Hallo,
Ich habe bereits in der Vergangenheit, gerade in den letzten Wochen hier einige Beiträge gelesen. Ich hoffe es ist ok, wenn ich das Forum nutze um meine Gedanken loswerden zu können. Selbstverständlich bin ich auch an anderen Meinungen interessiert
Da ich neu hier bin, möchte ich mich kurz vorstellen.
Ich bin 33 Jahre alt, verheiratet, 2 Kinder und finanziell alles in Ordnung. Beruflich war ich auch im Prinzip auch immer erfolgreich.
Mit 16 Jahren habe ich das erste mal gekifft und mit 18 täglich.
Zwischen 18-22 Bong bereits die ersten Töpfe am Morgen - c.a. 1 - 1,5 gramm am Tag.
Dazwischen 3,5 Jahre clean - in dieser Zeit Depressionen bekommen und dann wieder angefangen zu kiffen - da AD's nicht merklich geholfen haben, mit dem Gras ging es mir dann eigentlich recht schnell wieder gut.
Also dann wieder täglich Joints am Abend - auch wieder c.a. 1-1,5 Gramm täglich.
Im Grunde war ich mit meinem Leben zufrieden. Es gab Tage, da hat mich die Kifferei gestört - da ich mir bewusst war, dass ich abhängig war, aber es gab auch sehr viele Tage wo ich damit zufrieden war. Es war mein Anker. Als ich dann Vater wurde, kamen allerdings viele Sorgen mehr dazu. Ich bin bis auf das Gras eigentlich sehr spießig und neige zum Perfektionismus, gerade was meine Arbeit angeht, worüber ich mich sehr stark definiert habe. Das Bild vom kiffenden Vater war mir immer mehr ein Dorn im Auge, aber ich habe dennoch weiter gekifft. Ich habe ja auch immer funktioniert - es war auch nicht der Fall das ich dadurch meine Familie vernachlässigt hätte. Habe und rede es mir vielleicht auch etwas schöner. Meine Frau hat nie gekifft, mochte es auch nicht wirklich, aber hat es toleriert. Wenn ich anfangen würde zu saufen, hätte sie ein Problem. Alkohol trinke ich allerdings nie / Ich mag ihn auch nicht - somit ist das auch nie ein Thema geworden.
Vom Typ her, wirke ich es sehr offen und freundlich - ich verstehe mich mit so gut wie jedem. Innerlich bin ich allerdings ein sehr unsicherer Mensch und habe bereits mein Leben lang mit Ängsten zu kämpfen.
Vor 2 Jahren, bin ich in meine alte Firma gewechselt - überwiegend aufgrund des Geldes, obwohl ich damals bereits vor meinem Chef Angst hatte. Er hat definitiv eine ausprägte narzistische Persönlichkeitsstörung. 6 Jahre davor habe ich wegen ihm die Stelle gewechselt, der neue Job wurde mir dann nach ein paar Jahren zu langweilig, ich habe mich persönlich weiterentwickelt und habe ganz vergessen, wie sehr ich eigentlich unter diesen Menschen litt.
Ich habe mich nichts desto trotz die letzten 2 Jahre extrem in den Job reingesteigert, doch dann kamen die Probleme. Ich konnte nicht mehr von der Arbeit abschalten - es gab viele Probleme, wie dass ich keine Urlaubsvertretung hatte und die Kommunikation zum Chef, den alle in der Firma umgangen - Kurz gesagt ich war vom Job ausgebrannt - nicht mehr ich selbst. Aber ich dachte ich muss irgendwie funktionieren und das geht schon. Ich darf nicht versagen
Doch Anfangs September hat sich das alles gerächt und mein Leben wurde auf den Kopf gestellt. Ich hatte mitten in der Nacht meine erste Panik-Attacke - war ein Tag krank und habe mich dann noch einen weiteren Tag trotz starker Derealisation in die Arbeit geschleppt wo ich mehrmals Tränenausbrüche hatte. Natürlich konnten meine Arbeitskollegen sehen, dass ich nervlich am Ende war und haben mir dringend geraten ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Ich war daraufhin am nächsten Tag beim Arzt und saß da nun heulend und wurde erst einmal 3 Wochen krank geschrieben - was kurz darauf zu den nächsten Panik-Attacken führte. Allein ein Anruf in der Arbeit war mir nicht mehr möglich und meine Frau hat mich krank gemeldet. Mein Zustand wurde immer schlechter und die Panik-Attacken kamen immer öfter - ich spürte nur noch Angst - hatte Angst vor der nächsten Panik-Attacke und habe geglaubt, dass ich verrückt werde. Das Kiffen hat nur noch in sehr hohen Mengen geholfen, beziehungsweise ich habe nur noch eine Wirkung verspürt bei der 3fachen Menge die ich gewohnt war. Das machte mir natürlich noch mehr Angst - dazu nach jeder Panikattacke die Derealisation.
Es war sehr schwierig ärztliche Hilfe zu bekommen - ich habe meinen Konsum gleich offen gestanden und wurde bei 80% der Ärzte recht schnell abgestempelt - Medikamente gab man mir auch nicht.
Da mir das Kiffen eh nicht mehr geholfen hat und ich dringend Hilfe gebraucht habe, habe ich meinen Konsum reduziert und innerhalb von 2 Wochen gänzlich eingestellt und am 13.10.19 meinen letzten Joint geraucht. Es tat mir gut ein Ziel zu haben. Es war schrecklich, da ich zu nichts mehr zu gebrauchen war, aber so konnte ich mich auf eine Aufgabe konzentrieren, die mich von der Angst vor der Angst auch irgendwie abgelenkt hat. Am 5ten Tag nachdem ich nichts mehr konsumiert habe, habe ich mich für eine Tagesklinik anmelden lassen und bin übergangsweise in den ambulanten Entzug gegangen. Dazu habe ich nach 20 Absagen bei Therapeuten doch noch eine Therapeutin gefunden, die mir allerdings leider nicht sehr viel hilft. Der Abstand zur Arbeit hat mir allerdings geholfen, dass ich mittlerweile keine Panikattacken habe. Der Entzug war typisch, bis auf das ich keine Einschlafprobleme hatte. - Leider kamen in dieser Zeit meine alten Probleme wieder zum Vorschein - Depression, Durchschlafschwierigkeiten, starke innere Unruhe, Konzentrationsschwierigkeiten, Träume die sich anfühlen wie Fieberträume (Leide bereits seit Kleinkind-Alter unter schweren Alpträumen). Das paradoxe ist, dass ich jetzt, auch nach über 3 Monaten clean, schlechter funktioniere als wie mit Gras. Ich bin vergesslicher, verplanter, unordentlicher, habe weniger Selbstdisziplin und bin unkonzentrierter und müder als wie mit Gras. Positiv ist allerdings, dass ich mehr esse (bei meinen Gewicht schadet es überhaupt nicht). Mittlerweile bin ich auch in der Tagesklinik angekommen und es besteht der Verdacht, dass ich ADHS habe. Dies wurde schon im ambulanten Entzug angesprochen und man sagt ich habe mich mit Cannabis quasi selbstbehandelt. Ich habe mittlerweile auch ein paar Bedarfsmedikamente eingenommen, wo mir bis dato aber nichts wirklich helfen konnte. Überwiegend Neuroleptika als OFF-Label. Entweder fühle ich mich damit wie ein Zombie oder ich schlafe zwar wieder mal 8 Stunden am Stück, aber danach noch ein paar Stunden mehr und bin für den ganzen Tag zu nichts zu gebrauchen.
Ich bin noch skeptisch ob ich, falls die Ärzte mir Ritalin anbieten zustimmen sollte - da ich ja eh bereits schlecht schlafe und mein Gewicht nicht unbedingt weniger werden sollte.
Meine Ängste habe ich aktuell wieder relativ gut in Griff - die innere Anspannung allerdings überhaupt nicht.
Während der Tagesklinik halte ich mich selbstverständlich auch an die Regeln, dass ich nicht kiffe. Ich will der ganzen Sache ja auch eine vernünftige Chance geben.
Nur fühlt es sich innerlich so an, dass ich am Ende wieder auf das Gras zurückkommen werde. Ich sehne mich, was das Kiffen angeht wieder nach meinen alten Leben. Bezüglich der Arbeit habe ich bereits Weichen gestellt und kann in meiner Firma bei meiner Rückkehr in einer anderen Abteilung arbeiten. Ich habe sogar mittlerweile Arztkontakte bekommen, die mir bei ADHS Cannabis verschreiben würden.
Mittlerweile verschwimmen die Gedanken, ich merke oft nicht mehr ob da die Sucht aus mir spricht, ob es nur ein Wunsch nach Selbstbehandlung ist - ob und welche Medikamente ich nehmen soll (Das Wort Absetzsyndrom, stand bis jetzt in jedem Beipackzettel und irgendwie ist das doch auch nur ein schönes Wort für Entzug?).
Hin und hergerissen, ob es wirklich ok ist, wenn ich doch wieder kiffe? Bin ich dann ein schlechter Vater? Funktioniere ich wirklich wieder besser? Fühle ich mich dann wirklich wohl? Welche Alternativen habe ich?
Jetzt habe ich doch ganz schön viel geschrieben - aber bereits das tut schon mal gut.