Hallo und ein Gruß in die Runde.
Folgendes hat mich in das Forum geführt. Dazu vorab eine kleine Lageschilderung:
Ich (m) bin 51, homosexuell. Seit 26 Jahren lebe ich mit meinem Partner (50) zusammen, seit 25 Jahren wohnen wir zusammen.
In jüngeren Jahren hatten wir aber beide wechselnde Sexpartner, ohne dass wir dies irgendwie „vereinbart“ hatten. 2006 wurde beim ihm eine HIV-Infektion festgestellt. Ich bin negativ. Unser gemeinsam gelebtes Sexualverhalten war - rückblickend gesehen - eher unauffällig und zurückhaltend (wir hatten z. B. nie zusammen Analverkehr; keine risikobehaftete Praktiken). Wobei ich zugebe, dass ich die Spaßbremse bin/war. Er war/ist er schon ein sehr potenter und körperbetonter Typ. Diese Gesamtlage hat dann vermutlich wohl zum „Ausscheren“ seinerseits geführt.
Seit seiner Diagnose hatten wir keinen sexuellen Kontakt mehr (zumindest erinnere ich mich nicht daran). Es hat sich unausgesprochen einfach so ergeben und in eingeschlafen – was definitiv an mir liegt/lag. Ihm geht es körperlich blendend (manchmal gefühlt besser als mir weniger…). Wir sind finanziell gut aufgestellt, allerdings auch stark verwoben (da wir vor 11 Jahren ein Haus im Hamburger Umland gekauft haben).
So, das war der leichtere PartJ.
Jetzt kommen die Emotionen:
Über Sex sprechen wir nicht. Das Thema ist verbal genauso tot wie real. Mich stört es nicht. Mein Sexualtrieb ist gering. Ich habe meinen Lebensfokus auch nicht mehr darauf ausgerichtet und bin dem Grunde nach zufrieden. Wir Kuscheln abends beim Fernsehen und sind ansonsten auch gerne zusammen (häuslich, sagt man dazu).
Und wo ist nun das Problem? Er hat Sex mit anderen Typen. Wie ich es herausgefunden habe, ist – so denke ich eher – sekundär. Hier kennt es wohl eh jeder: Misstrauisches Schnüffeln im Handy und am PC. Leider mit beweisbaren Trefferquoten. Damals (2018) hatte ich eine dicke Nummer daraus gemacht. Ich war echt fertig. Wir haben so eine schöne „Welt“, so dass ich diesen Trieb bzw. das Ausleben (immer noch nicht) nachvollziehen kann. Das hatte mich sehr verletzt. Der rote (Trennungs)Button wurde von mir ins Spiel gebracht und naja, was man eben so raushaut in solchen Situationen. Sein Versprechen: Kommt nicht wieder vor.
Nun haben wir das Jahr 2020. Und es hat sich wieder das innere Misstrauen gemeldet. Mit Trefferquote. Und zwar ganz akut – gestern. Er tingelt Datingbörsen und Annoncen während meiner Abwesenheiten ab (da er halbwegs gut aussieht, hat er eine hohe „Taktrate“) und macht reale Treffen aus. Zum Teil geht es wohl aber auch mit Bezahlung (also er zahlt...). Und er hat diesmal noch nicht einmal große Vertuschungsmaßnahmen eingebaut (er weiß, dass ich Zugang zu seinem E-Mail-Postfach ohne Probleme erlange).
Mich treibt jetzt um, dass ich mangels meiner Bereitschaft Sex mit zu haben, auch eine Ursache für sein Verhalten sein könnte (wobei ich ihm ehrlicherweise eine hundertprozentige Monogamie nicht wirklich zutrauen würde). Im Grunde tut es mir leid, dass es so weit gekommen ist und er sich seinen Sex woanders holt (oder holen muss). Das verletzt mich natürlich einerseits und stört logischerweise auch die ansonsten gelebte Vertrautheit und Gemeinsamkeit.
Ich stehe jetzt vor einer Frage, die mich bewegt:
Ist es sinnvoll (solange für mich erträglich), den Kurs zu fahren „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“ (sorry, etwas doppeldeutig in dieser Konstellation)?
Da wir eh keinen Sex haben, kann ich mir keine Krankheiten einfangen. Das dickste Ding hat er sich mit dem HIV ja eh bereits geholt.
Die Alternative wäre für mich – ehrlich gesagt – nur eine Trennung. Diese scheue ich aber. Die Comfortzone ist schon erheblich. Und zumal es (gefühlt) insoweit eigentlich okay ist und alles andere in geregelten Bahnen läuft. Auch habe ich absolut keinen Bock mehr mit 51 nochmal den Karren neu aufzuziehen. Aber angesprochen habe ich ihn eh noch nicht. Denn auf seine neuerlichen Beschwörungen „Nie wieder mache ich das“ kann ich nicht mehr vertrauen. Das ist durch. Einmal Fremdgeher, immer Fremdgeher. Ich bin da ganz ehrlich und selbstkritisch: Für mich selber ist diese Thema lediglich wegen meiner sexuellen Unlust kein Punkt (mehr).
Was meint ihr dazu? Bin ich letztlich nur zu bequem? Solle ich da wieder ´ne Nummer draus machen? Mit welchen Ziel?