Erfolgsgeschichten?

  • Hallo. Ich bin neu im Forum. Ich hab hier schon einiges gelesen. Allerdings wenig positives. Mein Mann ist seit ca 6 Jahren kokain abhängig. Er hatte es mir relativ schnell gestanden. Sich sofort Hilfe geholt. Psychotherapeutische Begleitung und Selbsthilfegruppe. Er war dann auch fast 1,5 Jahre zwischendurch clean. Dann kam Corona, berufliche Schwierigkeiten und es ging wieder los. Er hatte meistens ca alle 3-4 Monate Rückfälle, die dann so aussehen dass er nicht nach Hause kommt und sich dann meist nach einigen h meldet um zu gestehen dass er rückfällig geworden ist. Dann kommt er meistens am nächsten Tag nach Hause und wir haben es tatsächlich so eine ganze Weile geschafft alles aufrecht zu erhalten. Wir haben auch einen Sohn, 6 Jahre. Mein Mann war trotz allem immer für mich und meinem Sohn da und hat gekämpft. Vor 2 Jahren kam gefühlt der Absturz. Die Rückfälle wurden mehr, irgendwann war klar, er muss stationär. Er hat seitdem 2 stationäre Therapien hinter sich, kam immer super motiviert nach Hause, aber die Sucht war bisher immer stärker. Ich denke er hat mittlerweile seinen Platz im Leben immer mehr verloren. Es ist von seiner Seite aus ein unerträglicher Kreislauf aus Scham und Schuld und damit immer wieder Rückfällen. Natürlich bin auch ich immer wieder phasenweise einfach nur noch am Ende, es ist so eine Art chronische Erschöpfung. Aber was mich bisher davon abgehalten hat zu gehen war dass ich sehe wie sehr er will und eben auch kämpft. Er ist in einer Selbsthilfe Gruppe in der etwa 80% der Mitglieder langjährig stabil sind. Also meine Frage: gibt es hier auch positive Erfahrungen. Ich bin mittlerweile sehr realistisch und das soll nicht naiv klingen aber was sind eure Erfahrungen?

  • Hallo Anna,

    eine positive Erfahrung als junge Erwachsene kann ich beisteuern, allerdings nicht mit Kokain, sondern mit einem (besonders schwierigen) Benzo: Tavor. Ich habe es damals für viele Jahre besiegen können, und kam aus der schlimmen Sucht am Ende als anderer Mensch heraus, allerdings war das damals wie heute ein langer, harter und steiniger Weg. Er umfasste den klassischen Entzug: Krankenhaus, das Warten auf die Reha in der Psychiatrie, dann eine Langzeit-Reha und anschließend etliche Jahre Gruppentherapie. Und ich hatte damals Menschen, die mir bestanden und an mich glaubten, das war unglaublich wichtig für mich.

    Und dann habe ich, Jahrzehnte später, einen Rückfall gebaut, der sich gewaschen hat. Ich dachte, so lange frei von Benzos könne ich es mir nun sicher „ab und zu im Notfall“ gestatten. Naiv, denn ich bin eben doch keine Ausnahme, das sogenannte Suchtgedächtnis hat zugeschlagen und mich rund 10 Jahre am Benzo festkleben lassen - bis, ja bis ich vor ca. 6 Wochen ernsthaft begonnen habe, es zum zweitenmal abzusetzen bzw. auszuschleichen - es nicht nur zu versuchen, sondern es mit eiserner Disziplin zu TUN. (Frühere, halbherzige Fehlversuche, die wohl dazugehören, lass ich beiseite.)

    Den langen Bericht von mir habe ich vorausgeschickt, um auszudrücken, wie schwierig es ist, „positiv“ von Sucht zu sprechen bzw. zu schreiben. Es gibt, wie bei mir, einen (manchmal vorläufigen) Sieg über die Sucht, der in ein langjähriges Clean-Sein münden kann - aber sicher vor einem Rückfall, der sich z. B. so wie bei mir anschleicht und zuschlägt, ist man - leider - kaum je.

    Da ich bei Kokain nicht mitreden kann, will ich mir auch keine Ratschläge erlauben, was deine und die Situation Deines Mannes angeht. Nur soviel: Er geht konstant in eine SGH, das ist gut! Dass er unter Schuld- und Schamgefühlen leidet, die einen förmlich auffressen, ist leider typisch, kenne ich nur zu gut. Die waren bei mir mit einem Schlag in dem Moment stark vermindert, als ich mich entschlossen hatte bzw. habe, gegen meine Sucht vorzugehen und damit begann, und offen darüber sprach: mit meiner Therapeutin, meinem Sohn und hier im Forum, und nicht zuletzt mit meinem Mann, der mir in den letzten, teilweise auch für ihn zur Verzweiflung bringenden „aktiven“ Jahren beigestanden hat.

    Sicher, sorge für dich und deinen Sohn, aber lass, wenn möglich, deinen Partner nicht fallen. Auch wenn man immer wieder hört „in Liebe fallen lassen“ sei das Richtige, aber es kann auch ganz anders kommen. Du wirst es wissen, sollte der Moment kommen, wo es nur noch um deine und die Rettung eures Kindes geht. Und dann geh. Aber solange noch ein Hoffnungsschimmer und dir noch genügend Kraft bleibt, darfst du hoffen und kannst an seiner Seite bleiben.

    So, oben steht, dass ich dir keine Ratschläge geben kann und will, aber nun habe ich doch dazu hinreißen lassen. Betrachte sie aber bitte nur als Teilnahme aus eigener Erfahrung heraus, an eurem nicht leichten Schicksal, keine Rat-„Schläge“. Tu auf jeden Fall das, was für dich, speziell für dich, richtig ist, das wird am Ende auch für euer Kind und auch für deinen Mann richtig sein.

    Liebe Grüße und alle guten Wünsche

    Nini,

    die fragt: War das nun positiv? Ich hoffe.

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