Mutter Speed Abhängig - wie spreche ich es an?

  • Hallo ihr Lieben, diesen Beitrag zu erstellen kostet mich eine Menge Mut. Aber vielleicht ist/war ja jemand in einer ähnlichen Situation und kann mir weiter helfen.

    Meine Mutter hat vor inzwischen 10 Jahren Amphetamine konsumiert. Ich hatte sie einige male darauf angesprochen und war bis vor ein paar Monaten der Ansicht sie hätte aufgehört. Sie hat sich in den letzten Jahren charakterlich sehr verändert und ich hatte die Befürchtung, dass sie immer noch konsumiert, was sich vor ein paar Monaten durch einen dummen Zufall bestätigt hatte. Ich gehe auf die 30 zu und lebe mit ihr in einem Gebäude, da ich bei unserem Betrieb, der sich am Haus befindet aushelfe. Es kam schleichend, aber mir ist bewusst geworden wie sehr sie sich in den letzten Jahren verändert hat. Sie ist laut und aggressiv geworden und hat kaum noch Mitgefühl für die Menschen in ihrem Umfeld. Seit ich raus gefunden habe, dass diese Veränderung wahrscheinlich mit dem Konsum zusammen hängt ist die Situation kaum noch tragbar für mich. Ich möchte weiter helfen aber ich möchte auch Grenzen setzen und umziehen. Mein Selbstwertgefühl hat in den letzten Jahren sehr unter ihrem Verhalten gelitten. Die Sache ist die: Sie weiß noch nicht, dass ich es weiß. Und ich weiß, dass ich sie darauf ansprechen muss, damit wir die Chance bekommen, dass sich an der Situation etwas ändern kann. Von alleine wird sie nicht daran denken damit aufzuhören, dafür steckt sie zu tief drin. Aber aus irgendeinem Grund habe ich panische Angst, sie darauf anzusprechen und ich weiß auch nicht so recht wie ich das Gespräch beginnen soll. Während ich diesen Beitrag hier verfasse läuft mir schon der Angstschweiß.

    Seit ich es weiß beobachte ich ihr Verhalten sehr genau und ich fürchte es wird sich kaum eine Situation ergeben wo sie richtig nüchtern ist um sie darauf anzusprechen. Hat vielleicht jemand einen Tipp für mich oder kann aus eigener Erfahrung sprechen?

  • dummen Zufall bestätigt hatte

    Und der wäre?

    Nicht jede Veränderung muss mit Rückfällen zu tun haben ...

    Und ich weiß, dass ich sie darauf ansprechen muss, damit wir die Chance bekommen, dass sich an der Situation etwas ändern kann

    Im Grunde ist das schon richtig, aber letztlich kann nur deine Ma was verändern, egal was du gerne hättest!

    Ich hatte sie einige male darauf angesprochen

    Und wie hat sie da reagiert?

  • Dass ich gehört habe wie sie mit einem Freund gesprochen hat ob er ihr wieder was mit gebracht hat.


    Zum zweiten: das ist mir auf jeden Fall bewusst. Sie muss es selbst wollen. Aber ich denke es macht einen unterschied ob sie denkt ich weiß es nicht und ich ihr vieles abnehme oder ob ich beginne Grenzen zu setzen und mit ihr darüber zu sprechen.


    Sie hat es abgestritten. Hat erst behauptet das Zeug wäre nicht ihres. Nach ein paar Nachfragen gab sie es dann zu und verharmloste es, sagte sie würde es nur ab und zu nehmen. Ein paar Gespräche später gestand mir dass sie glaubt ohne das Zeug überhaupt nichts mehr schafft. Ich wusste damals noch nicht viel über Drogen oder Abhängigkeit. Sie wollte „für mich“ aufhören und mir war damals noch nicht klar, dass sie es aber in erster Linie für sich machen sollte.

  • Als erstes geht es ja um dich, du musst dir dich sorgen und entsprechend reagieren!

    Ich würde dir Angehörigenberatung empfehlen, vllt auch eine SHG für Angehörige.

    Du schreibst ja, du leider darunter und hast Angst vor dem Gespräch ...

    Da du nichts darüber geschrieben hast, hat sie bisher keine Therapie gemacht, richtig?

    Gerade bei solchen Drogen geht es meiner Meinung nicht ohne fachmanische Begleitung!

    Die Frage ist halt, wie bekommt man sie dort hin, wie sieht die ein, dass sie ein krasses Problem hat.

    Einsicht gibt es eher nicht, also braucht es klare Ansagen.

    Hast du eine Idee wie du Druck aufbauen könntest?

    Will sie, das du bei ihr wohnst?

    Gibt es nur dich oder noch andere Familienmitglieder oder nahestehende Leute in eurem Umfeld?

    Normal empfehle ich es so nicht, aber ich konnte mir vorstellen, nach einen Termin bei der Suchtberatung und das ihr, da gehen wir jetzt zusammen hin und lassen uns beraten. Lehnt die das ab, kannst weiter nichts machen!

    Wenn du aber Konsequenzen ankündigst, dann musst die auch wirklich durchziehen.

    Klare Ansagen und Reaktionen, alles andere bringt nix!

    Vllt erzählst du etwas mehr über die ganze Konstellation von euch, also Job, zusammen wohnen usw. ...

  • Hallo Tannenzapfen,

    diesen Beitrag zu erstellen kostet mich eine Menge Mut

    Das kann ich gut nachempfinden. Es fühlt sich vermutlich wie Verrat an. Das ist es aber nicht! Es kann ein allererster Schritt sein, das Ganze (Familiengeheimnis) an die Oberfläche zu bringen und zu bearbeiten. Wäre ich an Deiner Stelle, würde ich mich nach Gruppen für Erwachsene Kinder aus Suchtfamilien umsehen. Suche danach mal online. Es gibt auch einige gute Bücher dazu. Das kann helfen, weil man sich dort wiederfindet, in dem was man fühlt und denkt und dann evtl. weitere Schritte für sich unternimmt.

    Die meisten Angehörigen denken ja, dem Süchtigen muss geholfen werden und sehen überhaupt nicht, dass sie selber dringendst Hilfe brauchen.Sobald ihnen das hier gesagt bzw. geschrieben wird, sind sie meist ganz schnell wieder weg. Leider! Der Weg daraus, fängt aber immer bei einem selbst an.

    neuerweg1

  • Das mit dem Ansprechen ist so eine Sache: Sie geben es nicht zu, oder spielen es runter.

    Ich finde großartig wie Du damit erst mal umgehst und die Sache so realistisch betrachtest, Tannenzapfen.

    Ich als Angehörige habe nie etwas gepeilt von der Sucht meines Sohnes.

    Wir neigen oftmals dazu, zu verdrängen.

    Ich fühle mich überfordert, Dir einen hilfreichen Tipp zu geben, da die Tipps, welche ich von Suchtberatern bekam als ich in Deiner Situation bezüglich Drogen/Alkohol meines Sohnes war, nicht hilfreich waren. Sie haben gar nichts gebracht- im Gegenteil, wie ich finde.

    Jedenfalls: Liebe. Sie kann vieles heilen. Ich meine damit, sei liebevoll zu Deiner Mutter, wenn du das schaffst.

    Ich bin nämlich der festen Überzeugung das Sucht immer viel mit mangelnder Liebe von Außen zu tun hat und ohne Liebe jegliche

    Hilfe scheitern wird.

    Alles Liebe für Euch.

  • Hallo ihr Lieben, ich habe mich nach meinem Post vor inzwischen über einem Jahr so mies gefühlt, dass ich das Forum nicht mehr angerührt habe. Ich habe mich wie eine Verräterin gefühlt. Erst heute bin ich an den Punkt gekommen wo ich das Forum gesucht habe und wieder auf meinen eigenen Beitrag gestoßen bin. Ich wollte mich erst mal für all die Lieben und aufbauenden Worte bedanken - mit so einer lieben Reaktion hatte ich damals nicht gerechnet. Geändert hat sich an meiner Situation bisher leider recht wenig, außer, dass ich mich jetzt bereit fühle ohne Angst darüber zu sprechen und zu hören / lesen was ihr dazu zu sagen habt.

  • Hallo Franz, ich danke dir vielmals für die Antwort. Ich habe noch nicht ganz den Durchblick wie das hier mit der Zitat-Funktion klappt aber ich hoffe ich mache es richtig. Ich versuche mich kurz zu halten, aber es folgt wahrscheinlich dennoch ein langer text.

    Danke für den Hinweis mit der SHG für Angehörige, mir fehlte tatsächlich die richtige Bezeichnung um nach soetwas googeln zu können - manchmal hat man einfach ein Brett vorm Kopf.

    Meine Mutter hatte damals keine Therapie gemacht. Ich war damals 18 Jahre alt und so naiv zu glauben sie könne einfach so aufhören.

    Vor 5 Jahren hat sie ihren Führerschein verloren, laut ihrer Aussage wegen Cannabis (was ich bis heute stark anzweifle). Sie hat daraufhin nie wieder einen Versuch unternommen ihren Führerschein neu zu machen (nach einer Nachgewiesenen Abstinenz von einem Jahr und MPU hätte sie den Führerschein zurück bekommen). Sie hat mir daraufhin ihr Auto überlassen. Bis zum heutigen Tage ist es so, dass ich das Auto wie mein eigenes benutzen darf, aber im Gegenzug für sie einige Fahrten übernehmen muss. Das wäre also eine Möglichkeit für mich „Druck aufzubauen“. Ich suche mir grade ein eigenes Auto. Davon weiß sie aber noch nichts, genauso wie sie nicht weiß, dass ich um ihre Abhängigkeit weiß. Aber dazu schreibe ich gleich noch was.


    Was die Familie angeht gibt es leider niemanden den ich mit „ins Boot“ holen könnte. Einzig eine Freundin die ihr sehr nahe steht und der ich genug vertrauen würde ihr das anzuvertrauen gibt es. Ansonsten hat sie nach Jahren der Abkapselung nur flüchtige Bekannte und den einen Freund, der ihr den Stoff wahrscheinlich beschafft.

    Dass ich die Konsequenzen die ich ankündige durchziehen muss ist mir inzwischen sehr bewusst. Wahrscheinlich habe ich deshalb so lange nicht gehandelt: weil ich Angst hatte vor den Konsequenzen die ich daraus ziehen muss. Da du danach gefragt hattest würde ich gerne mehr von der verstrickten Konstellation erzählen:

    Ich wohne mit meinem Partner zur Miete bei meiner Mutter. Wir haben eine Wohnung in ihrem Haus. Ich habe mein Leben lang gestrauchelt eine Ausbildung abzuschließen und gepaart mit meiner Unwissenheit bin ich in dieser Situation gelandet. Kurz gesagt: meine Mutter ist meine Vermieterin und mein Arbeitgeber. Also, uff, mittlerweile bin ich mir bewusst in welche Abhängigkeit ich mich da manövriert habe. Die Konsequenzen die ich also daraus ziehen würde wären zu aller erst die, dass ich mich aus diesem Abhängigkeitsgeflecht entziehe. Der Freund der vermutlich das Speed beschafft wohnt auch in dem Haus. Er verdankt meiner Mutter viel und es sieht so aus als habe sie systematisch die Leute von sich abhängig gemacht.

    Nun ist das Gespräch von dem ich letztes Jahr erzählte (was ich zufällig mit angehört hatte, wo es um das Speed ging) schon über ein Jahr her und ich bin mittlerweile am zweifeln ob ich mir nicht doch alles nur einbilde. Ich habe gehört was ich gehört habe, aber bedeutet das dann auch, dass es heute immer noch so ist? Dass es nicht nur eine einmalige Sache war? Irgendwas in mir sagt mir, dass ich noch einen letzten eindeutigen Beweis bräuchte bevor ich sie damit konfrontiere. Ich habe Angst, dass ich ohne diesen „Beweis“ doch wieder einknicke und ihr glaube wenn sie es abstreitet. Was ich aber ganz sicher sagen kann ist, dass sie sich anders verhält. Vor ein paar Wochen hatte sie eine Operation, danach war sie zwei Wochen lang wie ausgewechselt. Einfach ganz die alte. Und dann, von einem Tag auf den anderen war „die andere“ wieder da.


    Hallo Tannenzapfen,

    Das kann ich gut nachempfinden. Es fühlt sich vermutlich wie Verrat an. Das ist es aber nicht! Es kann ein allererster Schritt sein, das Ganze (Familiengeheimnis) an die Oberfläche zu bringen und zu bearbeiten. Wäre ich an Deiner Stelle, würde ich mich nach Gruppen für Erwachsene Kinder aus Suchtfamilien umsehen. Suche danach mal online. Es gibt auch einige gute Bücher dazu. Das kann helfen, weil man sich dort wiederfindet, in dem was man fühlt und denkt und dann evtl. weitere Schritte für sich unternimmt.

    Die meisten Angehörigen denken ja, dem Süchtigen muss geholfen werden und sehen überhaupt nicht, dass sie selber dringendst Hilfe brauchen.Sobald ihnen das hier gesagt bzw. geschrieben wird, sind sie meist ganz schnell wieder weg. Leider! Der Weg daraus, fängt aber immer bei einem selbst an.

    neuerweg1

    Danke für die lieben Worte! Es fühlte sich wirklich wie Verrat an, daher habe ich nach meinem Posting kalte Füße bekommen und mich nicht mehr getraut hier ins Forum zu schauen. Danke für die Tipps, danach werde ich auf jeden Fall suchen. Die Stichworte sind sehr hilfreich. Ich bin auch inzwischen endlich soweit mich um einen Therapieplatz zu bemühen, in der Hoffnung dort alles etwas aufarbeiten zu können.

    Einmal editiert, zuletzt von Tannenzapfen (22. September 2023 um 00:44) aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Tannenzapfen mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Danke auch dir für die lieben Worte , Herbstwind. Es hat mich sehr glücklich gemacht das zu lesen. Magst du eventuell erklären inwiefern dir die Tipps von der Suchtberatung nicht geholfen haben? Ich versuche grade einen Weg zu finden, zwischen Liebe und mich selbst nicht mehr zu verlieren. Ich denke das große Problem ist dieser Zwiespalt zwischen Liebe und Wut und Scham. Da kommen so viele gegensätzliche Gefühle auf einmal zusammen. Ich bin wütend auf meine Mutter, dass sie mir meine „alte Mama“ genommen hat. Ich vermisse sie. Und gleichzeitig versuche ich mich daran zu erinnern, dass Sucht eben auch eine Krankheit ist.

  • Moin

    Ich finde es gut, dass du dich unabhängig machen möchtest. Denke aber du musst mental bei dir bleiben. Wie du schon schreibst, sie kann alles abstreiten, zurecht drehen, oder dir Druck machen. Du kannst ihr dennoch, auch wenn sie alles abstreitet, anbieten dass du sie dabei unterstützt Hilfe zu finden, wenn sie bereit dazu ist. Mehr geht nicht. Ich halte nicht viel davon jmd unter Druck zu setzen. Aber abgesehen davon hast du berichtet, dass dein Selbstwert unter der Persönlichkeitsveränderung deiner Mutter gelitten hat. Du musst also eigentlich als erstes mal an dich denken, meiner Meinung nach. Und um auszuziehen musst du nicht beweisen, dass deine Mutter Drogen konsumiert. Klar kannst du auch da wohnen bleiben und dich innerlich bzw verbal abgrenzen, aber ich glaube das ist furchtbar schwer, wenn es die eigene Mutter ist. Der letzte Beitrag ist schon etwas älter, aber ich möchte dich motivieren für dich zu sorgen.

    LG

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