Neuer Freund clean, wie sind die Chancen?

  • Hallo Zusammen

    Vor ein paar Wochen habe ich einen tollen Mann kennengelernt. Es war wirklich für beide Liebe auf den ersten Blick. Am ersten Abend hat er mir dann offen erzählt, dass er jahrlang auf Koks und Crystal war. Er hat beides immer am Wochenende konsumiert, hat aber alles durchgemacht bis zu hohen Schulden.

    Er war vor etwas über einem Jahr schon mal freiwillig zwei Monate in einer Entzugsklinik wurde danach aber innert zwei Wochen wieder rückfällig. Er ist dann dieses Jahr wieder in die Klinik, war dort zwei Monate und danach noch zwei Monate in einer privaten Einrichtung weit weg von seinem Wohnort. Nun hat er noch einen Auslandaufenthalt (im nahegelegenen Ausland) auf einem Bauernhof angefangen. Diese nehmen jeweils ein bis zwei Personen mit einer Suchtkrankeit auf, die bereits clean sind. Nebenbei ist er noch in psychiatrischer Behandlung.

    Bevor er abgereist ist, hat er alles aufgegeben. D.h. die Wohnung, alle Handy-Nummern der "Freunde" von damals gelöscht, Handynummer gewechselt etc. D.h. wenn er in einem Jahr zurück kommt, muss er ganz von vorne anfangen. Er will dies auch nicht mehr am alten Wohnort machen, sondern diesen wechseln. Immerhin hat er noch einige Freunde, die aber nie was mit den Drogen zu tun hatten und ihm beigestanden sind und geholfen haben.

    Da er sich im nahen Ausland aufhält, kann ich ihn regelmässig besuchen. Wir haben auch jeden Tag Kontakt und er erzählt mir immer ehrlich, wenn er Drang nach Drogen hatte und welche Situation das ausgelöst hat. Zum Glück passiert das aber "nur" noch alle paar Wochen und nicht mehr regelmässig. Aber es sind dann halt kleine Dinge, die ihn irgendwie an die Drogenzeit erinnern und die Lust wecken.

    Das alles spricht meiner Meinung dafür, dass er wirklich clean bleiben und sein Leben neu starten will. Ich weiss aber auch, dass ein grosser Teil der Süchtigen irgendwann rückfällig wird, egal wie gross der Will ist. Und das macht mir grosse Angst. Ich will ja nicht etwas aufgeben, dass wirklich toll werden könnte. Auch wenn das Risiko da ist, macht er nun meiner Meinung nach alles richtig, damit er die Finger davon weglassen kann. Trotzdem habe ich zum Teil wirklich Panik, dass das nach seiner Rückkehr wieder ändern kann. Einfach wird es für ihn ja nicht, da er dann Job und Wohnung suchen muss. Kleinigkeiten können ja ab und zu einem Rückfall führen. Irgendetwas das schief geht etc. Aber eben, es kann auch gut gehen. Es gibt immerhin rund 25% die definitiv wegkommen.

    Was sagt ihr zu dieser Situation? Soll ich mich darauf einlassen oder ist das Risikon zu gross? Oder einfach mal abwarten, was passiert und wie er sich entwickelt, schliesslich ist er ja noch ein Jahr weg......

    Vielen Dank und Grüsse
    Alexander

  • Servus Alexander,

    welches Risiko gehst du denn ein, also deiner Meinung?

    Eine neue Partnerschaft hat doch immer ein Risiko, ob es überhaupt klappt oder wie sich das noch entwickeln könnte!

    Meiner Meinung ist es ein Musterbeispiel, Drogen - Schulden - kein Ausweg - Therapie ...

    Dann der Rückfall, der aber nicht immer nur schlecht sein kann :winking_face:

    Die erneute Therapie zeigt den Willen, die weiterführenden Maßnahmen erreichen eher weniger Leute, also ich finde es toll was er macht.

    Genauso die ganzen Nebenaktionen, welch3e man natürlich jedem Süchtigen nahelegt - Umfeld verlegen, altes Leben aufgeben - weiter Therapie - usw. ...

    Alles perfekt :thumbs_up:

    Vor über 30 Jahren hat mal ein Therapeut zu mir gesagt, du musst genauso lang von Drogen weg sein, wie du sie genommen hast - dann darfst dich als geheilt ansehen!

    Ok, zu dieser Zeit waren viele suchttherapeutischen Maßnahmen und Denkweisen noch sehr merkwürdig, aber ganz von der Hand weisen kann man manches heute auch nicht :grinning_squinting_face:

    Ich wurde nach über 11 Jahren erneut rückfällig, also so ganz hat die Aussage nicht gestimmt, denn ich wäre schon gut ein Jahr drüber gewesen :57:

    Passiert, wichtig ist immer wie man damit umgeht und bei mir ist das auch schon wieder weit über 10 Jahre her.

    Gedanken an Drogen wird dein Freund sicher noch länger verspüren, aber er wird lernen damit umzugehen.

    Es werden nach seiner Rückkehr immer mal schwere Zeiten kommen, aber auch das kann man meistern.

    Sollte es dennoch zu einem weiteren Rückfall kommen, auch dann geht die Welt nicht gleich unter - wenn m an sich denn nicht vollkommen aufgibt und das hat er ja jetzt auch nicht.

    Kurz und gut, keiner wird dir oder deinem Freund die Zukunft voraussagen können, aber wenn man nicht an das Gute glaubt, dann wird das auch nicht eintreten!

    Um ehrlich zu sein, ich finde sein Risiko wesentlich größer als das Deine :winking_face:

    Was meint er dazu, wie sieht er das Risiko?

    Ich hoffe ihr traut es euch zu und denkt vlt sogar gar nicht so viel an die Vergangenheit.

  • Hallo Franz

    Vielen Dank für deine Antwort. Ich sehe es ja eigentlich genau so wie du. Bin auch sehr beeindruckt davon, was er alles macht. Ist ja wirklich nicht einfach, alles aufzugeben und neu zu starten. Und das auch schon mit über 40.

    Seit ich alleine bin, hatte ich viel Zeit nachzudenken. Dabei sind all die Ängste hoch gekommen. Eine Sucht hat halt wirklich das Potenzial zwei Leben zu zerstören. Aber ich weiss, dass es ihm ernst damit ist, wegzukommen. Und er hat sehr sehr grossen Respekt vor der Rückfallgefahr. Auch ein gutes Zeichen finde ich.

    Und du hast völlig recht. Die Zukunft weiss man nie. Es kann auch sonst gesundheitlich was passieren, das genau so schlimme Auswirkungen hat.

    Eigentlich haben wir uns schon entschieden, dass wir es versuchen wollen. Es sind halt meine Ängste, die mich noch plagen. Aber mit denen muss ich, glaube ich, zuerst mal zurecht kommen und die in den Griff bekommen. Das ist allein mein Problem. Vielleicht ist da das Jahr da auch für mich gut. Und durch die Besuche können wir uns in einer sicheren Umgebung besser kennen lernen und Vertrauen gewinnen.

    Aber es hat gut getan so eine positive Antwort zu lesen. Vielen Dank dafür. :smiling_face:

  • Das ist allein mein Problem.

    Ich denke du solltest deine Bedenken offen kommunizieren, so zeigst du Interesse und das nicht nur er seine Probleme und Ängste hat.

    Ansonsten gebe ich dir recht, geht es in Ruhe an, der Rest wird sich zeigen :smiling_face:

  • Ich würde auch sagen, gib ihm eine Chance. Er weiß genauso wie du, welche Risiken es gibt. Und er hat sicherlich mindestens vergleichbare Ängste wie du. Ich denke, offene und ehrliche Kommunikation könnte der Schlüssel zum Erfolg sein, vor allem wenn die Basis Liebe ist. Teilt eure Sorgen und Ängste und vermeidet ganz bewusst Misstrauen, Hintergedanken und Spekulationen. Macht offene Kommunikation zu eurem Mantra - und besonders von dir wird vielleicht ein gerüttelt Maß an Fähigkeit zum Verzeihen verlangt werden. Macht eine Art Vertrag, in dem ihr derartiges nicht nur schriftlich fixiert und euch dazu bekennt und verpflichtet. Schafft zusätzlich eine Struktur, in dem ihr Gesprächszeiten zu diesem kritischen Thema zu fixen Terminen macht, damit diese offene Kommunikation zu einem regelmäßigen, praktizierten und selbstverständlichen Teil eures gemeinsamen Lebens wird.

    Gemeinsam habt ihr eine reelle Chance, möchte ich meinen. Aber ihr werdet beide daran arbeiten müssen.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!