Woher diese Angst?

  • Hallo,

    heute möchte ich euch einmal eine Frage stellen, weil ich keine Antwort darauf habe.
    ich habe seit ich denken kann Angst vor Männern, Panik vor Kontakt und sobald ich eine Beziehung eingehe, reagiere ich mit Esstörungen und SVV.
    Mit 31 ist das doch nicht normal, dass ich, sobald ich interessant befunden werde, vor jedem Kontakt fliehe? Warum ist das so? ich weiß es nicht, hab an nichts negatives eine Erinnerung.
    Nur Fakt ist, dass ich diesen Körper hasse,
    ihn ernähre weil es sein muß, damit ich funktioniere in der Arbeit,
    Gefühle kaum zulasse, wie ich auch schon geschrieben habe, oft extrem angespannt bin und mich was SVV betrifft, absolut nicht im griff habe, nur mit Tavor.
    Dabei wünsche ich mir sehr innere Ausgeglichenheit, Geborgenheit und das Gefühl, zu jemandem zu gehören. Aber dann ist da immer die gegenbewegung und ich eliminiere jede Sympathie aus Angst. ich fühle mich da ganz schutzlos und ohne Haut.
    Warum ist das so? Viele meiner Freunde-Innen haben Familie und Kinder, leben in Partnerschaften und ich geistere alleine durch die Welt,
    ja boikottiere sogar seit einigen Monaten jede Form von enger emotionaler Freundschaft. Gefühle stressen mich enorm, weil ich nur ganz oder gar nicht empfinden kann.
    Und eben sobald Nähe dazukommt, ist es aus bei mir. Das geht nicht.
    Bin ratlos und deswegen sehr traurig. Wenn ich wüßte warum, wäre es ein Ansatz.
    Manche meinen ich sollte es mal mit Hypnose versuchen. Vielleicht war mal was, an das ich mich nicht erinnere. Hat jemand von euch damit Erfahrung? Wäre das eine Idee? Und dann?

    Sepia:21:

  • Hi du,
    Dem "Warum" kann wohl niemand auf den Grund kommen. Nein, normal ist das nicht (aber was ist schon normal). Nähe und Distanz Probleme sowie emotionale Störungen sind Symptome von einer vielzahl von "Krankheiten", es ist also unmöglich als Nichtfachmann(-frau) dahinterzukommen. Die gleiche Phase habe ich auch schon durchgemacht und ich wusste auch nicht warum ich so bin. Doch ich habe erfahren warum, allerdings erst als ich fähig war es zu erfahren, das war ein Prozess von mehr als 10 Jahren und er hält noch an. Das heisst für dich jetzt gar nichts. Ich denke diese Anzeichen sind immer individuell zu betrachten, konkrete Tipps fallen mir leider derzeit auch nicht ein. Von Hypnose rate ich dir dringendst ab. Denn wenn das Unterbewusstsein dir keine Informationen gibt, hat das einen Grund und es ist meistens eine Schutzfunktion. Wenn das per Umweg umgagengen wird kann es zu schwerwiegenden Folgen kommen. Wie gesagt meiner Erfahrung nach: was du wissen sollst erfährst du, was nicht, erfährst du nicht.

    Arbeite solange du keinerlei Grundlagen hast an den Auswirkungen die dieses Verhalten auf dein Leben hat. Ich nehme an, du bist bereits in Therapie?
    griaßle

  • Ja, das kommt mir auch sehr bekannt vor. Ich bin zwar noch etwas jünger, aber die Probleme sind die Gleichen.
    Ich hab jahrelang nicht einmal zulassen könne, dass mir überhaupt jemand emotional nahe kommt und weiß, wie es mir wirklich geht. Von Männern wollen wir mal gar nicht erst reden, weil da bin ich eine absolute Niete. Ich kann auch immer am schnellsten Laufen, wenn sie irgend wo eine Beziehung anbahnt und jemand mich mag. Bei mir geht das oft auch soweit, dass ich mich nicht einmal von meiner Familie in den Arm nehmen lassen kann, ohne mich so zu ekeln, dass ich mich zusammen reißen muss, um nicht schreiend unter den nächsten Tisch zu flüchten.
    Aber ich versuche daran zu arbeiten. Immer in kleinen Schritten. Zum Beispiel habe ich vor ein paar Monaten eine Mitstudentin kennen gelernt, die auch psychisch krank ist und wir sind seitdem die besten Freunde. Zwar kommen immer wieder die alten Ängste hoch und je schlechter es mir geht, um so mehr Kraft kostet es mich, offen zu ihr zu sein und ihre Hilfe anzunehmen. Aber ich mache kleine Schritte. Lasse zum Beispiel zu, dass sie mir einen Rat gibt oder fragt, wie es mir geht.

    Ängste kann man immer am besten bekämpfen, indem man auf das zugeht, wovor man Angst hat. Sich also direkt mit der Angst konfrontiert. In der Verhaltenstherapie sagt man oft, dass es nicht wichtig ist, was eine Angststörung ausgelöst hat, um diese Angst zu therapieren, sondern dass man die Angst selber erst einmal in den Griff bekommt. Das heißt, man macht genau das, wovor man Angst hat, um sein Gehirn "umzuprogrammieren". Mir hilft es, wenn ich kleine Schritte mache. Zum Beispiel, dass ich es akzeptiere, dass mir jemand die Hand auf die Schulter legt. Oder an besonders guten Tagen, dass ich mich in den Arm nehmen lasse.

    Falls du eine Therapie machst, kannst du auch mal mit deinem Therapeuten darüber sprechen. Der / Die müsste dir dazu auch einiges erzählen können und dich dabei unterstützen können. Mein Therapeut zum Beispiel hat mir angeboten, mich zu begleiten, wenn ich eine Angst angehen möchte und dabei zu sein, um mich aufzufangen, wenn gar nichts mehr geht. Das ist meistens auch besser, weil eine Angsttherapie unglaublich an die Substanz geht.

    Ich hoffe, ich konnte dir vielleicht ein kleines bisschen weiter helfen. Mir hilft immer schon das Wissen, dass ich nicht alleine bin mit meinen Ängsten und dass da noch andere sind, die genau die gleiche Angst haben, wie ich.

    Liebe Grüße und ein kleines Kraftpaket (mehr kann ich im Moment leider nicht abtreten :frowning_face: ),
    das Würmchen

  • Hi Grany,

    ja, du hast wahrscheinlich recht. Ich sollte nichts tun, was mir meine Psyche nicht von sich aus offenbart.
    Und an den Auswirkungen arbeiten. ja, das mache ich schon länger, seit fast 3 Jahren. Aber ich habe das Gefühl, dass es immer schlimmer wird und ich immer mehr Angst vor jeglichem Kontakt habe.
    Vielleicht bilde ich mir auch alles nur ein. Manchmal denke ich, ich fühle falsch, und es ist eigentlich alles normal. Nur wenn ich mich mit mir und meinem Innenleben beschäftige, dann steigt die Anspannung. Vielleicht sollte ich einfach damit aufhören, mich ganz ignorieren und so tun als sei alles in Ordnung. ich weiß nicht, was ich bin und was nicht, was echt ist und was Einbildung. Ja, wahrscheinlich steigere ich mich nur in etwas rein. Ich weiß gar nichts mehr.
    Egal. Grany, du bist wirklich zu bewundern, dass du schon über 10 Jahre an dir arbeitest. Manchmal denke ich, ich schmeiße die ambulante Therapie hin, da sich sowieso nichts tut, nur meine Aggression und Anspannung verstärkt.
    Na ja, Geduld heißt die Maxime.
    Danke nochmals und weiterhin alles Gute für dich.

    Sepia

  • Hallo Würmchen,

    auch dir danke ich für deine Antwort und deine Erfahrung. ja, das tun, wovor man am meisten Angst hat, schreibst du. Ist gar nicht so einfach. Allein die Vorstellung von zu viel Nähe erzeugt einen solchen Druck in mir, dass ich schreien möchte.
    Und mein Therapeut tut alles, um mir zu versichern, dass er trotz meines Widerstandes, meines Schweigens da ist und er mich nicht fallen lassen wird. Er hat es echt schwer mit mir. Denn alleine ihm länger in die Augen zu sehen, schaffe ich selten. Ich kann nur mit ihm reden, gerade bei schwierigen Themen, wenn ich zugleich aus dem Fenster schaue. Doof. Aber so bin ich eben.

    Dir weiterhin viel Mut.

    Sepia

  • Lass dir Zeit, so etwas braucht Zeit. Ich hab zum Beispiel auch geglaubt, dass ich meine Prüfungsangst und den Leistungsdruck, den ich mir selber mache und der mich im Moment mal wieder auffrisst und an den Rande des Abgrunds bringt, überstanden habe. Leider ist dem nur nicht so. Ich weiß nicht, wie das bei dir ist, aber für mich ist erst einmal wichtig, dass ich akzeptiere, dass ich diese Erkrankung habe und endlich lerne, dass ich mich nicht dafür schämen muss. Wenn ich das gelernt habe, werde ich es wohl auch angehen können. Aber solange ...
    Hast du es denn mit kleinen Schritten versucht? Also zum Beispiel einmal zu sagen: Ich schaue meinem Therapeuten jetzt für 10 Sekunden in die Augen und dann darf ich den Rest der Sitzung wegschauen. Beim nächsten Mal sind's dann zwei Mal 10 Sekunden und so weiter. So in ganz kleinen Schritten voran gehen. Immer ein ganz kleines Ziel setzen und das dann versuchen zu erreichen. Es muss nichts großes sein. Aber so langsam wird's dann irgend wann leichter werden und du wirst immer öfter feststellen, dass dir einige Dinge leichter fallen.
    Dazu sollte dir dein Therapeut auch einiges erklären können. Du kannst ihn ja, wenn du magst, mal nach dem Bukanowski Prozess fragen. Das ist so in etwa der Grundgedanke der Angsttherapie und ziemlich interessant, wei lman dann das Warum versteht. Mein Therapeut hat's mir mal erklärt. Ich bekomme bei ihm immer eine kostenlose Psychologievorlesung, weil er mir die Hintergründe immer erklärt, damit ich's besser verstehe. :winking_face:
    Es ist übrigens nicht doof, dass du es nicht schaffst, deinem Therapeuten länger in die Augen zu gucken. Das ist auch mit das Schwerste, weil man dann eine dirketere Verbindung zum anderen Menschen herstellt und bei Therapeuten meistens das Gefühl hat, dass sie einem direkt in die Seele schauen. Ich hatte mal einen Therapeuten, der konnte einen 10 Minuten lang anschauen ohne zu blinzeln und ich konnte ihm nicht einmal 5 Sekunden in die Augen schauen, weil ich das Gefühl hatte, dass er meine Seele bis auf die letzte Socke "auszieht".

    Ich wünsch dir viel Kraft und auch Mut, damit du vielleicht morgen einen kleinen Fortschritt machen kannst.
    Lg das Würmchen

  • Hallo sepia,

    es hört sich für mich so an, wie wenn Dein Innerstes versuchen würde, deine Bezugsperson, also den Therapeuten von Dir wegbringen will.
    Man tut dann sehr viel um die Leute von sich wegzubringen. Vor lauter Sorgen, es könnte ihn doch nicht so interessieren, man wird evtl. fallengelassen usw. versucht man das so unter Kontrolle zu bringen. Somit hat man selber das Ruder in der Hand und eben nicht der andere (Therapeut).

    Sowas kann man dann auch ins "echte" Leben übertragen. Ist Dir schon mal aufgefallen, dass Du versuchst Leute von Dir wegzubringen?
    Das muß einen erstmal klar werden, dass man selber das dann tut, und nicht meinen, dass jeder gegen einen ist. Verzwickte Sache!

    lg

    eternal

  • Hallo eternal,

    ja, da magst du durchaus recht haben. meine Angst, mir liebe Menschen zu verlieren, ist gewaltig. Und ich habe auch schon durch Tod viele viele mir sehr nahe Menschen verloren, seit ich klein bin.
    Und andere sind so gegangen, z.B. mein Vater.
    Da denke ich immer, ich bin es nicht wert, dass es jemand wirklich ernst mit mir meinen kann, dass ich echt wichtig bin, so wie ich bin.
    Und aus dieser Angst heraus verhindere ich engen Kontakt, weil der Verlust (hypothetisch) dann unerträglich wäre.
    Und wenn ich doch mal Kontakt zugelassen habe, dann ist es schief gegangen aus verschiedenen Gründen, sicherlich auch durch mein mich immer wieder zurückziehen einerseits und der extremen Verlustangst andererseits. Beides will ich dem Gegenüber nicht spüren lassen, was aber einen solchen Druck erzeugt, dass ich mich schneide, o.ä..
    Ich bin einfach zu mißtrauisch.
    Und was meinen Therapeuten betrifft? Was soll ich denn anders machen? Wie soll ich denn anders sein? Würde ich ihn emotional in mich lassen, dann wäre das fatal, dann würde ich ihn zu sehr brauchen, dann passiert das Gegenteil. Ich leide dann an seiner Abwesenheit, sterb an meiner Sehnsucht und an meinen Zweifeln.
    Und so lebe ich auch "echt" - immer auf Distanz. das ist für mich besser zu ertragen, als zu viel Nähe. Hab einfach Angst, dass ich , wenn ich auf mache, meine Gefühle nicht mehr kontrollieren kann.
    Und wenn ich dann doch verlassen werde, dass ich es nicht ertrage.
    So lebe ich schon lange emotional flatline, innerlich abgestorben. Aber es tut trotzdem weh. Was soll ich denn nur tun? Ich kenne nur ganz oder gar nicht.
    Es ist zum verzweifeln.

    Sepia:wall:

  • Hallo sepia,

    eine Therapie spiegelt meist die Beziehung zu anderen wieder. Das heißt, Du verhältst Dich dort so, wie Du es auch in anderen Beziehungen tust. Im Endeffekt versteckst Du Dich auch bissl vorm Therapeuten.
    Was tun? Zähne zusammenbeißen und beim nächsten Mal ansprechen! Dass Dir das an Dir aufgefallen ist, und ob er da nen Vorschlag hätte, wie ihr beide da dran arbeiten könnt, und zwar so dass es Dir dabei gut geht und Du keine Angst haben mußt, dass er Dich auch hängen lässt!
    Geht reden nicht, drück ihm doch nen Brief in die Hand! Glaub mir, Dein Thera freut sich, wenn Du Dich ihm öffnest!

    lg

    eternal

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