zu stark um sich zu verletzen?

  • Vor ein paar Tagen hab' ich jemanden sagen hören, man könne auch zu stark sein um sich tief zu verletzen - auch wenn's komisch klinge.

    Wie seht ihr das?
    Ist das für euch stimmig/passend? Empfindet ihr das - vielleicht auch bei anderen Personen - auch so?
    Oder stimmt das für euer Empfinden nicht?


    Ich finde, für aktuell Betroffene passt das irgendwie nicht. Oder zumindest für mich als Betroffene hat das nie gepasst.
    Ich fand's nicht stark mich wenig zu verbrennen oder nicht tief zu schneiden. Aber ich hab' das ja auch nicht bewusst kontrolliert, sondern in dem Moment, in dem ich mich verletzt habe, hab' ich das so lange oder so intensiev gemacht, wie es nötig war. Nicht mehr, und vor allem auch nicht weniger. Sicher auch, weil ich es nicht wollte?!

    Bei Menschen, die sich nicht mehr verletzen, find' ich's allerdings schon passend.
    Denn gerade wenn man es mal länger gemacht hat, ist es schon stark, wenn man es nicht mehr macht, nicht mehr brauch, es auch ohne schafft.

  • Ich kann mich irgendwie mit der Aussage nicht anfreunden.
    Als ich den Thread zum Ersten Mal gelesen habe, dachte ich noch es könnte sein, wie du schreibst fibra, dass es eben der Fall ist, wenn man längere Zeit "clean" ist.
    Aber selbst damit hab ich meine Probleme.

    Es kommt mir so vor, als wenn es ein eigener Schutzmechanismus wäre.
    Sicherlich ist es - finde ich - schon ein Fortschritt wenn man das bewusst umsetzen kann. Gleichzeitg finde ich es paradox. Ich schneide, und bin "trotzdem" stark, eben weil ich nicht zu tief schneide.
    Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, dass es eben nicht abwertend klingt. Das soll es eben nicht.
    Denn ich weiß ganz genau, dass es eine große Leistung ist, in Momenten in denen der Druck extrem ist, nicht zu schneiden oder sich eben wieder fängt.
    Aber trotzdem gibt es aus meiner Sicht in dieser Hinsicht kein Mittelweg. Entweder - Oder. Schneiden oder nicht Schneiden.
    Selbst sich "nicht tief zu verletzen", ist sich verletzen.
    Das Muster hat und das auch Gründe hat.


    Ich für meinen Teil kenne es nicht und vielleicht habe ich deswegen Probleme mich in diesen Ausspruch hineinzu versetzen.
    Ich kann mich an Momente erinnern, da haben Kratzer eben nicht gereicht. Irgendwann ging es nicht mehr um Druckabbau, denn es gab keine Einschätzung mehr.
    Da ich eben die Empfindung für mich und mein Schmerzempfinden verloren hatte, konnte ich nur durch die Tiefe innere Unruhe abbauen.
    Wenn es aus irgendwelchen Gründen nicht durch Qualität zu erreichen war, dann durch Quantität.
    Aber ich hatte meine Regeln und habe ich die nicht eingehalten, blieb die Unruhe weiter bestehen.
    Also, einen Eindruck von Stärke hatte ich nie. Im Gegenteil. Schwäche und Versagen waren das Leitbild, wenn es eben nicht den Schweregrad hatte, den ich in dem Moment brauchte.

    Selbst nachdem ich ein Jahr "clean" war und einen Rückfall hatte.
    Einen Moment, in dem ich ein Stück weit den Mut verloren hatte zu tief zu schneiden, weil ich wusste war dran hing. Selbst in diesem Moment gab es nur Hass auf mich selbst.
    Weil ich feige war, weil ich mich nicht getraut habe.

    Stärke empfinde ich nur, wenn ich an Tagen, in denen es das Naheliegenste wäre zu Schneiden, es sein lassen kann. Aber selbst da mischen sich noch ein Haufen negativer Gefühle mit ein.

    Vielleicht liegt das daran, dass meine Beziehung zur Selbstverletzung eine sehr "intime" war. Es war nicht einfach nur Druckabbau.
    Aber da käme ein ganzer Roman bei raus :winking_face:


    Schlussendlich, wenn es ein Leitsatz sein kann, sich vor schlimmeren zu bewahren, dann ist es eine gute Motivation.
    Wenn man sicher aber dabei ertappt, einfach einen Fluchtweg/Mittelweg zu finden, sich eben nur "ein bisschen" zu verletzen, dann sollte man das ganze Mal dringend überdenken.

    Ein-zwei Gedanken,
    Grüße, Zyna

  • Ich kann mich auch nicht damit anfreunden.. zumindest nicht als "zur zeit akut betroffene" und ich denke auch sonst nicht :winking_face:

    Stimme Fibra zu, ich finde es hat nichts mit stark oder schwach zu tun wie man sich wo und wie stark verletzt. In dem Moment denke ich nie darüber nach, es ist mir schlicht egal.

    Und wenn man eine Zeit lang "clean" war und es dann wieder passiert - aber "nur ein bisschen" also weniger schlimm vielleicht als vorher einmal - dann finde ich das auch nicht gerade passend wenn man sich dann sagen würde " Hey ich war stark, ich hab mich zwar verletzt aber nur ganz leich" oO das hört sich in meinen Ohren seltsam an.

    liebe Grüße
    Diebin

  • Okay, ich danke euch beiden.
    Ich dachte schon, dass es wieder nur bei mir so ist, dass ich das unpassend finde.
    Ich muss dazu sagen, dass ich in dem Gespräch nicht weiter nachgefragt habe und mir daher keine Erklärung dazu angehört habe - oder besser gesagt, nicht haben anhören wollen.

    Allerdings, ich überlege schon, ob ich auf dieses Gespräch nochmal zurückkomme.
    Denn irgendwie interessiert's mich ein wenig - wie Außenstehende darüber denken, kann mir als ehem. Betroffene ja auch nur weiterhelfen, oder?

  • Zitat

    wie Außenstehende darüber denken

    D.h. der Ausspruch kam von einer/m Nicht-Betroffenen? (Rein der Interesse wegen :winking_face: )

    edit: Und Ja, wenn es dich Interessiert was hinter dem Ausspruch steckt, einfach nochmal drauf zurückkommen. Würd mich nämlich auch interessieren :winking_face:

  • Jepp, das kam von einem Außenstehenden.
    Ich hab' auch schon überlegt, ob die Aussage vielleicht auf mich ganz persönlich gemünzt war? Aber selbst wenn, wenn das bei mir so gesehen wird, dann kann das auch gut auf Andere zutreffen. Ergo, es gilt sozusagen auch allgemein. :winking_face:
    Vielelicht rührt's aber doch nur aus Unwissenheit. :21:

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