Erfahrungen als psychisch-kranke Eltern?

  • Ich bin seelisch krank und möchte Kinder bekommen. Da habe ich viele Fragen und würde mich über euren Erfahrungsbericht als psychisch kranke Eltern freuen. Hier sind ein paar Fragen von mir, sicherlich habt ihr noch mehr, was von Bedeutung ist:

    1) Gehört man mit einer psychischen Erkrankung automatisch zur Risikoschwangerschaftsgruppe?

    2) Erfahren dadurch die Behörden, z.B. Jugendamt, dass man krank ist und beaufsichtigen einen insbesondere?

    3) Hätte man im Falle einer Scheidung höhere Risiken das Sorgerecht zu verlieren?

    4) Wie merkt ihr die Auswirkung eurer Erkrankung in der Schwangerschaft und der Erziehung? Wie ist das mit den Klinikaufenthalten und Kindern?

  • Hallo momo herbstauge und all die anderen. Ich spreche hier nur für mich und ist absolut nur meine Meinung

    Ich bin psyschich krank. Mein Ex-Mann fing in der Ehe an zu trinken. Ich würde mir aus heutiger Sicht keine Kinder mehr anschaffen. Ich war absolut überfordert damit, ich konnte sie zwar gut pflegen und bin sicherlich auch als Mutter nicht schlecht gewesen, aber ich habe meinen Kindern oft sehr weh getan, ohne das ich es wollte. Erst mal haben sie ständig meine Angstzustände mitbekommen.
    Ich war sehr viel in Krankenhäusern, als sie so 5 und 7 waren. Das ging jahrelang so, bis ich dann als sie 12 und 10 waren nicht mehr in der Lage war, mich richtig zu kümmern. Ich habe mich scheiden lassen und die Kinder sind bei meinem Ex-Mann geblieben. Mein Sohn ist ein Jahr später zu mir gezogen, aber nach 3 Jahren zog er wieder zurück, da ich wieder mal viel zu viel im krankenhaus war. Das würde ich einem Kind nie wieder antun wollen.
    Meine Tochter hatte ich dann 12 Jahre nicht gesehen, ich war auch noch der Meinung, sie müsse mich doch verstehen, ich war doch krank. Nein, sie hatte allen Grund sauer auf mich zu sein. Ich habe sie ja ständig im Stich gelassen, indem ich immer krank war. Ich kümmerte mich so gut es ging, doch sie wuchsen eben damit auf, Mama ist krank. Das würde ich nie wieder machen. Lieber ohne Kinder aufwachsen. Das hatte Auswirkungen, daß meine Kinder auch ängstlich geworden sind. Mein sohn hat vor kurzem auch seinen 1. Panikanfall gehabt und reagiert total sauer auf mich und bedankte sich für die Gene, die ich ihm mitgab. Er hat sich zwar beruhigt, aber Recht hat er.
    Sie hatten nicht die schönste Kindheit dadurch. Ich möchte aber betonen, ich war so gut ich konnte eine gute, liebevolle Mutter un dhabe nun auch guten Kontakt zu meinen Kindern und sie haben mir verziehen.

    Zu einer Risikoschwangerschaftsgruppe gehört man nicht. Das Jugendamt bleibt da auch außen vor, denk ich mal. Aber mit dem Sorgerecht könntest du Schwierigkeiten haben. Wenn du dich nicht stabil genug fühlst, solltest du keine Kinder bekommen. Das ist nicht fair den Kindern gegenüber. Ich weiß ja nicht, was du für eine Störung hast.
    Und jetzt nicht alle auf mich losgehen, ist nur meine Meinung. Ich würde keine Kinder in die Welt setzen wenn ich nicht stabil dazu wäre. Ich wars nicht hunderprozentig und ich nahm meinen Kindern dadurch ein Teil ihrer Kindheit, wo sie viel zu früh erwachsen sein mussten.

  • Hallo HomoHerbstauge,

    ich selbst bin keine Mutter und weiß daher nicht, ob dir meine Antwort weiterhelfen wird. Ich persönlich habe mich entschieden, keine Kinder zu bekommen, unter anderem wegen der psychischen Erkrankungen. Das was Tine beschreibt, genau die Angst hab ich, dass das passieren würde, dass meine Kinder unter mir leiden würden. Ist aber nur ein Grund, weshalb ich keine Kinder will, spielen auch noch paar andere Sachen mit. Aber ich glaub, auch wenn die anderen Sachen nicht wären, würd ich keine Kinder wollen.

    Es ist zwar nicht offiziell, aber mit den Erfahrungen, die ich als Kind gemacht habe und mit dem Wissen, das ich heute habe, sage ich mal, meine Mutter hat auch schwere psychische Probleme, vor denen sie sich aber fest verschließt. Einen Teil meiner Probleme "hab ich ihr zu verdanken", würd ich sagen.

    Ich denke, dass psychische Probleme sich auf die Schwangerschaft auswirken können. Das Kind ist ja ein Teil von dir, es spürt deine Stimmungen und Gefühle und wenn du leidest, leidet es automatisch mit, denk ich mir so. Auotmatisch gehörst du damit aber sicherlich nicht zur Risikogruppe.

    Wenn nichts besonderes vorfällt (wie z.B. ein Klinikaufenthalt oder so), ich denke, dann werden die Behörden auch nichts von deinen psychischen Problemen erfahren.

    Wenn bekannt ist, dass du psychische Probleme hast und damit vielleicht teilweise mit deinen Kindern überfordert bist, dann kann es schon sein, dass du im Fall einer Scheidung Probleme mit dem Sorgerecht bekommen könntest.

    Wenn du in der Klinik bist, muss es natürlich jemanden geben, der sich in dieser Zeit um die Kinder kümmert, im Idealfall der Vater. Aber es gibt auch Fälle, in denen die Kinder dann in Pflegefamilien kommen. Pauschal kann man das nicht beantworten, weil da halt die gegenwärtigen Umstände dann bedacht werden müssen.

    Darf ich fragen, welche psychischen Probleme du hast?

    Liebe Grüße
    gelberose

  • Liebe Tine,

    ich danke Dir sehr für Deine Antwort. Deine Schilderung geht mir sehr nahe. Ich möchte auf jeden Fall Kinder haben, aber mich macht der Gedanke traurig, dass ich Ihnen vielleicht nicht gut tue, weil ich zu "instabil" bin. Ich habe mehrere Diagnosen, letztendlich ist mein Lebenswandel sehr unstett und mir fehlt oft die Energie für die alltäglichen Dinge.
    Ich habe einen liebevollen Mann, ohne den ich mir auch keine Gedanken machen würde Kinder zu bekommen.

    Deine Ausführung macht mich sehr nachdenklich. Ich könnte mir den Fall gar nicht vorstellen, dass mich mein Mann verlässt. Bisher habe ich jedoch alle wichtigen Dinge (Ausbildungswege) in meinem Leben gemeistert und hoffe, dass ich das mit Kindern auch schaffen würde. Bin grad zu durcheinander.

    Momo

    ----------Beitrag automatisch hinzugefügt um 17:52 ---------- Vorheriger Beitrag war um 17:49 ----------

    Hallo gelberose,

    erfahren die Behörden von der psychischen Erkrankung, wenn man in eine Klinik geht?

    Ich leide unter einer Persönlichkeitsstörung, schweren Depression und als Differentialdiagnose Bipolare Störung. Klinikaufenthalte habe ich auch bereits hinter und vor mir.

    Ich kann mir mein Leben ohne Kinder nicht vorstellen.

    Momo

  • Hallo Momo,

    Find ich sehr gut, dass du darüber nachdenkst und dich informierst. Leider bin ich auch keine Mutter, kann dir also insoweit nicht konkret weiterhelfen. Aber ich bin ein Kind von psychisch kranken Eltern (die haben sich sogar in einer Klinik kennengelernt), schreibe dir deswegen auch trotzdem - da kann ich dann schon eher was dazu sagen. Dass das Jugendamt/die Behörden dich beaufsichtigen weil du psychisch krank bist, halte ich, insofern es keinen offiziellen konkreten Anlass gibt, für nahezu ausgeschlossen. Wenn die das machen würden, dann würden die nichts anderes mehr tun (zuviele depressive Eltern), außerdem "überwachen" die eigentlich nur Fälle, wo Gefahren bestehen. Es kann höchstens sein, dass man z.B. eine Familienhelfer/-in gestellt bekommt, was aber eine Hilfe/Entlastung und keine Schikane ist. Es gibt auch Kliniken, wo die Kinder mitkönnen (und eine Schule besuchen können, etc.), wenn das aus welchen Gründen auch immer, nicht geht, gibt es noch weitere möglichkeiten (wie etwa eine Familienhelferin).

    Als "Geschädigte" psychisch kranker Eltern, fände ich es wünschenswert, wenn du dich selbst reflektierst, ob du in der Lage bist, den zukünfitigen Kinder auch konstant Nähe und Halt zu vermitteln - weil da finde ich es auch bedenklich wenn das nicht geht, ansonsten ist die Instabilität o.ä. meiner eigenen Erfahrung nach nicht weiter drastisch, sofern da keine Übertragungen etc. stattfinden und die Kinder trotzdem Struktur erfahren und das transparent für sie ist. Für mich und meine Geschwister waren/sind Projektionen und Muster die unsere Eltern uns aufgedrückt haben, das schlimmste, weil die Rollenverteilung - dass das Kind ein Kind ist und ein Erwachsener eine Erwachsener - nicht gewährleistet ist. Dass sie Depressionen etc., haben spielt für uns kaum eine Rolle. Es ist aber auch so, dass auch psychsich kranke Eltern mitunter sehr gute Eltern sein können, weil sie bewusster leben, wenn sie klar die Verantwortung für sich übernehmen. Kommt immer auf den Einzelfall an, kann man denke ich keinesfalls pauschal beantworten.

    Hast du schon mal mit Ärzten/Therapeuten über deinen Kinderwunsch gesprochen?

    Lg,
    grany

  • Hallo MomoHerbstauge!

    Ich habe sehr viele Erfahrungen als Mutter eines Sohnes. Ich selber bin psychisch krank und trotzdem Mutter geworden. Zu der Frage Nr. 1: Automatisch bist du glaube ich nicht in der Risikoschwangerschaftsgruppe, ausser wenn du Medikamente gegen die psychische Erkrankung nehmen musst.
    Frage Nr.2: Bei mir haben die Behörden erst davon erfahren, als ich mich habe scheiden lassen. Da brauchte ich auch Hilfe, und so drangen Infos nach aussen.
    Frage Nr. 3: Das Risiko ist grösser, aber ich habe das Sorgerecht behalten können. Das gibt dir vielleicht Hoffnung. Frage Nr. 4:Bei der Schwangerschaft ging es mir super, ich musste auch keine Medis nehmen. Bei der Erziehung merke ich, dass ich an Grenzen stosse (das Trotzalter und die Pubertät). Ich war gerade in einer Klinik, da war mein Sohn dann bei den Grosseltern.
    Wenn du noch mehr Fragen hast, kein Problem, schreib mir einfach!

    lg, Carlotta

  • Hallo Carlotta,

    ich danke Dir für Deine Antwort.
    Eine Frage habe ich noch: meinst du "wir" als psychisch Kranke stoßen schneller an unsere Grenzen?
    Meinst du, wir können/sollten dadurch weniger Kinder haben als andere Frauen?

    LG Momo

  • Hallo Momo,

    sehr viel wurde ja schon gesagt - ich denke doch, daß man es als Kind von psychisch kranken Eltern deutlich schwerer hat. Man lernt andere Sachen - und natürlich gibt es Ausnahmen.

    Meine Mutter ist nicht wirklich psychisch krank, aber auch nicht gesund - und ich bin froh, daß ich zwei Jahre lang bei meiner Großmutter gelebt habe und dort andere Modelle zusätzlich kennenlernen durfte.

    Die Frage ist doch aber auch - warum willst Du denn unbedingt Kinder? Was sind deine Motive und Gründe?

    Als kinderlose Frau habe ich mich sehr mit der Frage der Kinderlosigkeit auseinandergesetzt und mich auch mit vielen anderen kinderlosen Frauen darüber ausgetauscht - und bin zu dem Schluß gekommen, daß man auch sehr gut ohne Kinder glücklich sein kann. Ob man nun ein glückliches Leben führt, hängt mehr von der inneren Bereitschaft "Ja zum Leben zu sagen" ab, als von Kindern. Und ganz ganz oft werden Kinder missbraucht, um eine Verankerung im Leben zu haben.

    Darum meine Frage: Willst Du Kinder, wegen des Kindes? Oder willst Du Kinder wegen dir? Um wen geht es bei der Frage?

    LG Wolke

  • Hallo Wolke,

    meine Antwort braucht lange, aber sie kommt. Ich weiß nicht ob du noch im Forum bist oder ob es andere interessiert, aber ich antworte dennoch.
    Warum ich Kinder möchte? Hmm....meine ganzheitliche Antwort (mit Seele, Gefühl und Verstand): ich sehen mich nach einem Baby, ich bin in meinem Leben so weit, es erfüllt mein Leben. Meine Arbeit, meine Ehe, Freunde...füllen ebenso mein Leben. Ich habe das Gefühl ich bin ganz, ich habe "alles" was ich will.

    Ich glaube nicht, dass jede Frau/Mensch ohne Kind glücklich sein kann, auch wenn andere Punkte erfüllt sind. Denn wenn man sich seine Herzenswünsche nicht erfüllt, bleibt immer eine Leere, eine Sehnsucht, die mit Ersatz- Aufgaben und -Gefühlen nicht zu füllen ist. Ein Baby/Kind zu haben ist etwas eigenes, ein eigenartiges Gefühl, eine eigenartige Liebe. Manche Menschen können auch ohne eine Liebesbeziehung leben, die meisten jedoch nicht, sie sehnen sich danach. Und die Sehnsucht, egal um welche es sich handelt, die bleibt, auch wenn das Leben ansonsten erfüllt ist.

    Ich möchte ein Kind, weil ich mir eins wünsche. Ich glaube ich kann dem Kind eine Mutter sein, bei dem es Liebe, Halt und Grenzen erfährt. Ich bin für das Kind da, nicht das Kind für mich. Liebe und Geborgenheit brauche ich von meinem Kind, das Kind von mir, mein Mann von uns....wechselseitig...ich kann nicht sagen, dass ich mich nicht nach der Nähe eines Babys sehne und nur Nähe gebe, worauf du mit deiner abschließenden Frage abzielst.

  • Hi, hast denn mittlerweile eines??
    Ich als Tochter eines psychisch Kranken Vaters würde dir abraten ein Kind in die Welt zu setzen. Das sind Dinge die ein Kind für ewig belasten. Mein Vater leidet seit 19 Jahren und jedesmal tut mir mein Herz weh. Er ist manisch-depressiv mit schizoaffektiven psychotischen Schubphasen. Jetzt hat er auch noch parkinnson seit 2 jahren. Dieses Leiden als Kind, die gefühle,die unzähligen Kindertage in der Psychiatrie machen einen kaputt. Ich wünschte manchmal ich könnte ihm alles abnehmen damit ich dieses Leiden nicht ansehen müsste. Leider ist mein Vater erst nach uns zwei Kindern erkrankt sonst gäbe es uns nämlich nicht. Bitte überlege dir das gut ob du dein Kind psychisch so belasten willst. LG

  • Hi, hast denn mittlerweile eines??


    ja. ich bin so gerne mutter. uns gehts gut, auch wenn ich wenig schlaf habe :winking_face: leider haben mein mann und ich wenig zeit miteinander. wir gehn mit unserem baby bedürfnisorientiert um. mir gehts ohne medikamente u inzwischen ohne therapie besser als die letzten jahre. ich merke im umgang mit meinem kind keine besonderheit hinsichtlich meiner "behinderung".

    Einmal editiert, zuletzt von Leben (5. September 2013 um 12:46)

  • Na, da kann ich Dir ja nur kräftig gratulieren.
    So ein Kind kann schon ein Weg in die Normalität sein, bei anderen ist es ein Hund, und ich male.
    Dann wünsche ich dir und Deiner Familie alles Gute, auf dass es weiter so toll klappt!

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