Aufhören nach 15 Jahren Multi-Konsum.

  • Hallo ihr Lieben!
    Ich werde jetzt versuchen so ausführlich wie möglich zu beschreiben was los ist.

    Es dreht sich um meinen Partner (27j.). Seid 15 Jahren regelmäßiger Cannabis Konsum. Und seid 10 Jahren mehr oder weniger alles was er am Wochenende beim feiern so unter die Finger bekommen hat. Nicht jedes Wochenende aber oft genug. Thc und Speed auch unter der Woche. Das einzige was er nicht probiert hat war Heroin spritzen. Und immer reichlich Alkohol.
    Er hat sein Leben immer auf die Reihe bekommen .. War nie Arbeitslos oder so aber er sagt selber, wenn er sich an die letzten 10 bis 15 Jahre zurück erinnert war er keine zwei Wochen am Stück mal nüchtern. Ein Jahr lang hat er mal wegen Drogen MPU kein Cannabis geraucht aber dafür alles was nicht bei den Tests anschlägt wie z.B. Diverse Kräutermischungen, "legal high's" und natürlich sehr viel Alkohol..

    Ich selber habe, außer Alkohol nie etwas konsumiert.
    Seid drei Jahren sind wir zusammen und seid dem ist die 'wilde Zeit' etwas weniger wild geworden. Ich konnte ihm viel helfen aber nie zum aufhören bewegen. Ich bin mir im klaren darüber das er das selber entscheiden muss wenn es wirklich was werden soll. Also hab ich immer gesagt er soll einfach ehrlich zu mir sein und alles andere zeigt sich mit der Zeit. Das ganze Ausmaß seines Konsums kannte ich nicht und es hat lange Zeit und viele Gespräche gedauert bis er wirklich komplett offen darüber reden konnte.
    Es gab auch von ihm schon mehrere Anläufe.. Er hat immer mal wieder versucht aufzuhören. Aber das war mehr oder weniger weil er das Gefühl hatte ich erwarte das von ihm. Das hat natürlich nicht geklappt.
    Unsere Beziehung läuft super. Wirklich sehr gut. Das war von Anfang an so und hat sich nicht geändert. Ich bin einfach glücklich mit ihm und kann mir nicht vorstellen das er mal nicht mehr an meiner Seite ist. Auch wenn ich noch recht 'jung' (24) bin. Ich weiß das er mein Mann ist und ihm geht es genauso.

    Nun ist es aber so.. Ich bin schwanger. Es war nicht geplant (hatte die Pille genommen) aber sofort gewollt.
    Wir sind beide überglücklich!

    Und er ist jetzt an einem Punkt angelangt an dem er selbst gesagt hat: Es reicht. Ich kann und will das so nicht mehr. Für unseren kleinen Jungen möchte er ein guter und Vorbildlicher Papa werden. Also hat er angefangen alles außer Zigaretten und Alkohol weg zu lassen. Jedoch zeigte sich schnell, jedes mal wenn er trank wurde das Verlangen nach Drogen jeglicher Art unerträglich und er konnte meistens nicht widerstehen. Das war am nächsten Tag sehr schlimm für ihn weil er 'versagt' hatte.
    Jetzt ist er seid etwa drei Wochen auch ohne Alkohol. Also nurnoch Zigaretten.
    Wie schon gesagt.. Es war jetzt die letzten zwei Jahre schon so das er sehr viel weniger gemacht hat. Aber länger als eine oder höchstens zwei Wochen ohne Konsum gab es nicht. Vielleicht mal ein zwei Wochen ohne Kiffen und auch mal zwei drei Wochen ohne Speed.. Aber da wurde dann recht viel Alkohol getrunken.
    Es ist wie gesagt nicht so das es seinen/unseren Alltag beeinträchtigt hat und auch nicht so das er es ums verrecken jeden Tag gebraucht hat aber eben seid diesen ganzen Jahren kontinuierlich so gelebt hat.
    Er hat jetzt zwei Monate frei und will das jetzt angehen.

    Nun also ca drei Wochen ohne..
    Die ersten Tage war ihm garnichts anzumerken. Dann kam Müdigkeit.. Er hätte den ganzen Tag schlafen können.
    Seine Laune war nicht so schlecht wie ich erwartet hatte. Er war zwar sehr lustlos und auch manchmal grummelig aber alles in allem ganz gut. Er lässt sich auch animieren was zu unternehmen und will auch selber nicht nur zuhause sein. Jetzt seid ner Woche etwa hat er immer wieder Kreislaufprobleme.. Appetitlosigkeit und auch ein zwei oder drei mal Erbrechen. Er schläft sehr schlecht und hat manchmal zuckende Beine. Tagsüber ist meistens alles ziemlich in Ordnung aber Abends wird es schlimmer. Heute beklagt er sich über Schmerzen im Oberkörper, also Magen, Brustkorb, Lunge..
    Es geht ihm also nicht gut und das tut mir weh zu sehen. Ich sage ihm zwar das ich für ihn da bin und wie stolz ich bin das er es versucht aber ich hab immer das Gefühl ich kann nichts tun außer Suppe kochen und ihm immer wieder zu zeigen wie sehr ich ihn liebe und das ich da bin.

    Jetzt möchte ich natürlich ein paar Meinungen hören.. Was kommt noch auf mich zu? Kann er es überhaupt ohne professionelle Hilfe schaffen? Das möchte er nämlich auf jeden Fall vermeiden wenn er es allein schaffen könnte. Er weiß auch nicht das ich hier schreibe.
    Aber ich hab gedacht vielleicht hat hier jemand ähnliche erfahren gemacht und kann mir Tips geben wie ich ihm beistehen kann. Ich finde es ganz schlimm ihn so zu sehen und dabei das Gefühl zu haben ihm nicht helfen zu können.

    Naja.. War jetzt viel zu lesen und vielleicht auch zu viel.. Aber ich hoffe jemand kann mich verstehen und mir/uns Tips geben.

    LG Erniebert

  • alkohol ist eine harte Droge zum einfach so absetzen von heute auf morgen. Kann man schaffen, ist aber gefährlich. Bis zu Krämpfen die zum Tod führen können, hab das in der Klinik miterlebt. Auch polytox ist da immer kritisch. Hoffe für dich er ziehts durch

  • Ja das weiß ich, danke.
    Aber den Alkohol sehe ich jetzt eher nicht als sein großes Problem ehrlich gesagt.
    Das war halt eher der Ausweich-Weg. Wenn er nichts anderes hatte. Zumindest die letzten Jahre.
    Es ist einfach so das er sich immer irgendwie in einen einen gewissen Zustand versetzt hat egal ob es jetzt Alkohol, Cannabis oder andere Sachen waren.
    Irgendwas musste sein. Wirklich Nicht jeden Tag aber mindestens alle zwei drei Tage auch wenn es nur ein joint oder ein Gläschen am Abend waren. Länger als zwei Wochen ohne etwas war ganz ganz selten.

  • Hey nochmal,

    Naja, man ist halt die Situation nüchtern nicht mehr gewohnt, es "fehlt" jedes mal was was dem Moment seine Qualität gibt. Das legt sich wieder, aber es dauert natürlich. Nüchtern leben halt.
    Aber er hat ja jetzt auch schon ein paar Wochen stark reduziert oder?

    Würde sagen läuft doch ganz ok, solang er nicht wieder auf das Level von vorher aufspringt...

    lg!

  • Danke für die Antwort.
    Ja das denke ich auch..
    Er muss ja quasi erstmal "lernen" nüchtern zu sein.
    Ich frage mich nur ob es wohl noch schlimmer wird und was vielleicht noch auf mich zu kommt.
    Und ob es irgendwas gibt das ich tun kann um zu helfen.

  • Hallo!
    also ich sage mal, er hat ein Riesenglück, daß du mit 24 Jahren schon so reif und verständnisvoll bist. Chapeau!!
    Für euch beide leichter wäre bestimmt der Weg über eine Klinik. Die Entzugssymptome dauern auch nach dem Entzug noch ewig!
    Bei Tillidin hatte ich nach einem Jahr erst Ruhe und dein Mann nimmt ja wesentlich mehr und härtere Sachen.
    Es kommt sehr schnell der Punkt wo es in der Beziehung anstrengend wird. Bei ihm kommen heftige Depriphasen in denen er
    alles anzweifelt: sich selbst, dich und euere Beziehung. Wenn er ca. 10 Wochen einen qualifizierten Entzug machen würde, wäre es
    zwar kurzfristig etwas einsam und traurig, aber ihr würdet euch sehr viel Leid ersparen. Alleine dadurch ist fast ein Ding der
    Unmöglichkeit. Ich selbst bin nicht süchtig sondern NUR abhängig. Mir fehlt also die psychische Abhängigkeit komplett und das
    alleine ist schon der Wahnsinn. LG

  • Hallo Wolfenstein. Ich finde Deine Definition super! Ich habe mir immer schwer getan, wie ich eben "Süchtige" von anderen Menschen unterscheide, die auch abhängig sind, im Prinzip sind das Süchtige ja auch. Aber es kommt eben die Sucht und das Suchtgedächtnis hinzu. Zwischen Sucht und einer "nur" Abhängigkeit zu unterscheiden finde ich gut.

  • Hallo Valerie,
    jetzt müssten nur noch die Ärzte und Kliniken dies auch verstehen und schon würden viele Patienten ganz anders behandelt werden und auch ernst genommen werden. Selbst viele sog. Schmerzmediziner kapieren das nicht!

    Jetzt würde mich nur noch interessieren, was "Erniebert" meint, die Threadstarterin. Schönes WE an alle "Abhängige" :smiling_face: LOL

  • Dieses "Süchtige/Abhängige"-Definitionsmassaker Stelle ich mal sehr stark in Frage :winking_face: Zum Glück bekommen Mediziner eine Ausbildung, überlassen wir das Feld lieber den Profis (Wer trotzdem den Unterschied wissen will, klicke hier Abhängigkeit, Sucht Definition - Onmeda.de oder hier Was ist der Unterschied zwischen Sucht und Abhängigkeit? - caritas.de ).

    Schliesse mich aber Wolfenstein ansonsten an. Klinik für ein paar Monate ist der beste Weg und danach eine gute Betreuung.

    Gruss

    Einmal editiert, zuletzt von Quzen (27. August 2016 um 11:45)

  • Danke für die Antwort und die Anerkennung Wolfenstein!
    Hatte die letzten Tage leider kaum Zeit was zu schreiben. Aber jetzt :winking_face:

    Sein Zustand hat sich bis jetzt kaum verändert. Die Kreislaufprobleme sind noch da, das Erbrechen hat aufgehört, der Appetit kommt wieder, die Lustlosikeit ist mal mehr mal weniger.. Er schläft eine Nacht wie ein Stein und die nächste wieder so gut wie gar nicht. Seine allgemeine Laune lässt sich als 'durchwachsen' beschreiben.. Er ist aufbrausender als sonst und manche Reaktionen erscheinen übertrieben. Das ist jedoch meistens nur phasenweise ein paar Stunden.. Also wo er so grummelt und schlecht gelaunt ist. Im Nachhinein tut es ihm leid..
    Und dann gibt es Tage an dem ich ihm garnichts anmerke, er super gelaunt ist und es ihm nichts auszumachen scheint. Wir reden sehr viel darüber wie er sich fühlt und er merkt schon selber viel was ihm hilft über solche schlimmen Stunden besser hinweg zu kommen. Er geht dann joggen oder wir gehen ins Schwimmbad ein paar Bahnen schwimmen um sich abzulenken... Oder einfach mal spazieren.. Sowas halt.
    Und er meint auch das ihm zuhause rum sitzen und 'nichts tun' meistens nicht gut tut. Das heißt wir setzen im Moment viel dran eben nicht, nichts zu tun. Das klappt soweit bis jetzt ganz gut.
    Keine Ahnung ob das bloße Ablenken der richtige Weg ist, vom Grund her ändert es nichts daran was das eigentliche Problem ist und die schlechten Phasen kommen trotzdem aber so fühlt es sich für ihn einfach besser an.

    Über eine Klinik haben wir auch schon geredet aber das macht ihm tatsächlich sehr viel Angst! Er hat Angst das er mich dann längere Zeit nicht sehen kann wo er mich egtl am meisten braucht. Auch weil ich doch ein Baby bekomme will er mich jetzt nicht allein lassen. Deshalb ist er nicht so angetan von dieser Option und will es am liebsten vermeiden.

    Über Meinungen und Tipps würde ich mich natürlich wieder sehr freuen!

    LG Erniebert

  • Ich habe selbst ein sehr ambivalentes Verhältnis zum Klinik-Setting. In keinem Falle bringt dies meiner Meinung nach etwas, wenn der Betreffende hingeht, weil er dem Druck anderer nachgibt, "etwas zu tun". Aber auch ganz grundsätzlich tue ich mich schwer zu entscheiden, wann Klinik "angesagt" ist und wann nicht.

    WENN Klinik im Falle deines Partners jedoch angesagt wäre, und diese Frage hängt von seiner höchstpersönlichen Selbstwirksamkeitserwartung ab, dann ist deine Schwangerschaft ein guter Grund FÜR die Behandlung und kein guter Grund dagegen.

    Hälst du es also für das beste, dass er sich stationär behandeln lässt, dann würde ich mich fragen welchem Zweck seine Verweigerung dient. Sorgt er sich um eure Beziehung? Kann er wirklich nicht ohne deine Nähe? Hatt er tatsächlich Angst vor Klinik (ein sehr legitimer Vermeidungsgrund!!!) oder will er letztlich eigentlich gar nichts ändern? In allen Fällen außer dem letztgenannten gibt es gute Grundlagen, zu fragen, welche sachlichen und emotionalen Faktoren er von dir benötigt, um diesen Schritt gehen zu können.

    lg
    Moi

    Einmal editiert, zuletzt von ~Moi~ (28. August 2016 um 18:35)

  • ich finde meine beiden Posts Nr. 6 +8 nach wie vor für richtig.
    Nach dem Link von Quzen bin ich ja gar nicht "abhängig" weil bei mir nur 1 Kriterium zutrifft.
    Klasse! :smiling_face: Und nur weil die WHO was schreibt ist das nicht das Evangelium, oder?
    Für mich ist es verständlich und wer dies ein "massaker" nennt.... Leider habe ich bisher ausser meinem HA keinen anderen kennengelernt, welcher qualifiziert zwischen "Sucht" und "Abhängigkeit" unterscheiden kann. Selbst im KH beim Schmerzmediziner habe ich nur Kopfschütteln geerntet, soviel zu den qual. Medizinern.

    Erniebert: ich befürchte nach wie vor, dass die Situation weiterhin sehr belastend sein wird und zwar aus eigener Erfahrung.
    Es ist bestimmt richtig, dass Druck nicht immer hifreich ist, aber andererseits hat es vielen geholfen ein besseres Leben zu bekommen.
    Der Ansporn müsste eigentlich m.E. das Baby sein. Es sollte von Anfang an einen Vater haben der "clean" ist.
    Ausserdem gibt es Skype usw. Ich bin bestimmt kein "Lebensratgeber", aber wer in einem solchen Forum postet hat es verdient, dass sein Anliegen möglichst vielseitig betrachtet und evtl. beantwortet wird. Ich habe dies in bestimmten Formen selbst erlebt und kann abschätzen welchen Rattenschwanz dies nach sich ziehen kann. Bloß wird es nicht besser werden ohne dass etwas unternommmen wird, denke ich.

    Einmal editiert, zuletzt von wolfenstein (28. August 2016 um 20:03) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Es ging mir darum aufzuzeigen, dass es eben in der Praxis keine feste Definition gibt :winking_face:

    Eine Merkmalsliste oä halte ich auch für merkwürdig.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!