• Ich brauche Rat, weil wir nicht mehr weiter wissen und verzweifeln. Meine Schwester ist schwer magersüchtig und mittlerweile immer näher an dem Punkt, an dem es wirklich lebensbedrohlich wird. Im Moment ist sie seit zwei Tagen in einer Klinik, die sie wahrscheinlich nicht da behalten kann, weil sie zu wenig isst und weiter abnimmt. Wir haben mittlerweile ernsthaft Angst um ihr Leben, können sie aber nicht Zwangseinweisen lassen, weil sie volljährig ist.

    Meine Frage, weiß jemand, wie der genaue Prozess bei einer Zwangseinweisung ist und wie man verhindert, dass die betroffene Person etwas davon mitbekommt?

    Wir befürchten, dass sie einfach verschwindet, wenn sie mitbekommt, dass wir sie im Notfall zwangseinweisen lassen wollen. Ich weiß, dass es immer einen anderen Weg geben sollte, aber wenn wir uns zwischen ihrem eigenen Willen und ihrem Leben entscheiden müssen, werden wir auf jeden Fall die Zwangseinweisung wählen.
    Wir haben auch versucht, mit ihr drüber zu reden, aber keiner von uns erreicht sie mehr.

    Ich wär für jeden Rat dankbar.
    Danke,
    Würmchen

  • Hi,
    in was für ner Klinik ist sie denn derzeit?
    Also theoretisch ist es so, dass die Psychiatrie oder ein Arzt oder so jemanden einweisen kann, wenn Gefahr für sein Leben oder das eines anderen besteht. Für 24 Stunden kann das die Klinik entscheiden, danach brauchts nen richterlichen Beschluss falls der Patient nicht freiwillig bleibt.
    Naja wenn du sagst, dass sie schon sich fast in Lebensgefahr begibt, dann könnte das schon zutreffen...
    Das Problem ist eher, dass sie dann auch in ne Klinik muss wo sie über Sonde oder so ernährt wird wenn sie sich selbst weigert zu essen. Insofern würde ich mal mit der Klinik sprechen wo sie derzeit ist. Denn wenn sie sich wirklich in Lebensgefahr befindet dann dürfen sie sie auch nicht einfach so gehen lassen. Also in eurem Fall würd ich schon sagen, erstmal wirklich an die Klinik wenden, die müssen da irgendwie handeln. Jedenfalls wenn sie wirklich in lebensbedrohlichem Untergewicht ist. Müsste man ja jetzt makabererweise schon hoffen, damit die Klinik sie jetzt nicht entlässt.
    Denn sonst habt ihr wirklich kaum ne Chance. Also wenn noch keine Lebensgefahr besteht, dann wird das auch nix mit der Zwangseinweisung.
    Aber redet da nochmal Klartext mit den Leuten in der Klinik...

    LG, Ragazza

  • Hm, so genau kenn' ich mich da leider nicht aus.. Aber ein paar Brocken weiß ich.. Warte also bitte noch ein paar andere Antworten hier ab. :winking_face:

    Zwangseinweisungen können meines Wissens nach unabhängig vom Alter des/der Gefährdeten gemacht werden - sonst könnt' man ja ab 18 auch nicht wegen Selbstmordambitionen in eine Klinik gebracht werden. :winking_face: Nach dem Motto: "Hey, ich bin 23, was willst du?" "Ach so, ok, ja dann bring dich um".. Nee, das gibt's so nicht!
    Kommt auf die akute Gefährdung des eigenen Lebens oder die Gefährdung eines fremden Lebens an, die der Grund für eine 'Zwangseinweisung ist - Und das scheint bei deiner Schwester ja der Fall zu sein.
    Die Klinik, in der sie gerade ist, kann das also entweder veranlassen, wenn sie einen Grund dazu sehen. Dann ist deine Schwester mindestens 24 Stunden zwangseingewiesen und danach sollte es dann ein erneutes Gespräch mit einem behandelnden 'Psychiater geben, der über das weitere Vorgehen entscheidet.
    Deine Schwester könnte allerdings ein Gegen-Gutachten von einem anderen 'Psychiater einfordern, und wenn sie sich dann entsprechend gut verstellt etc. dann kann es natürlich sein, dass dieser die akute Gefahr nicht erkennt oder anders beurteilt. Dann entscheidet meines Wissens nach in der Regel ein Gericht (bzgl. Mündigkeit), welcher der beiden Herren in weiß richtiger liegt. :winking_face: Sobald also irgendwer, der was zu entscheiden/beurteilen hat, auch nur geringste Zweifel an der Notwendigkeit einer Einweisung hat, kann sie nicht eingewiesen werden!
    Ebenso läuft das, glaube ich, wenn sie per Polizei und Notarzt in eine Klinik gebracht wird.
    Dann gibt's eben noch die Möglichkeit eines Gerichtsbeschlusses, sprich ihr kommt nicht um eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft herum. Dann bestimmt ein Richter, wie lange sie in der Klinik bleiben muss. Wahrscheinlich gibt's da auch eine vorläufige Frist und später entscheidet der Richter dann womöglich auf Grund der ärztlichen Berichte, wie lange der Aufenthalt dauern wird oder könnte.

  • Vielen Dank schon einmal für die Informationen. Die Klinik, in der sie im Moment ist, ist eine offene Klinik, in der man nur behandelt werden kann, wenn man bereit ist, mitzuarbeiten und Fortschritte macht. Das heißt, sie muss nicht zunehmen aber ihr Gewicht halten, was nicht der Fall ist. Im Moment ist sie noch soweit stabil, dass nicht die Gefahr besteht, dass sie jede Minute zusammenbricht, aber es ist nur noch eine Frage von Tagen, bis es so weit ist. Wir befürchten, dass sie, wenn sie heute nach Hause fahren muss, wieder ganz aufhört zu essen und das wird ihr Körper auf keinen Fall mehr lange mitmachen. Ab wann gilt das eigentlich als Selbstmordandrohung? Wenn jemand offiziell beschließt nicht mehr zu essen, läuft es letztendlich doch auf den Tod hinaus und sollte dadurch als akute Selbstgefährdung gelten, oder?

    Weiß jemand von euch, was die Gewichtsgrenze bzw BMI-Grenze für eine Zwangseinweisung ist? Im Internet stand nur ein BMI von 12. Wir wissen aber nicht, was sie wiegt und können nur schätzen. Der Schätzung nach wäre sie derzeit bei einem BMI von 13 und damit gerade drüber. Wir wollen nicht erst warten, bis sie bewusstlos zusammenbricht, weil es dann vielleicht zu spät ist. Ich hoffe, dass die Klinik die Lage nicht verkennt. Meine Schwester kann Leuten das Blaue vom Himmel runterlügen, wenn sie glaubt, dass sie sie dadurch in Ruhe lassen oder sie nicht in eine geschlossene Einrichtung muss.

    Eine Klinik in der Umgebung zu finden, in der sie zur Not zwangseingewiesen werden kann, sollte kein Problem sein. Die nächste Klinik ist, soweit ich weiß, in der Nachbarstadt.

    Vielen Dank noch mal für die Informationen. Ich habe auch schon an diverse Beratungsstellen geschrieben und um Informationen gebeten, dass wir, sobald es soweit ist, möglichst schnell handeln können und verhindern können, dass sie es zu früh mitbekommt und abhaut.

    Lg vom Würmchen

  • Ich wollt mal selber noch etwas zum Thema ergänzen, weil ich neue Informationen dazu habe und das vielleicht für andere Angehörige hilfreich sein könnte. Ich habe vor ein paar Wochen mal an diverse Hilfsstellen geschrieben und eine sehr gute Antwort zurück bekommen:

    "Dieser Schritt kann in bestimmten Situationen auch sehr wichtig sein, sollte im Vorfeld jedoch, am besten mittels Beratung, gut abgewogen werden.
    Es gibt die Möglichkeit für Menschen die sich selbst oder andere gefährden umgehend eine so genannte "Verwahrung" auf einer geschlossenen Station in einer Psychiatrie zu veranlassen. Diese sofortige Unterbringung erfolgt über die Polizei, die vom Arzt oder Familienangehörigen zu überzeugen ist, dass eine Selbstgefährdung vorliegt. Die Betroffene wird dann von der Polizei auf eine geschlossene Station einer psychiatrischen Klinik gebracht. Parallel muss die Unterbringung von einem Richter des Vormundschaftsgerichts/
    Amtsgerichts überprüft und ihr zugestimmt werden. Ansonsten wird die Betroffene wieder aus der Psychiatrie entlassen. Sie können sich vorstellen, dass dieses Verfahren einen großen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht Ihrer Schwester bedeutet. Daher ist es sehr wichtig, gut abzuwägen, ob dieser Schritt momentan dass Einzige ist was Sie tun können, oder ob es nicht noch andere Wege gibt. Der Erfolg einer Zwangseinweisung ist häufig nicht gegeben, da die Betroffene sich unter dem Druck der Fremdunterbringung "auffüttern" lässt, keine eigene Motivation hat und nach Entlassung aus der Klinik wieder mit Hungern anfängt. Der Kontakt zur Familie ist danach doppelt belastet und das Vertrauen meist längerfristig gestört." (entnommen aus einer Email des ANAD e.V.)

    Ich fand das sehr hilfreich, weil es einem eine gewisse Sicherheit gibt, dass man zumindest etwas machen kann, wenn alles Stricke reißen. Mir gibt es zumindest das Gefühl, nicht vollkommen untätig und hilflos zusehen zu müssen, wie sich meine Schwester langsam aber sicher in den Tod hungert, weil ich weiß, dass ich im Notfall eingreifen kann und zumindest etwas Zeit kaufen kann. Manchmal reicht das schon.

  • Hab ich übersehen und jetzt is es ein leichtes, wenn ich behaupte, das hätt ich auch so gesagt - aber es ist so und wenn ich so arge Bedenken habe, dann würd ich meine Geschwister verstecken lassen. Aber wie es da geschrieben wurde, also da muss es wirklich der letzte Schritt sein, kein Ausweg mehr und das kann eh nur die Ärzteschaft entscheiden.

    Gab es denn solche Ansagen von behandelnden Ärzten?

    LG Franz

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