Nach 2 Jahren Beziehung drängte ich immer mehr, dass er sich eine eigene Wohnung suchen solle. Er wohnte immer noch bei seinen Eltern. Es dauerte dann noch ca. 6 Monate, bis er sich ernsthaft auf die Suche begab, fand dann aber relativ schnell eine Wohnung. Weitere 1-2 Jahre später kam das Thema Zusammenziehen auf. Ich wollte diesen Schritt gerne gehen, er war nicht so begeistert. Aber irgendwann erklärte er sich bereit, dass wir uns Wohnungen anschauen. Im Laufe der letzten 3 Jahre haben wir uns immer wieder phasenweise Wohnungen angeschaut, aber jedes Mal, wenn wir eine Wohnung angeboten bekamen, sprang mein Ex kurzfristig ab. Die Begründung war stets, dass er Angst davor habe, seine Freiheiten zu verlieren und was wäre, wenn unsere Beziehung nicht funktionieren würde. Irgendwann schlug ich ein Probezusammenwohnen vor, was auch ganz gut klappte, aber anscheinend nichts an seinen Ängsten änderte: Bei der nächsten Wohnungssuche gab es dasselbe Spiel noch einmal.
Im Herbst 2019 fand ich, als ich mir gemeinsame Urlaubsfotos herunterladen wollte, durch Zufall Fotos in seinem Google-Konto, auf denen sein aufgeklappter Laptop zu sehen war mit Gesichtern, Hintern oder Brüsten von irgendwelchen Frauen, vorne dran sein Schwanz und auf dem Bildschirm des Laptops eindeutige Spermaspuren. Wie sich herausstellte, hatte er diese Fotos besagten Frauen zugeschickt. Ich war extrem geschockt und sagte ihm, dass es so nicht mehr weitergehe. Er behauptete, er würde nichts mehr machen, jetzt hätte er ja alles ausprobiert, was es so gäbe. Aus Angst, was er noch alles tun könnte, wenn ich keine Kontrolle hatte, verlangte ich dann, dass wir zusammen wohnen, im Wechsel in seiner und in meiner Wohnung, damit er möglichst wenig Zeit alleine mit seinem Laptop verbringen konnte. Das lief eine Weile, dann kam Corona und weil ich ins Homeoffice geschickt wurde, wohnten wir unter der Woche bei mir, an den Wochenenden waren wir meist in seiner Wohnung.
Im April 2020 saßen wir auf der Couch und plötzlich ploppte auf seinem Handy eine WhatsApp-Nachricht auf, ohne Name, nur eine Nummer, aber das Foto einer Frau. Er drückte es schnell weg, aber ich fragte ihn, von wem die Nachricht sei und er sagte "Von meiner Ex". Es stellte sich heraus, dass seine Ex-Affäre ihn im Dezember 2019 telefonisch kontaktiert hatte, angeblich, weil sie männlichen Rat brauchte, und er seitdem wieder Kontakt zu ihr hatte, telefonisch und auch per WhatsApp. Es waren auch wieder Nacktfotos und Sexting-Nachrichten ausgetauscht worden. Ihre Nummer hatte er auf einem Zettel an einem für mich nicht erreichbaren Ort versteckt.
Nun bestand ich darauf, dass er ihr mitteilt, dass er den Kontakt zu ihr dieses Mal endgültig abbricht und seine Telefonnummer ändert. Außerdem bestand ich darauf, dass er sich ein Suchtberatung sucht. Bei den ersten beiden Terminen war ich noch dabei, danach ging er alleine hin. Wir besorgten uns einschlägige Literatur zum Thema Sex- bzw. Pornosucht, sowohl für Betroffene als auch für Angehörige.
Bei der nächsten Wohnung, die wir angeboten bekamen, (ich glaube irgendwann im Sommer 2020) sagte er mir unter Tränen, dass er nicht mit mir zusammenziehen könne und die Beziehung beenden wolle, weil er nicht glaube, dass er die Sucht jemals besiegen werde. Wir sagten die Wohnung ab, aber ich sagte ihm, dass ich sehr wohl an ihn glaube und ihn beim Kampf gegen die Sucht weiter unterstützen wolle. Wir blieben also zusammen.
Dann kam im Winter 2020 der Lockdown und wir verbrachten gezwungenermaßen noch mehr Zeit miteinander. Parallel waren wir wieder auf Wohnungssuche. Im Februar stellte ich irgendwann fest, dass er mir schon länger nicht mehr gesagt hatte, dass er mich liebt, und als ich ihn darauf ansprach, sagte er mir, er wolle sich trennen, weil er mich nicht mehr liebe und nur noch freundschaftliche Gefühle für mich hätte. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir gerade wieder gute Chancen, eine Wohnung angeboten zu bekommen. Ich sagte ihm dann, dass ich diesen Zeitpunk - im Lockdown, eine Ausnahmesituation für jeden - für keinen guten Zeitpunkt für solch eine Entscheidung hielte. Wir entschieden, uns noch eine Chance zu geben, und zu schauen, ob die Gefühle wiederkommen würden, die Wohnungssuche aber zu beenden und stattdessen eine Paartherapie zu beginnen. Coronabedingt war dies aber gar nicht so einfach. Wir entschieden uns dann für eine Video-Beratung bei einer Sozialpädagogin von Pro-Familia - weil es dort einen freien Platz gab und es auch nur halb so viel kostete wie andere Paartherapien. Im Nachhinein denke ich, dass das ein Fehler war. Ich fand von Anfang an, dass die Beraterin unsere Probleme nicht richtig erfasste und sie brachte meinen Ex, denke ich, auch auf die Idee mit der Trennung, da sie immer wieder betonte, dass wir wohl unterschiedliche Vorstellungen von Autonomie in einer Beziehung hätten. Trotzdem behauptete mein Ex im Laufe der letzten 6 Monate unserer Beziehung immer wieder, wir befänden uns auf dem richtigen Weg, die Gefühle wären auch schon wieder mehr geworden etc.
Anfang August kam ich dann eines Abends vom Sport nach Hause und die Wohnung war leer. Mein Ex hatte all seine Sachen gepackt und war abgehauen. Er hatte mir nur einen Zettel hinterlassen, dass er mich verlasse, weil er mich nicht mehr liebe und sich sicher sei, dass die Gefühle nicht mehr wiederkämen und auch die körperliche Anziehung nicht mehr so groß sei.
In einem Gespräch, dass wir eine Woche später führten, sagte er mir dann, er könne sich nicht mehr vorstellen, mit mir alt zu werden (das hatte er allerdings vorher auch nie gesagt, er hatte immer gesagt, dass er keine Vorstellung von seiner Zukunft hat) und dass es sich nicht mehr gut anfühle, mich im Arm zu halten oder mich zu küssen. Er liebe mich nicht mehr und seine Autonomie sei ihm wichtiger. Ich denke, damit ist auch oder vielleicht sogar vor allem seine sexuelle Autonomie gemeint, auch wenn er das leugnet:
- Er hat sich einen neuen Laptop besorgt, da sein alter Laptop extrem langsam war - ich vermute, um wieder besseren Zugang zu einschlägigen Sexchat-, Webcamgirl- und Pornoseiten zu haben.
-Zu seinem letzten, mir bekannten Suchtberatungstermin ist er nicht gegangen, weil er "Kopfschmerzen hatte und fertig war".
- Kurz nach der Trennung hat er wieder Kontakt zu seiner Ex-Affäre aufgenommen. Was da genau gelaufen ist/läuft, weiß ich nicht, aber ich denke, er hat sich recht schnell für Sex mit ihr getroffen. Es gibt auch Anzeichen dafür, dass er sich direkt nach der Trennung alte Fotos/Videos von ihr oder ihm und ihr beim gemeinsamen Sex angeschaut hat.
- Seiner Tante - und ich weiß nicht, wem noch alles - hat er erzählt, er habe sich von mir getrennt, weil ich unbegründet eifersüchtig gewesen sei, ihn kontrolliert habe und ihm immer wieder unterstellt habe, er würde mich betrügen.
Für mich sind all dies Zeichen dafür, dass er sich seiner Sex- und Pornosucht ergeben hat und diese nun voll auslebt. Ich habe auch den Eindruck, dass er dies alles gar nicht mehr als Problem ansieht, da er ja nun wieder Single ist, und dass er mir die Schuld gibt, dass er all die Jahre auf all dies verzichtet hat und nur ich ein Problem darin gesehen bzw. daraus gemacht habe.
Ich bin einerseits furchtbar wütend auf ihn, dass er sich getrennt hat, obwohl ich immer für ihn da war und so viel ertragen habe. Und auch, weil er nun Lügen bzw. Halbwahrheiten über mich erzählt. Andererseits bin ich sehr traurig über die Trennung und vermisse ihn tatsächlich immer noch, weil wir - abgesehen von der Pornosucht - sehr gut zusammenpassen, sehr viele gemeinsame Interessen hatten und im Alltag sehr gut als Team funktioniert haben und in jedem Urlaub und auch in unserer Freizeit wirklich sehr schöne Zeiten hatten. Ich habe aber auch Momente, in denen ich erleichtert bin, dass ich mir jetzt keine Gedanken mehr machen muss, was er wohl gerade treibt, wie oder mit wem er mich gerade betrügt - wobei mich gerade das, was er wohl mit besagter Ex-Affäre nun tut, schon beschäftigt und auch extrem verletzt. Deshalb haben wir auch seit fast 3 Monaten Funkstille und in meiner letzten Nachricht habe ich ihn ziemlich wüst beschimpft. Wenn er nicht direkt wieder den Kontakt zu ihr gesucht hätte, die, mit der er mich im Laufe der Beziehung zweimal betrogen hat, hätte ich mir ev. vorstellen können, irgendwann mit ihm befreundet zu sein.
Seit der Trennung habe ich mich tatsächlich weiterhin mit dem Thema Sex- und Pornosucht sowie Co-Abhängigkeit beschäftigt und auch an zwei Meetings einer Selbsthilfegruppe für Partner von Sexsüchtigen teilgenommen. Ich bin mir trotzdem weiterhin unsicher, ob mein Ex tatsächlich süchtig ist oder einfach nur untreu und auch, ob ich co-abhängig war bzw. bin.