Wie kann ich mir selber innerlich verzeihen?

  • Hallo, ich habe da mal eine Frage, ich habe in meinem Leben einige Sachen gemacht, die mit meiner Erkrankung zu tun haben, die ich am liebsten rückgängig machen würde. Ich habe mich auch schuldig gemacht z.b. an meinen eigenen Kindern, da ich sie verlassen habe, als sie 12 und 10 Jahre alt waren. Ich hatte damals aber keine andere Wahlt. Entweder ich hätte mich umgebracht in dieser Ehe und vor allen Dingen wegen der schweren Depressionen oder was ich gemacht habe, war das einzig richtige für mich. Ich bin in ein Krankenhaus gegangen und bin nicht wieder zurückgegangen. Ich habe das Aufenthaltsbestimmungsrecht für meine Kinder an meinen Ex-Mann abgeben müssen, aber ich konnte mich doch kaum um mich selber kümmern. Eine kranke Mutter das ging nicht, ich war zu dieser Zeit mehr in Krankenhäusern, als zuhause. Meine Tochter wollte von da an überhaupt keinen Kontakt mehr, ist auch verständlich. Sie hat ja nur gesehen, daß ich weg war, sie verlassen habe. Ich verstehe ihren Groll gegen mich. Mein Sohn hat mir verziehen, mit ihm habe ich heute auch ein einigermaßen gutes Verhältnis, bis auf das wir uns selten sehen. Meine Tochter macht immer noch dicht. Alle Versuche, es ihr zu erklären, gehen daneben. Alles verständlich.
    Nur ich quäle mich immer noch mit diesen Schuldgefühlen. Muss man damit nun bis an sein Ende leben oder wie kann man sich selber verzeihen. Es ist ja nicht so, daß ich sie mit Absicht allein gelassen habe und ich akzeptiere auch die Entscheidung meiner tochter. Mir würde es aber besser gehen, wenn ich mir selbst etwas verzeihen könnte und ich mich nicht ständig schuldig fühlen würde. Das geht soweit, daß ich mich ständig für irgend etwas schuldig fühle, selbst in meiner Kindheit, es geht soweit , daß ich mir sage, wenn es mich nicht gegeben hätte, hätte mein Vater nicht gesoffen, wäre meine Oma nicht so aggressiv gewesen gegen mich, hätte mein Ex-eine bessere Frau bekommen, die Kinder wären nicht alleingelassen worden, hätten eine bessere Mutter gehabt, bis in die jetzige Zeit hinein. Mich macht das fertig. wie geht ihr mit Schuldgefühlen um und ich denke, da haben viele hier auch mit zu kämpfen. Ich möchte mit mir selbst wieder im Reinen sein, habe aber immer das Gefühl ich müsste mich ständig beweisen, daß ich eine Berechtigung zum Leben habe. Danke fürs Lesen Eure Tine

  • Hallo Tine

    ich kann dir sicher leider überhaupt nichts hilfreiches sagen, ein paar andere aber hoffentlich. Ich hab auch Sachen, die ich mit mir 'rumschleppe, wo ich mir arge Vorwürfe mache und über die ich seit ewig noch nachgrübel obwohl sie lange schon vorbei sind.

    Das geht so in die Richtung vielleicht, aber so allgemein im Umgang damit bist du sicher schon viel weiter als ich, ich verdräng das eher in der Zeit wo ich nicht drüber rumgrübel, daher bringt das jetzt nicht so viel was ich hier sage. Ich muss da auch noch viel lernen.

    Aber dein Post klang so traurig und lieb, ich wollte dich gern mal drücken wenn ich darf. :55:
    Liebe Grüße, Thymia

  • Hi Tine,

    ich habe ja auch ne Menge Mist gebaut, in meinen trüben Jahren.
    Dieses innere verzeihen, das kam mit der Zeit.
    Je länger ich clean war, je mehr verlor der Mist an Relevanz.
    Soviel wie möglich in der Gegenwart sein, hilft da enorm.

    Den "Mist" von früher entweder offensiv angehen, wenn es nötig/möglich ist - oder halt abhaken.

    Sagt sich mal wieder leicht, ist aber halt ne mühsame Sache... LG.Gane

  • Hi Tine,

    meine Erfahrungen sind da ähnlich gelagert wie die von gane. Ich habe da früher auch so mein Päckerl mit mir rumgeschleppt. Rückblickend habe ich so das Gefühl, dass ich da irgendwie im Rahmen des Gesamtpakets loslassen konnte. Schwierig zu beschreiben, aber das hing viel damit zusammen, dass ich auch bei den Dingen losgelassen habe, die mir von Seiten anderer zugefügt wurden.

    Entlastend finde ich, etwas wie eine Beichte zu formulieren. All die begangenen und vermeintlichen Verfehlungen zu Papier bringen, auch wenn es eine lange Liste sein sollte. Hat man jemand, dem man vertrauen kann, so kann man die auch jemandem zum Lesen geben. Am Ende ist halt wichtig, sich symbolisch selbst die Absolution zu erteilen.
    Ehrlich gesagt, finde ich den katholischen Ritus, eine Beichte abzulegen, zu bereuen, zu büßen und Absolution vom Beichtvater zu empfangen eine wirklich sympathische Angelegenheit, und käme ab und an einmal in Verlockung, auch ohne entsprechenden religiösen Hintergrund von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Jedenfalls habe ich damals bei der BW jemanden kennen gelernt, der das in etwa so betrieb.

    Das insgesamt gesellschaftlicher Bedarf für diese Funktion besteht, zeigt sich eindrucksvoll an Webseiten wie beichthaus.com & Co., in denen die anonyme Internetgemeinde die Rolle des Beichtvaters übernimmt.

    Liebe Grüße
    WbD

  • Hallo Tine,

    mein Zugang dazu ist relativ ähnlich wie der von WbD - nur bei mir ist es nicht die Idee der Beichte, sondern die Idee des Zwiegesprächs mit einem Menschen, der mich sehr gerne mag - in meinem Fall meine Großmutter.

    Und hinzu kommt, daß eine sehr geschätzte Tante, (ich bedauere so oft, daß sie tot ist) hat mir in jungen Jahren den Satz geschenkt: "Verzeih dir jeden Tag gleich vorsorglich selber"

    Wir verzeihen unseren Mitmenschen so viel - halten aber so gerne an den Schuldgefühlen uns selber gegenüber fest, offensichtlich ist es sicherer und - vertrauter, sich selber als schlecht, fehlbar oder sonstwie negativ zu sehen - aber es ist ganz viel Gewohnheit dabei.

    Das sich selber verzeihen klappt im Prinzip genauso, wie das den Anderen verzeihen. Über das Verstehen kommt das Vergeben. Keinen Gram festhalten - Schuld loslassen.

    Auch hilfreich könnte der Koran sein - denn im Koran ist z.B. der Arme, der ein Almosen empfängt, der "Gebende" - denn nur durch seine Bereitschaft, in Armut zu leben, schenkt er dem Reichen die Möglichkeit mildtätig zu sein. Ohne die großzügige Tat des Armen wäre dies nicht möglich.

    Durch dein Fehler schenkst Du deinen Kindern die Möglichkeit, Großherzigkeit zu leben.
    (Und - ganz echt - die schlimmsten Fehler sind "keine Fehler zu machen")

    LG Wolke

  • Hey Tine!

    Mir hilft es oft, wenn ich meine Handlung, die ich dann als Fehler sehe, nochmal von außen reflektiere. Also, wieso und warum habe ich das gemacht, in welcher Lage habe ich das gemacht? Dann versuch ich mich, wenn ich also genug Abstand habe, nochmal in diese Lage hineinzuversetzen, ABER als eher Außenstehender, der nicht in der Sache involviert war.
    Meistens sehe ich dann ein, dass es so ist wie es ist und dass es ansatzweise verständlich war, wieso ich manches und jenes getan habe.
    Desweiteren einfach akzeptieren, dazu stehen und wenn es geht genau das mitteilen, wenn es dabei auch noch um andere geht.

  • wie geht innerliches verzeihen oder sich selbst verzeihen? ich habe keine ahnung. ich habe große schuldgefühle, und obwohl mir dieser mensch dem ich sehr weh getan habe "verziehen" hat, kann ich mir selbst nicht verzeihen. es tut mir soooo weh, was ich dieser person angetan habe...ich halte mich für einen schlechten menschen.

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