... in welchen Bereich ich das Thema stellen soll. Doch ich kann ja nicht immer alles in mein Postfach stopfen.
Hallo, erst mal.
Ich hatte heute wieder meine Gruppentherapie, und die gestaltet sich so, dass zuerst eine Eingangsrunde stattfindet, in der jeder von seiner Befindlichkeit, besonderen Vorkommnissen der vergangenen Woche und blablabla berichtet. Außerdem wird diese Runde dazu genutzt, sich neuen Teilnehmern vorzustellen und ein persönliches Thema zur Diskussion/zum Feedback anzubieten.
Heute hatten wir einen Neuen, der ebenfalls (wie ich) mit dem Fahrrad zur Gruppe fährt. Da war ich logischerweise Feuer & Flamme, hieß ihn willkommen ... und steigerte mich wohl einen Tick zu enthusiastisch in das Thema "Radfahren" hinein. Ein Wort ergab das andere und nachdem ich hatte durchblicken lassen, dass ich auch schon mal so was wie private 24-Stunden-Marathons fahre, dass ich Körper eigene Drogen durch lange Strecken mobilisiere, daaa wurde eine der beiden Therapeutinnen hellhörig.
Ich will jetzt nicht noch weiter ausholen, jedenfalls sprach ich nachher noch mit einem Teilnehmer darüber, der ähnlich exzessiv Sport bertieben hat. Er meinte, dass ein solches Verhalten durchaus was mit gegen sich selbst gerichteten Aggressionen, ja, mit Bestrafung zu tun haben könnte. Meine Frage beinhaltet - so sehe ich das jedenfalls - stoffungebundene Sucht (Sport), stoffgebundene Sucht (Endorphine) und auch Selbstverletzung (denn nach über 300km im Sattel schmerzt der ganze Körper, dann hab´ ich´s mir mal wieder so richtig gegeben).
Kann da vielleicht jemand aus eigener Erfahrung berichten oder weiß einfach so mehr darüber als ich?! Ich bin mir sicher, dass dieses Thema bei einer der nächsten Mittwochsgruppen aufgegriffen werden wird und möchte nicht ganz unvorbereitet sein. Ich muss mein schwachsinniges Verhalten doch irgendwie verteidigen können ...
Gruß, Paule
Keine Ahnung,...
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Zitat
Ich muss mein schwachsinniges Verhalten doch irgendwie verteidigen können
1. Änder doch mal das schwachsinnige in süchtiges Verhalten
2. Warum solltest du es verteidigen?LG, alive
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Zitat von alive;148447
1. Änder doch mal das schwachsinnige in süchtiges Verhalten
2. Warum solltest du es verteidigen?
zu 1.) Okay.
zu 2.) Weil ich nichts Schlimmes darin sehe, ab und zu meine Grenzen auszuloten. Die wirklich gefährlichen Substanzen habe ich hinter mir gelassen, sie hätten mich zugrunde gerichtet.
Gegenfrage: Muss sich ein Weltrekordhalter irgendeiner Disziplin dafür rechtfertigen, dass er ein Rekordjäger ist?! Nö, muss er nicht. Wie bitte - ich bin kein Profisportler?! Nö, bin ich nicht, und muss ich auch nicht sein. Ich stelle meine eigenen Disziplinen auf und jage nach dem Highscore.
Hab´ ich schon immer getan, in guten wie in schlechten Disziplinen. In der Schule war ich ein Einser oder auch ein Sechser, weil ich ganz einfach wissen wollte, wie man sich fühlt.
Mag jetzt als Provokation erscheinen, und es ist auch eine. Eine Diskussion lebt halt von Gegensätzlichkeiten. Hätten alle eine Meinung, wäre es ein gegenseitiges Auf-die-Schulter-Klopfen und keine Diskussion. Wie ein trotziges Kind frage ich: Warum ist ein und dieselbe Sache einmal gut und einmal schlecht, nur weil zwei verschiedene Leute sie machen?!
Andreas Niedrig war ein Junkie und ist jetzt in der Weltspitze des Triathlon. Ich war Polytoxikomane und bin jetzt in meiner Welt Spitze - so what...?!
Gruß, Paule -
Tag'chen Paule,
ZitatWeil ich nichts Schlimmes darin sehe, ab und zu meine Grenzen auszuloten. Die wirklich gefährlichen Substanzen habe ich hinter mir gelassen, sie hätten mich zugrunde gerichtet.
Nun, Grenzen austesten dagegen spricht ja erstmal nichts. Genauso nicht gegen Sport
Aber ich kann mich trübe erinnern, dass in deinem PF etwas steht, dass Sucht gleich Sucht ist. Egal mit welchen Substanzen oder ähnlichem. (was ich so zustimmen kann)Und nun gilt es eben zu definieren. Was ist Grenzen austesten, was ist schon Suchtverlagerung.
Wo fängt der Schmerz an zu gefallen?
Wann sind Endorphine, wie Luft nach der man giert?
Wie lange braucht man, mit exzessiven Sport um sich "zugrunde zu richten"
Wann führt man nicht mehr das freie Leben, sonder steckt in einem süchtigen Verhalten?Die Spitze in deiner kleinen Welt sein, gerne (Rein nach dem Motto: Ich lebe in meiner eigenen Welt, das ist OK man kennt mich dort) aber da draußen wartet noch ne Realität
Was ich meine, sich selbst der Held seiner Welt sein, denke ich stärkt auch in einem gewissen Maße. Aber den Überblick zu bewahren, ohne mal zwischendrin ne REalitätsprüfung zu machen, finde ich gefährlich.
Dein Ziel zB steckt bei 300 km. Sehr gut, erreicht. Einmal an die Spitze geradelt.
Nur das Ziel bleibt sicherlich nicht bei diesen 300 km, dann wird das persönliche Ziel auf 310 km, zweimal wöchentlich gesteckt. Bis das auch nicht mehr reicht um die gleiche Anzahl Endorphine auszuschütten. Aber ist doch super, in seiner eigenen kleinen Welt, haben Ziele keine GrenzenPaar Gedanken,
Grüße Zyna -
Okay, Zyna,
in vielen Deiner Betrachtungen muss ich Dir Recht geben. Nur will ich die Sache mal etwas relativieren: Es ist ja nicht so, dass ich regelmäßig und häufig solche Exzesse betreibe. Ich lebe schon auch in der realen Welt. Wenn ich allerdings solch ein Ding durchziehe, dann befinde ich mich gewissermaßen in einer Art Tunnel oder Kokon.
So verhalte ich mich jedoch auch, wenn ich mich anderen Sachen widme. Ich konzentriere mich auf die eine Sache, damit sie mir so gelingt, wie ich es mir wünsche. Die Grenzen mögen zwar etwas verschwimmen, aaaber wer ist der Maßstab, und wer setzt welche Maßstäbe?! Wer legt fest, was "normal" ist?! Du? Ich? Herr Müller? Frau Schmidt? Wäre doch anmaßend oooder...?!
Gruß, Paule -
Ich differenziere sowieso nie zwischen Sucht und Sucht
Für mich gibt es keine reine Alkohol-, Drogen-, Sport-, oder andere Sucht. Wenn ein Mensch süchtig ist, wird er sich wohl immer einen Weg suchen, wie er seine Sucht ausleben kann. Wenn man eine Sache bleiben lässt, kommt es meist rasch zu einer Verlagerung. Ich finde, als Süchtige (die ich ja auch bin) sollte ich einfach ständig damit rechnen, wieder etwas zu finden, wovon ich schlecht los komme, bzw. bei dem ich schlecht Grenzen setzen kann. Achtsamkeit ist das A und O für mich, damit ich an der Situation etwas ändern kann und rechtzeitig bemerke, wenn ich dabei bin, in eine erneute Abhängigkeit zu geraten. Ich nehme deshalb an, dass es bei dir auch nicht immer unbedingt Sport sein muss, wo du an deine Grenzen gehst. Du könntest das wohl auch irgendwann aufgeben, würdest aber dann ratzfatz etwas Neues finden, bei dem du über die Stränge schlagen kannst. Wichtig finde ich einfach erst mal nur, dass du dich nicht selbst belügst und dir bewusst machst, dass es sehr wohl wieder süchtiges Verhalten ist, welches du gerade auslebst.
LG, alive
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Okay, dann ist es eben süchtiges Verhalten, wenn es mir denn irgendwer sagt, in dessen Vorstellungen es nicht passt. Nur sehe ich es partout nicht ein, mich bei all meinen Verhaltensweisen permanent selber reglementieren, mich einbremsen, mir Fesseln anlegen zu müssen. Außerdem könnte das ja dann auch wieder in eine Reglementierungssucht ausarten, nech?!! Und noch mal: Wer legt denn fest, wo der Enthusiasmus in Sucht übergeht?!?!
Für den einen sind 20km ´ne große Tour, ich bin nach dieser Strecke noch nicht mal ansatzweise warm. Sind wir nicht alle Individuen, in unserem Wesen unterschiedlich wie unsere Fingerabdrücke?! Besonders in Gesprächen mit Therapeuten merke ich immer wieder, dass sie nicht mich sondern genormte Richtlinien studiert haben. Sie sagen mir dann, was gut und schlecht für mich ist. Eigentlich müssten alle Normalis Klone sein, und manchmal kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es tatsächlich so ist...
Gruß, Paule -
Interessantes Thema...
Grundsätzlich liegt - nach meiner Erfahrung - die Gefahr darin, dass man mal wieder unmäßig masslos ist!
Das berühmte "can't get enough" (kann nicht genug bekommen)!Ich habe vor 2 Jahren mit Joggen angefangen und bin sehr wohl auf den Kick abgefahren, wenn es nach ner gewissen Zeit "Plopp" macht, in der Hirnanhangsdrüse...Jepp! Das ist Droge...
Für mich ein geiles Gefühl & da ich seit Jahrzehnten keinen Sport, keine Bewegung, garnicht nix gemacht hatte - absolut klasse, legitim.
Dann hatte ich meinen gesundheitlichen Einbruch (Lunge) und gleichzeitig ne Trennung zu bewältigen & bewegte mich garnimmer...Seit einem Jahr nun laufe (wandere) ich wieder regelmäßig und da gibt es diesen Kick nicht, jedenfalls nicht in "Flash" Form.
Als ich wieder fit war, stellte ich mir die Frage:
Was willste denn nun - durch die Gegend rennen, weils nen Kick gibt; dabei relativ wenig von der Natur wahrnehmen oder zur Abwechslung mal vernünftig sein, die Schönheit genießen als Teil des Programms definieren und halt mal nicht auf den "Speed" Zug aufspringen, sondern lieber auf Ausdauer und Konstante gehen ???Für mnich mittlerweile klar: Letzteres ist mein Ding! Und für mich ist es eine wichtige Entscheidung gewesen...
ZitatNur sehe ich es partout nicht ein, mich bei all meinen Verhaltensweisen permanent selber reglementieren, mich einbremsen, mir Fesseln anlegen zu müssen.
Das nun ist etwas, mit dem ich mich inzwischen abgefunden habe, auch wenn es oft etwas bremst und nervt! Aber lieber betrachte ich mich bei meinen Verhaltensweisen, als ein paar Monate später beim Drogen konsumieren....Da kommt keiner drum rum, der clean ist und es bleiben will!Wie gesagt, kann es bestens nachvollziehen...erinnere mich aber auch an ein Interview mit Herrn Niedrig, der ganz klar aussagte, dass ihm die Suchtverlagerung bewußt ist & der auch sagte, er habe Bammel davor, was er macht, wenn er mal keinen Extremsport mehr machen kann.
Wichtig ist da meiner Meinung nach, dass man nicht alles auf die Eine Karte setzt.
Es gibt da nen weisen Spruch:
"Gestaltest du dein Leben wie eine Kette, so wird alles wegfallen, was an dem Glied, das reißt, dranhängt...
Gestaltest du dein Leben nach dem Vorblid eines Seiles, so kann durchaus mal die Eine oder Andere Faser reißen, die anderen Fasern tragen und halten jedoch das Ganze.LG.Ganesha
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@ ganesha:
Ich kann all die von Dir genannten Punkte nachvollziehen oder stimme mit Dir überein. Die "Hauptkarte", auf die ich sehr viel setze, ist zwar das Fahrrad, weil es nicht nur Leidenschaft sondern auch Mobilität für mich bedeutet (ich erledige alle Strecken damit), doch ich habe im Zeitraum nach der Alk-Entgiftung auch andere Steckenpferde (Zeichnen, Schreiben, Metall-Kunsthandwerk) für mich entdeckt.
Die liegen momentan zwar teilweise brach (ich kann und will mich nicht auf zu viele Dinge gleichzeitig konzentrieren), können bei Bedarf jedoch hervor gekramt werden. Davon, dass ich nicht wieder zur Flasche greifen werde, bin ich eigentlich 100%ig überzeugt. Mag vielleicht etwas zu selbstsicher erscheinen, doch so kaputt, wie ich damals gewesen bin, möchte ich nie wieder sein.
Beim Kiffen sieht es dagegen noch etwas anders aus, da ist nach wie vor eine latente Gefahr vorhanden. Ich verspüre zwar keinen Suchtdruck mehr, ertappe mich allerdings noch hin und wieder dabei, dass ich es doch manchmal vermisse.
Gruß, Paule -
Zitat
Nur sehe ich es partout nicht ein, mich bei all meinen Verhaltensweisen permanent selber reglementieren, mich einbremsen, mir Fesseln anlegen zu müssen.
Von müssen kann doch kaum die Rede sein. Wer verlangt das denn von dir? Wenn du versuchen willst, gesund mit dir und deiner Sucht umzugehen, tust du das doch ganz allein für dich selbst.
LG, alive
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Zitat von alive;148524
Von müssen kann doch kaum die Rede sein. Wer verlangt das denn von dir?
`Tschuldigung. Ich nehme zu rasch alles persönlich und sehe hinter vielem den erhobenen Zeigefinger...
Gruß, Paule -
Ich weiss, genauso kenne ich es auch von mir, zu den Zeiten als ich mir noch nicht eingestehen wollte, dass ich süchtig bin, bzw. als mir das ganze Ausmaß der Sucht noch nicht bewusst war.
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Zitat von Alice Dee
Ich stelle die Behauptung auf, dass jeder Mensch, so er sich nur lange genug mit einer Sache (welcher Art auch immer) beschäftigt, süchtig ist. Man kann eigentlich nach allem süchtig sein: nach Substanzen, Dingen, Handlungen, Gefühlen, Anerkennung, Menschen.
Da hast im Ansatz Deine Frage schon selbst beantwortet;)Zitat von GaneGrundsätzlich liegt - nach meiner Erfahrung - die Gefahr darin, dass man mal wieder unmäßig masslos ist!
Das berühmte "can't get enough" (kann nicht genug bekommen)!
Und hier liefert Gane die dazugehörige Meßlatte
LG,
Kass -
Zitat von Kassandra;148530
Und hier liefert Gane die dazugehörige Meßlatte
Da fehlt aber die Skala, und ich meine natürlich meine ganz persönliche...
Gruß, Paule -
Zitat
Da fehlt aber die Skala, und ich meine natürlich meine ganz persönliche
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*spendier* 1-10 -
Zitat von ganesha;148533
*spendier* 1-10
Okay, dankeschön, dann 1 (also völlig unbedenklich) :D. Mein Bike-Kumpel ist Paris-Brest-Paris gefahren (1.200km nonstop), der liegt bei 5. Das "Race across America" ist dann 10...
Gruß, Paule
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