Aufhören ist sehr hart

  • Hallo zusammen!

    Ich habe vor etwa 45 Tagen nach 20 Jahren tägl. Konsums aufgehört (auch mit Nikotin) . Die ersten Tage waren recht stressig, tagsüber oft an Zigaretten und Tüten gedacht (Schmacht halt), nachts heftig geschwitzt, konnte kaum einschlafen etc... Das ging nach 5 Tagen und ich wurde regelrecht euphorisch. Hatte gute Laune, natürlich oft auch Schmacht auf beides, aber war eher sehr stolz auf mich, dass ich das so gut hinbekomme. Habe auch in meinem Freundeskreis keinen einzigen Kiffer, also alles recht easy. Nach 2 Wochen kam dann der absolute Nullpunkt. Ich entwickelte eine heftige Depression, erkannte, was ich in den letzten 20 Jahren alles falsch gemacht hatte, beruflich und auch privat und stehe nun vor diesem Scherbenhaufen. Nicht falsch verstehen, hab ein berufsbegl. Studium absolviert und arbeite seit 17 Jahren. Trotzdem hätte mehr aus mir werden können / müssen. Mit fast 40 Jahren überlege ich nun, noch einen Bachelor zu machen, also einen echten Uniabschluss, vielleicht für einen neuen Job oder aber auch nur dazu, um mein Gewissen zu beruhigen.

    Die Depressionen bin ich noch nicht losgeworden, kann momentan nicht mal arbeiten, liege nur im Bett und kriege nichts gebacken. Der Gedanke, dass ich ein Versager bin, begleitet mich Tag und Nacht. Meine Freunde haben sehr gute Jobs, dicke Autos, Häuser, Kinder und ich bin daneben ein richtiger Loser. Wohne in ner Mietwohnung, hab ne kleine Karre. Das macht mich momentan regelrecht fertig. Mein Hausarzt hat mir ein AD verschrieben, das leider keine positive Wirkung auf mich hat und ich werde es jetzt wieder absetzen. Ich habe mir mein Leid selber zugefügt und muss nun auch alleine den Ausgang finden. Ich werde auch von meinen Eltern unterstützt, will aber auch niemandem zur Last fallen.

    Ich fühle mich richtig, richtig leer und weiß nicht, wie ich aus diesem Hexenkessel entkommen soll. Sprüche wie: du musst jetzt mal rausgehen und was machen etc. bringen momentan keinen Effekt, ich bin schon stolz, wenn ich mir was zu essen gemacht habe. Ich würde gerne wieder arbeiten gehen und ein normales Leben führen. Wann hört diese depressive Stimmung endlich auf?

  • Glückwunsch für deine Entscheidung, wenn es im Moment auch hart ist :top:

    Ich glaub kaum das du alles falsch gemacht hast, sonst könntest nicht so viel vorweisen.

    Sich mit Freunden vergleichen ist aber nicht zielführend, oft sieht man nur deren Fassade und weiß doch gar nicht was bei denen wirklich abgeht.

    haben sehr gute Jobs, dicke Autos, Häuser

    Sicher nett, aber das allein macht eben auch nicht glücklich :winking_face:
    Kinder, ok, da verhält sich das anders, aber das dürfte eben nicht mit den zuvor genannten Punkten zusammenhängen.

    Du hast es aber selbst in der Hand und wenn du es dir zutraust, warum also nicht noch den Bachelor machen :smiling_face:

    Wie lang nimmst das AD jetzt schon?

    Dir ist klar, eine deutlich spürbare Auswirkung kann bis zu 8 Wochen auf sich warten lassen ...

    Raus gehen, ok, mag aktuell schwer sein, aber es hilft halt doch immer bisserl - frische Luft, gesundes Essen, viel Trinken sollte man auch noch irgendwie einbauen.

    Was die depressive Episode angeht, so kann das schon einige Wochen andauern, dennoch sollte man immer mal bisserl Besserung verspüren.

    Wenn dem nicht so ist, dann wäre vlt das Aufsuchen eines Profis ratsam - also Psychologe oder Therapeut.

    Abschließend, ein Loser hätte erst gar nicht aufgehört, also stimmt das schon mal meiner Meinung so nicht :winking_face:

  • Erstmal herzlichen Glückwunsch zur Entscheidung mit dem Rauchen - von was auch immer - aufzuhören! Vor allem aber Chapeau!, dass du das bislang trotz aller Schwierigkeiten durchgezogen hast. Das schafft nun wirklich nicht jeder!

    Du leidest im Moment heftig an Depressionen. Dies zu behandeln und zu bekämpfen sollte deine erste Priorität sein. Suche dir einen Facharzt, Hausärzte sind damit fast immer überfordert. Lass dir über den Terminservice der Krankenkassen einen Termin geben, solltest du nicht über deinen Hausarzt zeitnah an einen Psychologen oder Psychotherapeuten vermittelt werden können. Warte nicht länger damit, du brauchst m.E. ziemlich schnell kompetente Hilfe.

    Dass diese Depressionen dazu führen, dass du die Realität verzerrt wahrnimmst, weist du wahrscheinlich selbst. Du bist nun ständig auf der Suche nach Katastrophen und Negativem und findest dies auch überall, weil du es so willst und alles entsprechend bewertest. Dies zu wissen, hilft leider meistens nicht viel. Es ist gut, dass du Freunde und Familie hast. Wenn du dich ihnen öffnest, können sie dir vielleicht auch eine große Hilfe sein.

  • Vielen Dank für eure aufmunternden Worte:smiling_face: Es tut schon mal sehr gut, etwas Positives zu lesen. :smiling_face:

    Das AD nehme ich jetzt erst seit 8 Tagen, vorher habe ich ca 20 Tage ein anderes (Opipramol) versucht. Beide vom HA verschrieben, der sich wahrscheinlich wirklich nicht allzu gut damit auskennt. Bei mir kam es beim Amitriptylin zu heftigen Suizidgedanken, denen ich natürlich nicht nachgegangen bin, aber die Vorstellung / Einbildung war recht erschreckend für mich. Das steht auch in den Nebenwirkungen, von daher habe ich seit gestern abend keine Tablette mehr zu mir genommen. Ich habe für heute noch ein Telefonat mit einer befreundeten Psychologin vereinbart, die mir einen guten Neurologen empfehlen möchte. Und das mit dem Therapeuten über den Terminservice werde ich morgen sofort in Angriff nehmen, nachdem ich mir eine Überweisung beim HA geholt habe. Denke nämlich auch, dass ich eher eine schwere Depression habe... Dann müsste ich ja innerhalb von 4 Wochen einen Termin bekommen, was schon mal super wäre. So war auch mein Plan. Hätte es gerne heute schon zum Arzt geschafft, aber es geht leider nichts.

    Diese Versagergefühle machen mich einfach fertig. Ich bin überghaupt kein neidischer Typ und halte auch nichts von dem ganzen Konsum, aber momentan bin ich dermaßen materiell besessen und weiß nicht, woher das kommt. Mache mir Sorgen über die Altersarmut, obwohl ich noch 30 Jahre davon entfernt bin. Tja, hab ich wohl alles 20 Jahre lang aufgeschoben mit meiner Qualmerei...

    Habe mich meinen besten Freunden und meiner Familie ggü geöffnet und alle unterstützen mich, können aber letztlich nur Mut zusprechen und für mich da sein. Das ist natürlich schon jede Menge und ich bin sehr dankbar dafür, sie alle zu haben. So erkennt man doch seine wahren Freunde noch viel besser.

    Ja, ich muss rausgehen, was unternehmen, Sport treiben usw. Da stimme ich dir völlig zu, nur leider komme ich gerade nicht aus dem schwarzen Loch raus... Ich hoffe, dass es morgen besser wird. Immerhin bin ich gezwungen, zum Arzt zu gehen, ist schon mal ein Schritt vor die Tür!!!

    Ganz lieben Dank an euch für eure Antworten:thumbs_up:

  • Denk dran, dass du für den Terminservice so eine spezielle Nummer vom Arzt brauchst, die er auf die Überweisung aufklebt. Die musst du dem Terminservice nennen, ohne diese Nummer kein Termin.

    Ich freue mich sehr, dass du in deinem Umfeld Verständnis findest und von ihm aufgefangen wirst. Das hat nicht jeder. Das ist es in der Tat, worauf es ankommt. Wie heißt es so schön, nur das, was man nicht zählen kann, zählt wirklich!

  • Oh, danke, das mit der Nummer war mir nicht bewusst, werde ich morgen anmerken. Der Terminservice läuft doch mittlerweile über die KV, oder? Das bekomme ich schon hin, werde jetzt nochmal zugelassene Therapeuten in meiner Nähe anrufen bzw auf den Anrufbeantworter quatschen. Schadet ja nicht!

    Ein schönes Zitat hast du da gefunden. Passt gerade sehr gut zu mir und du hast damit verdammt Recht!

  • Der Terminservice läuft doch mittlerweile über die KV, oder? Das bekomme ich schon hin, werde jetzt nochmal zugelassene Therapeuten in meiner Nähe anrufen bzw auf den Anrufbeantworter quatschen. Schadet ja nicht!

    Ja, über die Kassenärztlichen Vereinigungen der jeweiligen Länder. Hier findest du die jeweilige Telefonnummer für dein Bundesland:


    Schneller Termin beim Facharzt | Interaktive Deutschlandkarte.

    Das Problem ist, dass man sich da zwar manchmal den Ort aussuchen kann, wo man hinfahren kann/möchte, aber niemals den Arzt bzw. die Ärztin. Aber besser ein unbekannter Arzt als gar kein Arzt, wenn man denn tatsächlich einen braucht. Ich habe den Terminservice schon ein paar Mal in Anspruch genommen und hatte bislang keine Probleme. Ich bin aber auch ein ebenso anspruchsloser wie pflegeleichter Patient.

  • Super Entscheidung und meinen vollsten Respekt. Die AD würde ich nicht einfach absetzen, da sich die volle Wirkung erst nach 4-8 Wochen entfaltet. Setzt du sie abrupt ab, kann das die Depressionen enorm verstärken. Hab mir jetzt nicht alles hier durchgelesen, mag sein dass das schon erwähnt wurde. Wünsche dir weiterhin viel Kraft und dass du schnell einen geeigneten Therapeuten findest.

  • Danke, ich bin auch eher ein anspruchsloser Patient, habe auch keine Ahnung, wie so eine Therapie abläuft. Wenn die Chemie halbwegs stimmt, müsste das ja für's erste reichen! Werde die Überweisung morgen holen und dann bei der KV anrufen! Danke nochmal!

    :smiling_face:

    Das Problem mit dem jetzigen AD sind für mich die einhergehenden Suizidgedanken, mit denen ich echt nicht klarkomme. Werde morgen den Arzt informieren und lasse mich dann lieber von einem Neurologen beraten. Vielleicht klappt es auch ohne. Hab ja heute keine genommen und fühle mich schon ein wenig klarer bzw wieder näher an der Realität als in den letzten Wochen. Vielen Dank auch dir :smiling_face:

  • Hallo Fan123,

    das du die Unterstützung deiner Freunde und Familie genießt ist etwas unbezahlbares. Zugegeben mit etwas Neid hab ich das gelesen.

    Ich steh gerade an Tag 4 ohne Cannabis, nach 15Jahren täglichen Konsums. Aber ich steh alleine damit.

    Jemand der fragt wie es einem geht, oder eine Umarmung würden schon gut tun, aber da bei mir keiner von meinem Konsum wusste verhält sich das bei mir etwas anders...

    Aber so wie du deinen Entzug durchgezogen hast, dafür schaue ich schon etwas zu dir auf, das war konsequent und geradlinig. :thumbs_up:

    Das du jetzt mit einer Depression gestraft wirst, das tut mir leid. Aber so wie du schreibst denke ich das du die Depression auch ganz sicher in den Griff bekommst. Es gibt so viele verschiedene AD und es ist manchmal nicht leicht das richtige zu finden.

    Aber du bemühst dich um Hilfe und du bist nicht allein, das sind doch super Voraussetzungen.

    Ich wünsche dir alles gute

    Julia

  • Hallo Julia!

    Ja, da habe ich großes Glück, das weiß ich. Meinen Eltern habe ich meinen Konsum allerdings erst vor 4 Wochen gestanden, sie wussten bis zu dieser Zeit nicht, dass ich so etwas mache. Damit habe ich mich selber auch wissentlich unter Druck gesetzt, mein Vorhaben durchzuziehen. Überlege doch mal für dich, ob es nicht auch Menschen in deinem Umfeld gibt, denen du dich anvertrauen kannst. Für meine Eltern war das auch erst ein Schock, aber sie haben schnell verstanden, dass ich Unterstützung brauche und keine Vorwürfe o. Ä.

    Dass dein Mann dich nicht auffängt, ist mir ein Rätsel. Wie kann man seiner Ehefrau ggü so ignorant und unverständlich sein. Aber vielleicht machst du einen Schritt auf ihn zu und erzählst ihm von deiner schweren Zeit. Ansonsten wäre eine Gesprächstherapie eine Überlegung wert.

    Ich sitze gerade beim Arzt, seit ich das AD gestern morgen abgesetzt habe, geht es mir fast irgendwie besser. Ich denke, ich werde es ohne Medikamente und ohne Therapie in den Griff bekommen. So der jetzige Plan, spreche es gleich mal mit dem Arzt durch! Die Depression habe ich leider nach wie vor und hänge nur in meiner Wohnung. Will mich ab heute motivieren, mal einen Spaziergang täglich zu wagen. Es muss jetzt irgendwie mit mir weitergehen. An einen Rückfall denke ich übrigens nie, was krass ist, da es ein leichter Weg für mich wäre. In 20 Minuten hätte ich wieder alles, was ich brauche. Kommt aber nicht mehr in Frage! Ich muss mich endlich von meiner Kindheit verabschieden!

    Lass mal was von dir hören, ich drücke dir die Daumen,

    lieben

    Gruß Fan!

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