Sich distanzieren

  • Hallo zusammen
    ich habe folgendes Problem. Seit einigen Jahren arbeite ich jetzt in der mobilen Altenpflege, habe schon viel schlimmes gesehen und reite mich selber immer weiter rein. Ab und an mal bekommen wir einen neuen Pat dazu der eigentlich zuhause total unterversorgt ist. Sei es das kinderlos oder Kinder keine Lust, Zeit haben oder aber die finanzielle Situation lässt mehr Hilfe einfach nicht zu. Mir fällt es in solchen Fällen immer extrezm schwer den nötigen Abstand zu halten. Ich finde es ganz schrecklich wenn ich zu solchen Pat komme, 15 min Zeit habe für die Körperpflege und dann wieder gehn muss weil ich sonst eins auf den Deckel bekomm mit meiner Chefin. So fing ich damit an privat nach solchen Menschen zu sehen und Kleinigkeiten für Sie zu erledigen. Bei einer uferte es dann sogar so sehr aus das ich mit Ihr das Altersheim raussuchte, die Formalitäten machte, Ihr beim Umzug half und dann täglich zu Ihr ging, sieben Tage die Woche. Diese Patientin ist mittlerweile verstorben. Nun habe ich noch sechs andere um die ich mich nebenher kümmere. Ich mache es wirklich gern und nehme auch nichts dafür. Es freut mich zu sehn wie sehr Sie sich drüber freuen. Ich habe das Glück einen total lieben Partner zu haben der das akzeptiert und nie rummeckert wenn ich abends um 22 Uhr nochmal los fahr weil es einer Patientin schlecht geht. Das Problem ist das ich an meine eigenen Grenzen komme. Das hin und her macht mir nix aus, mir gehts auch nicht um die investierte Zeit. Aber die Schicksale machen mir schwer zu schaffen. Ich nehm eben alles mit und kann nicht abschalten. Das geht dann soweit das im Laufe der Zeit so ein enges Verhältniss besteht das ich wahnsinnig leide wenn eine/r von *meinen* Pat stirbt. Das ist für mich dann wie der Tod eines Familienangehörigen. Ich nehm mir immer wieder vor nicht noch jemanden zusätzlich zu versorgen. Aber dann seh ich einen besonderst schlimmen Fall und fühle mich so hilflos und schaffe es einfach nicht zuzusehen das kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren. Aber ich sehe auch das es mir schadet. Was meint Ihr könnte ich tun um mehr Abstand zu gewinnen?
    Liebe Grüße Carry

  • DAs ist ein sehr interesante Thema, das du da anschneidest.
    Ich bin ja selber Patient von der Sozialstation, und kenne das Problem. Es gibt Menschen (Pfleger), die mir liegen, mit denen ich reden kann, an die ich mich auch mit meinen Problemen wende, und natürlich andere, bei denen ich froh bin, wenn sie wieder weg sind.
    So wie ich dich einschätze, hast du nur die Chance, den privaten Kontakt zu schmälern. Denn du gehst gerne mit diesen Menschen um, du magst sie, du bist gerne für sie da. Wie willst du es sonst schaffen, daß ihr Schicksal dir nicht zu nahe geht?
    Vielleicht wäre es für dich schon eine Hilfe, wenn du nicht mehr sechs Patienten unter deine Fittiche nimmst, dondern nur zwei oder drei.
    Ich kann nur sagen, schade daß ich nicht im Ludwigsburger Raum wohne, ind dich als Hilfe bekomme. Nur irgendwie musst du Ruhe und Kraft für dich finden.

  • Ich denke, dass ist ein total schwieriges Unterfangen, da Grenzen zu ziehen...
    Warum sind es auch (fast) immer die liebsten Menschen, die sich so dermaßen verausgaben, dass sie sich selbst schaden?
    Du kannst von Glück reden, dass dein Partner so viel Verständnis hat...
    Ich würde auch sagen: Reduziere dein privates Engagement um die Hälfte;
    ist ja niemandem, mit gedient, wenn du dich selbst auslaugst.

    Da ich es erlebt habe, dass so'ne Leute :winking_face: es nicht schaffen, dies für sich zu tun:
    Mach dir klar, dass du so irgendwann ausfällst und dann für niemanden mehr Kraft hast...
    Weniger und Länger ist manchmal wirklich mehr! LG.Ganesha :20:
    (Heute mal mit Blümchen *g* weil gut drauf....) :wink:

  • Ein Blümchen mir, wo ich doch gar keine Vase besitze *umguck* Ein Glas mit Wasser tuts auch,danke dafür. Allerdings frage ich mich wie ich das schaffen soll nur noch die Hälfte zu versorgen. Da müsste ich ja auswählen zu wem ich nicht mehr gehe. So schlimm es sich anhört, im laufe der Zeit wird sich das *Problem* von allein lösen aber es kann eben auch dauern. Auch habe ich durch meine Aktion ein großes Problem mit meiner Chefin. Die geht regelmäßig bei Pat vorbei und schaut nach dem rechten. Natürlich wissen die alle das Sie nicht erzählen dürfen das ich privat komm. Aber wenn die Chefin dann wissen will ob Sie mit der Pflege zufrieden sind kommt eben dann doch ein: Die Carmen macht Ihre Arbeit super, sind sehr zufrieden. Oder es kommt vor das Angehörige anrufen und sagen Ihr Vater/Ihre Mutter würden immer von einer Carmen erzählen und Sie möchten sich bedanken. Neulich musste ich zu meiner Chefin ins Büro rein und Sie wollte wissen wie sich meine Arbeit von der der anderen unterscheidet? Was soll ich denn dazu sagen? Es gibt eben solche und solche Pfleger. Für die einen ist es ein Job und für die anderen eben mehr als das. Ich weis nichtmal wie es wäre wenn es rauskommt, riskiere ich meinen Job oder kann ich in meiner Freizeit tun was ich will. Sie verlieren die Pat ja nicht und ich nehme nichts für meine Hilfe an. Einmal gab es eine ganz üble Situation für mich. Da hatte ich mich zwei Jahre lang um eine Frau gekümmert die keinerlei Verwandte mehr hatte. Geld war kein Problem aber Sie wollte nicht von fremden versorgt werden. Ein paar Wochen nachdem Sie verstarb kam ein Brief vom Notar ins Geschäft. Meine Privatadresse hatte Sie nicht. Natürlich habe ich das Erbe abgelehnt, in unserem Beruf dürfen wir auch gar nicht Patienten beerben, das ist auch gut und richtig so. Trotzdem kam natürlich die Frage auf warum gerade mir? Über den Tag verteilt kamen so um die 6/7 Leute zu der Frau, warum wählte Sie mich aus? Das gab ne menge Stress im Geschäft am am Ende konnte man mir nichts vorwerfen. Ihr habt recht, ich muss es lernen nicht alles so ganz nah an mich rankommen zu lassen, ein langer Weg. Und Dunge, wenn Du hier in der Nähe wärst würdest Du in null komma nix mein 7. werden *gggg. Danke euch beiden!

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