Kalter Entzug

  • Alkohol!
    Habe bereits mehrmals den Ratschlag bekommen, nach langjährigem extremen Alkoholkonsums nicht "kalt" zu entziehen, da es selbst nach Tagen/Wochen noch zu schweren körperlichen Erscheinungen führen kann.
    Die Rede war von Delirium tremens über Schock/Krampfanfall, bis hin zu Herzkasper.

    Ist das korrekt?
    Sollte der Hausarzt informiert werden zwecks medikamentöser Unterstützung?

    Rede nicht von Therapie, sondern Entgiftungshilfe ohne stationär im KH.

  • Das ist korrekt! Einer meiner Kumpels ist während des kalten Entzugs gestorben! Also, keinen falschen Stolz von wegen "das schaff´ ich alleine"! Ab zum Arzt!

    Gruß, Paule

  • Alice Dee

    Kannst du mich da etwas weiter aufklären?
    Dachte, wenn ich paar Tage ohne Alkohol auskomme, ist körperlich der "Drops" gelutscht und es geht nurnoch um die Psyche.

    Ist das falsch gedacht?

  • Zitat von Carl;148482

    Alice Dee

    Kannst du mich da etwas weiter aufklären?
    Dachte, wenn ich paar Tage ohne Alkohol auskomme, ist körperlich der "Drops" gelutscht und es geht nurnoch um die Psyche.

    Ist das falsch gedacht?




    Carl, ich bin kein Arzt! Lass Dich besser von dem aufklären! Es kann im Alleingang funktionieren, muss es aber nicht! In einem medizinisch nicht gerade unterversorgten Land würde ich da auf keinen Fall ein Risiko eingehen. Außerdem "freuen" Ärzte sich im Allgemeinen darüber, wenn ein Patient Einsicht zeigt. Es ist denen allemale lieber, als bei einem fehl geschlagenen Versuch den Tod zu diagnostizieren...

    Gruß, Paule

    P.S.: Ich wäre damals ohne Distraneurin (klassisches Entzugsmedikament) 100%ig verreckt!

  • So ein Alleingang bei einem Entzug kann beim Alkohol tödlich enden. Ganz richtig hast du das Delirium aufgezählt. Da kommt es nach einem Prädelir, was man selber nicht merkt zum Delirium Tremens. Ein unbehandeltes Delirium Tremens endet heute noch oft tödlich. Die Gefahr dabei ist dass der Blutdruck so hoch steigen kann und Hirnblutungen auslösen kann die oft zu spät bemerkt werden. Man braucht nicht glauben das würde man merken, im Delir ist man orientierungslos, zum Teil bewusstlos oder hat sämtliche Sinnestäuschungen über schwere Halluzinationen bis hin zu paranoidem Wahn. Die meisten Patienten erinnern sich nach ihrem Delirium Tremens nicht mehr wie die Zeit im Delir war. Manchen fehlen da bis zu 2 Wochen. Ich hab schwerste Prädelire und Delire im Rahmen meiner Entzüge gesehen. Wo die Leute gewaschen werden mussten, per Sonden ernährt worden sind weil sie sich in so einem komatösen Zustand befunden haben.


    Ich würde überhaupt keine Selbstversuche unternehmen und schon gar nicht mit so einer Laufbahn.

    Aber mir konnte man das damals auch nie ausreden und jedes Mal musste es so kommen wie es kam und manches mal, bin ich grad noch am tod vorbeigeschrammt mit zig prellungen und schürfwunden..

  • Alice Dee

    Hast recht!
    Mal abgesehen davon, habe ich einen sehr vertrauenswürdigen Hausarzt.
    Meine Probleme sind ihm bekannt und ich kann ohne Anmeldung jederzeit vorbeikommen.
    Denke wird Zeit, dass ich das in Anspruch nehmen sollte.
    Im ernst... fällt mir schwer. Ist ein Schwäche-Eingeständnis...

    Future

    Danke Dir für die Info!

  • Zitat von Carl;148493


    Denke wird Zeit, dass ich das in Anspruch nehmen sollte.
    Im ernst... fällt mir schwer. Ist ein Schwäche-Eingeständnis...



    Fiel mir auch schwer. Selbst als ich mir das Bier mit dem Pizza-Taxi kommen lassen musste, weil ich zu schwach war, die 400m zur Trinkhalle zu gehen. Als mir meine Saufkumpanen sagten, dass ich komplett gelb war (nicht nur das Weiße in den Augen, sondern die gesamte Haut), ignorierte ich das.

    Erst als mein Arzt entsetzt hinter seinem Schreibtisch aufsprang und mich anschrie:"WIE SEHEN SIE DENN AUS?!" - da schnallte ich, dass ich bald den Löffel abgeben würde. Nachdem ich aus der stationären Entgiftung entlassen worden war, roch ich mal wieder den Frühling! Du kannst Dir nicht vorstellen, wie geil das war, nicht nur anhand des Kalenders zu bemerken, welche Jahreszeit gerade herrschte.

    Noch kannst Du Dir das nicht vorstellen! Mach den Schritt, Mann!

    Gruß, Paule

  • Zitat von Carl;148500

    Alice Dee



    Kennst Du das Gefühl der Angst? Das habe ich.



    Kenn´ ich. Hatte ich auch. Ich bin mit einem Bier in der Hand im KH eingelaufen, um meinen Spiegel zu halten. Als die Flasche leer war, stieg schon dieses kalte Kribbeln in mir hoch, und ich bat den Arzt darum, mich so schnell wie möglich medikamentös einzustellen. Das tat der dann auch. Wäre ja auch ein Armutszeugnis, ausgerechnet im KH zu kollabieren.

    Ich habe mich einfach fallen lassen und auf Gott und die Kompetenz des Personals vertraut...

    Gruß, Paule

  • Zitat


    Ich habe mich einfach fallen lassen und auf Gott und die Kompetenz des Personals vertraut...



    Welch eine wunderbare Aussage! Klasse.

  • Kann mich da nur anschließen!
    Als ich meiner Hausärztin beim ersten Entzug nach 10 Tagen oder so die Distraneurin zurückbrachte, war das ein geiles Gefühl.
    Aber beim zweiten Entzug - 10 Jahre später in Indien und kalt (also ohne Midikation), mein Gott - was habe ich Schutzengel!
    Future hat ja die Latte genau aufgezeigt, was da alles schief laufen kann...
    Ein guter Freund von mir hat es nicht geschafft, der ist an seinem Entzug gestorben...

    Und die Angst, ja klaro ist die da!
    Habe das neulich für mich so auf den Punkt gebracht:

    Mit DER Angst kann ich leben, mit Drogen nicht...

    Nimm die Hilfe an, ein guter Arzt freut sich über den Patienten, der mündig genug ist, zu sagen: Ey! Ich kann nicht mehr, bitte hilf mir!

    LG.Ganesha

  • Zitat von ganesha;148516



    Nimm die Hilfe an, ein guter Arzt freut sich über den Patienten, der mündig genug ist, zu sagen: Ey! Ich kann nicht mehr, bitte hilf mir!
    LG.Ganesha



    Danke für deine Worte!
    Absolut korrekt, was du schreibst.
    Nur, sich zu "strecken" und seine Schwäche preiszugeben, kostet richtig Überwindung. Kann das nicht!

  • Obwohl, was wahr ist, soll wahr bleiben.
    Blutwerte lügen nicht! Dem sollte man sich medizinisch stellen...

  • Moin, Carl,

    ich will Dir ja nicht zu nahe treten, aaaber kann es sein, dass Du auf Zeit spielst...?! Hätte es, als ich noch soff, das Net und dieses Forum gegeben, wäre ich wahrscheinlich der Zeitspieler schlechthin gewesen. Die Tipps, Aufforderungen und Meinungen von fünf Usern hätten mir nicht gereicht.

    Ich hätte Wochen und Monate hier im Forum rumgelungert und darauf gewartet, dass auch der letzte User geschrieben hätte:"Mensch, geh zum Arzt!" Und selbst dann hätte ich noch gekontert, dass sich ja vielleicht und eventuell und möglicherweise noch jemand anmeldet, der eine andere Meinung vertritt.

    Es ist wahr, man könnte, sollte, müsste mal sehen, ob man mal gucken kann, dass man mal schaut, ob man vielleicht mal sieht. So reden Politiker, die sich alle Türen offen halten wollen.

    Also, Carl, ich werde Dich weiterhin nerven :grinning:...

    Gruß, Paule

  • Hallo

    @Carl
    Ich verstehe absolut, wie du dich fühlst!! Das gerade jetzt zu lesen ist ein wahnsinns Zufall, genau über dieses Thema wollte ich in meinem eigenen Entzugs-Bericht schreiben, weil ich gestern ein besorgniserregendes Telefonat mit einer Freundin hatte, die als Intensivkrankenschwester schon einige Entzüge mitgemacht hat.

    Ich falle hier ehrlich gesagt ziemlich aus allen Wolken gerade. Sie hat mir gesagt, wie gefährlich sowas alleine ist und dass ich das auf keinem Fall mehr ohne Arzt machen soll. Grad wo ich selber merk, wie das auf die Gesundheit geht und auch schon mehrmals klassische erste Symptome von nem Delir gezeigt hab, wo der Spaß dann einfach aufhört.
    Dass es ne anstrengende Sache ist war mir schon bewusst, habs ja öfter versucht mit aufhören. Aber dass es SO schlimm ist... damit bin ich auch grad etwas überfordert.

    Ich weiß nicht, ob das bei dir auch so ist, ich hatte bisher noch kein Outing (nur bei der Freundin), es zuzugeben ist also eh schon ein Problem. Und sich vor sich selber zu outen ist ja auch nochmal ne ganz schwierige Sache.
    Die Alkoholabhängigkeit ist seltsamerweise die einzige Suchtkrankheit, die richtig als Scheitern gesehen wird. Sowas machen nur Assis, Alkohol trinkt doch jeder und wer daran scheitert, ist nicht ganz normal und es ist einfach peinlich...
    Bei anderen Süchten ist das irgendwie nicht so, bei den Zigaretten verstehen es die meisten und es ist normal, bei anderen Drogen oder Tabletten ist es auf einmal ne Krankheit, für die man nichts kann.
    Natürlich ist das vereinfacht dargestellt, aber irgendwie hat man das schon drin im Kopf. Es ist peinlich...

    Und zum Arzt gehen ist keine leichte Sache. Ich habs gestern auch mehrmals beklagt, wenn ich zum Arzt gehe und mich begleiten lass, muss ich es auch durchziehen. Wenn ich alleine entziehe, hab ich immer noch so ein Hintertürchen offen. Ich kanns ja auch nochmal lassen und später nochmal anfangen, ist ja nichts dabei verloren und hat eh keiner bemerkt. Man tuts ja "nur" für sich selber.
    Aber sobald da ein Arzt dabei ist, muss man sich rechtfertigen und kommt sehr in Zugzwang, das auch durchzuhalten.
    Und der Gedanke, gar nie mehr was zu trinken ist auch ein sehr beängstigender, der auch nicht so leicht zu akzeptieren ist...

    Ich drücke dir sehr die Daumen, dass du das hinkriegst und mit deinen unguten Gefühlen umgehen lernst. Man braucht sich nicht zu schämen, auch wenn wir das gerne tun...
    Ich hoffe, du berichtest, wie es bei dir weiter geht!

    Liebe Grüße
    Mamono

  • @ Mamono: Es stimmt, was Du über die (oftmals nicht vorhandene) Akzeptanz der Gesellschaft schreibst. Hier harmonieren aus meiner Sicht zwei entscheidende Faktoren wunderbar miteinander:

    1.) Die Zahl der selbst ernannten Supermänner und toughen Frauen nimmt von Tag zu Tag zu. "Geht nicht, gibt´s nicht!", lautet das Gebot der Stunde, und wer sich irgendwelche Schwächen eingesteht, ist sowieso schon mal der Loser. Komisch ist bei der Sache nur, dass in allen Bereichen immer mehr schief läuft:50:...

    2.) Mit den (süchtigen) Wölfen heult´s sich gut. Unsere Gesellschaft ist vom Alk so dermaßen durchtränkt, dass man ihn sich als Kulturgut auf die sprichwörtliche Fahne schreibt. Damit hat man kein Problem zu haben! Selbstbetrug und Selbstüberschätzung sind in einem Millionenheer von Superstars längst zu Tugenden erhoben worden.

    Okay, ich habe es relativ leicht, mit diesen fragwürdigen "Traditionen" zu brechen, denn ich war bereits vor 25 Jahren bekennender Alki, machte nie ein Geheimnis daraus (und nahm den Mahnern damit den Wind aus den Segeln). Man kannte mich gar nicht ohne die Flasche Bier, Wein, Wodka oder Jim Beam in der Hand.

    Nach meiner Entgiftung dachten viele, ich sei zu einem anderen Glauben konvertiert. Wie bereits erwähnt: Ich war schon immer ein wenig anders. Und jetzt bin ich eben der Querulant, der rein optisch so rüber kommt, als sei er für jede Party und jede Droge zu haben, doch ich mache mir ein Spiel daraus, denn ich mag es, von einer Gesellschaft, deren Urteilsvermögen zunehmend auf Äußerlichkeiten basiert, chronisch unterschätzt zu werden :D...

    Gruß, Paule

  • Mamono
    Danke Dir für deinen Beitrag.

    Zur Info:
    Habe "Schnee" und "Hasch" zusätzlich konsumiert.
    Mein letzter "Bong" und meine letzte "Line" sind 10 Jahre her.
    Seitdem nichts mehr und vermisse es auch nicht.

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