbst schon der Szene angehörte ...

    Aber für dich ja insoweit gut, du kannst an einen Ausstiegt glauben, wenn es der eine Sohn bereits geschafft hat.

    Für den Moment zählst aber wirklich nun mal du selbst und ein realer Beratungskontakt ist super.

  • Ja die Schwierigkeiten waren meinem Therapeuten bekannt, allerdings seine Drogensucht stand lediglich im Raum, konnte ich jedoch erst vor kurzem tatsächlich beweisen. Er meinte zu mir jedes mal wenn er mich besuchte, er würde es ja lediglich konsumieren auf Parties.

    Geglaubt hab ich es ihm nie. Meine Intuition lag definitiv richtig.

    Als er jedoch komplett abstürzte, versuchte er zuerst bei meiner Mutter unterzukommen.

    Erst nachdem sie bemerkte dass er alles für selbstverständlich hielt, zog er wieder bei mir ein. Das war im Januar diesen Jahres.

    Seither hagelte es Lügen, hielt mich für paranoid als ich meinen Verdacht äußerte und hatte die Polizei hier wegen Verdacht auf Vortäuschen einer Straftat.

    Vorher bekam man weder eine Antwort noch einen Rückruf von ihm.

    Bezüglich der Kontaktvermeidung seines Bruders und mir, begründete er dies damit, dass er dieses Affentheater bei uns nicht aushalten kann.

    Und das obwohl er selbst weiß, dass es zwischen ihm und mir nicht anders lief, als mit seinem Zwillingsbruder.

    Im Prinzip habe ich hier ein völlig kaputtes destruktives Familiensystem.

    Mit meiner Mutter hatte ich ja den Kontakt auch abgebrochen aufgrund dessen.

    Wie gesagt ...

    Diese ganze Familien Dynamik ist so derart verworren, geprägt von psychischer Erkrankung meiner Mutter, der Co Abhängigkeit meinerseits.

    Wie soll ein Kind sich in solchen Verhältnissen gesund und belastungsfrei entwickeln? Haut nicht hin So.

  • Wahrlich nicht einfach für Kinder, aber man kann es auch dir nicht zum Vorwurf machen, da es dir ja letztlich ähnlich erging ...

    Heute sind die 2 aber für sich selbst verantwortlich und müssen der Geschichte eben über Therapie oder wie auch immer entgegenwirken.

    Vieles gibt sich mit der Zeit wieder, wenn es auch beide Seiten dann braucht, um wieder zusammen zu finden.

    Ja es ist immer noch mein Sohn. Das wird er immer bleiben.

    Das ist der entscheidende Punkt und das gilt ja für deine beiden Söhne :smiling_face:


    Ich bin sicher es ergeben sich noch viele Gelegenheiten, dass ihr alle wieder zusammen findet.

    Das aber geht nur wenn man auch gesund ist und das sollte nun dein Hauptaugenmerk sein!

  • Franz da hast Du recht.

    Letztendlich muss ich meinen Weg der Gesundung gehen. Ich habe lange genug für andere funktioniert. Sei es für Partner, Familie oder Arbeitskollegen.

    Ich denke ich habe jetzt den letzten Rest toxischer Beziehung aus meinem Leben geschmissen.

    Jetzt bin ich dran. Und mein Ziel die berufliche Neuorientierung.

    Danke für Dein Sein und deine Worte. ?

  • Hey Daniela,

    meine Eltern waren meinem Bruder gegenüber sehr früh sehr rigeros. Er war heroinsüchtig. Sie haben sich in aller Deutlichkeit abgegrenzt. Mein Bruder ist über 20 Jahre älter als ich, ich bin ohne ihn aufgewachsen, in einer Zeit, in der akut süchtig war und wir alle keinen Kontakt zu ohn hatten, weil diesen unsere Eltern gekappt haben. Sie wollten uns Jüngere schützen und meinten kognitiv zu wissen, dass nicht außer Abgrenzung hilft. Eigentlich alles richtig gemacht, oder?

    Trotzdem war dieses Schweigen so laut, dass man es kaum aushalten konte. Ich war 12, kurz nachdem ich Christiane F gelesen hatte, als ich all das erfuhr.

    Mein Bruder war da grad mal wieder auf Entzug und suchte den Kontakt, der beim ersten Anzeichen eines erneuten Rückfalls unterbrochen wurde.

    Nachdem ich irgendwann selbst entscheiden konnte, wie viel Kontakt ich haben möchte, war auch das schwierig, weil mein Bruder immer wieder verschwand. Aber ich habe meine Eltern besser verstanden, warum sie drakonisch waren. Richtig finde ich trotzdem nicht alles.

    Wie man es als Eltern macht, man kann es eigentlich nur falsch machen.

    Deine Kinder machen dir velleicht (berechtigte) Vorwürfe oder werden es noch tun. Aber du gibst dein Bestes und machst es deswegen richtig. Diese Ambivalenz auszuhalten ist nicht leicht.

    Damit du dei Bestes geben kannst, musst du aber auch erst mal auf dich schauen, deine Kräfte und Ressourccen auftanen und füllen. Dazu gehört auch die Abgrenzung. Und das Erkennen, dass du definitiv nicht schuld bist!

    Meinem Bruder geht es aktuell sehr schlecht, aber er hatte mittlerweile nach vielen gescheiterten Versuchen 15 Jahre heroinfreie Zeit am Stück.

    Viel Kraft dir,

    Jordana

  • Danke Jordana für Deine Klarheit. Ich habe großen Respekt vor Deiner Stärke. Denn auch als kleine Schwester spürt man diese Spannungen und Ängste der Eltern sehr genau.

    Ich für meinen Teil übe mich jetzt täglich in Vergebung und Selbstvergebung. Abgesehen von gängigen Therapien und Beratung.

    Denn diese sinnlosen Schuldgefühle ändern rein überhaupt nicht's an der Situation.

    Und die sind derzeit extrem ausgeprägt.

    Ich wünsche mir von Herzen, dass jeder der hier ist, irgendwann doch noch sagen kann: “Ich hab's geschafft! Ich bin frei und kann wieder aus vollstem Herzen lachen und das Leben genießen.

    Egal was vorher passiert ist.

  • Wie man es als Eltern macht, man kann es eigentlich nur falsch machen.

    Da ist sicher was dran, aber viel wichtiger dabei ist, nichts tun würde noch sehr viel mehr falsch sein!

    Kontaktabbruch sollte aber natürlich nicht heißen, dass man nie mehr reden würde.

    Ein Rauswurf beendet aber nicht den Kontakt generell.

    Aber ich meine, Angehörige sollten und dürften schon Regeln für neue Kontakte aufstellen.

    Das müssen Eltern für ihre anderen Kinder vielleicht auch mal entscheiden, aber den Kontakt grundsätzlich zu unterbinden wäre auch nicht der richtige Weg.

    Ähnlich ist das doch schon allein bei Trennung/Scheidung, da muss nicht mal eine Suchterkrankung anhängig sein.

    Viele Beratungsstellen stehen da mit Rat und Tat zur Seite - z.B. auch mit einem begleiteten Besuch auf Therapie oder so ...

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!