• Liebe Betroffene und Interessierte.

    ich habe letztes Jahr meinen Job verloren, weil ich einen Großteil meiner Arbeitszeit online mit Pornographie verbracht habe. Danach ist meine Ehe den Bach runtergegangen. In mir reifte die Überzeugung, dass ich süchtig nach Pornographie bin. Ich brauchte dazu vierzig Jahre. Rückblickend habe ich mein ganzes Leben mit wichsen verbracht, habe die Fähigkeit verlernt intime Beziehungen zu führen, habe beruflich nie Fuß gefasst, zwei Ehen hinter mir und bin ein Einzelgänger. Meine Noch-Ehefrau hatte die letzten Jahre, bevor alles rauskam, sehr darunter gelitten, dass ich an ihr kein sexuelles Interesse mehr hatte. Sie verkümmerte regelrecht neben mir. Wenn das nicht gewesen wäre, sagt sie, dann hätte alles so weiter laufen können.

    Ich habe die Probleme immer gesehen, aber nicht die richtigen Schlüsse daraus gezogen. Falsche Schlussfolgerung Nummer 1 war, dass ich nach einem Rauswurf einfach nur die Stadt, den Job und die Frau wechseln musste, um neu anzufangen ohne neu anfangen zu müssen. Falsche Schlussfolgerung Nr. 2 war, dass es aufhört, wenn ich nur erst glücklich und zufrieden bin. Ich stehe heute vor den Trümmern meines Lebens und überlege tatsächlich, ob ich zusammen mit 20jährigen in die Suchtberatung, dann in die Entwöhnungs-Reha und anschließend in die Schematherapie gehen soll (eine besondere Form der Verhaltenstherapie).

    Ich habe jetzt wieder einen Job, habe mich neu verliebt. Ich habe Angst, dass ich alles nur wieder unter den Teppich kehren werde und es nie endet. Ich will mein Leben zurück. Nicht zu rauchen und zu trinken gelingt mir mühelos. Offenbar spielt sich mein Dopamin-Belohnungssystem hauptsächlich im Nicht-Stofflichen Bereich ab. Ich vermute eine emotionale Störung als Folge einer Vernachlässigungstraumatisierung in der Kindheit.

    Meine Frage an Euch da draußen: Wer hat Erfahrung mit Schematherapie? ich bin dankbar für alle Anregungen.

    Euer Karim

  • Hallo Karim,

    meine Fragen zurück: was willst du denn über Schematherapie in welchem Kontext wissen? Willst du dich in eine ambulante Schematherapie begeben? Meist ist Schematherapie ein Bestandteil von Verhaltenstherapie.

    Wie kommst du darauf, dass in der Suchtbera nur 20 jährige rumhängen?

    Und selbst wenn: was hast du zu verlieren?

  • Hallo grany,

    ich hatte bereits die Bewilligung des Kostenträgers für eine stationäre Behandlung, dann kam Corona.

    Ich entschied mich, die Zeit zu nutzen und nach einer neuen Stelle zu suchen. Als die zugewiesene Klinik wieder aufnahm, hatte ich eine Jobzusage, die ich nicht ablehnen wollte.

    Ich arbeite jetzt wieder in Vollzeit und das tut natürlich nach dem Rauswurf gut. ich würde daher am liebsten eine ambulante Therapie machen und bin dabei auf die Schematherapie gestoßen.

    In der Suchtberatung und in der Selbsthilfegruppe war ich auch. Und vermutlich hast du wegen des Alters der Teilnehmer Recht.

    Ich bin der Überzeugung dass man die innere Einstellung und auch adaptives Verhalten wie Sucht durch eine erzwungenen Veränderung des Verhaltens ändern kann.

  • Hallo Karim,

    danke für das Kontextgeben. Klingt so, als wärst du (wieder) auf dem Weg in ein gutes Leben. Ich kann dir nur empfehlen, einfach eine Erstberatung einer ambulanten Psychotherapie wahrzunehmen und dort gemeinsam zu reflektieren, welche Form für dich gerade gut ist. Meiner Erfahrung nach ist es nicht wirklich wichtig, ob der Verhaltenstheraupeut so oder so arbeitet - sondern vielmehr, dass das Gesamtbild passt, also der Therapeut an sich und seine individuelle Arbeitsweise, seine Auslegung seiner Richtung in Bezug auf deine Bedürfnisse. Nicht das er der oder der Schule folgt.
    Einfach hingehen, selbst erfahren und statt ins Denken ins Tun kommen, schadet an dem Punkt nicht. Du hast sowieso die Erstberatung und dann probatorische Sitzungen. Eine reine Schmematherapie ist recht selten, und ehrlich gesagt eher beschränkend, da alles Vor- und Nachteile hat.Das fließt gewöhnlich als ein Zugang in Verhaltenstherapie ein und wird auch oft gar nicht so explizit gekennzeichnet, da es nicht um das oder um das Konzept geht, sondern der Zugang individuell ist und da aus dem Bereich und aus dem Bereich die Strategien dafür genutzt wird. Solange es dir da mehr um den Kontrollfaktor geht (wirkt bisschen im Zwischenton auf mich so), und du kein konkreteres Anliegen bzgl. Schematherapie für dich selbst zum Ausdruck bringst, bringt es auch wenig, dir darüber etwas allgemeines zu sagen. Du stehst erst am Anfang dieser Reise, so liest es sich. Auf mich wirkt es, als versuchst du die Kontrolle wiederzugewinnen und gehst deswegen so rum vor, z.B. schreibst du, du bist Einzelgänger, hast auf mich so wirkende Zwischentöne usw... - vielleicht geht es an diesem Punkt genau darum, aus diesen Mustern rauszukommen und sich auf neue Wege einzulassen, auch wenn sie unbestimmter sind.. z.B. mit jüngeren anderen in einer Suchtgruppe oder eben in einer Verhaltenstherapie, die nicht nur so oder so arbeitet, weil das gut für das Problem ist, wie du es siehst. Natürlich sollte man nicht völlig blind vorgehen und einfach willkürlich z.B. eine Psychoanalyse anfangen, wenn eine Verhaltenstherapie angefangen wird. Aber z.B. gibt es auch genügend Tiefenpsychologen, die auch z.T. schematherapeutisch arbeiten oder mal verhaltenstherapeutisch - je nach Sachlage. Und auch bei Schematherapie gibt es genügend unterschiedliche Zugänge - in Abhängigkeit vom Therapeuten. Will sagen: leg dein Augenmerk vielleicht nicht so dringlich auf eine gekennzeichnete Schematherapie-Kompetenz bei einem potentiellen Therapeuten. Das ist letztlich nicht wichtig oder ist da, wird aber gar nicht so benannt... meine Erfahrung.

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