• Hallo,

    Ich dachte ich erzähle mal wie ich eine Co-Abhängigkeit erlebt habe und wie es mir im Moment geht nachdem ich mich nach paar Jahren davon gelöst habe bzw. Wie ich erkannt habe dass ich in einer Co-Abhänigkeit bin. Ich möchte anderen einfach Mut geben und daran appellieren dass man an sich selber denken muss, so schwer es auch scheint wenn man Angehöriger eines Süchtigen ist.

    Meine Situation hatte ich in einem anderen Thread bereits erzählt..

    Ich bin seit 6 Jahren mit meinem Freund zusammen, er ist seitdem Cannabisabhängig (sogar schon länger seit ca. 10 Jahren). Ich nahm es so hin und arrangierte mich mit der "Situation", es blieb nicht nur beim Cannabis sondern ging bis zu opiaten/benzos etc..

    Um mit meiner Co-Abhängigkeitsgeschichte Anzufangen muss ich von vorne beginnen.. ich war damals 18 als ich mit ihm zusammen kam, wir waren zu dem Zeitpunkt beide in Ausbildung. Er nahm seine Ausbildung nicht so ernst wie ich.. sprich ihm war es egal und wollte nichtmal zur Prüfung. Also ermutigte ich ihn und lernte parallel zu meiner Abschlussprüfung mit ihm mit ihm zusammen für seine. Hier fing alles an, ganz unbewusst und für mich selbstverständlich zu helfen mit meinen 19 Jahren. Er Arbeitete nach seiner Ausbildung noch ca 1 Jahr, da ihm der Führerschein mit 18 abgenommen wurde fuhr ihn seine Mutter Früh auf die Arbeit und ich holte ihn nach meiner Arbeit jeden Tag ab.. Das arbeiten war nicht so sein "Ding", so kündigte er und hatte in den letzten 6 Jahren max. 2 davon gearbeitet..

    Er zog sich mit den Jahren immer mehr zurück von der Gesellschaft und der Familie. Die letzten 4 Jahre kam er auch auf fast keine meiner Familienfeiern mit.. ich musste immer Ausreden für ihn finden warum ich immer alleine kam.. ich vertuschte seine Sucht und versuchte mir einzureden es sei nicht so schlimm.. wenn er dabei war, dann betrank er sich und für mich war das peinlich, denn er übertrieb immer.. Das Thema Alkohol kam auch noch dazu.. mit 21 wollte ich unbedingt ausziehen und das natürlich mit meinem Partner, als ich auf Wohnungssuche war waren wir kurzzeitig getrennt und kamen wieder zusammen als ich in meine erste Wohnung zog die dann für mich zu unserer wurde. Ich zahlte die Möbel, Kaution, Miete.. alles. Ich sagte mir immer: "wenn es mit ihm nicht klappt dann gehört alles mir und ich bin nich Abhängig".

    Ich drängte nach unserem Einzug darauf dass er sich einen Job suchen sollte.. denn ihn "hinderte" es immer dass er keinen Führerschein hat und immer auf jmd Angewiesen wäre. Nun wohnten wir in einer Stadt in dem ihm das hinkommen nun leichter gemacht wurde.. natürlich bemühte er sich eher weniger um einen Job.. so zahlte ich alles weiter, ganz selbstverständlich für mich. unser Zusammenleben in der Wohnung hielt 6 Monate, wir verstanden uns super bis er eines Tages abends NACH Hause kam und meinte er könne in der Wohnung nicht mehr wohnen. Ich solle mich entscheiden.. er fühle sich nicht bereit dazu zusammen zu wohnen.. mir hat es sehr viel bedeutet eine eigene Wohnung zu haben da ich bei mir zu Hause keine einfache Situation hatte und genoss die "Ruhe" alleine zu wohnen. Ich zögerte nicht trotz meines Wunsches in Ruhe zu wohnen und gab die Wohnung auf und zog nach Hause zu meinen Eltern und er wieder zu seiner Mutter. Das war im Jahr 2017. Er fing an mehr und mehr zu trinken.. wenn es mir nicht gut ging und ich mich mit ihm treffen wollte dann wurde ich immer hinten an geschoben.. wenn seine Kumpels da waren dann sollte ich eben warten.. andersherum wenn ich ihn irgendwo abholen oder fahren sollte dann SOFORT und das ohne wenn und aber, er wusste er kann sich immer auf mich verlassen. Ich kutschierte ihn 5 Jahre lang rum, natürlich selbstverständlich für mich..Das letzte Jahr war hart für mich.. das trinken wurde zum Alltag für ihn so wie das kiffen und benzos.. ich hatte bis jetzt schon Züge einer Co-Abhängigkeit, denn ich zog mich aus der Gesellschaft zurück.. war lustlos mit Freunden was zu unternehmen, denn meine Situation bedrückte mich. ich war oft traurig und hoffte immer er fange sich.. ob das auf seine Jobsituation bezogen war oder seine Sucht. Ich verbrachte mit ihm nur Zeit mit ihm zu Hause 6 Jahre lang oder wir gingen essen und Urlaub.. keine treffen mit Freunden oder Kino. Dieses Jahr beschloss er auf Therapie zu gehen nachdem er oft gescheitert ist sich selber zu entziehen. Ich war froh und machte ihm Mut. Die Stimmungsschwankungen fingen nun massiv an. Er nahm immer mehr Opiate und benzos mit Alkohol und cannabis kombiniert. Seine Freunde wandten sich ab, denn er verhielt sich unmöglich, sprich in der Öffentlichkeit war er immer total betrunken oder suchte stunk .

    Nun so kurz vor seiner Therapie war ich der einzigsten Mensch der außerhalb seiner Familie da war. Mein Tagesablauf die letzten 3 Monate waren: Arbeit-bei ihm-Arbeit. Kein Treffen mit Freunden. Ich war nur beschäftigt wie es ihm geht und dass er nicht wieder eine depressivephase hat. Muntere ihn auf wenn er schlecht drauf war oder an allem zweifelte. Die letzten Wochen fühlte ich mich sehr erschöpft.. ich hab nur auf sein Wohlergehen geachtet und mich komplett aufgegeben. Vor 3 Wochen wollte ich einen Abend mal zu Hause schlafen und sagte es ihm und er war wütend und warf mir vor ich sei nicht für ihn da und so ging das dann wenn ich nicht zu ihm gekommen bin und da war. Ihm ist ja schließlich langweilig, wie könne ich denn jetzt an mich denken?! Er beleidigte mich und drohte mir, wenn ich nicht doch kommen würde wäre Schluss.. ich knickte ein und solch eine Situation wiederholte sich dann noch einmal und dann war ich an allem schuld, ich war schuld das er so austicke, ich lasse ihn im Stich in der schweren Zeit, ich bin dann schuld wenn er seine Therapie nicht antritt denn ich bin nicht da.. das war dann für mich dann ein Warnsignal für mich.. denn ich war ja immer da und nahm mir das recht raus Zeit für mich zu nehmen..ich wollte mich nicht so behandeln lassen nachdem was ich geopfert habe und vor allem mir die Schuld geben zu lassen für etwas für was er selbst verantwortlich ist. Mein erster Schritt war alle Nachrichten zu ignorieren.. erst kamen Beleidigungen und Schuldzuweisungen, dann 1 Tag später Entschuldigungen, dann wieder war ich schuld dass er so durchdreht und er seine Therapie nicht macht... als das waren versuche mich wieder einzulullen. Ich ignorierte das und das kannte er nicht. Dann kam er sogar vor meine Haustür und wollte reden, doch wie Gott wollte war ich nicht da und lediglich meine Mutter die ihn abzuwimmeln konnte. Ich habe den Kontakt zwar erst 2 Wochen abgebrochen aber ich fühle mich wieder wie ein Mensch und bin nicht immer mit dem Gedanken wie es ihm geht.. egal wo ich war; war ich bei dem Gedanken bei ihm und in der Hoffnung er baue keinen Mist und ob es ihm gut geht..meine Gedanken kreisten davor nur um ihn.. wie geht's ihm, kommt er heute gut klar, etc.

    Nie hätte ich gedacht dass ich mich der Verantwortung, die ich so sah, ihm zu helfen entziehen.. ich wollte immer da sein und hoffte ihn auf den rechten Weg zu bringen.. doch ich habe erkannt dass ICH nichts ändern kann. Ich kann unterstützen, was ich tat aber mehr geht nicht.

    Und ab dem Tag als ich zu mir sagte ich kann mich nicht so behandeln lassen und ich nehme Abstand, da fuhr mein Körper runter. Ich kann wieder schlafen ohne schweißgebadet aufzustehen. Meine permanenten Kopfschmerzen sind weg. Ich rede endlich über meine Situation und sehe ein dass ich an seiner Lage nichts ändern kann und er selbst entscheiden muss was er tut und ich NICHT schuld bin. Denn ich bin stark und achte nun auf mich. Ich treffe mich wieder mit Freunden und war bei der Suchtberatung und habe mir Hilfe geholt. Ich gab mich auf und tat es aus Liebe.. doch wenn das eigene Wohlergehen leidet kann man niemanden helfen..

  • Gut beschrieben und du kannst wirklich stolz auf dich sein, wie du jetzt alles soweit umgesetzt hast.

    Aber man sieht auch wie schwer es ist, aus dieser Hölle auszubrechen :frowning_face:

  • Ja, super, dass du herausgefunden hast! Aber - das alles ist noch sehr frisch. Pass auf dich auf!

    Ich bin mir auch nicht sicher, ob das bei dir tatsächlich ein Fall von Co-Abhängigkeit ist/war, oder vielmehr eine sogenannte toxische Beziehung. Aber das ist eine akademische Diskussion - letzendlich ist es wichtig, dass das für dich nun zu Ende ist! :thumbs_up:

  • Aus meiner Sicht klare Co-Abhängigkeit!

    Definitionen:

    • Unterstützung des Abhängigen in seiner Sucht
    • Vertuschung/Deckung des Suchtmittelkonsums sowie auffälliges Verhaltens
    • Bagatellisierung oder Entschuldigung von Fehlern
    • usw. ...

    Die Punkte kann man gut im Text finden und könnte noch weitere ergänzen :winking_face:

    Zudem hat Co-Abhängigkeit eine medizinische Definition, wird also als Persönlichkeitsstörung nach ICD 10 F 60.x festgeschrieben.

    Die Co ist aber natürlich nicht allein im Suchtbereich vorhanden (dennoch wird es in Verbindung mit Abhängigen meist verwendet) - das kann in allen Lebensbereichen vorkommen.

    Zitat

    Rennert beschreibt es in 4 Stufen:

    • Sporadisch co-abhängiges Verhalten
    • Gewohnheitsmässiges co-abhängiges Verhalten
    • Co-Abhängiges Verhalten in der Ausprägung eines Persönlichkeitsmerkmals, welches zwanghaften Charakter hat
    • Co-Abhängigkeit als Störung der Persönlichkeit

    Quelle: Rennert, Monika (2012). Co-Abhängigkeit. Was Sucht für die Familie bedeutet. Freiburg im Breisgau. Lambertus-Verlag, ebd.: 231f.

    Toxische Beziehung ist nicht medizinisch definiert, ist also auch keine Diagnose und ich würde das eher im Bereich Partnerschaft mit einem Narzissten, wovon man sich nicht lösen kann, ansetzen.

    Suchterkrankung hat da keine spezifische Rolle ...

  • Beitrag von katynas1 (3. Oktober 2019 um 20:34)

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