• Hallo gleichgesinnte Konsumenten,

    nach vielfältigen Versuchen, möchte ich heute erneut versuchen, meinen Cannabiskonsum aufzugeben.

    Es fällt mir unglaublich schwer, denn der Konsum bringt leider nicht nur die Nachteile, wie Vergesslichkeit und Gleichgültigkeit mit sich, sondern auch Vorteile, wie etwa emotionale Unabhängigkeit, totale Entspannung und ein liebevoll gestaltetes Feierabend-Ritual mit sich.

    Erschwerend kommt in meinem Leben hinzu, dass wir immer ausreichend bestes Cannabis im Haus haben, da ich vor ein paar Jahren die glorreiche Idee hatte, mit meinem Mann eine kassenübernommene Cannabisindikation durch zu setzen.
    Hätte ich keinen Job (in der Selbstständigkeit mit 15 Angestellten) und nicht tausend familiäre Verpflichtungen wäre dies eigentlich mein Traumleben.

    Das Kiffen am Abend sorgt aber leider nicht dafür, dass meine Leistungsfähigkeit am Folgetag das erforderte Niveau erreicht.
    Dann quäle ich mich durch den Tag, hasse mein Leben und warte nur auf die Belohnung am Abend.
    Ein Teufelskreis...

    Mein Mann sieht keinen Anlass auf seine "Medikation" zu verzichten, so dass ich heute Abend (erneut) vor der Herausforderung stehen werde, mein Aufhör-Vorhaben alleine und mit dem Wissen um den Cannabis-Bestand im Haus durch zu ziehen.

    Am meisten Sorge macht mir dabei die eigene Beobachtung, dass die besten Vorsätze am Morgen zu bedeutungslosen Staub am Abend zerfallen und die Willenskraft, die Vorbereitungen und die logischen Argumenten der "Morgen-Pati" der "Abend-Pati" völlig egal sind. Dann steigt die Abend-Pati völlig ungerührt auf ihrem Weg ins Raucherzimmer an dem "Heute nicht"-Schild der Morgen-Pati vorbei, kramt das Cannabis wieder aus dem Versteck im Keller heraus und tut alle logischen Argumente als lächerlich ab.

    Und genau das ist scheiße!

    Es ist grausam, wenn der abendliche Verstand die Kontrolle über meine Handlungen verliert und die Sucht ungefragt und ungebeten das Ruder übernimmt.
    Im echten Leben bin ich ein Mensch, der fest an Selbstwirksamkeit glaubt und so retrospektiv den Aufstieg eines Flüchtlingskindes zur gehobenen Mittelschicht geschafft hat.
    Abends einfach mal früh ins Bett zu gehen, ohne sich vorher 3-4 Tüten rein zu ziehen, schaffe ich aber nicht und das macht mich gleichermaßen fassungslos wie ohnmächtig und bringt meine Grundfeste der Selbstwirksamkeit ordentlich ins Schwanken.
    Das bevorstehende Scheitern wiederum ist ein so ekeliges Gefühl, dass ich mich gar nicht mehr traue, mit dem Aufhören anzufangen...

    Ich werde dieses Jahr 50 und kiffe seit meinem 16. Lebensjahr.
    Bevor ich meinen Mann kennenlernte, hatte ich meinen Konsum über Verfügbarkeit "im Griff". Wenn Gras da war, wurde es in einem Zug durchkonsumiert. Das schlechte Gewissen sorgte im Anschluss daran, dass die kommenden Wochen kein neues Gras besorgt wurde, bevor ich wieder (meistens zufällig) Gras bekam und der Kreislauf wieder begann. Aber das war so ok für mich, denn das Kiffen an sich hat, wie oben erwähnt, auch Vorteile für mich.

    Durch die Dauer-Verfügbarkeit fehlen meinem Verstand (und meinem REM-Schlaf) aber die kifffreien Pausen und ich bin sehr unglücklich darüber, dass mein Körper nicht umsetzen will, was der Verstand schon weiß.:unamused_face:

  • So!

    Es hat gestern leider nicht ganz geklappt.

    Es sind immer die Stunden nach dem Abendbrot, wenn die Kids sich in ihre Zimmer zurück ziehen und wir unser Abendprogramm einleiten, in dem sich der Suchtdruck groß und gewaltig meldet.

    Ich habe mir gestern immer wieder gesagt, dass das Fühlen des Suchtdrucks ok ist und mich schnell abgelenkt.
    Das hat super geklappt, bis mein Mann vom Sport heimkam und mir lächelnd eine Tüte entgegen hielt.

    Etwas in mir hat nur darauf gewartet, die Verantwortung für den Verzicht abgenommen zu bekommen, so dass ich gerne auf sein Angebot einstieg. Aber...ich hadere heute nicht, denn ich habe die ersten Stunden ausgehalten und im Anschluss "nur" zwei Tüten geraucht und mir ausreichend Schlaf gegönnt.

    Das ist nicht super, aber für meine Belange ausreichend verantwortungsvoll.

    Heute versuche ich es erneut, wobei ich spüre, dass die Aufhörmotivation heute nicht mehr so präsent ist wie gestern.


    Meine Sucht ist für mich wie ein endloses Escape-Spiel.
    Ich versuche schon seit Jahren zu verstehen, welche Lücke der Konsum bei mir schließt, wieso alle meine Freunde im jungen Erwachsenenalter aufgehört haben und welchen Preis meiner individuellen Entwicklung ich für diesen Konsum zahle...

    Habt ihr euch auch einen Kosten-/Nutzenplan erstellt?

    Welche Punkte stehen bei euch drauf?

  • Hallo Pati,

    ich halte es für eine sehr schwere Situation mit dem Kiffen aufzuhören, wenn der feste Partner nicht mitzieht. Habt ihr mal ernsthaft darüber gesprochen? Hast du schon mal versucht aufzuhören, bzw dich mal in professionelle Hände begeben? Eine Suchtberatung könnte auch helfen.

  • Hallo Pati,

    dir merkt man das mit-ich-selbst-Hadern wirklich sehr an. Du möchtest gerne etwas an deinem Konsum verändern und dieser Wunsch ist der erste Schritt in diese Richtung. Vielleicht ist dir nur das Ziel momentan noch nicht ganz klar. Möchtest du komplett abstinent leben oder möchtest du deinen Konsum nur besser in den Griff bekommen? D.h. eine Art "kontrollierter Konsum" aufbauen (z.B. Freitag/Samstag/Sonntag gönne ich mir abends ab 20 Uhr zwei Tüten, Montag bis Donnerstag möchte ich abends nicht rauchen). Wenn du ein klareres Ziel vor Augen hast, fällt es dir vielleicht leichter dies zu erreichen.

    Wie Ophelia bereits geschrieben hat, wäre es wichtig deinen Partner mit einzubeziehen. Wenn du ihn um Unterstützung und Hilfe bittest, wird er dir sicher bei deinem Vorhaben helfen. Vielleicht fällt euch ja ein neues gemeinsames Feierabendritual ein, so dass ihr nicht auf die gemeinsame Zeit verzichten müsst.

    Liebe Grüße

    Lena vom digitalen Streetwork der Drogenhilfe Schwaben

  • Hi Patti,

    ich erkenne mich in Deinen Beschreibungen zu 100% wieder. Ich bin ebenfalls ein reiner "Abend Kiffer". Auch mit der Thematik das ich ohne nicht abschalten kann. Nur leider ist es bei mir so das ich das ganze vor guten 2 Jahren in den Griff bekommen habe und dann auf Grund von Selbstüberschätzung wieder angefangen habe. Weil ab und zu mal ein Tütchen ist ja nicht so wild... (könnte mich Ohrfeigen dafür.

    Wie ich damals aus der Nummer rausgekommen bin war über eine Tagesklinik für Drogenentzug oder besser gesagt Nachbehandlung für den Entzug. Dort wurde mir Melperon verschrieben wo mit ich Abends endlich abschalten und entspannen konnte. Klar kann man jetzt sagen das ich die Pest gegen Cholera getauscht habe. Aber meine Verfassung morgens war bei weitem besser als nach dem Kiffen.

    Aber wenn der Partner da nicht mitmacht ist das natürlich nochmal was ganz anderes.

    Viele Grüße

    Matze

  • Guten Morgen,

    vielen Dank für Eure Rückmeldungen (ich hätte gar nicht mehr damit gerechnet ;-).


    Mein Wunsch ist es, wie Lena, kontrolliert zu kiffen.
    Genau dieses Model würde gut zu meinem Belohnungsdenken einerseits und den Herausforderungen andererseits passen.
    Allerdings sieht es in der Realität eher wie bei Matze aus.
    Selbstüberschätzung führt zu Selbstbetrug und dieser zum täglichen Kiffen.

    Aber es stimmt mich sehr hoffnungsvoll, dass es Menschen gibt, die tatsächlich einen kontrollierten Konsum hinbekommen.

    Natürlich habe ich schon Drogenberatungsstellen aufgesucht.
    Ich habe auch schon mal an einem Pilotprojekt zum Cannabisentzug in der Uniklinik Essen teilgenommen.

    Fachlich (ich bin selbst aus dem Bereich) war ich jedoch wenig überzeugt und fühlte mich mit meinen individuellen Suchtanteilen nicht ausreichend gesehen.
    Mir ist klar, dass ich einfach nur Pech mit den BeraterInnen hatte, was wahrscheinlich in einem Gespräch mit Lena hätte anders laufen können.


    Mein Mann ist gestern ins KH gekommen.
    Ich werde dies zum Anlass nehmen und einen neuen Versuch (diesmal Mo-Do) starten.


    Drückt mir die Daumen und nochmals Danke, dass ihr euch Zeit für mich genommen habt.:vulcan_salute_medium_light_skin_tone:

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