• Hallo liebe Gemeinschaft.

    Ich bin neu hier und weiß nicht an wen ich mich grade wenden soll. Ich habe folgende Erfahrung gemacht:


    Die letzten Wochen waren sehr stressig und anstrengend, weshalb ich am Wochenende einfach mal feiern und abschalten wollte. Gesagt, getan. Wir waren mit einigen Leuten auf einer Party und ich hab auch das ein oder andere getrunken. Meine Erinnerung lässt leider zu wünschen übrig. Es waren einige Leute auf der Party, die ich kannte. So auch ein Kerl für den ich mal eine Schwäche hatte. Wir haben uns zwischenzeitlich vor der Tür recht lange unterhalten dann aber wieder aus den Augen verloren. Auf jeden Fall ging die Feier recht lang und ich hab meinen Schlüssel bei einer Freundin gelassen, die dann leider ohne mich schon nach Hause ist. Plötzlich hab ich mich so allein gefühlt und war es tatsächlich auch. Und dann konnte ich nicht in meine Wohnung und wusste nicht wo ich übernachten soll. Habe dann rumtelefoniert, aber mitten in der Nacht erreicht man nicht viele Leute... auf jeden Fall hab ich dann diesen Kerl kontaktiert, ob ich evtl. bei ihm übernachten könnte. War kein Problem, also bin ich schon mit einem mulmigen Gefühl dort hin. Das letzte an das ich mich dann erinnere ist, dass ich wach geworden bin und er auf mir lag und mich geküsst hat. Wie es dazu gekommen ist, weiß ich nicht. Ich erinnere mich wirklich gar nicht! Ich konnte das nicht zuordnen und hab’s nicht so recht begriffen und mich anfänglich nicht gewehrt. Bis ich bemerkt habe, was da vor sich geht. Wobei ich gerade nicht genau sagen kann, was da vor sich ging - weil ich mich einfach nicht erinnere. Ich war unglaublich betrunken, konnte keine drei graden Sätze mehr sprechen. Als ich „klar kam“, bin ich sofort nach Hause zu einer Freundin, die das ganze auch nicht fassen konnte. Ich weiß nicht was (mir) passiert ist. Und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich bin seit einem Jahr in eine Beziehung, die sehr viel Potential für die Zukunft hat. Und gerade fühle ich mich so als hätte ich meinen Freund betrogen, ohne zu wissen, was da passiert ist. Aus diesem Grund kann ich auch noch nicht mit ihm sprechen. Ich fühle mich gerade einfach nur wie gelähmt. Was soll ich nur machen?

  • Hallo Vitaminklar,

    erstmal hoffe ich natürlich, dass es dir soweit gut geht! Das ist ein einschneidendes Erlebnis.
    Ich kann dir anbieten, dass wir zusammen über unseren extern, gesicherten Chat schreiben, und du mir noch ein bisschen mehr über dich erzählst. Wir können dann gemeinsam, natürlich nur, wenn du das möchtest, nach einer Beratungsstelle suchen, die dir viele Fragen beantworten und dich adäquat beraten können.

    Im Chat erreichst du mich über diesen Link: https://www.condrobs.de/chat


    Viele Grüße Carmen

  • Hallo Vitaminklar,

    hat das Gefühl der Lähmung ein wenig nachgelassen und geht es etwas "klarer"?

    Und konntest Du das Angebot mit dem Chat annehmen?

    Die Erinnerung ist also für mehrere Stunden komplett ausgelöscht?

    Ich bin keine Fachfrau und möchte dazu nichts falsches sagen, oder schreiben.

    Aber ich wollte Dich wissen lassen, dass ich Deinen Beitrag gelesen habe und Dir wünsche, dass es Dir bald wieder besser geht und das Erlebnis irgendwie "geklärt" werden kann.

    Viele liebe Grüsse!

    Malina

  • Die Schockstarre lässt etwas nach, so dass ich wenigstens ein wenig handeln kann. Ich glaube auch, dass dieser Chat mir sehr geholfen hat, die Situation aktiv anzugehen. Ich konnte für morgen einen Beratungstermin vereinbaren, so dass ich mich nicht allein gelassen fühle in dieser Situation.

  • Ich bin auch froh darüber und hoffe, dass es mir danach schon ein wenig besser geht. Dadurch, dass ich das Gefühl habe mich niemanden (außer hier) gerade mitteilen zu können, fühle ich mich so schuldig und kann mich selbst nicht mal mehr ansehen. Ich denke die ganze Zeit, ich hätte es verhindern können.

  • Ich denke auch, dass das ein Fall für die Polizei ist. Wenn Du diesen Schritt gehst Vitaminklar, brauchst Du Unterstützung. Lass Dir von Carmen helfen! Schreiben wie es Dir geht, geht jederzeit hier. Du wirst sicher ein offenes Ohr finden hier.

    So viele Frauen machen keine Anzeige aus Scham. Bei Dir klingt auch schon an, das Du Dich an dem Geschehen schuldig fühlst.

  • Ich war soeben bei der Beratungsstelle und habe ein erstes Gespräch hinter mir. Es tat gut jemanden persönlich davon zu erzählen. In einigen Tagen kann ich auch noch einmal wieder kommen. Sie hat bislang noch nichts von Polizei gesagt, aber ich konnte auch nicht einschätzen, ob sie dachte, das sei vielleicht zu viel? Keine Ahnung. Ich weiß nicht so recht wie ich mich fühlen soll.

  • Das ist toll, dass Du dort warst und darüber reden konntest!

    Es kann natürlich sein, dass man Dich nicht überlasten wollte und darum nichts zum Thema Polizei gesagt wurde.

    Und letztendlich kannst nur Du entscheiden, was Du in diese Richtung hin unternehmen willst.

    Der Gang zur Polizei muss auch nicht zwingend in einer Anzeige enden, es ist also keine "Sackgasse".

    Bezüglich der Schuldgefühle, dem Partner gegenüber, da fiele mir noch ein, sofern Du das möchtest, eventuell kannst Du auch konkret dieses Problem beim nächsten Termin ansprechen, eventuell kann die Beratungsstelle da auch helfen!

    Ist super schwer, so aus der Ferne, all dies einzuschätzen.

    Liebe Grüsse!

  • Vielen lieben Dank für all deine Worte. Hilfreich war ein erster Austausch auf jeden Fall. Die Beraterin hatte mir auf jeden Fall ans Herz gelegt, mit jemanden zu sprechen, der mir sehr nahe steht und dem ich vertraue. Das ist natürlich auf der einen Seite mein Freund. Aber Schuldgefühle hin oder her: ich schätze so ein Vorfall kann eine Beziehung generell auch belasten, weil es Bilder entwirft, die bei beiden schwer aus dem Kopf gehen. Das denke ich mir zumindest gerade. Die Beraterin meinte allerdings auch, dass es legitim ist, sich Zeit zu lassen mit allem, ich solle in meinem Tempo voranschreiten. Ich werde mich auf jeden Fall noch an eine Person meines Vertrauens wenden, denn im Alltag ist die Beratungsstelle natürlich nicht für mich da...

  • Der Gang zur Polizei muss auch nicht zwingend in einer Anzeige enden, es ist also keine "Sackgasse".

    In dem Moment wo sich ein Tatbestand der sexuellen Belästigung andeutet, was hier ja anzunehmen ist, muss die Polizei tätig werden - im öffentlichen Interesse.

    Wenn auch nicht ganz gleiche Sachlage, aber erklärt wird es da schon etwas ==> Interview "Anzeige im Missbrauchsfall"

    Um ehrlich zu sein, ich sehe es zwar auch so, solche Vorgänge sollten immer zu einer Anzeige führen, aber es gibt da auch einige Dinge zu beachten.

    Zum einen ist es ja nicht besonders angenehm, das alles immer und immer wieder auszubreiten ...

    Zum anderen ist die Beweislage sehr schwierig, jetzt nach Tagen eher kaum noch mit Fakten zu untermauern - wenn man mal z.B. von gewissen Betäubungsmitteln im Blut ausgeht.

    Also ist wirklich abzuwägen, wie komme ich mit dem Vorfall klar und welches "Tempo" möchte ich gehen.

    Aber, auch wenn es vlt nicht mehr zu einer Verurteilung reichen würde - für den Typen würde es trotzdem Stress bedeuten und schon die Vorladung usw. würde dem zumindest klar machen, dass es so nicht geht.

    Ein zweites aber vitaminklar auch wenn du es dir aktuell kaum vorstellen kannst, ich denke ohne deinen Freund einzuweihen wird das wirklich sehr schwer.

    Es würde ja bedeuten, du müsstest den immer wieder anlügen, ich glaub das würde auf lange Sicht die Beziehung nicht aushalten.

    Doch hier kommt es sich nicht auf ein paar Tage an, ich wollte es nur mal geschrieben haben ...

    Ich finde es aber toll dass du wirklich umgehend eine Beratung gesucht hast, einfach so tun als wäre nichts geschehen, würde eh nicht funktionieren.

  • Ja, insofern sich der Tatbestand bestätigt und der dringende Verdacht einer Straftat besteht, muss der Kriminalbeamte ja reagieren, das weiss ich, er/sie würde sich sonst sogar selbst strafbar machen.

    Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung nur berichten, dass ich, als ich bezüglich weiterer Schritte (will ich eine Anzeige machen, was kommt auf mich zu etc.) unsicher war, ein informatives Gespräch mit einer Polizeibeamtin hatte, es durfte sogar eine Begleitperson dabei sein. Ich bin allerdings bewusst nicht ins Detail gegangen, um eben nicht genau das auszulösen- dass die Beamtin reagieren muss (!).

    Das ist natürlich immer ein Einzelfall, das ist mir auch bewusst.

  • Mein Gedankenkarussell führt mich im Kreise.. natürlich könnte ich mit der Polizei sprechen. Aber dadurch, dass es keine „Beweise“ gibt und ich mich auch nicht erinnere. Ich bin gerade an einem gruseligen Punkt angelangt und frage mich, ob ich es nicht selbst schuld bin, das alles wollte? Bei völligem Verstand wäre ich zu so etwas niemals in der Lage gewesen, würde niemals solche Absichten haben - aber mich überkommen ständig Zweifel, weil ich nach Antworten suche.

  • Du meinst, Du hast den Verdacht, Dich absichtlich in diese Lage gebracht zu haben, weil Du unterbewusst so "etwas" erleben wolltest?! Also, das klingt für mich eher so, als versuchst Du diese beängstigende Situation für Dich irgendwie nur zu "begründen", um die Wirkung, die das alles auf Dich hat, abzuschwächen. Quasi eine Art Schutzfunktion.. .

    Es ehrt Dich, dass Du auch bei Dir nach Verantwortung suchst und in mehrere Richtungen denkst, ABER: wenn Du mal ganz, ganz ehrlich in Dich hinein hörst- du wolltest feiern, Spaß haben und später dann einfach nur einen sicheren Schlafplatz, um Dich auszuruhen. Punkt. Ende.

    ...mal abgesehen davon kann man auch selbst Schuld an einer Situation oder Entstehung einer Situation sein und trotzdem darunter leiden und Hilfe in Anspruch nehmen! Das ist jetzt NICHT auf Deine Situation bezogen, aber um mal aus dem Problem mit der Schuld/ Verantwortung heraus zu kommen, ist das vielleicht ganz hilfreich, dieser Gedanke. Also erst mal schauen:

    -was brauche ich jetzt

    - was tut mir jetzt gut

    - möchte ich jemand einweihen und wenn ja, wie fange ich damit an

    - was belastet mich aktuell (Träume, negative Emotionen)

    und so weiter.

    Das Phänomen, dass man die Schuld bei sich selbst sucht, ist ja leider kein Unbekanntes :frowning_face:

  • Ich bin gerade an einem gruseligen Punkt angelangt und frage mich, ob ich es nicht selbst schuld bin, das alles wollte?

    Sowas nennt man glaube ich Stockholm-Syndrom. Man solidarisiert sich mit dem Täter und versucht ihn zu entlasten, um der eigenen Hilflosigkeit und Verzweiflung zu entgehen.

  • Nein ich würde jetzt nicht sagen, dass ich sowas erleben wollte. Aber dadurch, dass mir diese Stunden fehlen, kann ich nicht sagen, was zwischenzeitlich war und ob ich nicht irgendwelche Avancen gemacht haben, die dazu geführt haben. Ich weiß halt nicht, ob ich bei Sinnen / wach war oder nicht. Das erste und fast einzige Bild nach dem „Erwachen“ ist eben nur, dass ich keinerlei Ahnung habe, wie ich in diese Situation geraten bin.. ich suche einfach nur nach Erklärungen für diesen Gedächtnis- und scheinbaren Kontrollverlust. Und dadurch, dass ich feiern war, getrunken habe, Spaß hatte und nach einer Übernachtungsmöglichkeit gesucht habe, habe ich das Gefühl, noch trägt eine recht große Schuld an der gesamten Situation. Vielleicht hat er gar nichts Böses gewollt und war sich über meinen Zustand nicht bewusst. Ich hab keine Ahnung Leute...

  • Hallo,

    der letzte Satz "Ich hab keine Ahnung, Leute" hat mir noch mal vor Augen geführt, wie viel das alles gerade für Dich sein muss,! Das ist eine Menge zu verpacken, viele Fragen und Gefühle.

    Ich habe da schnell so einen "Drang" helfen zu wollen- was eigentlich manchmal gar nicht gut ist, da ich ja selbst ein gebranntes Kind bin und das ist nicht immer der beste Berater!

    Verzeih also, falls ich Dich überfordert habe!

    Ich wünsche Dir alles Gute, auf dem weiteren Weg und hoffe ganz ganz stark, dass es Dir bald besser geht!

    Malina

  • Ich danke dir und ich glaube die Überforderung liegt einfach in der Situation. Deine Worte (und auch die von anderen) haben mich zumindest etwas durch die Tage gebracht. Ich war heute bei meiner FA und habe mit ihr über alles gesprochen und mich untersuchen lassen. Das hat auf jeden Fall nochmal etwas den Druck von meinen Schultern genommen. Zumindest gesundheitlich kann sie mir weiterhelfen und auch kopftechnisch hat sie ihr bestes versucht.

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