• Hallo vitaminklar,

    ich möchte dir sagen, dass du ganz normal reagierst. Es ist so: Wenn man durch das eigene Verhalten Einfluss nehmen kann (hätte können), suggeriert einem dass, das man nicht völlig hilflos und ohnmächtig war, sondern einen Fehler gemacht hat und eigentlich Kontrolle/Macht hat. D.h. der Täter hat diese Macht nicht, sondern man selbst. Deswegen reagieren die meisten Menschen damit, zu suchen, wo ihr Fehler war, was sie anders hätten machen können, etc. Das ist besser zu ertragen, weil man sich weniger hilfos und ohnmächtig fühlt, weil dann kann man etwas ändern und gefühlt auch im Nachhein an dem Vergangen etwas ändern. Und nein, das ist nicht das Stockholm-Syndrom, aber Teil einer akkuten Belastungsreaktion. Ganz normal. Auf Dauer gilt es aber, in die Akzeptanz zu kommen, dass man ausgeliefert war und dass es Situationen im Leben gibt, wo man keine Kontrolle hat. Aber das muss keine Bedrohung sein, es ist nicht mit schrecklichen Erlebnissen automatisch verbunden. Leider ist es oft so, dass man nur durch diese "radikale Akzeptanz" ein Trauma in das eigene Leben integrieren kann. Das ist nämlcih das was bei einem Trauma passiert: etwas wird aus dem eigenen Leben ausgegliedert. Und manchmal bekommt man es wieder zusammen, später, manchmal nie. Manche wollen es versuchen und manche leben lieber damit, nicht "ganz" zu sein.

    Du kannst dich ruhig auch an deine Beraterin wenden. Je mehr du in einem Netz bist, dass dir hilft damit umzugehen, desto besser.

    Wegen einer Anzeige... geh bitte erst zum Weißen Ring o.ä. - wie Franz schon sagt, gibt es da viel zu Bedenken. Du hast keine Verantwortung, den Typ anzuzeigen - jetzt geht es erstmal um dich, nicht um ihn. In einem Anzeigeverfahren/Gerichtsverfahren ist es einfach zumeist so, dass das Opfer nochmal zum Opfer wird. Die breite Öffentlichkeit hat einfach keine Ahnung, wie sowas im realen Leben abläuft/ablaufen kann und das die Opfergesundheit während des Verfahrens nicht berücksichtigt wird, wenn es schlecht läuft. Aber es gibt auch Gründe, sich dafür zu entscheiden. Z.B. Zugang zur Opferentschädigung, ggf. "recht" zu bekommen, etc - ist für manche hilfreich. Bitte lass dich einfach beraten, wenn dir diese Frage, ja, nein, vielleicht, weiss nicht Kapazitäten zieht. Das muss dich nicht auch noch zusätzlich belasten und verunsichern!

    Es wird sicher der schwerste zu verabeitende Teil sein, niemals richtig Klarheit über diese stunden zu erhalten und das nicht richtig einordnen zu können in deine eigene Lebensgeschichte. Aber mit der Zeit lernt man sowas. Gib dir die Zeit und dein Freund scheint dabei ein guter Begleiter zu sein.

  • Hallo Grany, danke für deine Antwort. Ich denke mit ständig ich hätte irgendwas tun können. Hast du vielleicht einen Tipp, wie man in diese Akzeptanzhaltung geraten kann? Über alles weitere kann ich mir tatsächlich erst Gedanken machen, wenn ich wieder etwas klarer denken kann.

    Liebe Grüße

  • Hallo vitaminklar,

    sorry, einen Generaltipp habe ich da nicht. Falls es noch weitere Beratungstermine gibt, das direkt ansprechen. Ganz oft hören und sich selbst sagen: Es war nicht deine Schuld.Versuchen, innerlich, stopp zu sagen, sobald die Suche wieder losgeht. Das braucht aber auch: Zeit.

    Alternativ kannst du auch eine stationäre Krisenintervention in einer psychosmoatischen Klinik andenken. Das dauert 1-2 Wochen und ist genau für sowas da.

  • Hallo Vitaminklar,

    ich finde es sehr gut, dass du die Beartung in Anspruch genommen hast und das es dir schon ein wenig Entlastung gegeben hat.
    Ich finde das, was grany geschrieben hat sehr gut, du bist in keiner Bringschuld und solltest dich erstmal um dich kümmern.
    Solltest du dich später dennoch an die Polizei wenden wollen, dann geh am besten gleich zu einer Opferberatung bei der Polizei. Dort sitzt ausgebildetes Personal, welches sensibel und vorsichtig an die Sache ran geht.

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