Warum gerade jetzt diese Gedanken?

  • Hallo,

    ich hätte gerne Eure Meinung bzw. Euren Rat gehört. Also wie Ihr ja schon aus meiner Vorstellung wisst, bin ich seit über 10 Jahren clean (bis auf gelegentlichen Cannabiskonsum den ich aber auch vor ca. 4 Jahren ganz eingestellt habe). Ich habe einen Job, habe eine funktionierende Beziehung und trotzdem geht es mir seit einigen Wochen immer mieser und ich beschäftige mich gedanklich täglich mit H und Koks. Ich finde noch nicht mal einen Auslöser. Bis vor kurzem war es so, dass ich nur dann an Drogen gedacht habe, wenn ich entweder eine Szene in irgendeinem Film gesehen habe, mir alte Musik angehört habe die mit Erinnerungen verknüpft ist, oder irgendwer das Thema Drogen angeschnitten hat (also es gab dann immer spezifische Trigger und ich konnte mir dann erklären warum dann "Suchtdruck" da war und damit war es erträglich). Jetzt ist es irgendwie anders. Ich ertappe mich bei typischen Gedanken von damals (z.B.: Ab und an mal ein bisschen H klappt doch...). Ich habe das Gefühl, dass ich mir im Grunde nie was wirklich wichtiges im Leben gesucht habe und jetzt fange ich an, alles was ich mir aufgebaut habe nieder zu machen (scheiß Studium, scheiß Job, scheiß Leben). Ich hab Angst. Damals habe ich alle Kontakte abgebrochen die ich hatte und jetzt fange ich plötzlich an nach dem einen oder anderen zu suchen "Ich will ja nur mal so sehen wie es dem/der geht." usw. Ich weiß, dass ich sehr früh angefangen habe mit dem Mist und ich weiß auch, was mich damals dazu getrieben hat. Ich habe immer versucht an mir zu arbeiten (Therapien gemacht, mich permanent mit mir auseinander gesetzt) und trotzdem fühle ich mich hilflos weil es nicht aufhört, sondern mich immer wieder einholt.Ich hab einfach keine Ahnung wie ich mich zur Zeit aus diesem Zustand wieder rausholen soll. Gestern habe ich mich seit Jahren erstmalig wieder mit einer alten Jugendfreundin getroffen, die mich damals erlebt hat und zu der ich als einzige "drogenfreie" Person Kontakt hatte. Ich hab mir erzählen lassen wie sie mich so als Aussenstehende erlebt hat, damit ich höre wie Scheiße ich war. Hat aber auch nichts genützt. Ich versuche mir meine schlimmsten Erinnerungen aus der Drogenzeit vor Augen zu halten, ich versuche mir die schönsten Erinnerungen aus der cleanen Zeit vor Augen zu halten. Trotzdem kriege ich diese Gedanken momentan nicht aus dem Kopf.
    Ich würde mich freuen, Eure Meinung dazu zu hören, vielleicht hilft mir irgendwas weiter.

    Liebe Grüße
    Minun

  • Ich habe deinen Beitrag 2x gelesen, auch deine Vorstellung genau gelesen und weiß nur zu gut von was du schreibst!

    Da ich auch über 11 Jahre clean war, dann aber auch rückfällig wurde, so lese ich das alles hier wie meine eigene Geschichte. Bei mir hat es genauso angefangen, mit Gedanken an Drogen, allerdings auch an 'Selbstmord.

    Wie stehts bei dir? Ich meine wie ist dein Umfeld, bist du wirklich zufrieden mit allem? Wie ist deine Ehe, dein Job?
    Stell dir mal all diese Fragen und sei ehrlich zu dir!

    Bei mir war es genauso, ich habe eine Firma aufgebaut, war erfogreich und zufrieden. Meine Ehe hat 2 Kinder hervorgebracht, also nach aussen alles perfekt im Lot.
    Heute weiß ich, ich war arbeitssüchtig, habe meine Drogenzeit einfach ausgeklammert und nicht verarbeitet.

    Meine Meinung? Ich denke bei dir ist nicht alles so wie du es dir vorstellst oder es eben gerne hättest. Wo der Schuh drückt, das kannst nur du herausfinden.

    Mein Rat? Rede drüber, gerade mit deinem Partner! Schau das du herausfiden kannst was das derzeitige Problem ist. Wenn du nicht alleine damit klar kommst, dann scheu dich nicht und besorge dir Hilfe bei einem Profi.

    Woher meine Weisheit? Wir Junkies werden nie ganz unsere Seite ablegen können, wo wir uns zurück ziehen und uns die Zeit zurück wünschen, wo wir nichts überlegen müssen - als den Drogenrausch! Es ist in uns drinnen, unser Gehirn spielt uns immer wieder mal den Streich und macht uns vor, wie einfach alles doch ist wenn wir mal so nebenbei bisserl H konsumieren :winking_face:
    Kurz und Gut, ich bin auf das Ganze hereingefallen nd kämpfe seitdem gegen weitere Rückfälle an. Der erste Rückfall nach so langer Zeit ist der Beinbruch, der darf nicht eintreten.

    Also schau auf dich, höre in dich hinein, reagiere danach! Viel Glück dabei!

    Lieben Gruß
    Franz

  • Vielen Dank für Deine Antwort Franz.

    Ich denke Du hast genau Recht mit dem was Du sagst. Nach aussen ist alles in Ordnung und innerlich stimmt nix. Die Ähnlichkeiten in Deiner und meiner Geschichte sind auch da. Was ich in meiner Vorstellung mit Kehrtwendung meinte war totales konzentrieren auf Leistung. Ich bin wieder auf die Schule zurück habe mein Abi mit eins gemacht, habe mein Studium mit eins gemacht, habe meine anschließende Weiterbildung mit eins gemacht, habe dabei immer mindestens zwei Jobs gemacht und ALLES vorherige versucht zu ignorieren. Ja nicht mehr hinschauen, so tun als war nix. Ausweichen wenn Leute nach meiner Jugend fragen. Ich glaube, dass dieses Verhalten anfangs auch sehr sinnvoll war um überhaupt aufhören zu können, aber mit etwas Abstand ist es tatsächlich eine einzige Suchtverlagerung und das leere Gefühl innen bleibt. Das tragische an der Sache ist, dass ich vor einem Jahr nochmal eine ambulante Therapie durchgeführt habe um mich damit auseinanderzusetzen und trotzdem jetzt mit diesem Zustand zu kämpfen habe. Manchmal denke ich, ich bin einfach total unfähig mit irgendetwas zufrieden zu sein im Leben. Ach das ist ja auch Quatsch, ich weiss ja, dass ich auch zufrieden sein kann aber in der letzten Zeit kann ich es einfach nicht mehr fühlen.
    Ich will keinen Rückfall vorbereiten! Ich muss mich auf alle Fälle wehren gegen diesen Zustand. Du hast Recht, das Gehirn gaukelt einem vor das es geht ab und an ein bisschen H zu nehmen und ansonsten ein stabiles Leben zu führen und ich muss aufhören Arguemente dafür zu sammeln, dass es doch geht.
    Es bleibt mir wohl nichts anderes übrig als mich einmal mehr mit meiner Vergangenheit auseinander zu setzen und zu kämpfen.
    Es tut gut hier schreiben zu können und ich bin wirklich sehr dankbar für die Antwort.
    Liebe Grüße
    Minun

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