Tavor-Abhängigkeit nach der dritten Einnahme?

  • Hallo zusammen,

    ich hätte nie gedacht, mit 69 Jahren unter diesem Thema um Hilfe zu bitten.

    Ich hatte vor drei Wochen eine Blutdruckentgleisung aus dem Nichts auf Werte bis 200. Blutdruck war nie ein Thema bei mir, und die Sache an sich und die medikamentöse Einstellung haben mir physisch und psychisch sehr zu schaffen gemacht. Vor reichlich zwei Wochen verschrieb mir der Hausarzt Tavor 1,0, zu nehmen, wenn die Aufregung mal zu groß wird. Ich habe begonnen, das Mittel aufgrund des Schlafdefizits zum Einschlafen zu nehmen, 0.5...1 mg, jedoch nicht täglich. Nach einer Woche gab es eine schlaflose Nacht, ohne jede Müdigkeit. Am nächsten Abend nahm ich wieder eine Tavor. Dieses Procedere wiederholte sich, und heute, nach der vierten schrecklichen Nacht, ohne Schlaf, ohne Müdigkeit, kam mir der Gedanke, dass ich ohne Tavor nicht mehr schlafen kann. Ich habe überrascht festgestellt, dass ich in den letzten 20 Tagen 12 Tavor genommen habe, unregelmäßig, in Dosierungen von 0.5 bis 1.5 mg, immer abends. Physisch bin ich aufgrund des Schlafmangels total fertig, nervlich auch, der Blutdruck ist früh hoch. Ich weiß nicht, wie ich aus der Mühle rauskomme. Ich müsste Tavor absetzen, aber noch eine Nacht ohne Schlaf.....Ausschleichen? Von welcher Dosis? Dann müsste ich ja jetzt regelmäßig einnehmen. Ich bin noch 10 Tage in Spanien und muss das selbst hinkriegen, wie kann das gehen? Soll ich doch absetzen?

    Wer kann mir einen Rat geben? Ich wäre sehr dankbar dafür. Noch etwas: Mit 30 hatte ich ein Alkoholproblem und Panikattacken, wurde mit Diazepam behandelt. Bin also vorgeschädigt.

    Herzliche Grüße an euch, und Dank im voraus,

    Kalmus

  • Nun denn, da werde ich beschreiben, wie ich sehenden Auges in die Abhängigkeit gerate. Heute bin ich ausgeschlafen, Blutdruck okay, Appetit gut, Daumen hoch, gefällt mir. Und das alles mit einem Milligramm Lorezapam gestern Abend, dem ich nach einer Stunde noch ein halbes hinterher geschoben hatte, weil sich nichts tat. Das gleiche wird wohl jetzt jeden Abend ablaufen. Oder ich schlafe nicht und bin ungesund munter. Blutdruck hoch, Schwindel, Herzklopfen, Unruhe. Gibt es jemanden, der mir sagen könnte, was ich jetzt tun müsste? Selbst tun könnte, außer den zwei Alternativen? Ich schrieb, dass ich noch einige Tage im Ausland bin, könnte aber Hilfe auch hier suchen, wenn ich wüsste, worin die bestehen könnte...

  • Servus Kalmus,

    nach dem Thementitel hätte ich geantwortet - nein, Abhängigkeit nach 3 mal Tavor ist eher nicht gegeben oder eben halt unwahrscheinlich.

    Es sollte aber klar sein, eine Gewöhnung kann sich bei Tavor wirklich sehr schnell einstellen - da muss man noch nicht unbedingt von Abhängigkeit oder Sucht sprechen.

    Im Text stellt es sich dann aber ja ganz anders dar, da kommt die Zahl 12 ...


    Psychisch scheint also schon ein Verlangen vorhanden zu sein, sonst würde man nicht nach ner halben Stunde die Dosis noch erhöhen.

    Auch wenn es schon 30 Jahre her ist, eine gewisse Suchttendenz ist vorhanden und da frage ich mich wirklich, warum verschreibt dein Arzt dir das überhaupt?

    Was war das Ziel, was sollte genau behandelt werden?

    Ganz ehrlich, Tavor verschreiben und dann den Patienten in Urlaub lassen, ich kann es mir nicht erklären - oder kam das Rezept von einem spanischen Arzt?

    Nicht schlafen können ist eines der schlimmsten Dinge die ich selbst auch kenne ...

    Daher verstehe ich, dass man egal wie, irgendwie Abhilfe schaffen möchte.

    Dennoch sollte klar sein, Tavor kann und wird es nicht sein.

    Bevor ich weiter schreibe, würde ich gerne mal deine Antwort abwarten :smiling_face:

  • Hallo Franz, vielen Dank für Deine Zeilen. Ein wesentlicher Punkt der Selbsthilfeforen ist die Erkenntnis, dass man mit seinem Problem nicht allein und kein Sonderfall ist, dass es Menschen gibt, die die eigenen Probleme kennen und vielleicht überwunden haben und Mut geben. Also Danke nochmals.

    Mein Alt-Ereignis liegt 40 Jahre zurück. Probleme-Angst-Panikattacken-Alkohol, das war die Kette. Aus der bin ich ausgebrochen, weniger durch Medikamente, mehr Gruppentherapie etc. Zurückgeblieben ist nichts außer der Erinnerung. Ich nehme nur Cholesterinsenker, ja, nun noch zwei Blutdrucksenker, und die Wochen jetzt ohne Alkohol machen mir nichts aus. Aber das Gehirn weiß wohl, da gab es mal eine Problemlösung mit Drogen, wenngleich auch nur kurzfristig erfolgreich. Wenn ich mich dazu als sensiblen, negativ denkenden, grüblerischen (vor allem nachts) Menschen charakterisiere, dann liegt da wohl ein erhöhtes Risiko vor.

    Mein Hausarzt ist erst seit kurzem im Amt und kennt die Vorgeschichte nicht, so wie ich sie bis eben als nicht relevant ansah. Klar geworden ist mir das erst gestern.

    Der Arzt hatte geraten, aufgrund der Blutdruckprolematik die Reise bis zur Stabilisierung zu verschieben, das haben wir um 10 Tage getan. Er hat mich mit einem Notfallblutdrucksenker und dem Lorazepam ausgestattet. Hintergrund war, dass ich bei Werten von 180 in Panik geraten bin und ich mich immer weiter hoch getrieben hatte. In so einem Fall sollte ich eine Pille nehmen und mich hinlegen. Wobei er Expidet verschrieben hatte, die Apotheke hatte nur Tabletten.

    Was ist passiert? Der Blutdruck hatte sich beruhigt, und ich nahm eine Pille testweise zum Einschlafen. Der Schlaf war so gut wie jahrelang nicht, und mein Körper muss das wohl so beeindruckt haben, dass er mehr davon will. Ich habe das vielleicht zweimal wiederholt, bis eine durchwachte Nacht mit Schweißausbrüchen kam. Am nächsten Abend nahm ich wieder Lorazepam, um sicher zu schlafen. Dann Nächte eher schlecht als recht ohne Lorazepam, dann wieder eine dieser durchwachten Nächte, am nächsten Abend Lorazepam u.s.w. Jetzt habe ich das Gefühl, der Körper braucht es, ohne es wird er einfach nicht müde! Meine Frau meint, ich muss doch müde sein, aber kein Gähnen, keine schweren Augen, nichts. Wahnsinn.

    Wenn ich von 12 Tabletten in den letzten 3 Wochen schreibe, ja, erstaunt mich selber, weil ich alles notiert habe, aber das ist die Differenz zu 50, und ich muss es glauben.

    Ja, Franz, das ist die Situation hier. Aus der spanischen Apotheke habe ich mir eben "Melatoninacomplex" geholt, Melatonin, L-Triptophan und Viramin B6. Damit werde ich es heute Abend probieren. Vielleicht gibts ja Wunder. Du schreibst, Tavor kann und wird es nicht sein, was das Schlafen betrifft. Im Moment versuche ich über die Runden zu kommen, ich werde alles versuchen, es ohne Tavor zu schaffen, kann aber nur versprechen, die Dosis nicht zu erhöhen. Vielleicht muss ich noch länger warten, wir essen spät, und möglicherweise tritt die Wirkung verzögert ein, da könnte ich versuchen, zu reduzieren. Was könnte ich denn noch anderes tun?

    Ja, so weit erstmal.

    Viele Grüße und Danke für jeden Hinweis, jeden Ratschlag.

  • Guten Tag,

    Wie zu erwarten, hat das Melatoninpräparat keinen merklichen Erfolg gebracht, vielleicht ein wenig, ganz wenig Müdigkeit, sodass ich drei Uhr wieder eine Lorazepam genommen habe. Jedoch nicht 1,5, wie nachts zuvor, sondern 0,75 mg. Es war ein leichter Schlaf mit Dös-Phasen. Ich weiß jetzt mehr, aber eine Strategie habe ich (noch) nicht.

    Grüße

  • Das jetzt andere Mittelchen nicht besonders anschlagen, sollte nicht verwundern, Tavor ist dann doch ne andere Nummer :winking_face:

    Daher würde ich, wenn es gar nicht anders geht, die letzten Tage in Spanien noch mit geringst möglicher Dosis weiter machen.

    Wenn du zurück bist, solltest aber schnell mit deinem Arzt eine andere Strategie erarbeiten.

    Ansonsten derweil am Abend einfach mal spazieren gehen, duschen und Betthygiene vollziehen.

    Das wird keine Wunder bewirken, aber vlt helfen die Dosis eben gering zu halten.

  • Hallo Franz,

    Danke für die Nachricht.

    ich werde versuchen, nur so viel zu nehmen, wie ich brauche, um über den Tag zu kommen. Jede Tablette bereitet arge Gewissensbisse. Ich würde nach wie vor versuchen absetzen, geht das nach drei Wochen Einnahme überhaupt? Besteht eine Erfolgschance? Die äußeren Umstände sind in Ordnung, die Voraussetzungen für das Schlafen sind gegeben, aber wenn sich keine Müdigkeit einstellt, hat alles keinen Wert.

    Wie kann ich aus dieser Gewöhnung rauskommen.... in einer Woche gehe ich zu meinem Arzt

    Ich werde berichten, wenn es was grundlegend Neues gibt, vielleicht hilft es Jemanden, der sich in ähnlicher Situation befindet.

  • Normal sollte nach 3 Wochen ein absetzen schon möglich sein, aber das sollte eben zuvor mit einem Doc sowie Medizincheck geklärt werden.

    Das sich das auch Blutdruck sowie Schlaf auswirken würde, ist sehr wahrscheinlich ...

    Zudem ist ja auch zu unterscheiden, dass eben körperliche Probleme auftreten können, aber auch psychische - letzteres in Form von Suchtdruck, was auf ersteres Auswirkungen hat :winking_face:

  • Schönen Abend wünscht kalmus.

    Bei mir ging es ja um die unvorsichtige Einnahme von Lorazepam (Tavor 1.0) zum Zwecke des besseren Schlafens. Wegen der Aufregung, die mir eine Blutdruckentgleisung bereitete, und die die Werte immer weiter nach oben trieb, hatte der Doc Tavor bei Bedarf verschrieben.

    Ich hatte innerhalb zwei Wochen 12mg Tavor genommen, nach einer Woche kam kein Schlaf mehr ohne diese Pillen. Zur sicheren Wirkung waren 1.5mg nötig. Ich betone, dass ich keinerlei Verlangen hatte und es mehrfach probiert hatte, ohne auszukommen. Es lag eine Gewöhnung vor, meine Wortwahl - Abhängigkeit - traf es (noch) nicht. Also machte ich keinen Entzug, sondern eine Entwöhnung, wie folgt:

    Tägliche Einnahme abends:

    1.5/0.75/0.75/ 0.5/0.25/0.125/0.125/---

    Begleitet war die Aktion, insbesondere nachts, von gelegentlichen Bauchschmerzen, Rückenschmerzen LWS, Schluckbeschwerden, Kloß im Hals, Schweißausbrüchen, Brustschmerzen Herzgegend, Schlaflosigkeit. Diese Beschwerden verschwanden, leider schlafe ich wieder so schlecht wie eh und je, aber das ist mir allemal lieber als 7 Stunden Tavor-Schlaf. Ich bin zufrieden, das so gemacht zu haben und will Medikamente dieser Wirkstoffgruppe nie mehr anrühren.

    Ich möchte hier alle warnen, die früher in irgendeiner Weise schon mal in Versuchung geraten waren, sich mit Alkohol oder Medikamenten zu "helfen". Die Hinweise auf dem Beipackzettel ernst nehmen! Ich habe mal meine Vergangenheit recherchiert und da war vor 40 Jahren ein Alkoholproblem, ich hatte das erwähnt. Vor 20 Jahren geriet ich durch ein Malariamedikament, Melorquin, an den Rand des Wahnsinns. Ich machte vor einer Asienreise eine 2wöchige Prophylaxe. Es stellten sich bald Albträume ein und ich erinnere mich, dass ich früh zitternd vor Angst im Bett lag und darauf wartete, dass die Tür aufgeht. Zum Glück gab es offenbar damals schon Google und ich hatte Warnhinweise gelesen und das Medikament abgesetzt. (Meine Frau hat die Prophylaxe ohne Probleme durchgeführt.) Ich bekam Tavor, die Tabletten habe ich jetzt wieder gefunden, es fehlt eine Tablette. Ich hatte wohl Angst, mich zu betäuben. Irgendwann war die Welt wieder in Ordnung, aber die Reise war schrecklich, vor allem die Nächte.

    Ich muss akzeptieren, in einer konkreten Weise psychisch gefährdet zu sein. Bestimmte Medikamente sind für mich keine Lösung. Mein Körper springt darauf sofort an und will mehr, mehr...

    Noch etwas: Tavor & Co. sollte es, wenn überhaupt für die Eigenbehandlung, in Packungsgrößen von max. 10 geben. Dann wäre ich wohl nicht so leichtfertig damit umgegangen wie mit meiner 50er Packung.

    Schönen Abend, beste Grüße

    kalmus

  • Ich muss akzeptieren, in einer konkreten Weise psychisch gefährdet zu sein

    Wichtig, wenn man das für sich erfahren hat, auch wenn es eine manchmal harte Findung hat.

    Mein Körper springt darauf sofort an und will mehr, mehr...

    Speziell das Suchtgedächnis vergisst nichts, auch nicht nach langer Zeit.

    Nicht umsonst sagt man ja, einmal süchtig, immer süchtig ...

    Viele meinen nach längerer Zeit, einmal wird schon nicht schaden, aber das ist ein Trugschluss!

    50er Packung

    Das liegt dann leider auch oft am Arzt, es hätte ja N1 und N2 auch als Packeinheit gegeben :winking_face:

    Schade dass manche Ärzte da so merkwürdig damit umgehen, grade bei solchen Medikamenten :frowning_face:

    Glückwunsch für dein erfolgreiches Ausschleichen!

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