Hallo liebe Leidensgenossen, Helfer und Zuhörer,
ich möchte mich zunächst einmal vorstellen.
Ich heisse Tommy, werde nächsten Monat 27 Jahre alt und komme aus der Nähe von Düsseldorf. Ich habe 2005 mein Abitur gemacht (mehr schlecht als recht) und anschließend eine Ausbildung als Industriekaufmann in einem mittelständischen Unternehmen abgeschlossen. Nach zwei Jahren gesammelter Berufserfahrung im Controlling meines Ausbildungsbetriebs wurde ich 2010 leider aufgrund einer Reumstrukturierungsmaßnahme gekündigt. Damals habe ich mich, da ich in der gleichen Branche nichts neues gefunden habe, als Versicherungsmakler selbstständig gemacht. Diesen Job übe ich auch heute noch recht erfolgreich aus. In meiner Freizeit spiele ich relativ hochklassig in der Oberliga (letzte Amateurstufe) Fussball. Das einzige Hobby was mir noch geblieben ist. Fussball ist für mich nicht nur ein Hobby, sondern eine Leidenschaft.
Das erste mal Cannabis konsumiert habe ich mit 17 Jahren. Leider habe ich viele Gedächtnislücken und kann mich nicht an den kompletten Verlauf meiner Suchtkarriere erinnern. Vor allem mein Kurzzeitgedächtnis hat enorm gelitten. Das sollte dem einen oder anderen hier bekannt vorkommen.
Meine Suchtkarriere ist denke ich wie bei vielen anderen verlaufen. Anfangs war es Neugierde und eher ein "ausprobieren" ... recht schnell entwickelte sich bei mir jedoch ein täglicher und zum Teil auch maßloser Konsum - vor allem in den Abendstunden - ...
Seit einigen Jahren sieht mein Konsumverhalten ziemlich konstant aus. Mein Tag beginnt um acht Uhr auf der Arbeit und endet gegen 22 Uhr nach dem Fussballtraining. In dem Moment wo ich die Wohnungstür nach einem langen Tag durchtrete entsteht sofort Suchtdruck. Das unbändige Verlangen nach Cannabis. Und warum? Um abzuschalten. Ich bin ein Mensch, der unerledigte Dinge, Probleme, Hürden und ToDo-Listen unheimlich schlecht abends beiseite schieben kann. Dies gelingt mir nur mit Cannabis. Sofort stellt sich ein zufriedenes, entspanntes Gefühl ein. Und zwar nur mit Stoff. Abschalten ohne Cannabis ... entspannen ... zur Ruhe kommen ... ist nicht möglich.
Ich habe bereits eine eineinhalbjährige ambulante Therapie hinter mir, die mich aber immer nur phasenweise vom Cannabis befreit hat. Seit mittlerweile zwei Jahren kiffe ich täglich abends mein gramm. Eigene Versuche aufzuhören sind an schlechten Launen bishin zu fast depressiven Verstimmungen, massiven Schlafproblemen etc. gescheitert. Ich muss ja irgendwie mein Geschäft am laufen halten, sonst droht mir der Existenzverlust, denn ich habe auch noch einen dicken Batzen Schulden abzubezahlen.
Aktuell liegt noch ein gramm zu Hause. Das wird heute abend dann nach dem Fussballtraining konsumiert und anschließend werde ich alle Utensilien aus meiner Wohnung entfernen und einen neuen Anlauf nehmen. Warum eigentlich? Viele meiner Ex-Kiffer-Freunde reden die Sache harmlos. Die zwei Joints abends kannst du doch rauchen, das wird dich nicht umbringen ... Ich will es aber nicht mehr. Ich will am Wochenende wieder rausgehen unter Leute und mich nicht in meiner Wohnung zukiffen. Ich will morgens mal aus dem Bett kommen ohne mich überwinden zu müssen, weil ich am Vorabend gekifft habe. Ich will mich wieder konzentrieren können und mein Gedächtnis trainieren. Kurz: Ich will nicht mehr abhängig von einem Stoff sein!
Warum schreibe ich das alles?
Weil ich mittlerweile fast 27 bin, zig gescheiterte Versuche hinter mir habe, psychisch sehr labil bin und einfach Hilfe benötige.
Hilfe von Betroffenen, die mich verstehen und wissen was in mir vorgeht weil sie das selbe durchmachen oder bereits durchgemacht haben. Meine Eltern, Freunde etc stehen zwar zu mir, stoßen aber manchmal an Ihre Grenzen des Verständnis.
Nun meine konkreten Fragen:
1. Was habt ihr gegen die auftretenden Schlafprobleme gemacht? Schlaf und Nerventees und Sport am Abend helfen mir nicht.
2. Was kann man gegen diesen immensen Suchtdruck tun? Gegen den kleinen Teufel der immer wieder Cannabis verlangt?
3. Was kann man gegen die auftretenden Depressionen und schlechte Launen tun?
4. Was hat euch geholfen aufzuhören und abstinent zu bleiben?
5. Wie lange dauert es bis der Suchtdruck weniger wird? Wie lange bis man gar keine Probleme mehr hat?
Ich bin motivierter denn je mein Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen und mit dem Mist aufzuhören. Ich habe nur panische Angst davor, das mein Leben ohne das Gramm Grass abends nicht mehr lebenswert ist. Lebenswert im Sinne von Fröhlichkeit, Glücklichkeit und positiven Gefühlen. Ich habe es nämlich verlernt ohne Stoff Glücksgefühle und Freude zu empfinden. Und davor habe ich wahnsinnige Angst.
Über Antworten, Zuspruch, Hilfestellung und Kritik wäre ich euch sehr dankbar.
LG
Tommy