Ich bin total verzweifelt, deshalb wende ich mich an Euch, weil ich völlig überfordert bin und nicht weiß, was ich machen soll. Ich habe einen Bruder, der Alkoholiker ist und habe täglich große Angst um ihn und kann das nicht abschalten. Ich habe selbst eine schwere psychische Erkrankung mit Deprtessionen und Ängsten und reagiere deshalb oft noch dramatischer als andere es täten. Ich weiß, ich kann ihm nicht helfen, solange er keinen Entzug machen will, aber das ist so unsagbar schwer. Es zerreißt mich innerlich, wenn ich mit ansehe, wie er leidet und ich nichts tun kann. Wir haben nur noch uns. Unsere Eltern sind tot und wir beide sind allein, haben niemanden und stehen uns sehr nahe. Ich selbst bin körperlich und seelisch so krank, das ich kaum die Wohnung verlassen kann, also auch wenig unter Leute komme und wenig Ablenkung finde, zumal ich oft im Bett oder auf dem Sofa liegen muss, weil nichts mehr geht.
Also, angffangen hat das Drama im letzten Winter. Natürlich trinkt er schon länger, aber da wurde er obdachlos, weil er in seinem Zustand nicht mehr in der Lage ist, seine Unterlagen bei der Arge rechtzeitig abzugeben, sich zu bewerben, seine Post regelmäßig durchzugehen usw. Von letzterem wußte ich erst nichts. Erst, als er mich letztes Jahr im Dezember anrief und sagte, er müsse aus der Wohnung raus und wisse nicht wohin. Da sagte ich, er könne vorläufig bei mir wohnen. Es war Winter, es war kalt und ich hätte den Gedanken nicht ertragen, das er auf der Straße schläft. Er ist ist sehr labil, ängstlich und ebenfalls Depressiv und er sagte, er würde auf keinen Fall ins Obdachlosenheim gehen. Also nahm ich ihn auf. Mir war das ganze Ausmaß der Sucht nicht bewußt. Er trinkt schon morgens sein erstes Bier. Dann über den ganzen Tag verteilt, ohne aber vollständig betrunken zu sein. Er funktioniert tagsüber noch irgendwie, wenigstens meistens, macht Besorgungen und bemüht sich auch mit der Arge klarzukommen, kriegt letzteres aber nicht auf die Reihe. Abends läßt er sich dann regelmäßig volllaufen und ich habe sehr darunter gelitten, das jeden Abend mit ansehen zu müssen, wie er das Gift in sich reinschüttet, bis er zu ist. Er ist außerdem Kettenraucher und in einen sehr schlechten gesundheitlichen Zustand, will aber nicht zum Arzt. Es ist ein Wunder, das er noch nicht zusammengebrochen ist. Er hat zweieinhalb Monate bei mir gewohnt, dann hat er zum Glück eine neue Wohnung gefunden. Da gings erstmal aufwärts und ich war froh, ihn aus meiner Wohnung zu haben. Leider droht nun aber erneut die Obdachlosigkeit wegen fehlender Mietzahlungen. Die Arge erhängt eine Sanktion nach der anderen. Monatelang kriegt er gar kein Geld mehr, auch nicht zum Leben. Dann pumpt er Freunde an, oder wenn sie ihm nichts geben, mich, obwohl ich ihm höchstens mal 5 Euro geben kann. Ich lebe ja selbst von Grundsicherung. Ich weiß, ich darf ihm eigentlich nichts geben, da er sich doch nur wieder Alkohol kauft und kein Essen. Ich weiß auch, ich darf ihn nicht nochmal bei mir aufnehmen und will es auch auf keinen Fall, weil ich das nervlich nicht nochmal durchstehe. Aber gerade das macht mich so fertig. Ich bin heute und gestern nicht ans Telefon gegangen, als er anrief, weil ich wußte, er wollte nur Geld. Aber das macht mich fertig, zu wissen, er hat Hunger und sitzt vielleicht bald wieder auf der Straße. Es ist so schlimm, das ich denke, lieber will ich sterben, als das ertragen. Das ist zusätzlich zu meiner eigenen Krankheit einfach zuviel. Wie soll ich mich verhalten, wenn er nach Geld fragt? Was soll ich gegen meine entsetzliche Angst tun, ihn auch zu verlieren. Ich habe oft mit ihm über das Problem geredet, aber leider sieht er es nicht ein und sagt, es ist seine Sache, wenn er Bier trinkt und außerdem tut das fast jeder (so sein Argument) Bier sei ja nicht schlimm. Ich glaube, ihm ist nicht bewußt, was er mir damit antut, aber ich könnte auch nicht den Kontakt abbrechen. Dann würde mich die Ungewissheit, was jetzt mit ihm passiert umbringen. Ich bin froh, das ich hier einen Platz gefunden habe, das alles loszuwerden und hoffe, das ich hier Austausch finde, der mir weiterhilft. Danke erstmal fürs lesen.