Bettler

  • Wenn euch so ein Typ anbettelt und euch verzählt, er müsste ganz dringend mit dem Zug fahren und bräuchte nur noch 1,20 für die Fahrkarte. Seine eigene wäre zuhause, die hätte er vergessen und so weiter und so fort. Ihr merkt jetzt aber ganz genau, dass er das Geld garantiert nicht für die Fahrkarte braucht, was tut ihr?

    Das frag ich mich schon lange. Ich weiss einfach nicht, was ich das tun soll. Meine Reaktion bis jetzt "Oh, Fahrkarte vergessen? Das ist ja schrecklich" und ich geb ihm dann Geld.

  • Ich meine natürlich wenn der so tut als ob das für die Zugfahrkarte wäre.

  • Hi Julius

    Die Entscheidung was ich tue, würde bei mir von zwei Sachen abhängen:

    zum einen wie der Bettler wirkt. Du hast geschrieben, man merkt, dass er das Geld nicht dafür braucht, also schließe ich aus, dass es sich um einen schüler oder so handelt sondern doch eher um einen, der zB auf der Straße wohnt. Wenn es nämlich zB ein schüler wäre, würde ich ihm das Geld geben.

    Wenn es sich eher um einen Bewohner der STraße handelt, muss ich ehrlich sein, es käme darauf an wie ich drauf bin. Wenns mir nicht so gut geht, denke ich, er soll mich inFrieden lassen und gehe weiter. Schon allein deswegen, weil ich sonst vielleicht eine Diskussion anfangen würde, ob er es wirklich dafür braucht.
    Wenn ich gut drauf bin und Geld in der Hosentasche habe (würde nie meinen Geldbeutel rausholen) würde ich ihm es in die Hand drücken denk ich. Egal wofür er es braucht, in dem Moment einfach nötiger als ich.

    Aber alles in allem ein Gewissenskonflikt...

    liebe Grüße

  • Meinst du es würde was bringen zu sagen, dass man vermutet, dass er eine Drogenproblem hat?

    Du sagtest ja du würdest sonst eine Diskussion anfangen, hast du das schon mal gemacht?

  • Nur bei jemadem, der so gewrikt hat, asl hätte er wirklich die Karte vergessen.

    Ich denke, wenn du denjenigen nicht kennst, wirst du mit der Vermutung nicht weit kommen. Weil wenn du recht hast, wird er es vor dir nicht zugeben (vielleicht gibt er es vor sich selber auchnicht zu) und vielleicht noch aggressiv werden.
    Du wirst denmach denke ich immer ein nein hören, egal obs stimmt oder nicht.
    Wenn man so jemanden helfen will (zB gegen ein Drogenproblem) kann man das denke ich nicht, indem man ihn sofort und direkt anspricht. Man müsste ihn besser kennen, um an ihn ran zu kommen. Selbst dann ist es manchmal schwer. So ist jedenfalls meine Einschätzung nach Erfahrungen mit Alkoholabhängigen und meiner eigenen Sucht.

  • Du kannst ja auch mit ihm zum Fahrkartenautomaten gehen und ihm das Ticket ziehen - den fehlenden Teil kannst du ihm ja dann von dir dazulegen. :winking_face:
    Ich denke, dann kommt von allein auf, dass er nichts hat oder er das Ticket nicht will, in dem Moment, wo es um die Umsetzung geht.

    Wenn jemand meint, er bräuchte Geld für etwas Essbares - dann kannst du auch anbieten ihm/ihr was zu essen zu kaufen, statt das Geld zu geben.
    Hab' ich tatsächlich auch schon mal gemacht - und erntete ein "blöde geldgeile Tusse" dafür, aber da war mir dann klar, dass es eher hätte in 'Alkohol umgesetzt werden müssen. Andersrum hab ich's aber auch schon erlebt, und dann bin ich mehr Geld losgeworden als ich ursprünglich hatte geben wollen. Aber das war mir dann in dem Moment auch egal, weil ich ja sehen und spüren konnte, dass ich damit wirklich helfe und es auch ankommt. Hab' auch schon 'ne Dose Hundefutter im Supermarkt gekauft, weil davor jemand um Geld dafür gebeten hatte.
    Und einmal war ich dabei, als jemand zuerst nach Geld für Essen fragte, meine Bekannte dann anbot Brot, ein Sandwich oder so zu kaufen und dass diejenige dann in Tränen ausbrach und zugab, dass sie das Essen nicht für Geld braucht, sondern für Drogen.
    Eine Diskussion hatten wir da nicht angefangen - wir haben versucht zu trösten und dann 'n warmen Kaffee gekauft und einen Muffin...

    Schwer zu sagen, ich denke auch, dass man in solchen Momenten mit Diskussionen ziemlich unerwünscht ist. Die meisten werden nicht zugeben, wofür sie das Geld wirklich ausgeben, wenn sie es denn dem Zweck entfremden, den sie angeben. Und ich - als Frau - hätt' da auch 'Angst davor: man weiß ja nie, wie sein Gegenüber reagiert... Könnte unter Umständen also auch in Aggressionen ausarten...

    Aber das ist sicher auch situationsabhängig - natürlich kann man sich gefühlsmäßig auch täuschen, aber ich würd's auf jeden Fall von meinem Eindruck/Gefühl abhängig machen, wie ich reagiere.

  • Da schließe ich mich Fibra (mit Punkt vorne und hinten *g*???!) an, immer Aktion direkt wählen, dann siehst du, was echt ist & was aufgesetzt...
    Ich kenne die Problematik aus Indien, da biste als Europ natürlich ein Hoffnungsträger für alles, was bettelt.
    Ich habe mir meist ein, zwei kids geschnappt, bin mit denen in ein lokales Snack gegangen und hab se futtern lassen...
    Diejenigen, die für ne Organisation bettelten (also für die lokale Mafia), gingen dann eh nicht darauf ein & für manchen...
    Kannst dir ganrit vorstellen, was in so'nen Kindermagen reinpasst!

    Ich hab mit 19 oder so mal ne Zeitlang in Stuttgart auf der Straße gelebt, Ausbrechen und so...
    War ne ganz gute Übung, was mein "Ich bin eine Katze"-Gefühl angeht.
    Da haben wir systematisch die Königsstraße hoch und runtergeschnorrt, danach sind wir einklauen gegangen, haben und ein Piece geholt und ab auf die Wiese.
    MEIN Spruch war immer: "Bitte mal ne Mark, wir feiern das Leben!"
    Das zog ganz gut, da die Leute echt schonn überfordert waren, mit den vielen "Fahrkartensprüchen"...

    LG.Ganesha

  • Also ich tu mich schwer, wenn ich angesprochen werde, bzw. würde - denn das wurde ich eigentlich fast noch nie. Sehr selten. Aber ich selbst halte auch mehr von Aktionen, als von einfach Geld geben.
    Ich hab vor wenigen Jahren mal in der Weihnachtszeit einen Obdachlosen angesprochen, den ich vom Sehen her kannte - er sitzt fast täglich an der gleichen Stelle, schon seit Jahren - und bei dem war ich mir ziemlich sicher, dass da nichts gespielt ist.
    Er tat mir irgendwie so leid, wie da so die ganzen Menschen mit vollen Einkaufstüten und Weihnachtsgeschenken an ihm vorbei hetzten und da hab ich ihn gefragt, ob er etwas brauchen könnte. Ein warmes Getränk, ein Brötchen? (es war sau kalt) Handschuhe? Eine Mütze? Und er meinte, das wäre sehr lieb, aber er habe gerade gegessen und getrunken und Handschuhe und Mütze würden soweit noch halten - also waren noch nicht ganz zerfleddert. Er fror trotzdem und meinte aber, es wäre schon schön gewesen, dass ich mich ein wenig mit ihm unterhalten hätte, ich bräuchte nichts für ihn tun. Und dann bin ich gegangen und habe einen ganz warmen, dunkelroten Fleece-Pulli gekauft und ihn ihm geschenkt. Sein Strahlen in den Augen werd ich nie vergessen :smiling_face:


    Wenn mich jemand anspricht fühle ich mich schnell gedrängt bei sowas - was wohl vielleicht auch daran liegt, dass ich mich schlecht abgrenzen oder nein-sagen kann. Aber da bin ich jenachdem dann auch zu überrumpelt mit. Ich helfe gerne, keine Frage - aber ich glaube ich würde nicht einfach so mal eben schnell wem Geld geben für "irgendwas". Dann eben eher so, wie es die meisten hier jetzt auch schon gesagt haben. :winking_face:

    Und ansprechen (also auf ein mögliches Drogenproblem oder so) glaube ich persönlich würde in den meisten Fällen nicht wirklich was bringen. Aber ich glaub ich würd mich das sowieso nicht trauen.


    Liebe Grüße,
    sunlight

  • Na dann bastel ich mir morgen doch glatt ein Partyhütchen und schau mal zur Königsstraße, vielleicht begegnet mir ja jemand von deinen alten Bekannten mit diesem Spruch, gane *gg*

    sun, die Pulli-Aktion find ich toll! :top:
    Eigentlich sollten wir sowas viel öfter tun!

  • Also ich hab mir angewöhnt grundsätzlich nur noch den Leuten was zu geben die Musik machen aber auch nur wenn es mir gefällt.Da ich ja in Berlin wohne und betteln dort an der Tagesordnung ist, würde ich wenn ich mit der U-Bahn fahre (und das muss ich jeden Tag) selber irgendwann betteln gehen müssen 8). Denn in fast jedem 2.Abteil kommt irgendwer und will was haben. Berlin härtet in solchen Dingen sehr ab.L.G.Hexy

  • Da fällt mir was ein. Lässt mich aber blöd dastehen.^^ Mich hat mal einer (der nicht so pennerhaft aussah) sogar so lange bequatscht und war so glaubwürdig und hat mir seinen Ausweis gezeigt und von seiner Mutter oder Frau (ist schon ne Weile her) erzählt, dass ich ihm zu über 90% glaubte. Es ging um zehn Euro. Letztlich dachte ich mir aber, von dem mache ich jetzt abhängig, wie sehr ich den Leuten auf der Straße in Zukunft vertraue und konnte zu der Zeit zehn Euro auch locker verkraften.
    Ich hatte zwar Adresse und Personalausweisnummer und eine Telefonnummer. Aber ich vermute irgendwie, dass mir das eh nichts gebracht hätte. Hab natürlich nichts mehr gehört und gesehen davon.
    So lerne ich dazu. Nach und nach. Ich hab später trotzdem noch oft was gegeben und mir immer gern ne Obdachlosenzeitung gekauft.
    Ich überlege, an welchem Bahnhof das war *grübel* müsste Berlin Ostbahnhof gewesen sein ... :face_with_rolling_eyes:

  • Ich habe fast meine ganze Jugend on the street verbracht und war immer sehr froh wenn ich beim schnorren wenigstens geld für essen zusammenbekommen habe, hat aber auch immer gut funktioniert. zigarettengeld war meistens auch noch dabei.
    heute geb ich kein geld her, ich gehe wie fibra erwähnt entweder mit den leuten einkaufen, je nachdem. Aber da mich alle noch von früher kennen und man freunde bzw. leute die selbst nicht viel haben nicht anbetteln darf (regel nr.1 danach keine alten leute, oder familien mit kinder etc.) fragt mich kaum jemand um geld. Ich erkenn es meistens und hol dann was zum essen oder so. Ich hab halt noch immer einen großen Bezug zur Obdachlosenszene. Damit meine ich langjährige Obdachlose und für sie gehöre ich immer noch als kleine dazu und werde auch immer dazu gehören. Dadurch kann ich auf die Leute auch anders zugehen und anders mit ihnen reden. Sie gehören zu meinen Bekannten und da kritisier ich schon mal oder sprech sie auf ihre Probleme an. Manche erzählen auch gleich von alleine..

    lg future

  • Zitat von .fibra.;151829


    Und einmal war ich dabei, als jemand zuerst nach Geld für Essen fragte, meine Bekannte dann anbot Brot, ein Sandwich oder so zu kaufen und dass diejenige dann in Tränen ausbrach und zugab, dass sie das Essen nicht für Geld braucht, sondern für Drogen.
    Eine Diskussion hatten wir da nicht angefangen - wir haben versucht zu trösten und dann 'n warmen Kaffee gekauft und einen Muffin...

    :loudly_crying_face: Die Arme. Das war aber lieb von euch, dass ihr das getan habt.

    ----------Beitrag automatisch hinzugefügt um 19:36 ---------- Vorheriger Beitrag war um 19:32 ----------

    Zitat von ganesha;151888

    Da schließe ich mich Fibra (mit Punkt vorne und hinten *g*???!) an, immer Aktion direkt wählen, dann siehst du, was echt ist & was aufgesetzt...

    Oft merkt man halt ganz genau, dass jemand keine Fahrkarte braucht. Man fragt sich nur, ob man demjenigen das zeigen soll oder ob man mit spielen soll um sein Selbstbewusstsein nicht noch mehr zu schädigen und weil ihn auf die Problematik ansprechen möglicherweise nichts brächte.

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