Cannabis&Depression - Wie geht loslassen (m)eines Sohnes

  • Ich habe heute im Internet euer Forum gefunden - Ich bin Heidi, in der zweiten Hälfte der 50, seit gerade 1 Jahr wieder glücklich verheiratet, und dennoch gibt es einen Lebensumstand, der mich immer wieder straucheln lässt.

    Wie schafft man es, das eigene Kind "loszulassen" - geht das überhaupt? Kann man als Vater oder Mutter unter den Umständen in eine gesunde emotionale Distanz kommen?

    Mein Sohn aus meiner ersten Ehe ist 27 und kifft mindestens seit seinem 17. Lebensjahr regelmäßig, wobei ich bzw. wir als Eltern mit unseren Partnern das erst später erfahren und realisiert haben. Und ob jetzt sein ADS(H nur bei Wutausbrüchen) oder seine diagnostizierte Depression die Sucht oder die Sucht die Depression verursucht ist m.E. egal. Er ist krank - das habe ich nicht zuletzt durch die Besuche in meiner Selbsthilfegruppe zwischenzeitlich gelernt zu akzeptieren. Und auch, dass ich ihm nicht helfen kann - das kann er nur selbst.

    Neben Zeiten mit mehr Kontakt (mal ein gemeinsames Essen/chatten/telefonieren wo es in Zeiten, wenn es ihm gut geht auch nicht immer um Sucht geht) gibt es immer wieder Phasen, in denen er sich völlig abkapselt. In diesen ist er dann für niemanden erreichbar. Diese Zeiten sind für mich als Mutter sehr schwer auszuhalten. Und wenn ich ihn dann doch erreiche und höre, dass es ihm schlecht geht, zieht mich das mit runter und ich drehe mich wieder in einem Hamsterrad - und hier suche ich für mich nach einer Lösung, besser mit mir in diesen Zeiten umzugehen.

    Er hat eine abgeschlossene schulische Erstausbildung. Während dieser haben seine Vater (mein Exmann) und ich ihn mit 19 "ausziehen" lassen und finanzieren trotz abgeschlossener Erstausbildung (nach 4 statt 3 Jahren) immer noch bzw. wieder den Unterhalt für Miete/Kostgeld, wobei der Vater die Miete als Bürge für ihn überweist, da zwischenzeitlich schon einmal die Räumung anstand. Neben Führerscheinverlust, eigenem Anbau von Cannabis in seiner Wohnung, Einstellung der Zahlungen durch uns, einer Hartz IV-Zeit, Schulden, mehreren Arbeitsversuchen (Callcenter/Fahrradkurier) hat er sich zum Wintersemester 2017 mit seiner Arbeitsberaterin einen Studiengang gesucht um bessere Jobaussichten zu haben. Es gibt seither leider nur einige wenige Uni-Scheine und mehrere Arbeitsversuche, die immer wieder scheitern, da ihn jegliche Kleinigkeit aus der Bahn wirft.

    Dass wir ihm bei der Sucht/Depression als Eltern bzw. auch unsere Partner nicht helfen können, war Thema in mehr als einer Unterhaltung und auch, dass es sein Weg sein muss - es gab einen Therapieversuch nach seinem Studienbeginn, den er aber auch wieder abgebrochen hat, stationär lehnt er ab, betreutes Wohnen lehnt er ab und er will von uns unabhängig werden. Und dann kommen Aussagen von ihm, wie dann bin ich eben einfach weg, dann braucht ihr euch nicht mehr sorgen... :emojiSmiley-25:

    In der Drogenberatung Anfang Januar hat man mir geraten, dass wir als Eltern alles einstellen sollen. Ich für meinen Teil tue mich mit dem Wissen - um die eben auch vorhandene Depression (aus einem Gespräch kurz vor Weihnachten im letzten Jahr in der Notaufnahme im Krankenhaus gab es die Empfehlung für eine stationäre Aufnahme mit anschließender Tagesklinik in seinem Einzugskrankenhaus) sehr schwer damit, die Kostgeldzahlung einzustellen, die Vorstellung, dass er ohne Wohnung/Essen wäre ist für mich nicht zu ertragen.

    Was hat euch geholfen mit der Situation eurer Kinder umzugehen?

    Ich freue mich auf euer Feedback auch wenn mir bewußt ist, das ich schlußendlich meinen eigenen Weg finden muss.

    Sonnige Grüße aus Berlin

  • Hallo Heidi,

    ich habe keine KInder, bin/war aber selbst ein drogensüchtiges Kind, welches seine Eltern und Geschwister in eine ähnliche Situation gebracht hat.

    Ich war unter anderem auf Opiaten, das war die härteste Zeit.

    Bei uns war das dann so, dass ich zumindest realisiert habe, dass es in dem Zustand wohl besser ist, nicht mehr bei meiner Familie aufzutauchen.

    Zugegebenermaßen empfand ich das noch als "edel", sozusagen (Im Nachhinein reflektiert).

    Für die Familie war es vordergründig eine Qual, weil sie eben nicht wussten, wie es mir ging, wo ich war (ich war zu der Zeit mal in Europa, meistens aber in Asien) bzw ob ich überhaupt noch

    lebte...

    Nachträglich betrachtet war es für die JetztZeit nicht schlecht, da das Übliche Gezetere, Betteln um Geld etc alles weggefallen ist & wir nach meinem Stop der harten Drogen Ende 1999 uns

    wieder langsam aufeinander zubewegen konnten.

    Heute haben wir alle wieder ein sehr gutes Verhältnis zueinander!

    Wie wir dann festgestellt haben, hat auch meine Familie diesen Schritt getan, tun müssen, um klarzukommen: Sie haben sich von mir gelöst; ich war kein Thema mehr, ich war weg.

    Das war die Defination; natürlich gab es für jeden Einzelnen trotzdem schlaflose Nächte etc, aber dieser Bruch hat ihnen in der Zeit sehr geholfen.

    Mein Vater hatte sogar überlegt, sich öffentlich von mir loszusagen etc...

    Solange ein Drogensüchtiger unterstützt wird, solange sich ein kranker Mensch (Depression) nicht helfen lassen will oder kann, ist finanzielle Unterstützung automatisch eine Behilfe zum Konsum

    bzw zum Verweigern weiterer Hilfe wie einer Therapie etc.

    Manchmal bzw oft muss es erst schlimmer werden, bevor es besser werden kann - traurig, aber wahr.

    Alles Gute für euch.LG.KLaus

  • Ich kann das von Klaus geschriebene zu 100% unterschreiben, weil selbst fabriziert und so erlebt.

    Der Unterschied, ich habe Kinder und da hatte ich auch schon ähnliche Sorgen - wenn auch nicht in dem Ausmaß.

    Ich kann mir ein lossagen oder verweigern nicht vorstellen, ich glaub auch das geht gar nicht wirklich - wenn dann eben nur als symbolischen Akt.

    Natürlich bekommt man auch heute noch die gleichen Empfehlungen von Beratungsstellen - fallen lassen und dann sucht sich der Süchtige seine notwendige Hilfe!

    Das teile ich auch, aber man muss auch ehrlich dazu sagen, es klappt nicht immer!!

    In wie weit man unterstützen sollte, muss man für sich herausfinden.

    Wichtig ist aber, es darf kein Bargeld fließen, kein Geld was anderweitig - eben auch für Drogen - verwendet werden kann.

    Also wäre Geld für die Wohnung nur sinnvoll, wenn die Mietzahlung eben direkt an den Vermieter fließt (was bei euch ja scheinbar schon genauso funktioniert) ...

    Im heutigen Zeitalter wäre das aber auch für Kost möglich, also eine Art "CARE-Paket", natürlich könnte er auch solche Dinge verkaufen, aber das wird ihm vermutlich nicht viel bringen.

    Wenn ich das wirklich machen würde, dann eben nur kleine Rationen, einmal die Woche Lebensmittel zum absoluten Überleben.

    Nur mal so als Anstoß :winking_face:

    Zum Abschluss vlt noch, distanzieren ist erforderlich, aber das heißt ja nicht, seine Liebe einzustellen.

    Wenn mal klar mitteilt, ich liebe dich, ich werde dich auch immer unterstützen, aber keinesfalls deine Sucht finanzieren, sollte alles gesagt sein.

    Es geht um eine Krankheit, nicht um ne Charakterschwäche oder so ...

    Aber all das kann man als Eltern ja nur leisten, wenn man selbst weitgehend gesund bleibt und deswegen ist die Aussage "es ist sein Leben, nur er kann es auch verändern" der wesentliche Punkt.

    Kurz und gut, du machst als Mutter alles richtig, suchst dir Unterstützung und gehst zur SHG :top:

  • Franz: Danke auch für deine Antwort. Es tut gut einfach noch mal andere Perspektiven zu lesen... Das mit den "Carepaketen" habe ich tatsächlich eine Weile gemacht, der Weg ist für mich nicht passend gewesen, da ich den Abstand für mich zu meinem Sohn nicht hinbekommen habe. Ich habe in der Vergangenheit auch die Erfahrung gemacht, immer wenn ich wieder ein Stück mehr Distanz/Abgrenzung schaffe, bewegt er sich vorwärts...und aus deinem Text

    Zitat

    Zum Abschluss vlt noch, distanzieren ist erforderlich, aber das heißt ja nicht, seine Liebe einzustellen.

    Wenn mal klar mitteilt, ich liebe dich, ich werde dich auch immer unterstützen, aber keinesfalls deine Sucht finanzieren, sollte alles gesagt sein.

    Es geht um eine Krankheit, nicht um ne Charakterschwäche oder so

    das unterschreibe ich und nehme den "Nachsatz - aber keinesfalls deine Sucht finanzieren" für mich mit auf.

  • der Weg ist für mich nicht passend gewesen

    Vlt klappt es automatisiert, also über bestimmte Anbieter, welche das nach deiner Bestellung liefern?

    Dann wäre der Abstand klar eingegrenzt ...

    Um ehrlich zu sein, der gesündere Weg ist aber wirklich für viele erstmal auf Abstand zu gehen.

    Und wenn da eh schon positive Schritte für den Sohn entstanden sind, dann ist das der für euch praktikable Weg :smiling_face:

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