Kiffender Sohn: Gefühle nach dem „Loslassen“

  • Hallo an alle Lesenden,

    Unser Sohn wird 23 und kifft seit Jahren. Intervention von Familienseite bzw. von professionellen Stellen brachte nichts. Seit Anfang des Jahres hat er jeden Kontakt zu uns abgebrochen. Hilfeangebote oder Gesprächsversuche unsererseits blockt er ab.

    So weit so gut. Es ist sein Leben und seine Entscheidung.

    Damit umgehen muss ich/müssen wir aber doch. Von Jahresbeginn bis jetzt habe ich es hauptsächlich verdrängt. Jetzte aber beginnt das Thema langsam aber heftig zu gären. Mit von der Partie sind Emotionen wie Schuldgefühle, Traurigkeit und auch Wut. Meine Frage daher an andere Betroffene: Wie geht ihr emotional mit der Sucht eures Kindes, mit der Hilflosigkeit oder mit der Entfremdung um?

    Sicher, man muss sich um sich selbst kümmern und um die Beziehung. Hobbies, Lebensfreude - alles klar.

    Aber wie bekommt man diesen gefühlsmäßigen Bruch, diese „Niederlage“ auf die Reihe? Was ist euer Selbstschutz? Was ist euer Erklärungsmodell, wenn andere fragen?

  • Servus Thrshld,

    als erstes fällt mir das Ende deines Beitrags auf - wenn andere fragen!

    Ist das ein größeres Problem?

    Wenn ja, wer fragt da so genau und bekommt auch so viel Info von dir?

    Noch ein paar andere Fragen, wie kann man sich die Intervention der Familie und auch anderen Stellen vorstellen?

    Wann hat dein Sohn mit dem Kiffen begonnen?

    Hat er den Kontaktabbruch begründet?

    Wer steht dir bei dem schweren Thema bei?

  • Wenn andere fragen? Ja Großeltern beispielsweise. Onkel, Tanten; Freunde mit Kindern, die unseren Sohn von klein auf kennen. Ja, das ist für mich ein Problem, weil mich schon vorab vor jedem Familientreffen graut, weil ich dann losheulen könnte. Viel Info kommt da von mir nicht, nur so viel, dass mein Sohn seine eigenen Entscheidungen trifft, und wir keinen Einfluss darauf haben.

    Intervention von Familie und professionellen Stellen: Wir haben viel mit ihm geredet. Haben versucht zu motivieren. Haben Anreize gegeben. Hätten Auslandsjahr organisiert. Hätten jede Ausbildung unterstützt. Haben vertraut und Freiheit gelassen. Haben geredet, geredet, geredet... geredet. Und nochmal geredet.

    Von professioneller Seite: Er war auf Therapie mit 16. Wir hatten auch mehrere Jahre einen Familienhelfer vom Jugendamt. Er hatte 12 Sitzungen Drogenberatung und ein Jahr lang von Amtswegen unangekündigte Drogenscreenings wegen einer Jugendstrafe (für Dealerei). (Ist schon beeindruckend, so eine Hausdurchsuchung mit Drogenhund.)

    Er hat mit 14 angefangen.

    Er hat den Kontaktabbruch nicht begründet. Er ist mit 22 erst von der Schule, dann aus dem WG-Zimmer geflogen. Das Erstgenannte wegen Bummelei, das Zweite wegen Kiffen. (Er zog zu einem Kumpel. Nach Hause wollte er nicht.)

    Seine sonstigen Alternativen lauteten neue Schule suchen oder Job anfangen. Er war für beides zu phlegmatisch; zeigte keine Initiative. Daraufhin stellten wir die Unterhaltszahlungen mit einmonatiger Vorankündigung ein, waren aber jederzeit bereit, mit Wohnraum, Essen, Hilfe zur Selbsthilfe einzuspringen. Das ist wohl seine Begründung. Dass wir für Nixtun nicht zahlen wollten.

    Beistand? Ja mein Mann. Mich würden aber andere Betroffene interessieren - und deren Erlebnisse und Sichtweisen.

  • Ich kann natürlich nur sagen was ich tun würde, nämlich empfehlen, dass die deinen Sohn fragen müssten :winking_face:

    Bei ganz engen Verwandten ist das natürlich anders, also Oma/Opa z.B..

    Vermutlich gibt es da nur eine, sicher nicht optimale, Lösung - ihr als Eltern müsst euch aus solchen Gesprächen gegenseitig heraus helfen, wenn die bohrenden Fragen zu anstrengend werden.


    Natürlich verstehe ich was du meinst, aber insgeheim geht es eher darum, dass du dir eben große Sorgen und vlt Vorwürfe machst!

    Gerade letzteres ist falsch, wenn auch kaum abwendbar, aber wie du ja schreibst - dein Sohn trifft die Entscheidungen.

    Als Vater 2er Kinder weiß ich, es gibt nichts schlimmeres als zusehen zu müssen, mussten meine Eltern auch.

    Vermutlich ist er (noch) nicht so weit, dass er ein Einsehen hat und schon gar nicht Hilfe zuzulassen.

    Das ist ähnlich mit Strafen vom Gericht, die werden in ju7ngen Jahren oft missverstanden und vielleicht grade noch soweit hingenommen, dass man nicht in den Knast muss.

    Wie steht dein Mann zu der Sache?

    Ich frage, weil sich Eltern oft nicht (ganz) einig sind oder sich gar gegenseitig wegen solcher Probleme angehen.

    Wie war deiner Meinung die Gesprächsführung mit deinem Sohn?

    Manchmal hilft es, wenn man sich die andere Seite ansieht - versetz dich mal in seine Lage.

    Die bösen Eltern zahlen nicht mehr, wollen immer nur labern und mir den einzigen Halt "Kiffen" wegnehmen!

    Mit 23 weiß er genau, irgendwas passt nicht, aber was gibt es einfacheres, wenn man das ganze Übel auf andere schieben kann?

    Natürlich ist hier schon auch ausschlaggebend, wenn wer mit 14 exzessiv Cannabis über 9 Jahre konsumiert, dann bringt das einiges mehr an Problemen mit sich, als rechtliche Dinge.

    Vermutlich ist er auch in Kreisen (und ich komme nun nicht mit der uralten Leier mit den falschen Kreisen), die ebenfalls konsumieren, sonst wäre er kaum zu seinem Spezel gezogen.

    Das heißt, er erlebt gar nichts anderes ...

    Kurz und gut, du machst alles richtig - für's Nixtun ist alles gestrichen!

    Das er nicht verhungert, kann er ja immer kommen ...

    Wenn alles einigermaßen gut geht, dann wird ein gewisser Abstand vielleicht helfen, aber dazu kann auch der erneute Besuch der Drogenfahndung einhergehen.

    Früher hat man bei der Suchtberatung immer gesagt, ein Süchtiger muss erstmal richtig auf die Nase fallen!

    Leider ist da viel wahres dran, wenn das auch ziemlich ausarten kann - grade wenn es um noch härtere Drogen geht, wobei auch Cannabis gravierende Auswirkungen mit sich bringen kann.

    man muss sich um sich selbst kümmern und um die Beziehung. Hobbies, Lebensfreude

    Das ist leider für den Moment der einzig gangbare Weg.

    Man sollte zwar immer wieder mal ansetzen und auf eine offene Tür hinweisen, wenn denn Hilfe erwünscht ist und wirklich Änderung gewollt wird.

    Aber es ist keine Niederlage, nicht deine Niederlage und da könnte eine Elterngruppe oder eigene therapeutische Maßnahme ungemein unterstützen!!

    Zu guter Letzt, ich hab es ähnlich erlebt und erst als ich es (in etwas im Alter deines Sohnes) kapiert habe - ich bringe mich gerade um - konnte ich das Problem (bei mir Heroin) angehen.

    Alle Anstrengungen meiner Familie hat nichts gebracht, zu meinem Glück war die aber danach immer für mich da.

    Zudem habe ich ähnliches als Vater auch erlebt, dieses kaum aushaltbare Zusehen müssen.

    Gibt es Geschwister oder enge vertraute für deinen Sohn, die auf ihn zugegen können?

  • Hallo Franz,

    danke für deine Antwort.

    Du wirst lachen, auch meine Antwort ist bei den nervigen Nachfragen schon häufig gewesen: "Ruf ihn doch selbst mal an und frag nach!"

    Aber 1) gibt man alten Großeltern solche Antworten nicht!

    Und 2) sind bekannte Familien-Nummern auf Sohns Handy ohnehin blockiert.

    Fazit: Es ist eine coole und treffende Antwort, aber ein Dolchstoß in die Mutterbrust ist die bloße Nachfrage trotzdem!!!

    Weisst du, es ist so, dass ich dieses Jahr immer latent so ein Gefühl der Niedergeschlagenheit habe. Mal mehr, mal weniger. Von der Schule ist er nun geflogen. Ausbildung macht er keine. Er hängt wahrscheinlich nur noch ab und rutscht immer tiefer. Wovon er lebt? Ein Fagezeichen. Sonst hatte ich immernoch die Hoffnung, dass er die Kurve kriegt, aber seit diesem Jahr glaube ich es nicht mehr.

    Und dann sage ich mir aber immer, dass ich mich davon nicht fertigmachen lassen darf. Und mein Selbstschutz ist komischerweise Wut. Ich bin wütend auf den Bengel. Ob das normal ist? Oder eine Phase beim Prozess der Akzeptanz, das würde mich interessieren. Gibt es einen Prozess der Akzeptanz? Mit Stufen wie leugnen, hoffen, wütend sein, akzeptieren?

    Wut darum, weil man ihm alles ermöglicht hätte, weil er jedes Angebot und tatsächlich auch jedes vorhandene Privileg in den Dreck tritt. Weil seine heiligen Freunde schon immer wichtiger waren als seine Familie. Weil er nicht einen Funken Loyalität übrig hat für seine Eltern. Wut halt, damit es einen innerlich nicht zerreißt.

    Mein Mann und ich sind uns zum Glück einig. Mein Mann war immer strenger, konsequenter als ich, aber er hätte unseren Sohn nie fallen lassen. War und ist immer zum Helfen bereit. Da drückt der Schuh nicht. Die Beziehung hat nicht darunter gelitten. Im Gegenteil, wir können konstruktiv darüber reden oder Dampf ablassen.

    Die Gesprächsführung seinerseits mit unserem Sohn war so beschaffen, dass man ihn zwei Stunden mit Energie und Herzblut vollpumpte, er für fünf Minuten geläutert war und dann ging's raus zu den Kumpels und alles war vergessen.

    Die bösen Eltern, die nicht zahlen wollen - ja, aber mit 22 hat man keinen Kinderstatus mehr. Andere schaffen es auch, mit 16 eine Ausbildung zu machen. Oder ein Studium anzustreben oder von mir aus auch nur einen Job zu haben. Ich verlange kein Hexenwerk von ihm! Das müsste er doch auch mal erkennen, beim kritischen Blick in den Spiegel!

    Mich in seine Position zu versetzen tue ich oft. Ich fürchte, er wird viel umdeuten und - ja - viel der Schuld auf uns abwälzen. Und schon sind wir wieder herrlich bei den Schuldgefühlen.

    Wer mit 14 exzessiv Cannabis über 9 Jahre konsumiert..

    Ein Arzt bei der Therapie meinte mal zu uns, fünf Jahre Hardcorekiffen wäre vergleichbar mit Demenz.

    Ich habe auch die Befürchtung, dass es nicht mehr nur Cannabis ist, sondern längst schon irgendwas anderes. Auch zeigte er Anfang des Jahres Anzeichen einer Depression und Anzeichen von Verletzungen oder Selbstverletzungen. Er gab drauf keine Antwort. Zum Arzt wollte er natürlich auch nicht, denn Medikamente würde er niemals nehmen!

    Ich lasse ihn los, weil ich eh nichts anderes machen kann.

    Nur: Wie komme ich mit meinen Gefühlen klar? Ich denke eben doch, es ist meine Schuld, meine Niederlage, mein Versagen.

    Müsste ich mehr Verständnis haben für die Sucht?

    Nein, er hat niemanden, der an ihn rankommen könnte. Familie blockt er ab. Er gestaltet sein Umfeld nur mit Menschen, die keine Ansprüche an ihn haben und keine Anforderungen an ihn stellen.

    Danke für's Zuhören und Antworten.

    Grüße von Thrshld

  • Servus,

    dass solche Nachfragen weh tun, kann ich gut verstehen, aber mit der Zeit wirst du das auch lernen.

    Bevor sich dieses Gefühl der Niedergeschlagenheit verfestigt, solltest du unbedingt etwas dagegen unternehmen. Wie gesagt, könnte dabei eine Angehörigengruppe oder therapeutische Maßnahmen unterstützen. Nähere Infos wirst du bei einer ortsansässigen Suchthilfe erfahren. Solltest du dabei Hilfe brauchen, kannst du dich gerne an mich via Konversation melden.

    Ja, er ist von der Schule geflogen, macht aktuell keine Ausbildung, aber hier muss man klar sagen, das wird sich vielleicht zu schnell nicht ändern. Die Hoffnung sollst du auch gar nicht aufgeben, nur eben aktuell vielleicht nichts oder weniger erwarten.

    Bei uns ist es Gott sei Dank möglich, auch später noch eine Ausbildung zu beginnen. Ich habe auch mit 28 Jahren eine weitere Ausbildung begonnen.

    Im Moment wird die Familie nicht gegen seine konsumierenden Freunde ankommen. Eine gewisse Wut ist nachvollziehbar und erlaubt, um aber nicht selbst noch mehr Probleme zu bekommen, dürfte eine Akzeptanz der überaus doofen Situation nötig sein.

    Das wichtigste ist, dass du und dein Mann euch einig seid, sei froh das Team so ist, in vielen Familien ist gerade dies das Problem.

    Die Aussage des Therapeuten, kiffen wäre gleichzusetzen mit einer Demenz, teile ich so nicht. Solange sich aus dem Konsum nicht eine psychische Krankheit entwickelt, kann man in der Regel davon ausgehen, dass sich nach Konsumsstopp alles wieder weitgehend egalisiert.

    Gab es denn schon einmal eine Diagnose hinsichtlich Depressionen oder ähnlichen psychischen Erkrankungen bei deinem Sohn? Gerade wenn Selbstverletzung mit im Spiel ist, könnten auch andere psychische Erkrankungen eine Rolle spielen.

    Letztlich dürfte es auch einen Grund für den Cannabiskonsum geben, weil hier vermutlich eine Sucht Erkrankung vorliegt und das in der Regel auch einen Auslöser hat.

    Medikamente lehnen viele Suchtkranke ab, was zum Teil auch verständlich ist, weil man auch viel Negatives darüber hört. Erst wenn das sich auf eine therapeutische Maßnahme einlassen würde, könnte auch hier ein Umdenken von statten gehen.

    Wie genau du Verständnis für seine Sucht erzeugen könntest, kann man nicht so einfach sagen. Generell wird es aber sicher nicht schaden, wenn man sich mit dem Thema Cannabis und Suchterkrankungen etwas mehr auseinandersetzt.

    So schwer es auch sein mag, wird es im Moment wenig bringen, wenn man ihn immer wieder in Diskussionen verwickelt. Leider bleibt nur eine Möglichkeit, immer wieder zu zeigen, dass man zur Hilfe bereit ist, wenn er eben auch seinen Teil dazu beiträgt. Wichtig ist das man versucht den Kontakt zu halten, dabei aber Konsequenz zu zeigen, aber seinen Konsum im Moment zu akzeptieren.

    Solche Gespräche sind wirklich extrem schwer zu führen, aber es wird wenig bringen, wenn man im vorhält, dass er nicht mal imstande ist eine Ausbildung oder ein Studium zu beginnen. Man muss vielleicht verstehen, für ihn ist das sehr wohl ein Hexenwerk, welcher vermutlich sehr genau weiß, dass er unter diesen Umständen kaum einen Neubeginn schaffen würde. Das tut ihm sicherlich weh, leider ist seine Reaktion Cannabiskonsum, aber das kann nur er selbst (vermutlich mit therapeutischer Unterstützung) ändern und das wird es sich aktuell nicht zutrauen oder eben gar nicht wollen. Der von dir angesprochene kritische Blick in den Spiegel, lässt in vermutlich nur noch mehr verzweifeln.

    Ich bin mir aber relativ sicher, es ist keine Absicht von ihm, er sieht einfach keinen anderen Ausweg. Wenn man als Eltern wenigstens so viel akzeptieren kann, mein Sohn will uns nicht schaden, sondern leidet an einer Sucht Erkrankung, dann ist schon viel gewonnen.

  • Ziemlich substanziell, was hier schon beigetragen wurde...

    Mir fällt ein Punkt auf:

    Andere schaffen es auch, mit 16 eine Ausbildung zu machen. Oder ein Studium anzustreben oder von mir aus auch nur einen Job zu haben. Ich verlange kein Hexenwerk von ihm! Das müsste er doch auch mal erkennen, beim kritischen Blick in den Spiegel!

    Ich lese hier auch folgende Variante: die Eltern-Kind Interaktion spitzte sich gerade auf die Erwartung zu, dass der Sohn, möglichst normal zu funktionieren habe, wie (angeblich) alle anderen.

    Wut darum, weil man ihm alles ermöglicht hätte, weil er jedes Angebot und tatsächlich auch jedes vorhandene Privileg in den Dreck tritt. Weil seine heiligen Freunde schon immer wichtiger waren als seine Familie. Weil er nicht einen Funken Loyalität übrig hat für seine Eltern. Wut halt, damit es einen innerlich nicht zerreißt.

    Was macht denn ein Sohn (im Wertesystem der betreffenden Eltern) für Dinge, der einen Funken Loyalität gegenüber seinen Eltern hat? Welche nicht, und warum (nicht)?

    Ich finde, dass Eltern, Kind und beide gemeinsam das mal reflektieren sollten. Zum Beispiel auch, was Eltern gegenüber ihren Kindern machen, die einen Funken sinnvoller Unterweisung und Fürsorge für ihre Kinder besitzen. Vielleicht wabern umgekehrt ja auch irgendwelche (unausgesprochenen, unbewussten?) Vorwürfe

    Ist dem Sohn eine eigene Einschätzung darüber erlaubt, was wertvolle Privilegien sind? Überhaupt, was Wert hat, und was nicht? Oder an wem hat er sich da zu orientieren? Womöglich lediglich immer an dem, was "alle anderen" machen? Und wenn ihm das nicht gelingt, oder er den Sinn nicht erkennen kann, wird es ihm mit Enttäuschung und Wut quittiert?

    Ich stelle das provokativ in den Raum. Und gebe zu bedenken, das Drogenkonsum auch eine Krücke sein kann, um gegen etwas zu rebellieren. Zum Beispiel um gegen voregelebte "Werte" und Vorgaben aus der Gesellschaft zu rebellieren. Übrigens gibt es da draußen mMn viel im Kollektiv, wogegen man vortrefflich rebellieren kann. Wenn man jung ist, dann kann man auch oft nicht spüren, benennen und einordnen, was einem in einem sozialen Gefüge solche Schmerzen bereitet (bereiten kann).

    Oder das Problem liegt halt alleine bei ihm. z.B. er ist unreif, uneinsichtig, unklug, aggressiv, was auch immer, sind mehr oder weniger viele, ist mir auch persönlich nicht unbekannt.

    Ich meine nur, dass man die "Fehlfunktion" eines Individuums evtl. auch je nach (mir hier unbekannter) Gesamtlage im Kontext des sozialen Gefüges interpretieren muss.

  • Hallo Strider,

    danke für deine Hinweise.

    Ich lese hier auch folgende Variante: die Eltern-Kind Interaktion spitzte sich gerade auf die Erwartung zu, dass der Sohn, möglichst normal zu funktionieren habe, wie (angeblich) alle anderen.

    Einhaltung der Schulordnung, Einhaltung unserer Gesetze, Einhaltung der WG-Hausordnung, Erscheinen am Arbeitsplatz – hier setze ich normales Funktionieren voraus. Auch beim Gesprächston zu Hause tue ich dies. Ich mag es nicht, „blöde Votze“ und „alte Hure“ von meinem Sohn genannt zu werden. Das kenne ich nicht, und beides ist faktisch auch nicht korrekt. Auch mit Polizei vor der Tür habe ich - spießigerweise - ein Problem.

    Normales Funktionieren in puncto Schulabschluss/Ausbildung/Studium etc.:

    Wunsch und Aufgabe von Eltern ist es, das Kind zur geistigen und wirtschaftlichen Selbstständigkeit zu führen. Sprich, für sich selbst sorgen zu können. Dazu müssen Weichen gestellt werden, dies beginnt bei uns leider schon recht früh. Soll ich da zu meinem Kind sagen: „Verkack doch! Ist doch Schnurz?“ Tolle Fürsorge!

    Natürlich möchte ich, dass mein Kind sich – seinem Potenzial entsprechend – möglichst viele Chancen offenhält. Wo ist da mein Fehler? Er hatte keine Karrierevorgaben. Eine Arbeit, die Spaß macht und ihm ein unabhängiges Leben ermöglicht war mein Wunsch. Von mir aus auch Studium. Wir hätten alles unterstützt.

    Was macht denn ein Sohn (im Wertesystem der betreffenden Eltern) für Dinge, der einen Funken Loyalität gegenüber seinen Eltern hat?

    Ich verstehe die Frage ehrlich gesagt nicht. Aber ich lese hier zwei Kritikpunkte deinerseits heraus.

    Dir gefällt das „Wertesystem der Eltern“ nicht, richtig?

    Ok. Wertesystem der Eltern. Ich kann nur nach den Werten erziehen, die ich selbst in meiner Erziehung übermittelt bekam. Das waren bei mir Liebe, Freiheit, Vertrauen, Kreativität, Zuverlässigkeit sowas in der Art. In der Regel wollen Eltern diese Werte weitergeben plus selbst dazuerlernte. Das ist in der Natur der Elternschaft begründet.

    MEIN bzw. UNSER Wertesystem sieht ferner unter anderem vor:

    nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, das Geld, das ich ausgebe, auch selbst zu verdienen, noch dazu hier und da für andere Menschen da zu sein.

    In allem oben Erwähnten stimmt mein Sohn nicht mit meinem Wertesystem überein.

    Er stimmt dahingehend aber sehr Wohl mit meinem Wertesystem überein, als dass er gern shoppen geht, gern Urlaubsreisen hätte, sich gern was gönnt (iPhone, PS, Bluerays, Games etc.) Nur – er will dafür nicht arbeiten. Und das geht nicht, dass andere zahlen sollen, weil man selbst zu faul ist. Sieht dein Wertesystem das so vor?

    Ja wenn er nicht funktionieren will, dann darf er doch in den Wald ziehen. (Der aber auch irgendwem gehört.) Aber leider hat er ja Ansprüche. Für die ich bis Anfang des Jahres zahlte. Nun nicht mehr. Und nun spricht er auch nicht mehr mit mir.

    Sich seine eigenen Ansprüche mit 23 erfüllen zu können, war Ziel meiner Erziehung. Nicht zu schmarotzen und mit einem Bein im nächsten Polizeitwagen zu hocken. Ist das ein Fehler?

    Und das mit der Loyalität hat dir glaub auch nicht gefallen. Das ist so eine Muttermacke, dass man sich als Mutter einbildet, eine besondere Beziehung zu seinem Kind zu haben bzw. dass das Kind einen liebt und irgendwie zu einem halten würde. Hat man keinen Rechtsanspruch drauf. Das stimmt natürlich.

    Ich finde, dass Eltern, Kind und beide gemeinsam das mal reflektieren sollten. Zum Beispiel auch, was Eltern gegenüber ihren Kindern machen, die einen Funken sinnvoller Unterweisung und Fürsorge für ihre Kinder besitzen.

    Willst du mir diesen "Funken sinnvoller Unterweisung und Fürsorge" absprechen? Ich bitte dich!

    Ich selbst gebe mir durchaus Schuld, wie du vielleicht gelesen hast. Ich würde mit ihm gemeinsam reflektieren. Er blockt mich ab.

    Ist dem Sohn eine eigene Einschätzung darüber erlaubt, was wertvolle Privilegien sind? Überhaupt, was Wert hat, und was nicht? Oder an wem hat er sich da zu orientieren? Womöglich lediglich immer an dem, was "alle anderen" machen?

    Meinem Sohn ist eine eigene Einschätzung darüber erlaubt, was wertvolle Privilegien sind.

    "Weed loves you!" Das ist das einzige, was meinen Sohn interessiert. Ein eeeeechtes Privileg!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Findste nicht?!

    Und wenn ihm das nicht gelingt, oder er den Sinn nicht erkennen kann, wird es ihm mit Enttäuschung und Wut quittiert?

    Bei meinem Sohn gelang bisher gar nichts. Sein Lebenslauf besteht aus Abbrüchen und Rauswürfen, die er verursacht hat, weil er sich nirgends einordnen mag. (Ja, na klar. Warum denn EINORDNEN. So eine Beschneidung der persönlichen Freiheit, gell?!)


    Wenn du das eine beruhigende Perspektive findest... Na klar. Ich akzeptiere es. Aber glücklich macht es mich leider nicht.

    Aber du hast recht, mit welchem Anspruch verlange ich Glück. Oder Loyalität? Hm? Ich bin doch nur die dumme Hure von Mutter.

    Ich meine nur, dass man die "Fehlfunktion" eines Individuums evtl. auch je nach (mir hier unbekannter) Gesamtlage im Kontext des sozialen Gefüges interpretieren muss.

    Ja, das soziale Gefüge ist von Fehlfunktion geprägt. Aber vielleicht wird Cannabis ja bald auch bei uns legalisiert!

    BTW: Wie viele Kinder hast du? Und was ist deine Position zum Thema Sucht?

    Und nochmal zur Schuld. Ich habe Schuldgefühle. Ich will sie hier nicht noch verstärken. Ich suche eigentlich Menschen bzw. andere ELTERN, die das gleiche Problem haben wie ich.

    Viele Grüße, Thrs

  • Hallo Franz,

    danke für deine Antwort.


    Selbsthilfegruppen sind nicht so meins. Ich bin eher ziemlich introvertiert und kein Mensch, der im Kreis hocken mag, um sein Innerstes nach Außen zu kehren. So ein, zwei private Kontakte zum austauschen würden mir genügen. Vielleicht findet sich hier ja irgendwer.

    Grüße, Thrs

  • Ich habe mich hier nicht etwa als betroffenes Elternteil geäußert, sondern als betroffener ebenso problematischer (ehemals) Jugendlicher, der auch früh mit Kiffen angefangen hatte, und große Orientierungsprobleme und Konflikte im Elternhaus und in der Schule hatte.

    Die meisten Eltern, die ich kenne, sind naturgemäß so fürsorglich und liebevoll, wie sie schaffen und handeln meist nach bestem Wissen und Gewissen. Verfolgen nebenher natürlich noch ihre eigenen, anderen Lebensinhalte.

    Eltern haben auch begrenzte Möglichkeiten, können nicht immer alles "bieten" oder mitgeben, was zur Entwicklung optimal ist.

    Von den Eltern solche Vorwürfe anzuhören, scheint mir aber auch nicht fürsorglich oder mutmachend, um eigene Kreativität zu entfalten:

    "Bei meinem Sohn gelang bisher gar nichts. Sein Lebenslauf besteht aus Abbrüchen und Rauswürfen, die er verursacht hat, weil er sich nirgends einordnen mag. (Ja, na klar. Warum denn EINORDNEN. So eine Beschneidung der persönlichen Freiheit, gell?!)"

    Das Wort "Einordnen" hat für mich auch schon etwas militärisches, eigentlich schon mehr als das.

    Integrieren finde ich besser. Und das ist eine anspruchsvolle und interessante Aufgabe, wie man sich in ein Kollektiv integriert, oder einfügt, sich positiv als Teil eines (hoffentlich positiven - die Geschichte kennt Gegenbeispiele) Ganzen einbringt oder einfügt.

    Es wurde ja "der rechte Ton zuhause" angesprochen. Den Ton oben aus dem Zitat mal finde ich mehr als streitbar, auch schon etwas zynisch und verurteilend. Ich weiß ja nicht, ob das beispielhaft für die Kommunikation steht. Das wäre kaum eine Atmosphäre, in der man sich (notwendigerweise) inhaltlich austauschen kann, oder in der ein junger Erwachsener noch gut irgendwelche Korrektur annehmen wird.

    Ein Heranwachsender, der ohnehin in einer spannungsgeladenen Lage voller schwieriger Anforderungen ist. Und sich ohne Zweifel Fehlverhalten zuzuschreiben hat. Sich vielleicht von Versagen, möglicherweise in schon fast von Hilflosigkeit bedrohten Lagen sieht (wie die Eltern ja vielleicht auch teilweise). Bei uns zuhause konnte ein etwas übertrieben streibarer Ton bei Spannungen regelmäßig ein Problem sein, und das ging nicht zuerst von mir als Kind aus. Aber ich habe es gelernt. Vielleicht bin ich deswegen heute auch recht direkt und frontal, was ich aber auch nicht nur für schlecht halte.

    Auch allfällige Interessenkonflikte und innere Motivationen wird man in solchen oder ähnlichen Atmosphären nur schwer konstruktiv bewusstmachen, besprechen, klären und verhandeln können.

    Ich ziehe mich jetzt aber raus, und überlasse wirklich lieber den erfahrenen und erprobten Eltern das Feld!

  • Strider...

    Von den Eltern solche Vorwürfe anzuhören, scheint mir aber auch nicht fürsorglich oder mutmachend, um eigene Kreativität zu entfalten:

    "Bei meinem Sohn gelang bisher gar nichts. Sein Lebenslauf besteht aus Abbrüchen und Rauswürfen, die er verursacht hat, weil er sich nirgends einordnen mag. (Ja, na klar. Warum denn EINORDNEN. So eine Beschneidung der persönlichen Freiheit, gell?!)"

    ...ich habe ihm das nicht vorgehalten, das ist mein Fazit nach neun Jahren Kifferei - an dem Zeitpunkt an dem ich eben meine Bemühungen einstelle und es einsehe, dass ER der Entscheider in seinem Leben ist. Und es ist die Wahrheit!

    Wenn er SO glücklich ist, ok. Wenn nicht, ist er der einzige, der es ändern kann.

    Ich habe ihn neun Jahre immer verteidigt und immer an ihn geglaubt und immer alles verziehen. (Das wird schon!...) Und jetzt bin ich die Böse, weil ich auch mal nach mir gucke? Weiterhin den Popo pudern nennt man Co-Abhängigkeit, darauf habe ich keine Lust (mehr).

    ICH suche nur nach einem Weg, damit umzugehen. (Siehe Start des Threads.) Das ist für betroffene Eltern nicht einfach.

    Man "ordnet" sich auch auf der Autobahn "ein". Ich sehe da absolut nichts Militärisches. Nur ein "nicht absichtlich irgendwo gegenknallen"!

    Es wurde ja "der rechte Ton zuhause" angesprochen. Den Ton oben aus dem Zitat mal finde ich mehr als streitbar, auch schon etwas zynisch und verurteilend. Ich weiß ja nicht, ob das beispielhaft für die Kommunikation steht. Das wäre kaum eine Atmosphäre, in der man sich (notwendigerweise) inhaltlich austauschen kann, oder in der ein junger Erwachsener noch gut irgendwelche Korrektur annehmen wird.

    Also mir brauchst du den Ton der bei uns herrschte nicht vorzuwerfen.

    Die schlimmste Beleidigung, die er jemals von mir hörte, war "fauler Sack".

    Und ich habe MEINE Mutter niemals beleidigt. NIEMALS. Das ist beipielsweise etwas, was ich unter Loyalität verstehe.

    Viele Grüße von Thrs

  • Hey, Peace! Ich kann Militär auch nicht leiden.

    Es ist nur so:

    Als Eltern kannst du machen, was du willst, irgendwer wirft es dir immer vor. Auch das Gegenteil.

    Bist du nett, warst du "zu nett".

    Bist du streng, warst du "zu streng".

    Machst du Therapie mit dem Kind, hast du das Kind zur Therapie gezwungen.

    Machst du keine Thearpie, fragt man dich "Warum nicht?"

    Gehst du frühzeitig mit dem Kind wegen irgendwas zum Psychologen, fragt man dich:

    "Was willst du da, das Kind ist doch normal."

    Gehst du nicht zum Logen, dann wirft man dir das als Versäumnis vor.

    Ja bitte, aus Sicht des Suchtkranken: Was darf es denn sein?

  • Mir ist das Problem auch bewusst. Irgendeine Generation davor war vielleicht zu autoritär, die nächste Generation ist in einer Gegenbewegung vielleicht zu laissez-faire. Irgendwas ist immer. Menschen sind auch keine optimalen Maschinen. Weder Eltern, noch Kinder.

    Ich denke auch nicht, dass Eltern in dem Alter verpflichtet sind, dem Sohn noch das Kiffen zu finanzieren, oder einen halbwegs hohlen und von Ausfallerscheinungen geprägten aktuellen Lebensstil zu finanzieren.

    Er wird schon für sich selber rausfinden (müssen), wie er einen Karren in den Dreck gezogen hat.

    Aller Anfang ist schwer.

    Bei mir war es auch so, dass das Kiffen die geheiligte Krücke war, da hätte ich nie was drauf kommen lassen. Meine Hoffnung galt dem Kiffen. Ich brauchte es, um meine Emotionen und Abstand zur Welt zu regulieren. Verbrämt wurde das dann als Bewusstseinserweiterung, blablabla. Die Kosten merkt man später. Nur wenn jemand kommt, und einem gefühlt die Krücke wegtreten will, dann geht es gefühlt ans Leben. Auch wenn es die Eltern und sonstige wohlmeinende Leute sind. Und wenn man kifft und Mangel hat, dann wird man auch aggressiv. Das ist sehr übel, und da muss sich das Umfeld dann auch ohne Zweifel schützen.

    Ich denke, dass Eltern dann irgendwann die Hände wohl gebunden sind, und sie ihre Kinder eigenständig herumstolpern lassen müssen.

    Keine schöne Zeit... Ich möchte auch nicht wieder in dem Alter sein, und mit solchen Problemen. Geschweige denn, das als Eltern zu begleiten oder an einem Punkt auch nur noch auszuhalten. Das ist auch sicher kein Zuckerlecken. Ich habe heute aber ein gutes Verhältnis mit meinen Eltern. Und so sollte es auch sein. Und ich denke, das ist auch normal, und wird sich hier hoffentlich auch auswachsen. Aber bis dahin wird es bestimmt leider nicht leicht.

    Ich hoffe, der Sohn zeigt auch irgendwelche Potenziale und positiven Ansätze, irgendeinen Grund zum Loben. Computerspiele, Medienkonsum ist halt alles auch nicht wirklich gehaltvoll. In dem Alter muss man das Leben mit seinen Möglichkeiten ja erst entdecken. Und dieser Konsumkram ist dabei einfach keine Hilfe.

  • Hallo Strdr,

    danke für deine Antwort. Ja, zu laizess faire - kann gut sein. Eltern sind heutzutage wahrscheinlich zu tolerant. Vielleicht sollte man doch schon für zu lange Haare Stubenarrest verhängen. Dann könnten Kinder sich an DIESEM Tabu reiben, statt mit Drogen rumzumachen, um sich abzugrenzen.

    Unser Sohn hat sehr viel Potenzial. Und wir würden gern Raum und Mittel beitragen, dass er sein Potenzial anwenden und nutzen kann. Das ist beispielsweise eines der Privilegien, die ich meinte. Talente zu haben, und sie nutzen zu können.

    Als er wieder auf der Schule war, waren wir gottfroh und sehr stolz und haben ihm dies auch gezeigt. Er hatte Erfolgserlebnisse und Halt. Das war gut. Was er jetzt hat, wird im schlimmsten Fall nur Rausch sein. Ich weiss es nicht.

    Ich hoffe, der Sohn zeigt auch irgendwelche Potenziale und positiven Ansätze, irgendeinen Grund zum Loben.

    Grund zum Loben finde ich derzeit nicht, da er ja keine Lebenszeichen von sich gibt. Ich kann dazu gar nichts sagen.

    Wenn ich sage, dass ich wütend auf ihn bin, dann ist dieses Gefühl ein Schutz für mich. Ich könnte auch grad losheulen. Aber Traurigkeit ist ein lähmendes Gefühl. Ich will nicht gelähmt sein. Dann lieber wütend. Das ist ein eher energiegeladenes Gefühl.

  • Servus Thrshld,

    In diesem Thema zeigt sich sehr gut, wie schwer so eine Diskussion ist, auch wenn man sich nicht persönlich kennt.

    Das dürfte auch zeigen, wie extrem das erst werden kann wenn es innerhalb der Familie ausgetragen werden soll.

    Alles was du schreibst kann ich gut nachvollziehen, auch die Wut verstehen, nur in einem Punkt denke ich anders!

    Selbsthilfegruppen mögen unangenehm für dich sein, vielleicht kannst du dir es auch einfach nicht vorstellen, dennoch ist das einer der besten Maßnahmen für Angehörige. Ich glaube nicht dass zwei private Kontakte ausreichen, in so einer Gruppe würdest du viel mehr Informationen und Zuspruch finden.

    Auf der anderen Seite könnte auch therapeutische Unterstützung sehr hilfreich sein, zudem würdest du einen Schritt unternehmen, welchen dein Sohn vehement ablehnt.

    Wie aber dein Sohn mit dir spricht, ist in keinster Weise akzeptabel, zeigt aber irgendwie wie hilflos dein Sohn ist.

    Daher wird es bei Gesprächen natürlich eher kontraproduktiv sein wenn man ein Wertesystem vermitteln möchte (was völlig legitim ist), das würde nie zu einem Konsens führen.

    Natürlich ist sein Lebenslauf aktuell nicht besonders toll, glaub mir, das weiß er sicher selbst und wenn ihm das vor Augen gehalten wird, kann es nur mit einem Rückzug oder Beleidigungen enden.

    Ich hoffe das Cannabis schnell legalisiert wird, weil ich der Überzeugung bin, dass einem Süchtigen weder mit Zwang noch mit Gefängnis geholfen wird.

    Für einen Cannabissüchtigen spielt es aber weniger eine Rolle, ob es momentan legal oder illegal ist …

    Meiner Meinung ist eine Legalisierung der einzig gangbare Weg, aber die erwirtschafteten Steuereinnahmen müssen natürlich dann auch in Prävention investiert werden!

    Was von verschiedensten Seiten oft angeführt wird, ein Recht auf Rausch, wurde bereits vom BGH abgewiesen und ist in meinen Augen völliger Blödsinn im Zusammenhang mit Cannabis Legalisierung.

    Du schreibst immer wieder von Schuld, wie muss man sich deine Schuldgefühle vorstellen?

    Ich glaube aktuell gebe es nur eine Lösung und zwar Gespräche mit einem Mediator.

    Leider wird dein Sohn damit nicht einverstanden sein.

    So unvorstellbar wie es aktuell sein mag, Hoffnung gibt es immer und deswegen sollte man einfach nicht aufgeben.

    Auch wenn Traurigkeit lähmend sein mag, auch wenn viele Tränen aus mir unverständlichen Gründen zurückhalten, manchmal muss man sich der Situation hingeben und sich gehen lassen.

  • Wunsch und Aufgabe von Eltern ist es,das Kind zur geistigen und wirtschaftlichen Selbstständigkeit zuführen. Sprich, für sich selbst sorgen zu können. Dazu müssenWeichen gestellt werden, dies beginnt bei uns leider schon rechtfrüh.

    Ich wollt erst garnichts schreiben, jetzt muss ich doch.

    Hast du dich mal gefragt, ob es genau dieser Druck war, der deinen Sohn dahin gebracht hat?

    Für mich steht im Vordergrund, dass meine Kinder glücklich werden. Gleich für welche Lebensform sie sich entscheiden. Persönlichkeitsentwicklung vor Leistungsgedanke.

    Daher stößt der Satz bei mir besonders auf.

    Denn ich bin genau unter diesen Bedingungen groß geworden, die du da schilderst.

    Ich hätte alles haben können. Zumindest sahen meine Eltern das so.

    Mit 16 angefangen zu kiffen. Gymnasium abgebrochen, Lehre abgebrochen, Abi, Studium abgebrochen, Ausbildung abgebrochen, Umschulung abgebrochen.

    So sah es dann aus. Dazu eine Odysee durch dien Kliniken.

    Heute bin ich 36. Verheiratet. Zwei Kinder. Und kiffe noch immer.

    Jetzt klingts klar abgedroschen: das: "Ich mach es anders als meine Eltern...". Nur gibt es klare Alternativen in der Erziehung. Und vor allem muss man sich da immer selber gut reflektieren und immer wieder in Frage stellen.

    Nichts für ungut...

  • „Für mich steht im Vordergrund, dass meine Kinder glücklich werden. Gleich für welche Lebensform sie sich entscheiden. Persönlichkeitsentwicklung vor Leistungsgedanke.“

    Na dann wünsch ich dir, dass dir deine Kinder dir da nie einen Strich machen durch dieses Ideal.

    Persönlichkeitsentwicklung ist nur durch wachsende Leistung möglich. Man denke ans Laufenlernen, ans Lesenlernen, ans Training für einen Sport, ans Üben für ein Instrument.

    Leistung ist nichts Negatives. Manche Leute deuten nur gern Negatives hinein.

    Und überhaupt möchte ich bezweifeln, dass KIFFEN die Persönlichkeitsentwicklung fördert.

    Kiffen deine Kiddies auch schon?

  • Danke, der hat gesessen. Hat aber leider nichts mit Argumenten zu tun.
    Vielmehr halte ich es für anmaßend, mich oder meine Erziehung zu verurteilen, obwohl du beides nicht persönlich kennst.

    Du willst mir hier unterschieben, dass ich selbst Schuld bin, weil mein Sohn "so viel Druck" von zu Hause gehabt hätte.

    Das stimmt nicht.

    Der Druck ging erst los, als er vom vielen Kiffen den Popo nicht mehr hochkriegte, sich für Superman hielt und ein Beschwerdebrief nach dem anderen aus der Schule kam. Den Druck hat er sich durchs Kiffen selbst gemacht. Der Druck war nicht die URSACHE seiner Sucht! Er war die FOLGE!

  • Die Frage ist aber auch, warum wird jemand vulnerabel für Drogen. Warum entwickelt wer einen Drogenmissbrauch, obwohl man wissen könnte, dass das riskant ist.

    Bei mir sehe ich die Faktoren:

    - Ambivalenzen, Spannungen, Probleme innerhalb der eigenen Persönlichkeit

    - Schlecht ausgetragene Konflikte und Spannungen zwischen den Eltern

    - Störungen in der frühkindlichen Entwicklung

    - Störungen in der Eltern-Kind-Beziehung

    - Spannungen und aggressionen innerhalb des Lehrkörpers

    - Strukturelle Gewalt im Kollektiv, wie sinnlose, destruktive Drücke

    - Psychische und physische Gewalt unter Gleichaltrigen

    - Probleme im Selbsterleben, wie Umgang mit Gefühlen

    - Orientierungslosigkeit, Unsicherheit, Überwältigung

    - Eigene Fehlentscheidungen aus Inkompetenz, Mutwilligkeit, Unwissenheit, Fehler, etc.

    Da gibt es etliche Stressoren die jemanden anfällig machen können. Hättest du doch gemacht was man gesagt hat und die Finger vom Kiffen gelassen greift vielleicht zu kurz. Natürlich greift es auch zu kurz, alles auf einen sich spekulativerweise anbahnenden Wertekonflikt zwischen Eltern und Kind oder Kollektiv und Kind zurückzuführen.

    Das wird der Sohn als Erwachsener für sich wohl rauszufinden haben, wie er mit den Lebensproblemen umgeht, was er will, warum er wurde, wie er wurde. Und die Eltern werden auch vermutlich noch viel nachdenken, und später noch zu irgendwelchen Teilerkenntnissen kommen.

    Wahrscheinlich ist das Leben für viele einfach so. Die die immer als Mitläufer am Gros der Gemeinschaft mitschwimmen, leben halt reibungsärmer vor sich hin. Was Vorteile oder im Einzelfall gar Nachteile mit sich bringen mag.

    Wichtig ist auch, dass Eltern und Kind sich irgendwann als Erwachsene begegnen und verständigen werden. Und falls der Sohn auch Kinder kriegen sollte, dann dürfen die Eltern dereinst vermutlich auch auf spätes Verständnis hoffen.

    Wichtig für den Sohn ist, dass er sich bewusst wird. Möglichst vieler Dinge. Aber ich wüsste auch nicht, wie das in jungen Jahren so einfach gehen sollte. Das ist wohl der Prozess des Lebens, der Jahre und Jahrzehnte dauert.

    Dazu denke ich auch, dass ein Erfahrener Mediator in Kenntnis möglichst aller Details dieses "Falls" praxisgerechte Maßnahmen und Entscheidungsvorschläge helfen sollte, zu erarbeiten.

    Dazu sind die Zusammanhänge zu komplex und hier unsichtbar, damit zumindest mir jetzt einfallen würde: "macht mal dies oder jenes".

    Aber ich würde vermuten es ist ratsam, aktuell keine Forderungen oder Urteile an ihn ranzutragen. Abgesehen von für die Eltern gesunden und notwendigen und auch logischen, nachvollziehbaren Abrenzungen und Selbstschutz. Er muss selber in vielleicht aufwändigsten Prozessen dann dazu kommen, welche Forderungen er an sich haben will.

    Ich würde auch in Erwägung ziehen, mich mit anderen betroffenen Eltern kurzzuschliessen, auch wenn es widerstrebt, oder man möglicherweise über seinen Schatten springen müsste, oder welche Widerstände auch immer überwinden müsset. Man muss ja nicht zu allem Ja und Amen sagen. Aber in einer Selbsthilfegruppe ist es einfach befreiend, zu sehen wie viele vergleichbarers durchleben. Und auch informativ, den Diskurs und die Erfahrungen zur Kenntnis zu nehmen.

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