Hallo zusammen,
ich schreib' hier mal eben ein paar Zeilen zu einer meiner Familiensituationen.
Antworten dürft ihr gerne, aber da ich keine Fragen habe oder so, erwarte ich das gar nicht. Ich schreib's einfach mal auf um zu sehen, ob das für mich etwas verändert.
Vor ca. 2 Jahren hatte mein Großvater (75) einen Autounfall und hat dabei wohl ein leichtes Shädel-Hirn-Trauma erlitten.
(Soweit meine Informationen aus der Ferne, denn Großeltern und Eltern leben nicht in meiner Nähe)
Und seitdem baut er wohl immer mehr ab, sowohl körperlich als auch psychisch, als ich ihn 2010 zuletzt gesehen habe, hatte ich schon Bedenken, ob er die Situation überhaupt versteht, in der wir uns begegnet sind und ob er noch begreift, wer ich eigentlich bin.
Aktuelle Diagnose, vermutlich resultierend aus der Gehirnerschütterung damals, ist nun eine 'Demenz. Ich weiß allerdings nicht, wann er diese Ansage bekommen hat, es könnte als auch schon vor einem Jahr oder so gewesen sein. Und ich kenne auch keine Details, denn es gibt ja meines Wissens nach unterschiedlich Abstufungen von 'Demenz. Meine Eltern und Großmutter wissen es entweder auch nicht genauer oder verschweigen es.
Momentan scheint er wohl bessere und schlechtere Tage zu haben. Manchmal ist er wohl einfach nur motorisch etwas langsamer als früher, und an anderen Tagen ist er wohl völlig verwirrt und kriegt allein gar nichts mehr hin. Ich kann auch nicht beurteilen, wie häufig diese schlechten Tagen auftreten, denn mir nur "immer mal" gesagt, wenn ich das erfrage.
Mitte Juni habe ich zuletzt mit meinem Großvater telefoniert und hatte dabei schon das Gefühl, dass er wusste, mit wem er redet. Überrascht haben mich allerdings drei Dinge. Zum einen eine Änderung in dem, was er sagte, aber das ist der mehr oder weniger guten zwischenmenschlichen Beziehung unter uns geschuldet: Sonst hieß es immer "Wird ja Zeit, dass du auch mal wieder anrufst" und diesmal heiß es "Schön, dass du dich meldest" und "Ich würde mich freuen, wenn du dich häufiger melden würdest". Das ist lediglich angenehmer als sonst. Und dann konnte er mir erzählen, dass es ihm ja nicht so gut gehe und dass er jetzt 'ne Krankheit habe, gegen die man nichts machen könne, aber dass man im Alter mit sowas eben rechnen müsse, dass er jetzt schauen muss, wie er damit klarkommt - und in einem separaten Satz eben wörtlich, dass er 'ne 'Demenz hat.
Kurz gesagt: Sowohl mal nicht ständig Vorwürfe zu hören, als auch 'ne klare Aussage, welche Krankheit er hat und dass es ihm damit nicht gut geht, zu hören, hat mich überrascht - Aber das empfinde ich einfach als Änderung in Hinsicht auf unser bisheriges zwischenmenschliches Verhältnis, und so nett das war - es darf auch erstmal so bleiben - ich freu' mich da jetzt nicht überschwänglich drüber.
Was mich bei diesem Telefonat eher mehr erschreckt hat, ist ein Symptom der Demenz: Sprachverlust.
Ich hab' von dem ganzen Gespräch nur die Hälfte verstanden, obwohl ich mich echt bemüht habe und normalerweise wenig Probleme mit Dialekt und naja... Alte-Menschen-Sprache habe. Ich hab' viel nicht verstanden, weil er gesprochen hat, als würde sich seine Zunge nicht mehr so bewegen, wie sie sollte. Wie ein Nuscheln gepaart mit einem Lallen, als wäre er alkoholisiert oder unter Medikamenteneinfluss. (Angeblich bekommt er bis auf das ein oder andere Blutdruckmittel aber nichts, das das Bewusstsein beeinträchtigt)
Ich will nicht sagen, dass mir das Gespräch 'Angst gemacht hat - das wäre zu viel gesagt - aber es war unangenhm. Zu einen, weil ich nicht passend reagieren konnte, weil ich ja nicht verstanden hatte, was gesagt wurde, und zum anderen, weil mir gerade das irgendwie leid tut. Denn wenn ich schon mit ihm telefoniere, dann bemüh ich mich schon wenigstens die paar Minuten normal zu agieren und zu reagieren (Vorwürfe einfach mal im Raum stehen lassen und nicht genauso zurück giften, etc.).
Und weil er so entgegenkommend war, hab ich ausnahmsweise auch zugesagt, dass ich in zwei Wochen wieder anrufe - Normalerweise würde ich erst an Weihnachten wieder anrufen, halt immer nur dann, wenn's wirklich sein muss.
Aber eigentlich will ich gar nicht nochmal mit ihm reden. Oder besser gesagt, es wäre schon okay, wenn es nicht wieder so wäre oder werden würde. Es ist anstrengend sich so viel konzentrieren zu müssen, was das Gegenüber sagt, und es ist in diesem Fall irgendwie auch emotional anstrengend. Mal ganz davon abgesehen, dass ich sowieso nichts habe, das ich ihm erzählen kann oder will, aber das aus anderen Gründen.
Aber mal zurück zum Thema demenzkrankes Familienmitglied.
Mir ist klar, dass man gegen diese Krankheits nichts machen kann. Aber zumindest kann man als Angehöriger damit umgehen. Und auch wenn ich's auf Grund der Entfernung einfacher habe, weiß ich doch nicht, was ich machen kann oder soll oder nicht sollte.
Ich vermute mal, ganz normal mit ihm umgehen.
"Wie sonst auch" ist aber sicherlich eher nicht so toll - wir haben, wie gesagt, kein sooo gutes Verhältnis. Aber ich fühl auch keine Veranlassung nun von jetzt auf gleich alles anders zu machen oder machen zu wollen, nur weil er krank ist. Unser Verhältnis hat sich immerhin über Jahrzehnte so entwickelt und ich WILL nicht, dass es sich nun spontan so arg ändert. Andererseits sagt dann mein Verstand wieder, dass genau diese Situation ja nun eine Änderung forcieren könnte (und beide Seiten haben ja nun schon die ersten Schritte getan) und dass ich im Bezug auf Familie ja auch ein besseres Verhältnis haben wollen sollte?!
Und natürlich wär's mir am liebsten, dass mein Großvater so in meinem Gedächtnis bliebe, wie er früher war, also mental und körperlich. Ich will gar nicht mitkriegen, dass es ihm schlecht(er) geht.
.fibra.