Wohnortveränderung, das war bei mir der ausschlaggebende Punkt!
Das nicht aus Gründen des Versteckens oder Davonlaufens, es war vielmehr der neue Lebensabschnitt, frei gewählt.
Man muss da aber auch ganz ehrlich sein, nur weil vlt die Quellen weiter weg sind, bleibt man nicht clean
Umziehen muss ich nicht, dass bin ich erst letzten Oktober. Ich habe nach meinem letzten Psychiatrieaufenthalt 3Jahre mein Abi nachgemacht und erst im letzten Oktober mit dem Studium angefangen. Wie gesagt, ich kenne niemanden, der in meinem Maße oder die Drogen, die ich konsumiere, konsumiert. Aus dem Freundeskreis aus dem ich stamme wird zwar immer noch viel Speed und MDMA konsumiert, aber mit den Leuten habe ich schon lange nichts mehr zu tun. Hier bei mir in der Stadt kenne ich wirklich niemanden der Konsumiert und auch meine Drogen kann man nicht auf der Straße kaufen. Ich hab ein fable für extrem ausgefallene Designerdrogen die man nur aus dem Ausland beziehen kann. Das ist in Hinblick auf meine Zulassung natürlich ein extremes Risiko, dass ist mir klar, aber offensichtlich, im Hinblick auf die Konsumgewichtung, egal.
Was hindert dich, mit deinem Bruder zu reden, mit deiner Familie?Meiner Meinung ist die Öffnung ein erster wichtiger Schritt, das untermauert die Einsicht.Klar bringt das auch Druck mit sich, grade wenn man dann doch mal umfällt, aber keiner muss so eine schwere Zeit allein durchschreiten!
Ohne Frage, man muss sich austauschen, es tut gut wenn man auch mal ein ehrliches Lob bekommt, wenn man sich ganz einfach nicht alleine fühlt - auch wenn man letztlich selbst clean werden und vor allem bleiben muss.
Mein Bruder ist erst 20 Jahre jung und noch wirklich sehr kindlich. Wir haben beide ADHS, seine Impulskontrolle ist genau wie meine ziemlich gestört und er macht viel unüberlegten Blödsinn. Ich war ihm nie ein gutes Vorbild und möchte nicht, dass er auf dumme Ideen kommt. Natürlich könnte man argumentieren, dass ihn ein offenes Gespräch abschrecken könnte und von Drogen die Finger lässt, aber mich hat sowas auch nie abgeschreckt. Im Gegenteil. Das erste Mal Heroin habe ich direkt mit Koks kombiniert. Habe knapp 72std durchkonsumiert, während ich eigentlich hätte auf Klassenfahrt sein müssen und meine Ex auf einer Tagung war. Sobald ich kurz vorm wegtreten war wieder eine Nase Koks, dann wieder ein Blech und wieder von vorne.
Irgendwie geht es glaube ich darum, mein Selbstbild zu zerstören. Es ist einfacher dem kaputten Typen zu entsprechen, zumindest war das gerade als Jugendlicher ein wichtiges Konstrukt für mich. Meine Eltern sind beide Lehrer, meine Großväter Schulleiter bzw. Professor und ich bin mehrmals wegen schlechten Leistungen von der Schule geflogen. Davon abgesehen wurde ich streng christlich erzogen, habe also jedes Ideal meiner Eltern mit Füßen getreten. Meine Mutter hat mich jahrelang geschlagen für jeden Misserfolg in der Schule und die waren enorm mit 2 Schulwechseln.
Gleichzeitig musste ich mir von Lehrern sowie Schülern immer wieder anhören, dass ich als Sohn von 2 Lehrern doch nicht so dumm und faul sein könnte.
Mir wurde dieser Selbsthass so indoktriniert, dass ich mir diesen zueigen gemacht habe und mich durch Bestrafung und "Misshandlung" selbst antreibe. Ich bin auch ziemlich sicher das ich Borderline habe, wenn auch nicht in vollen Zügen.
Das Problem ist nur, dass sich die Umstände seit mehreren Jahren verändert haben, aber ich nicht aus diesem Verhaltensmusster ausbrechen kann.
Ich komme seit Jahren gut mit meinen Eltern klar, die machen wirklich alles für mich und haben ein unglaublich schlechtes Gewissen. Auch wenn meine Mutter mich nicht richtig behandelt hat, sie leidet darunter fast genau so wie ich und treibt wirklich rührende und fast schon unangenehme Schadensbegrenzung und hat viel Verständnis für mich. Davon abgesehen sind meine "Leistungen" hervorragend, ich bin nicht mehr der faule Typ der nichts auf die Kette bekommt, aber ich fühle mich so. Daran können auch 100 Urkunden und Stipendien nichts ändern.
Aber ich will hier gar nicht in Selbstmitleid zerfallen, ich habe in den letzten Jahren unglaubliche Veränderungen durchgemacht, auf die ich echt Stolz bin, dass bestätigen mir die diversesten Leute von allen Seiten. Klar ist das gerade ein Rückschlag, aber ich war in meinem Leben schon in sehr viel schlimmeren Situationen.
Willst mal mehr über deine Aufenthalte in der Klapse erzählen?
Warum glaubst du, geht es überhaupt bei dir so ab, also das ist ja eine - ich sag mal - Art Suchtgestaltung mit Selbstverletzung ...
Zudem frage ich mich, dir ist doch klar, wenn dein Problem mal in Form von "Vorbestrafung" aufkommen würde, dann wäre unter Umständen dein Studium für die Katz, oder?
Das erste mal war ich in der Psychiatrie mit 19 Jahren, habe zu der Zeit völlig alleine in einer neuen Stadt gelebt, war absolut unglücklich in meiner Studienwahl. Bin in eine Stadt gezogen, nur um in der nähe meiner damaligen Freundin zu wohnen, ohne groß darüber nachzudenken. Nach wenigen Wochen haben wir uns dann getrennt und das hat mich, in Verbindung mit 3 Jahre langem extremen MDMA Konsum, völlig aus der Bahn geworfen. Mit MDMA hat dieser ganze Kontrollverlust bei mir angefangen. Habe teilweise unter der Woche alleine Konsumiert und die nächsten Tage blau gemacht, weil ich so zerstört war. Hab mal in wenigen Stunden 12 Dinger geschmissen, da wäre ich fast zum ersten mal Draufgegangen.
Auf jeden Fall wollte ich mich umbringen, war wirklich ziemlich knapp, hab viele Wochen dagegen angekämpft und mich dann Gott sei Dank bei Nacht und Nebel einweisen lassen. Offen geredet habe ich mit niemandem, die Ärzte waren unglaublich unfähig und das Therapieangebot war wirklich ein schlechter Scherz. Bin als Benzoabhängiger aus der Klinik entlassen worden, nachdem ich 3 Monate mit Tavor gefüttert wurde.
Als ich rauskam habe ich mit Benzos weitergemacht, was meinen Drogenkonsum völlig hat ausrasten lassen. Zu der Zeit wurde es selbst meinem damaligen Druffifreundeskreis zu viel, ich war auf einem absoluten Selbstzerstörungsfilm und habe oft bis zur absoluten Besinnungslosigkeit konsumiert.
2015 war ich dann wirklich völlig am Ende. Hatte durch den vollkommen bizarren Benzokonsum, wobei ich auch fast täglich GHB und Ketamin konsumiert habe, eine extreme Agoraphobie. Hatte Zuckungen, meine Hände waren so am zittern das ich kaum mit einem Löffel essen konnte und ich konnte keinem Menschen mehr in die Augen gucken. Bin nur noch in die WG-Küche wenn alle geschlafen haben und habe ansonsten gehungert.
Der darauffolgende Psychiatrieaufenthalt hat mein Leben auf jeden Fall geändert, der war wirklich toll. Hatte einen super Therapeuten und ein absolut funktionsfähiges Therapieprogramm, dass mir sehr geholfen hat. Dazu muss man auch sagen, dass ich so einfach nicht mehr weiterleben konnte, ich hätte das ganze kein halbes Jahr mehr länger geschafft, ohne mich wirklich umzubringen. Wäre es durch meine eigene Hand gewesen oder indirekt durch ausgearteten Mischkonsum.
Hinzukommt, dass ich mich in den ersten Wochen versucht habe umzubringen, was meine Geschwister und meine Eltern ziemlich hart getroffen hatte, ich wollte einfach nicht mehr der Grund sein für so viel Leid und habe ab da alles getan, um aus meinen Depressionen herauszukommen.
Aus der Klinik rausgekommen bin ich dann Cannabispatient geworden und habe jegliche Psychopharmaka abgesetzt, die ich nahm seit ich 17 war. Hab ein tolles Mädel kennengelernt die mich absolut aufgebaut hat und mich für das was ich war geliebt und verstanden hat. Obwohl wir beide durchaus immer mal wieder Konsumiert haben und ich immer wieder mal wirklich harte, gefährliche Kontrollverluste hatte, habe ich im großen und ganzen sehr viel weniger und vor allem nicht mehr ganz so Gefährlich konsumiert.
Wir waren bis zum letzten Oktrober fast 5Jahre zusammen, wollten eigentlich zusammen nach Köln ziehen, hatten sogar schon den Mietvertrag unterschrieben, aber dann wurde ich im letzten Moment, trotz 1,0er Schnitt, in einer anderen Stadt an meiner 2.Wahl-Uni angenommen. Das hat mich absolut aus der Bahn geworfen, auch wenn ich es anfänglich durch mein Workaholicdasein habe zu verdecken versuchen. Hat mich meines Antriebs und Sinnes neraubt. Mich von ihr zu trennen war mit Abstand das grausamste was ich mir jemals angetan habe.