ätzende Wartezeit bei Therapeuten

  • Hallo ihr,

    ich hab gerade einfach des Bedürfnis hier was zu schreiben. Ich hab mich früher sehr stark verletzt. Dann durch einige positive Ereignisse in meinem Leben, hab ich es für bestimmt 2 Jahre geschafft, fast ganz aufzuhören. Dachte schon, es hinter mir gelassen zu haben... Doch jetzt weiß ich, dass es anders ist. Vor ungefähr einem halben Jahr hab ich wieder angefangen... Erst ganz wenig, ganz leicht, dachte es unter Kontrolle zu haben - doch das Verlangen nach mehr stieg extrem schnell, viel schneller als früher. Die letzten Wochen denk ich an nichts anderes mehr. Und heute hab ich mir doch ernsthaft (seit Jahren zum ersten mal wieder) was gekauft, mit der eindeutigen Absicht (wenn ich mir das hier mal so klar eingestehen darf) mich damit zu verletzen. Das ist so bescheuert, ich bin so enttäuscht von mir und doch bin ich irgendwie nicht in der Lage es aufzuhalten.
    Nächste Woche hab ich endlich einen Termin beim Psychiater zum Erstgespräch. Doch ich weiß nicht, wie ich die Zeit bis dahin aushalten soll, es kommt mir so lang vor... Ich hab das Bedürfnis, mich zu beteuben, zu verletzen, den Moment zu überbrücken....Und doch funktionier ich noch. Kein Grund zur Panik. Kaum jemand merkt' s. Wieso funktioniert man immer? Wieso kann ich nicht einfach irgendwem sagen, ich brauch jetzt, jetzt, jetzt, sofort hilfe... ich hab das Gefühl, dass ich es nicht aushalte bis nächste Woche. Und das ist dann ja auch erst ein "erstgespräch", wer weiß, wann die wirkliche Therapie beginnen kann... Und was soll ich bis dahin machen? Immer dieses ätzende Warten, wenn man das Gefühl hat nicht warten zu können...

    Hattet ihr das auch, so Zeiten, wo man das Gefühl hatte, jetzt sofort irgendwas unternehmen zu müssen, doch nichts machen konnte außer warten?

  • Oh ja Pinguin, das kenne ich zur Genüge. Ich habe auch lange nach meinem Therapeuten gesucht. Ich habe bestimmt 30 andere angerufen. Wartezeiten bis zu einem Jahr. Dann endlich konnte ich nach 3 Wochen schon bei einem kommen. Da dachte ich, dann kann der doch nicht gut sein. Aber diese Angst war nicht berechtigt. Ist schon gut der Mann, reine Glückssache, daß ich da dran gekommen bin.
    Hatte jetzt 4 Gespräche, 5 hat man ja zur Probe, ob die Chemie stimmt und danach geht die eigentliche Therapie erst los.
    'Aber du mußt dich gedulden. Bei den ersten Gesprächen geht es oft ums formelle. Da werden Anträge ausgefüllt, Fragen schriftlich beantworten und sich beschnuppern. Er muß ja erst was von dir erfahren. Aber die Geduld wird sich auszahlen, glaub es mir. Ja, wie kann man die Zeit überbrücken, indem du vielleicht dir woanders Hilfe suchst bei Sorgentelefonen, Pfarrer (kann unheimlich gut sein) Freunde, Eltern, Kinder. Aktiv etwas machen, was Dir spaß macht. Nicht grübeln und abwarten. Geh spazieren, wenn du den Druck hast, dich zu schneiden, vertrau dich jemanden an. Ich habe da nicht so Erfahrung mit mit Selbstverletzung.
    Nutze die Zeit und beschäftige Dich intensiv mit dem Forum. Schreib Dir die Finger wund. Wir hören alle zu, versprochen. Dazu ist doch dies Forum. Es wird schon werden. Mehr kann ich dir leider auch nicht raten.

  • Es gibt für den Notfall immer psychatrische Notdienste. In meiner Heimatstadt konnte man da immer einfach hingehen, auch um nur einen Kaffee mit den Leuten da zu trinekn und nicht alleine zu sein.

    Ich find's sehr gut, dass du dein Leben in die Hand nehmen willst und dir Hilfe suchst. Die Wartezeit wird auch schnell vorbei gehen und vielleicht kann dir der Psychiater schon ein paar Tipps mit an die Hand geben, wie du dir in der Zwischenzeit helfen kannst. Es gibt Methoden und Tricks, totalen Abstürzen entgegen zu wirken und im Notfall damit umgehen zu können und sich selber helfen zu können.

    Warum fragst du ihn nicht mal nach einem Buch mit Strategien oder ähnlichem?
    Es gibt garantiert etwas, dass dir weiterhelfen könnte und dir zumindest das Gefühl gibt, etwas zu tun und tun zu können.

    Mir persönlich hat es auch immer geholfen, mich selber ein wenig über meine Diagnose schlau zu machen und zu informieren. Dann wusste ich zumindest schon einmal etwas über die Hintergründe.

    Um die Zeit bis zu deinem Erstgespräch zu überbrücken würde ich dir empfehlen, dir eine Beschäftigung zu suchen. Versuche Dinge zu machen, die dir Freude machen. Oder schaffe Ordnung in deiner Wohnung und bringe deine äußerliche Umgebung in Ordnung und ins Reine, bevor du dich dann nächste Woche ans Innere begibst. :smiling_face:
    Mein Therapeut hat mir damals mal eine Liste mit Dingen gegeben, die ich machen könnte und ich sollte dann einfach jeden Tag eine Sache raus picken, die ich gerne mache und die dann auch machen - auch wenn ich keine Lust dazu hatte. Schwups, war schon Zeit vergangen, ohne dass ich's gemerkt habe.

    Lass dich nicht unterkriegen. Die Zeit kann auch dein Verbündeter sein, denn sie geht wirklich um. :smiling_face:

  • Danke ihr beiden. :smiling_face:

    Ja, das mit dem Ablenken ist an sich die beste Methode, dass seh ich auch so. Das Problem ist nur, dass ich z.Z. viel für die Uni machen muss und dann immer zu Hause vorm Rechner sitze. Und meinen Nebenjob mach ich auch von zu Hause aus, weswegen ich oft hier sitze und versuche mich zu konzentrieren, alleine sein will und dann schweifen die Gedanken ab... dann funktioniert nichts mehr.

    Und jetzt noch zusätzlich zu einem Notdienst zu laufen oder wo anzurufen, trau ich mich auch nicht so richtig...
    Freunde kann ich schon anrufen, zumindest einen. Das hab ich in letzter Zeit auch öfters getan. Nur inzwischen hab ich schon Angst, dass er genervt sein könnte, weil' s sich immer um das selbe dreht und er in einer anderen Stadt wohnt und letztlich auch nichts tun kann...

    Ja, irgendwie geht die Zeit schon rum. Hab mir jetzt eine falsche Wein geöffnet, dass beruhigt auch und ist vielleicht nicht ganz so blöd, wie jetzt zu schneiden... Und nächste Woche werd ich ihn dann mal fragen, ob er so was wie einen vorläufigen Notfallplan oder so was mit mir machen kann... Oder Tipp' s für die nächste Zeit hat...

    Danke das ihr mir geantwortet habt! :smiling_face:

  • Hallo Pinguin,

    ich find´s auch gut, dass du nach Möglichkeiten suchst um die Zeit bis zum Erstgespräch so gut wie möglich zu überstehen.

    Nur eine Flasche Wein hilft dir da sicherlich nicht weiter. Da verschiebst dein Problem und den Druck nur und rutscht da ganz ganz schnell ins nächste Problem. Ich würd dir raten, lass von Anfang an in solchen Situationen die Finger vom Alkohol. Könnte schnell ein Ersatz für´s Schneiden werden.

    Ja, das mit den Wartezeiten kenn ich auch gut. Wenn man da mal bissel rumtelefoniert, locker ein Jahr Wartezeit - aber wie Tine auch schon schrieb, man kann auch Glück haben :winking_face: Hatte ich jetzt auch schon paar Mal.
    Ich kann mich da den anderen auch anschließen mit den Tipps, wie du die Zeit überbrücken könntest.

    Kannst du vielleicht zum Lernen für die Uni in die Bibliothek gehen? Oder dich mit jemandem treffen zum Lernen oder auch mal nen Kaffee zu trinken? In Gesellschaft geht die Zeit ja meist auch noch mal schneller rum und in der Bibliothek könntest lernen und wärst nicht alleine - da wär vielleicht auch der Griff zum Schneiden nicht ganz so nah wie zuhause. Und dort kannst ja vielleicht auch nicht nur Fachliteratur lesen, sondern dich auch mal mit nem guten "Freizeit-Buch" hinsetzen :winking_face:

    Ansonsten... ablenken, am Tag vorher schon mal überlegen, was man am nächsten machen könnte und sich was vornehmen.
    Und wenn du magst hier ganz viel schreiben :smiling_face:


    Wünsch dir viel Kraft und alles Gute,
    sunlight

  • Bekannte Thema:
    bin schon wartend auf einen Termin nach einer langer Schneid-/und Kotzarie mit Heroin rückfällig geworden.
    Merkwürdigeweise bekam ich danach als Junkie sofort eine Hilfe in einer Drogenberatungsstelle, die Süchtige betreut. Die Frage ist nur, warum nicht früher bevor das Kind ins Brünen fiel:wall:

    Aber eigentlich könnte ich mich damals ins Klinik einweisen auf die Krisenstation, anstatt zum H zu greifen. Aber ich hatte Angst von Klapse.
    Aber falls sowa nochmal vorkommt, werde ich mich lieber einweisen anstatt mein Geld zu verballern.

    Zur Zeit habe ich einen festen Termin bei einer ambulanter Borderline-Terapie für August und bin dabei, ein Platz als Übergangslösung bei einer psychiatrischer Ambulanz zu bekommen, also sie haben mich gerade heute angerufen und Ende der Woche weiss ich, ob es klappt.

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