Wie fühlt sich was an?

  • Wie fühlt sich was an?

    Ich habe heute ein längeres Gespräch mit einer sehr guten Freundin gehabtEs hat mich sehr nachdenklich gemacht. Es ging um Gefühle und wie man sie spürt, wie man mit ihnen umgeht, gerade auch mit den Gefühlen, die manchmal hochkommen aus der Kindheit. Ich kann sehr gut Wut, Haß, Neid, Ekel und so was fühlen. Das waren meine Hauptgefühle in der Kindheit und sie beeinträchtigen auch jetzt noch oft mein Leben.
    Ich kann absolut keine positiven Dinge fühlen. Man sagt mir zwar nach, ich sei sehr einfühlsam, aber ich mache das alles mit dem Kopf, sage mir, das braucht derjenige jetzt und gib es ihm, aber mit einer Leere, das es nicht zum aushalten ist. Manchmal bekomme ich gesagt, ich solle stolz sein auf mich. Wie fühlt sich stolz an, was passiert mit einem, wenn man stolz ist, glücklich ist, froh ist, vor allen Dingen, wenn man zufrieden ist. Wenn es mir ganz schlecht geht, dann habe ich Sehnsucht, dann spüre ich oft, als wollte ich mich wie ein Embryo mich einrollen und mich an mir selber wärmen. Nähe kann ich dann nicht zulassen. Ich weiß nicht, was passiert, wenn ich mich in meinem Schmerz gehen lasse, was passiert dann, ich habe Angst verrückt zu werden, so weh tut das dann. Das dauert nicht lange an, dann dissoziiere ich und die Gefühle sind wieder weg, das fühlt sich besser an. Aber so ohne Gefühle durchs Leben gehen mag ich nicht mehr. Ich will da keine Angst mehr vor haben. Meine Freundin sagte nun heute, sie möchte mir gerne helfen, wenn ich es nur zulassen würde. Wieder so ein Wort, wie mache ich das zulassen. Ichhabe ihr heute vieles erzählt, was früher war, aber gespürt habe ich nichts. Auch hinterher keine Erleichterung. Was mache ich falsch. Was ist dieses Zulassen. Ich will ja fühlen, was früher war, aber da kommt nichts. Ich kann ganz gut über andere Schicksale weinen, so als Alibi, daß ich nicht über meins weinen muss. Aber dieTherapeuten sagen, ich muss das alles aufarbeiten, drüber weinen. Wie mache ich das, wenn alles so ist, wenn ich erzähle, als ob ich aus einem Kochbuch vorlese, aber nicht über meine Geschichte. Kennt das noch jemand. Hört sich alles verrückt an, ich halte mich auch teilweise für ver - rückt.

    Mögt ihr mit mir darüber diskutieren?

  • Das is nicht gleich verrückt, auch wenn es sich manchmal so anhört.

    Gefühle zeigen, Gefühle spüren, das dauert, braucht Zeit und Vertrauen.
    Ich hoffe man wird hier noch bisserl mehr Ansätze zu lesen bekommen.

    Eins is aber gewiss, mit 'Gewalt gehts gleich 10 mal ned.
    Diese Freundin kann also da nur rein wachsen, wenn se wirklich extrem viel Geduld mitbringt - genauso natürlich du.
    Sicher wäre es auch hilfreich, wenn ihr vlt. mal zusammen eine Therapieeinheit nutzen würdet ...

    LG Franz

  • Hallo Tine,

    Gefühle lassen sich nicht erzwingen, sie kommen oder sie kommen eben nicht. Zu sagen: "Ich will jetzt fühlen!" und dann fühlt man, so geht das (leider) nicht. Du bist in Therapie und das ist ein guter Ansatz, um an Gefühle ran zu kommen, um Zugang zu Gefühlen zu bekommen. Was du in deiner Kindheit erlebt hast, ich denke, das hat traumatische Auswirkungen auf dich und deine Gefühle. Du durftest dich nichgut fühlen, nie schönes spüren, also wie sollst du wissen, wie sich so etwas anfühlt? Aber die Gefühle sind da, Gefühle sind etwas, das jeder Mensch automatisch hat. Nur manchmal verlernen wir den Zugang zu ihnen, eben z.B. durch Traumata. Da hilft dann, in meinen Augen, nur eine Traumatherapie.

    Was deine Freundin vorhat, ist ehrenwert, aber ich bin mir nicht sicher, ob das so eine gute Idee ist. Meiner Ansicht nach muss da jemand professionelles ran, ich könnte mir vorstellen, dass deine Freundin überfordert sein könnte. Und wenn sie überfordert ist, bist du unsicher und dann funktioniert das Ganze nicht.

    Es braucht viel Arbeit, viel Geduld, aber ich denke, mit deiner Therapie bist du auf dem richtigen Weg!

    Liebe Grüße
    gelberose

  • Hallo Tine,

    ich kann deine Situation ganz gut nachempfinden. Auch wenn es bei mir vermutlich nicht so stark war wie bei dir.
    Ich habe im Laufe meines Lebens viele schlechte Erfahrungen mit allen möglichen Menschen gemahct und irgendwann angefangen, eine Art Schutzwall aufzubauen.
    Diese Mauer war irgednwann so dick, dass da sämtliche Gefühle und Emotionen einfach dran abgeprallt sind, sowohl von innen als auch von außen.
    Ich hab mich gefühlsmäßig tot und abgestumpft gefühlt und konnte auch, wie du es beschreibst, nicht über Dinge weinen.
    Weder über meine Sitaution, noch über was anderes, ich habe einfach nur noch funktioniert.
    Innerlich habe ich geschrien, doch das nach außen zu tragen dazu war ich nicht in der Lage. Da fing es bei mir auch mit dem SVV an.

    Bin dann von zu Hause weggezogen (ziemlich weit weg) um alles hinter mir zu lassen und habe erst hier erfahren, dass auch ich eine Chance habe, Freundschaften zu schließen und in schon bestehende Gruppen aufgenommen zu werden.
    Irgendwann habe ich dann meine bessere Hälfte auf einer Feier kennen gelernt und wir haben uns auf Anhieb super verstanden und unterhalten (was allerdings auch am Alkoholpegel lag).
    Haben uns dann ziemlich oft getroffen und über Gott und die Welt geredet und er war der Erste, mit dem sich das Reden so unglaublich zwanglos angefühlt hat.
    Irgendwann ging es mir dann mal wieder nicht so gut, er hat nachgefragt was los ist und ich hab mit den üblichen Floskeln geantwortet: "weiß nich, mit der Gesamtsituation unzufrieden, passt schon"
    und dann ist das unfassbare passiert, dass, was ich mir über Jahre ausgemalt habe aber nie in der Lage war es zu zu lassen: er hat mich in den Arm genommen und gesagt: " wenn du erzählen willst, tu das, wenn nicht, nimm dir so viel Zeit wie du brauchst."
    Außer bei ihm habe ich auch ein ziemlich Problem damit Nähe zu zu lassen, aber in dem Moment ist dann einfach die Mauer zusammen gebrochen.
    Wir haben relativ lange so da gesessen.
    Im laufe der Zeit habe ich ihm dann alles erzählt und mit jedem mal ist es nach einer anfänglichen Überwindung ein bisschen einfacher geworden und mitlerweile habe ich auch in vielen Sitautionen wieder gelernt, die Emotionen los zu lassen und einfach zu weinen.

    Natürlich fällt es mir auch heute nach ca. einem Jahr noch schwer, wenn ich in einem Loch stecke über bestimmte Sachen zu reden. Aber ich weiß dass er mich nicht hetzt, dass er wartet bis ich von allein komme. Er fragt zwar zwischendurch immer mal wieder aber er nervt nicht.
    Erfordert natürlich auch von mir immer ne gewissen "Disziplin" mich zu überwinden weil ich nicht will, dass irgednwann mal was zwishcen uns steht.
    Aber das ist auszuhalten.

    Was ich damit sagen will: Es ist zu schafffen und am ehesten passiert es dann, wenn du nicht damit rechnest. Und du solltest dich auf keinen Fall unter Druck setzen lassen, nimm dir die Zeit die du brauchst. Es dauert, aber es geht!

    Wünsch dir viel Kraft für deinen Weg und halt uns mal auf dem Laufenden!
    LG, lotte

  • Hallo Tine,

    ich meine mich zu erinnern, dass du deine Therapie vor einer Weile abgebrochen hast oder? Hatte schon öfter gedacht, ob eine Verhaltenstherapie so das richtige für dich ist, und nicht vielleicht eher eine in die tiefenpsychologische Richtung. Könntest du dir vorstellen, da nochmal einen neuen Versuch zu starten?

    progressive

  • Hallo Tine,

    die Gefühle hängen ja ganz eng mit den Hormonen zusammen. Ich könnte mir auch vorstellen, daß Zeit lassen, um Gefühle langsam Stück für Stück zu erleben, erfahren sinnvoll sein kann.

    Wie ist es denn, wenn Du sehr großen Durst hast, und dann etwas trinken kannst? Fühlst Du dann etwas? Vielleicht eine Erleichterung? Wäre ein Gefühl. Oder Sachen, die im Körper passieren, nach überstandener Aufregung. Da kommt es auch (normalerweise) auch zu einer Ausschüttung, sie sich dann anders als das davor anfühlt.
    Was ist mit Streicheleinheiten (absichtslosen...sonst könnte der Stress viel überdecken)? Passiert da was?

    Ich wünsch Dir gutes Fühlen und Entdecken.....aber wie sich "Stolz" anfühlt, das kann ich auch nicht sagen
    LG Wolke

  • Hallo progressive, hallo Wattewolke, danke für Eure Antworten und das ihr euch damit beschäftigt habt. Das freut mich sehr. Ich denke mal, ich habe auch Gefühle, nehme sie nur nicht so wahr. Und klar spüre ich erleichterung, wenn ich Durst habe und etwas trinke, aber ist das nicht ein körperliches Gefühl. Ich meine eher das seelische, aber ich werde das auch haben, nur typisch für ein Borderliner, ganz oder gar nicht. Und immer nur das negative sehen und zulassen. Man könnte ja auch mal zufrieden sein, das will ich mir glaube ich manchmal gar nicht eingestehen. so blöde wie sich das anhört, manchmal denkeich, ich halte an dem negativen irgendwie fest, weil ich es so gewohnt bin und vergesse viel zu schnell das positive, das nehme ich als gegeben einfach hin, fürganz kurz, aber das negative kann ich breitlatschen wochenlang. Ist doch nicht normal.

    Und progressive, ich werde Deinen Vorschlag mal annehmen und mich nach einem Tiefenpsychologen umhören. Komme wirklich nicht so gut klar mit Verhaltenstherapie, ichmache ja alles, geh raus und arbeite an mir. Es ist wirklich diese verdammte vergangenheit, die mich dann einholt und mir im Hier und Jetzt die Stimmung vermiest. Danke nochmals. Ihr seid alle lieb zu mir.

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