Wegdröhnen vor der Abstinenz - Bitte um Tipps

  • Hallo zusammen.


    Ich habe selber immer wieder Suchtprobleme gehabt, die aber aktuell im Griff. Nun bin ich wegen meines Partners hier. Er hat beschlossen in diesem Jahr mit Cannabis aufzuhören. Da er seit 15 Jahren all day große Mengen konsumiert, ist das ein großer Schritt.

    Gerade spitzt es sich aber nochmal zu. Normalerweise hat er so konsumiert, dass er trotzdem zurechnungsfähig war, wenn auch sozial komplett isoliert.

    Er spricht seit Weihnachten davon, dass er mit dem Ausschleichprozess beginnt, sagt allerdings gleichzeitig auch, dass er die letzte Zeit noch einmal richtig genießen muss. Seine Art high zu sein, ist seitdem total verändert. Er schießt sich richtig weg. Man hat ihm den Konsum zwar immer angesehen, aber jetzt wirkt er komplett neben der Spur, stolpert, ist mal total aufgekratzt, textet mich voll, ohne selber zuzuhören, hat dann wieder starke Artikulationsprobleme, schnarcht im nächsten Moment komatös auf dem Sofa. Und immerzu wird der nächste Joint gedreht.

    Ich weiß, dass er wirklich aufhören will und will ihm die Zeit geben, die er braucht. Aber es fällt mir schwer, so mit ihm umzugehen. Ich mache mir Sorgen. Therapie und Suchtberatung lehnt er leider ab.


    Ich bin ein ganz anderer Typ als er und habe mich nie angegriffen gefühlt, wenn Leute mich auf meinen Konsum angesprochen haben. Daher brauche ich eure Tipps.


    Wie sollte ich mich jetzt verhalten, wie kann ich meine Sorge ausrücken? Oder sollte ich es gerade herunterschlucken?

    Vielleicht kennen auch Betroffene hier dieses „jetzt nochmal genießen“?

    Was hättet ihr euch von euren Angehörigen in der Zeit gewünscht und was hätten diese sich sparen können?


    Ich freue mich über Antworten. :smiling_face:


    Lieb grüßt

    siaaa

  • Hallo siaaa,

    schön, dass du deinen Partner bei seinem Vorhaben so gut wie möglich unterstützen möchtest. Du hast Verständnis dafür, dass er vor der Abstinenz nochmal "Gas geben will", aber dir wird das Ausmaß dabei etwas zu viel. Wenn ich deinen Beitrag lese, kann ich das auch gut nachvollziehen.

    Du schreibst, dass dein Partner in diesem Jahr aufhören möchte - hat er sich denn einen Plan gemacht, wie der Ausschleichungsprozess aussehen soll und wann dieser beginnt? Mir scheint, sein Vorhaben innerhalb eines Jahres aufzuhören etwas unpräzise und unstrukturiert. Dementsprechend fände ich es total in Ordnung deine Bedenken und Sorgen zur Sprache zu bringen. Es wäre schön, wenn dein Partner dich in seinen Plan einweiht, sodass du ihn so gut wie möglich unterstützen kannst und du gleichzeitig das Vertrauen haben kannst, dass etwas vorwärts geht. Wenn die jetzige Situation für eine "unbestimmte Zeit" anhält, erscheint mir diese sehr belastend und schwer auszuhalten, was wiederum eurer Partnerschaft schadet.

    Liebe Grüße

    Lena vom DigiStreet der Drogenhilfe Schwaben

  • Hi, danke für deine Antwort. :smiling_face:

    Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass er das strukturiert hat. Okay, aber du sagst schon, dass ich im Gespräch bleiben darf. Ich will ihn halt nicht unter Druck setzen und keinen Streit entfachen. Aber heute schlafe ich bei mir, das war mir gestern zu doll.

    Wie sind die Erfahrungswerte mit so einem Programm wie „Quit the Shit“?

  • Servus siaaa

    Vorweg, positiv ist, dass "Konsum einstellen" ein Thema ist.
    Erster Schritt ist immer, dass erkannt wird, dass ein Problem vorliegt.
    Dies scheint ja gegeben, wobei aber die Frage ist, warum!?

    Kommt diese Erkenntnis von seitens deines Freundes, weil er verstanden hat?
    Oder ist es eher der Druck von dir, dass die Beziehung auf der Kippe steht?

    dass ich im Gespräch bleiben darf

    Warum solltest du nicht dürfen?

    dass er mit dem Ausschleichprozess beginnt

    Das hat DHS_Lena auch schon angemerkt, wie soll dieser Prozess denn ablaufen?
    Da braucht es eine klare Strategie, sonst wird das nix!

    dass er die letzte Zeit noch einmal richtig genießen muss

    Ich verstehe zwar die Aussage, aber im Grunde ist das nichts anderes, als dass es aufgeschoben wird.
    Zudem macht es den Ausstieg noch schwerer, wenn er das "Genießen" mit extremen Konsumsteigerung verbindet.

    Therapie und Suchtberatung lehnt er leider ab

    Leider ist das sehr häufig vor, aber ganz ehrlich, viele schaffen es genau aus dem Grund nicht!

    wie kann ich meine Sorge ausrücken?

    So wie die bei dir entstehen, klar und deutlich!

    Oder sollte ich es gerade herunterschlucken?

    Eben nicht!
    Natürlich kann man einen Süchtigen einfühlsam begleiten, aber es braucht immer Ehrlichkeit und Klarheit.
    Damit ist gemeint, dass auf den Tisch kommt, was dich umtreibt.
    Es geht doch um eure Beziehung, da müssen also beide Seiten sagen, was an Sorgen und Ängste vorhanden sind.

    Vielleicht kennen auch Betroffene hier dieses „jetzt nochmal genießen“?

    Wie gesagt, verstehen kann ich den Gedanken, doch der ist einfach sinnfrei!
    Will man sich tolle Erinnerungen schaffen oder was soll das wirklich bewirken?
    Ich denke, hier wird was verzögert, weil noch die volle Überzeugung fehlt.

    Was hättet ihr euch von euren Angehörigen in der Zeit gewünscht und was hätten diese sich sparen können?

    Sparen, klar eine Überfürsorge, wo auch andauernde Überprüfung dazu gehört.
    Gewünscht, Vertrauen, Zuspruch, wenn gewünscht, Ablenkung.

    Wie sind die Erfahrungswerte mit so einem Programm wie „Quit the Shit“?

    Wir betreiben ja ein ähnliches Programm >> lass-das-gras.de
    Der Großteil unserer Teilnehmer gelingt der Ausstieg und auch eine langfristige Abstinenz.
    Aber aktuell machen wir Winterpause, also haben einen Aufnahmestopp!
    Aber ganz ehrlich, das liegt nicht unbedingt an solchen Programmen - vielmehr an den Teilnehmern selbst, die ernsthaft den Ausstieg wollen!
    Warum fragst du danach?
    Eigentlich sollte das dein Freund machen :face_with_tongue:

    Als Angehörige würde ich dir raten, erwarte im ersten Moment nicht zu viel und setz dich mit der Realität auseinander.
    Damit meine ich, viele Abstinenzversuche scheitern, brauchen mehrere Anläufe und eben auch Unterstützung von Fachleuten.
    Es gibt ja meist einen Hintergrund, warum wer süchtig wird und der ist ja nicht erledigt, wenn man den Konsum einstellt.
    Wichtig für dich ist aber auch, dass du auf dich achtest und klar kommunizierst, wie du dir die Beziehung vorstellst.

    Ich hoffe, dein Freund kann den gleichen Aufwand wie du betreiben und holt sich bald passende Infos sowie Unterstützung.

    Und ganz ehrlich, es ist toll, wenn du deinen Freund unterstützen und einfühlsam begleiten möchtest.
    Es sollte aber klar sein, nur er kann wirklich was an seiner Sucht verändern!

  • Hi Franz,

    auch dir danke für die Antwort. Viele gute Impulse.

    Ich habe es eben angesprochen und meinte auch dazu, dass ich mir einen Termin bei der Suchtberatung für Angehörige gemacht gemacht habe, damit ich nicht mit Freunden von mir rede, vor denen er anders dastehen möchte, und ihn nicht mit meinen Sorgen erdrücke. Es ist direkt ein riesiger Streit entstanden, in dem zwei mal mit mir Schluss gemacht wurde, zusätzlich Aussagen wie „deine Wahrnehmung ist komplett verschoben“, „jetzt bist du daran Schuld, dass ich mich wirklich richtig zudröhnen werde und nicht aufhöre“. Nur Vorwürfe.

    Gerade frage ich mich echt, ob ich mir das wirklich geben muss.

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