Druck statt Hilfe - Falsche Reaktionen

  • Erstmal dankeschön für die Anregung, hierzu ein Thema zu eröffnen. :smiling_face:

    Also, immer wieder kann man bemerken, dass viele viele vermeindliche Freunde und Bekannte sowie auch die Familie falsch auf SVV reagieren und somit eher noch mehr Druck auf Betroffende aufbauen, anstatt wirklich Hilfe zu leisten.

    Momentan geht's mir einerseits mit meiner Mutter so, da sie ziemlich schlecht damit umgehen kann, dass ich SVV zeige & sich selbst Vorwürfe deswegen macht, obwohl ich ihr schon öfters gesagt hab, dass es nicht hauptsächlich ihre Schuld ist, auch wenn sie dazu beigetragen hat, dass ich mich selbst dazu entschlossen habe. Andrerseits im Thema Liebe - Wer kennt das nicht? Frisch verliebt und totale Entschlossenheit alles richtig zu machen. Dann merkt der andere, dass man sich selbst verletzt und was passiert? Noch mehr Druck durch "hör sofort damit auf oder ich red nicht mehr mit Dir" und ähnliches, wobei das nicht mal als böse Handlung empfunden wird von denjenigen, sondern die anderen meist nur Hilfe leisten wollen.

    Wie sieht das bei euch mit Erfahrungen in die Richtung aus?
    Ich würde mich sehr über Antworten freuen, da ich denke dass das ein sehr interessantes und diskussionswürdiges Thema ist.

    Schönen Abend bisher, Katniss :ce:

  • Hm, schwer zu sagen, finde ich. Kann man denn eigentlich überhaupt richtig reagieren?
    Generell kommt es glaube immer auf den Betroffenen selbst an, welche Reaktion er/sie sich - vielleicht auch insgeheim - erhofft oder wünscht.
    Oft kann man als Angehöriger aber auch nur falsch reagieren, egal, was man tut. Meiner Meinung nach passiert das relativ häufig dann, wenn oder gerade weil der Betroffene selbst nicht weiß, welche Reaktion ihm gut tun bzw. am wenigsten schaden würde, oder wie er damit umgehen soll.


    Was mich persönlich angeht: Ich hab' gemischte Erfahrungen im Umgang mit meinem selbstverletzenden Verhalten und dem Anderer gemacht.
    Das (wahrscheinlich) Negative:
    Meine Eltern zum Beispiel haben gar nicht reagiert. Sie haben es gesehen, gefragt, was das soll, ich hab' mit einer fadenscheinigen Ausrede reagiert und danach war es nie wieder Thema. Ich muss dazu sagen, dass sie keine besonders deutlichen Verletzungen gesehen haben, und auch generell nicht von mir darüber informiert wurden, dass ich mich selbst verletze.
    Nicht-Ernst-Nehmen oder Ignorieren ist sicher keine passende Reaktion. Aber auf Grund des eher unguten Verhältnisses zu meinen Eltern, berührte mich das nicht weiter. War okay so.
    Und nun die angenehmeren Reaktionen:
    Mein Mann wusste von Anfang an davon und hat versucht zu verstehen, warum ich mich verletze. Verstehen und Nachvollziehen können sind da sicher zwei verschiedene Dinge - Letzteres kann wahrscheinlich nur jemand, der selbst betroffen ist oder war. Er kannte 'SVV allerdings von weiteren Personen, somit war ihm das Thema nicht komplett neu. Er hat jedenfalls immer Interesse daran gezeigt, vor allem eben an den Hintergründen, und mich beim Aufhören unterstützt.
    Freundinnen von mir haben sich im ersten Moment erschreckt, als sie es erfahren haben und ebenfalls nach dem Warum gefragt. Nachdem ich es, so gut ich konnte, erklärt hatte, hatten sie es zwar nicht verstanden, aber dadurch, dass sie meine Beweggründe besser einschätzen konnten, ist es ihnen wohl ein wenig leichter gefallen damit umzugehen. Sie haben mich nie verurteilt oder bewertet deswegen, sondern bemühten sich ebenfalls darum mir beim Aufhören/Seinlassen zu helfen.
    Eine weitere Vertrauensperson hat sich im ersten Schrecken mit "Ey, lass den Mist" geäußert, und im Gespräch danach angeboten - ein stückweit auch gefordert -, dass ich sie kontaktiere, sobald ich wieder das Verlangen danach habe mich zu verletzen.

    Kurz gesagt: Mich hat niemand unter Druck gesetzt, sondern Unterstützung angeboten!
    Und selbst wenn jemand versucht hätte es mir zu verbieten oder mich zu erpressen, dass ich es sein lasse, wäre mir das ziemlich egal gewesen. So einfach sein lassen konnte ich es schließlich nicht. Und ich war schon damals der Meinung, dass jemand, der das nicht verpackt, mich halt einfach in Ruhe lassen soll!


    Ich hab' 'SVV bei einer Klassenkameradin beobachtet. Andere Mitschüler haben im ersten Moment erschreckt, später dann abwertend auf sie reagiert. "Die hat doch 'ne Macke sowas zu machen" etc. Von mir wussten sie nicht, dass ich mich auch verletze, aber ich hab' es nicht auf Grund solcher Reaktionen geheim gehalten oder Ähnliches. Es wusste zu dieser Zeit einfach niemand, mir war auch nicht wichtig, dass es jemand weiß, und andererseits hab' ich es aber auch nicht besonders versteckt.
    Später, bei einer (anderen) Freundin, habe ich es als Erste bemerkt und zunächst nicht mal sicher, ob ich sie darauf ansprechen soll. Ich hab' es aber doch getan, und einer späteren Aussage nach, fand sie das damals ungewöhnlich aber nicht unangenehm - weil ich anders drauf reagiert habe, andere Fragen gestellt etc. als andere Personen - eben keine wertenden Aussagen getroffen oder geschimpft oder Ähnliches. Es hat wohl einen Unterschied gemacht, dass ich selbst betroffen war - was sie damals noch nicht wusste.

    Allerdings habe ich eben auch, beispielweise bei ihr, deutliche negative Reaktionen auf 'SVV von Außenstehenden erlebt. Von "Bist du n krankes Arschloch" bis hin zu "Hör auf mit diesem Mist, oder wir sind nicht länger befreundet. So, wie dein Arm aussieht, geh ich nie wieder mit dir auf Straße".

  • Hi Katniss,

    ich finde auch,dass es schwer ist, weil man selbst oft die Reaktion gar nicht beschreiben kann, die man eigentlich möchte. Aber ich denke, wenn die Reaktion kommt, die einem hilft, merkt man es.

    Bei mir war das zB so: in meiner ersten Phase des SVV hat mein damaliger Freund es gesehen, ein Stück weit da sein lassen. Irgendwann hat er dann gesagt, er hat einen Beicht gesehen,d ass Leute daran sterben, weil sie die Wunden nicht richtig versorgen und wenn ich nicht dmait aufhöre, trennt er sich von mir.
    Es war ziemlich hart damals, aber (dumm wie ich war) hab ich aufgehört. Natürlich ist es später dann wieder gekommen.

    In der damaligen Zeit hat eine Freundin zu mir gesagt (sie wusste von mir allerdings nicht, dass es so war), als es mal um das Thema ging "ich bin doch nicht krank und verstümmel mich selbst" von da an war es tabu für mich damit über irgendwen im Freundeskreis zu sprechen. Die Story mit der Katze haben mir auch alle geglaubt, ich war neu in meiner Ausbildung damals.

    Dieses Mal lief es ein wenig anders. Mein jetziger Freund war auch erschreckt und traurig, aber er hat gesagt, wenn es mir dann besser geht, soll ich es machen. So eine Reaktion hatte ich nicht erwartet und von da an hatte ich fast ein schlechtes Gewissen, wenn er Verletzungen gefunden hat. Allein diese Akzeptanz hat mich ein ganze Stück weiter gebracht. Ich glaube, es kam aber auch daher, weil er gesehen hat, dass ich zu dem Zeitpunkt eine Therapie gemacht habe und er gehofft hat (was bis jetz ja so auch stimmt) dass ich dann irgendwann damit wieder aufhöre.

    Auch rede ich viel offener darüber seither und wenn man offen redet, sind die Leute auch nicht ganz so anti eingestellt.

    BEi meiner Schwester in der Klasse war allerdings ein Mädel, dass sich immer die Unterarme geritzt hat und sich dann immer so positioniert hat, dass ein bestimmter (junger) Lehrer das gesehen hat. SIe hta jede Menge Spott geerentet.
    Ich habe immer versteckt un d nur mit ausgewählten Peronen gesprochen und das war auch gut so :smiling_face:

    liebe Grüße

    Dark

  • Guten Morgen :smiling_face:

    Erstmal danke für euer Interesse.
    Ja ich glaube auch, dass man schwer irgendwas bestimmtes vorgeben kann wie irgendwelche Richtlinien. Ich z.B. hab auch viele, viele Reaktion abbekommen. Die erste Reaktion die überhaupt von irgendwem kam war, dass meine ehemalige Klassenlehrerin in der 6. oder 7. Klasse, bin mir grad nicht mehr ganz so sicher wann genau, meine Mutter angerufen hat. Die wollte als ich nach Hause kam dann meine Arme sehen. Hab's anfangs dann noch versteckt, aber nachdem meine Lehrerin dann im Unterricht über SVV geredet hat, haben alle anderen 1 + 1 zusammengezählt. Bis zur 10. Klasse kamen dann immer wieder Sprüche wie.. ein Beispiel. S, ein Junge aus meiner Klasse war eher so der Schwänzer. War dann 2, 3 Wochen nacheinander in Kunst nicht da und ich hab unseren Lehrer gefragt ob ich auf seinem Platz sitzen bleiben dürfe und er hat eingewilligt. Als S wieder da war, kamen dann Flüche wie "Boah verdammte H***, ist das hier jetzt Emorecht oder was soll das?" und ähnliches unschönes.

    Zum anderen hab ich mich irgendwann bereiterklärt in Therapie zu gehen. Mein erster Therapeut hat mir dann gesagt, ich soll's mal mit der Konfrontation probieren. Das hab ich mir dann auf meiner neuen Schule auch zum Vorsatz gemacht. Das ist jetzt absolut kein Geheimnis mehr, die Lehrer merken das z.T. auch aber wirklich reagiert hat nur eine Lehrerin allerdings nicht ganz angenehm, da sie vor der ganzen Klasse gefragt hat, ob ich im Garten gearbeitet hätte oder was das da sei. Und die Mitschüler.. Zu schüchtern zum reagieren oder so. Eine Bekannte hat mir an nem Tag an dem ich ziemlich down war gesagt, dass ich ihr meinen Arm zeigen soll. Ich gemacht, allerdings nur meinen rechten Arm. Und sie weiß, dass ich rechtshänderin bin, da war für sie auch klar, dass ich sie angelogen hab. Sie hat dafür irgendwie ein Gespür entwickelt bei mir, ich denke, das ist ne recht schöne Reaktion, wenn sie mich dann einfach in den Arm nimmt.

    Dieses unter Druck setzen á la "Wenn Du das noch einmal machst, dann ..." finde ich meist nicht sehr hilfreich. Bei mir z.B. halte ich's recht oberflächlich inzwischen, damit nichts bedrohliches passieren kann & dadurch, dass ich so unter Druck gesetzt werde und mich bemühe, das garnicht zu machen, selbst wenn ich normal nachgegeben hätte, lässt das irgendwann dafür doppelt so krass aus und das finde ich (ist zumindest bei mir so) das schlimmste an der Sache. Hab mit ihr jetzt eine Vereinbarung getroffen nachdem ich ihr gesagt hab, dass ich dem Druck nicht immer standhalten kann, da sie ca 50km weit weg wohnt, dass ich ihr das nicht mehr sage wenn ich's gemacht hab, damit sich keiner ganz so doll schlecht fühlt..

    Ich wünsche euch einen schönen Tag heute :smiling_face:
    Meiner beginnt mit Deutschunterricht - die Lehrerin, die mich angesprochen hat. Klasse! -.-

    Katniss

  • Guten Morgen Katniss,

    also ich hab größtenteils die erfahrung gemacxht, dass es gut ist, wenn ich dazu stehe. Da kamen eigentlich nur positive Reaktionen. Die meisten haben mich aber gar nicht drauf angesprochen, wenn sie meine Narben gesehen haben (frische Wunden hab ich nie gezeigt). Und die, die gefragt haben, denen hab ich es erklärt, wieso weshalb und warum. Die konnten es zwar nicht immer voll und ganz nachvollziehen, haben es dann aber akzeptiert und nimmer angesprochen.

    Mein Freund wusste von Anfang an, dass ich es mache, da wir uns in einer psychotherapeutischen Klinik kennen gelernt haben. Er hat es auch nicht verstanden, warum ich es mache, ich hab es ihm erklärt, er hat sich selbst viel informiert. Richtig voll und ganz nachvollziehen kann er es immer noch nicht, aber immerhin ansatzweise. Er verurteilt mich aber auf keinen Fall dafür, aber gut findet er es natürlich auch nicht.

    Meine Familie hat sehr spät davon erfahren. Meine Mutter war fassungslos und meinte nur: "Ach Kind, sowas musst du doch nicht machen..." :face_with_rolling_eyes: Mein Vater ist schon damit konfrontiert gewesen, seine Pflegetochter hat es auch ne Zeit lang gemacht und er hat mit ihr und seiner Frau ne Therapie gemacht, so dass er es doch recht gut nachvollziehen konnte.

    Wie wäre es, wenn du mal ein Referat in der Schule über SVV halten würdest? Die Gründe erklärst usw.? Vielleicht können dich dann die anderen ein wenig besser verstehen!

    Liebe Grüße
    gelberose

  • Wunderschönen guten Nachmittag :smiling_face:

    Zum Thema Referat.. Es wurde letztens ein Referat bei uns zum Thema Emos gehalten. Da wurde dann aufgelistet direkt nebeneinander: "Gründe warum man ein Emo wird" - "Gründe warum Emos sich ritzen". War in ner Powerpointpräsentation und als ich das gesehen hab, ist mir echt die Kinnlade runtergefallen. Klar, wird das oft auf diese Art von Peer Group bezogen, aber dann hätte man das unter Vorurteil schreiben sollen. Als Gründe waren dann angegeben, dass die meisten sterben wollen. Das ganze hat mich so in Rage gebracht, dass ich erst noch recht ruhig gesagt hab, dass das absoluter Unsinn ist, dass nicht jeder, der sich ritzt auch automatisch sterben will und ähnliches. Dazu kamen dann sämtliche Widersprüche wie z.B. "Ja aber wenn die sich schon ritzen und vor allem am Arm und so dann wollen die doch ganz viel bluten und dann und bla bla blaa" .. Hab schon nicht mehr richtig zugehört, weil ich so geschockt darüber war, wie ich sag mal kindisch die sich verhalten und was die da von sich gegeben haben. Vielleicht wäre es sinnvoll, mal in der Klasse darüber zu reden, warum ich das mache bzw auch andere, warum ich das offen zeige und ähnliches, ist echt ne gute Idee. Dankeschön dafür auf jeden Fall :smiling_face: Vielleicht haben diejenigen auch noch andere Freunde und Bekannte mit dem SVV - Problem, denen ich damit eventuell auch helfen könnte. Das wäre natürlich ein optimaler Ausgang.

    Noch einen schönen Tag wünsche ich

    Katniss

  • moin moin zusammen!
    hab da auch schon mehrere reaktionen erlebt, allerdings muss ich dazu sagen, ich habs immer versteckt und so viel übergeblieben an narben is bei mir auch nicht weil ich ziemlich gutes heilfleisch habe. eltern und shcule wusste/wissen nicht bescheid, bin auch nie drauf angesprochen worden. aber von freunden kamen auch vershiedene reaktionen. erprsst worden bin ich eigtnlich nie, viele verstehen es natürlich nicht, sagen aber nichts weiter. mein freund hat von anfange an sehr verständnisvol reagiert, hat sich dafür interessiert, hat mich nach den gründen gefragt usw. das einzige was er fordert is, das ich ihm sage wenn ich mich wieder verletzt hab. anrufen is in akuten situationen bei mir meist Net drin, ich hab ihm aber versprochen dass ich das versuche. nen anderer freund von mir kennt das von seiner eigenen freundin und geht erstaunlich offen mit dem thema um. das war für mich auch neu aber irgendwie isses auch erleichternd ein stück weit. andere neugen dazu das tod zu schweigen, er weiß dass mir das unangenhem is und spricht mich trotzdem an. war am anfnag komisch, mitlerweile aber echt hilfreich.
    am shclimmsten find ich diese mitleidigen blcke, von leuten die dann aber nix sagen. passiert aber auch nicht allzu oft, wie gesagt, ein stück weit versteck ich es bzw man sieht es nicht immer.

  • Katniss: Finde ich gut, dass du mal in der Klasse darüber reden möchtest! :smiling_face: Einen Versuch ist es jedenfalls wert, viel schlimmer als jetzt kann es ja eigentlich nicht mehr werden, oder?! :winking_face: Ich wünsch dir auf alle Fälle ganz viel Erfolg dabei!

    @lottekind: Bei manchen versteck ich es auch, z.B. auf Arbeit. Mancher Arbeitgeber wusste davon, mancher nicht, kam immer auf den Arbeitgeber drauf an. Aber allgemein versuch ist es auf Arbeit zu verstecken. Aber in meiner Freizeit versteck ich nichts, da geh ich ganz offen damit um!

    Liebe Grüße
    gelberose

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