Beiträge von ~Moi~

    Hallo ReneKKMA,

    Die innere Unruhe, die du beschreibst, kenne ich selbst nur zu gut. Ich glaube die nennt man Stress. Vielleicht ist das ein bisschen plump von mir, das so zu bezeichnen, denn Arten von Stress gibt es vielerlei: Stress durch zu viel Arbeit. Stress durch fehlende Arbeit. Beziehungsstress, Muskelstress, Nervenstress - Himmel, es gibt sogar so etwas wie religiösen Stress! Auch Depressive leiden zum Beispiel unter einer 'stressigen', permanenten inneren Unruhe. Stress ist also, kurz gesagt, eine normale menschliche Reaktion auf Dysbalancen im Leben.

    Stress kann explizit sein, also dergestalt, dass man genau weiß, wovon man gestresst ist. Aber unter Stress kann man auch implizit - verdeckt - leiden, und weil man die Ursache von implizitem Stress häufig schwerer erkennt als von explizitem, vermutet man schnell eine physische Ursache wie beispielsweise eine Erkrankung oder einen Entzug.

    Stress kann man auf zwei Arten bewältigen. Mit Übung; das erfordert dann, die innere Unruhe auszuhalten. Die meisten Menschen haben dies in ihrem Leben gelernt. Oder mit Rausch! Das klappt ebenfalls. Wir haben das so gemacht.

    Ich verrate dir etwas. Nüchternes Leben muss man (wieder) aushalten lernen. Viele Gedanken und Gefühle, die du früher betäubt hast, brechen sich jetzt Bahn und das macht selbst Langeweile zu etwas unfassbar stressigem. Du wirst dich wieder daran gewöhnen.

    Bemühe dich um Achtsamkeit; damit meine ich bewussten Genuss - intensives Wahrnehmen - von jedem Augenblick deines nüchternen Tages: Vom Essen und Trinken, vom Sport, von Ruhe und jeder Begegnung mit Menschen, die dir nahestehen.

    Mfg
    Moi

    Liebe Charlotte,

    Du bittest uns um eine Antwort, aber du grenzt sie auch schon vorab ein: "richtig" oder "falsch" - diese Wörter wären angebracht, ginge es um Recht und Moral. Es geht aber bei deinem Freund um ein krisenhaftes Leben. Und "besser" oder "schlimmer" - diese Wörter passen auf programmierbare Computer oder auf somatische Erkrankungen. Hier geht es aber um eine menschliche Psyche mit Suchtstörung.

    Ich weiß, es klingt wenig tröstlich, aber du kannst durch dein eigenes Verhalten bestenfalls positive Effekte für dich selbst erzielen (und ihm dadurch evtl. indirekt - nicht aber "fachlich spezifizierbar" - helfen).

    Kein Mensch kann zu seinem Glück gezwungen werden. Schon gar kein Süchtiger. ABER AUCH KEIN ANGEHÖRIGER KANN ZU SEINEM UNGLÜCK GEZWUNGEN WERDEN!!!!
    Was erwartest du dir von dieser Beziehung? Kannst du diese Sucht begleiten, oder ist es für dich besser auf Distanz zu gehen?


    Mir selbst hat mein süchtiger Partner die Trennung verkündet, als ich ihm ein Ultimatum setzte und kurzzeitig auszog.


    ....war im Endeffekt besser so.

    Ich glaube der wichtigste Satz in diesem Thread ist von Franz, gerade bei diesem höchst populären Mischkonsum Alk/Gras: Du musst nichts davon allein durchmachen. Tausende Angehörige in deiner Stadt machen das gleiche durch. Es gibt so viele Angebote. Du fühlst dich zwar als wärest du am Ende, aber wenn du dich auf Angehörigenselbsthilfe einlässt wirst du schnell merken, wie weit du mit deiner Entscheidungsstärke bereits bist. Du kannst anderen Angehörigen mit deiner Erfahrung enorm helfen. Schon das allein wird dich massiv dabei unterstützen, weiteren seelischen Schaden von dir abzuwenden. Und ehrlich gesagt, liebe Markone, die Frage, ob du den Kontakt völlig abbrechen oder evtl. einen Kontakt unter radikalen Bedingungen aufrechterhalten solltest/könntest/möchtest kommt erst einige Schritte nach deiner eigenen, höchstpersönlichen "Endablage" dieser Krise.

    Liebe Markone,

    In den Köpfen von Süchtigen passiert so vieles - und so viel ambivalentes - dass es m.E. unmöglich ist, übertragbare (d.h. objektive) Erfahrungen damit zu machen!

    Aber genau wie jede zwischenmenschliche Beziehung ist auch eine Suchtbiographie nie endgültig und unrevidierbar verdammt. Deine einzige zuverlässige Art des "Erfahrungen sammelns" muss sich um dich selbst und deinen Umgang mit diesem furchtbaren Thema drehen! Und das ist weiß der Himmel schon schwer genug. Machst du jedoch dich und dein Leben von der Hoffnung abhängig, da müsse am Ende doch so etwas wie ein Patent existieren welches Süchtige erklär- und kontrollierbar, mithin rettbar macht, dann .... gute Nacht! :frowning_face:

    Bedenke, dass die beste Chance für einen Abhängigen das ist, was du ihm schon ermöglicht hast: Durch einen Lebensumbruch wie einer Scheidung die Schwere seiner Situation vielleicht doch noch zu erkennen. Mehr kannst du nie und nimmer für ihn leisten. Doch dies ist manchmal schon sehr viel! Aus einigen Ehen (und Trennungen) wie deiner resultierten durchaus schon ganz besondere Abstinenzkarrieren und Freundschaften.

    Lg
    Moi

    (Edit: ich bitte die undifferenzierte Verwendung der Begriffe 'Abhängigkeit' und 'Sucht' zu entschuldigen - ich bin/war (?) leider stets beides)

    Ich habe selbst ein sehr ambivalentes Verhältnis zum Klinik-Setting. In keinem Falle bringt dies meiner Meinung nach etwas, wenn der Betreffende hingeht, weil er dem Druck anderer nachgibt, "etwas zu tun". Aber auch ganz grundsätzlich tue ich mich schwer zu entscheiden, wann Klinik "angesagt" ist und wann nicht.

    WENN Klinik im Falle deines Partners jedoch angesagt wäre, und diese Frage hängt von seiner höchstpersönlichen Selbstwirksamkeitserwartung ab, dann ist deine Schwangerschaft ein guter Grund FÜR die Behandlung und kein guter Grund dagegen.

    Hälst du es also für das beste, dass er sich stationär behandeln lässt, dann würde ich mich fragen welchem Zweck seine Verweigerung dient. Sorgt er sich um eure Beziehung? Kann er wirklich nicht ohne deine Nähe? Hatt er tatsächlich Angst vor Klinik (ein sehr legitimer Vermeidungsgrund!!!) oder will er letztlich eigentlich gar nichts ändern? In allen Fällen außer dem letztgenannten gibt es gute Grundlagen, zu fragen, welche sachlichen und emotionalen Faktoren er von dir benötigt, um diesen Schritt gehen zu können.

    lg
    Moi

    Hallo liebe Adeyyo.

    Ich kann dir zwar keine Antwort im Sinne einer kausalen Ursache-Wirkung-Gleichung geben; schließlich kommt es bei allen Drogen und Medikamenten auf das Individuum und den sozialen Kontext an. Jedoch gefällt mir deine Idee, dich einfach mal auf eine Reduzierung einzulassen und erstmal zu schauen, was das mit dir macht. Du schilderst, dass du ein "ganz normales Leben" mit Job und Familie führst. Ist dies nicht - auch in Hinblick auf Depressionen - schonmal der wichtigste positive Faktor? :smiling_face:

    Geh es langsam an, trotz deadline. Beobachte dich weiter so ehrlich und objektiv wie möglich und mach dir erstmal nicht zu viele Sorgen. Am Ende wirst du vielleicht merken, dass deine (berechtigte) Angst selbst schlimmer ist als das, was du antizipierst.


    Alles Gute wünsche ich dir.