• 'Bulimie

    Der Begriff "'Bulimie" ist an das griechische "bulimos" angelehnt, was soviel wie "Ochsenhunger" bedeutet. Einzelne Berichte über diese Krankheit gibt es bereits aus der Antike, doch erst seit der Veröffentlichung von Russel (1979) wird diese Kranheit "'Bulimia nervosa" genannt und in ihren Eigenschaften wissenschaftlich beschrieben.
    Vorkommen Die 'Bulimie hat in den vergangenen 20 Jahren sicherlich sehr an Häufigkeit zugenommen. Verläßliche epidemiologische Angaben sind wegen der hohen Dunkelziffer dieser Erkrankung schwierig. Man kann wohl von einer Häufigkeit von 2 bis 4 Prozent in der Risikogruppe der 18 bis 35-jährigen Frauen ausgehen. Etwa 95% aller an 'Bulimie erkrankten Menschen sind weiblich. Das Alter bei Erkrankungsbeginn liegt meist etwas höher als bei der 'Anorexia nervosa ('Magersucht). 'Bulimie kann auch in der Folge einer 'Magersucht auftreten.

    Beschreibung der Symptome Die Erkrankung ist Durch wiederholte Attacken von Heißhunger ("Fressattacken") meist gefolgt von selbst herbeigeführtem Erbrechen gekennzeichnet. Bei den Fressattacken werden meist die Nahrungsmittel gewählt, die ansonsten eher tabu sind: meist fett- und kohlenhydratreiche Esswaren. Bis zu 50000 Kalorien werden bei einer solchen Attacke "gefressen". Die Frequenz der Freß- und Brechattacken reicht von 1-2 pro Woche bis hin zu 20 pro Tag. Ebenso variabel ist auch die Zeitdauer einer einzelnen Attacke.
    In aller Regel spielen sich solche Attacken in aller Heimlichkeit ab und werden vom Partner oder Familienangehörigen oft überhaupt nicht oder sehr spät wahrgenommen. Die Bandbreite der beteiligten Gefühle ("Ich könnt‘ Dich fressen – Du bist zum Kotzen!") ist enorm: höchstes Lustempfinden und Befriedigung und tiefe Niedergeschlagenheit und ein Gefühl des Versagens können sich abwechseln. Ein meist vorliegendes tiefes Schamgefühl nach einer Freß/Brechattacke ist ein wesentlicher Grund, die Erkrankung auch vor den besten Freunden zu verstecken. Oft kommt es zum heimlichen "Mundraub" aus den Lebensmittelvorräten der Familie oder der Wohngemeinschaft, für das Kaufen der mitunter riesigen Lebensmittelmengen werden manchmal sogar Schulden gemacht. Erbrechen kann aber auch nach dem Essen einer ganz "normalen" Mahlzeit vorkommen.
    Neben dem willkürlichen Erbrechen werden auch andere Mittel eingesetzt, um dem dickmachenden Effekt der großen aufgenommenen Nahrungsmenge zu verhindern: 'Abführmittel, Appetitzügler, Fastenperioden, Diuretika (entwässernde Medikamente), Schilddrüsenmedikamente u.a.
    Ein weiteres Kriterium für die 'Bulimie ist die fast permanente Beschäftigung der Betroffenen mit allem, was mit Essen, Kalorien, Körpergewicht, Diät und Figur etc. zu tun hat. Bulimische Menschen können unter-, norm- oder auch übergewichtig sein, sie haben jedoch meist ein sehr schlankes Körperideal. Zwei starke Bestrebungen bestimmen die Gefühle: enthemmtes, verschlingendes Essen-wollen und der Wunsch, dünn zu bleiben oder zu werden. Die 'Bulimie ist DIE Lösung für solch an sich unvereinbaren innere Ziele.

    Der Hintergrund Jede Frau (oder jeder Mann) mit einer 'Bulimie hat einen ganz indiviDuellen (Leidens-) Weg hinter sich bzw. noch vor sich, insofern werden Verallgemeinerungen und einfache Modelle der indiviDuellen Realität nicht gerecht.
    Dennoch gibt es einige Merkmale im bulimischen Geschehen, die viele (nicht alle!) Betroffene gemeinsam haben: Bulimische Menschen sind oftmals sehr kontrolliert. Zwischen den Fressattacken haben sie meist ihr Leben äußerlich gut im Griff und sind in ihrem Lebensbereich recht erfolgreich: sie "funktionieren". Betroffene Frauen haben in ihrer Lebensgeschichte nicht selten eine (oder mehrere) sehr schlechte Erfahrung im Bereich der Sexualität gemacht. Wie schon erwähnt kann sich eine 'Bulimie auch aus einer 'Magersucht entwickeln, wenn das ständige asketische Hungerbemühen zusammenbricht und als Schwäche empfundene Eßattacken Durch anschließendes Erbrechen wieder revidiert werden sollen.
    In fast allen Fällen wird die Gefühlswelt der Betroffenen Durch das bulimische Verhalten stark beeinflußt, wobei oft nicht mehr unterschieden werden kann, welche Gefühle und Emotionen die 'Bulimie verursachten, sie aufrecht erhalten und Durch sie entstehen. Sehr charakterischtisch für Frauen mit 'Bulimie, aber auch für andere Formen der Essstörungen, ist ein niedriges Selbstwertgefühl, welches Durch die oft jahrelange Symptomatik oft noch weiter belastet wird.

    Die Folgen Bulimisches Verhalten ist nicht öffentlich, es führt in aller Regel immer tiefer in emotionale Einsamkeit. Dabei sind die Betroffenen Durchaus sozial integriert und sind oft sehr gefrage Beraterinnen, was die Probleme und Berater anderer Menschen angeht. Was die eigene Verquickung von Gefühlsbalance und Eßverhalten angeht, so fehlt jedoch meistens der regulierende zwischenmenschliche Austausch, das Gespräch unter Freunden und Liebenden. Das "Mit-sich-selbst-ausmachen-müssen" heftiger seelischer Turbulenzen führt oft in depressive Verstimmung und – dem Gebot der Heimlichkeit folgend – noch weiter in die 'Bulimie hinein.
    Ein weiterer Faktor der diesen Teufelskreis aufrecht erhält, ist die Erfahrung, das das gewünschte Körpergewicht nach den suchtartigen Eßattacken Durch drastische Maßnahmen wie Erbrechen und AbführmittelMissbrauch tatsächlich einigermaßen effektiv kontrolliert werden kann – ein hoher Preis! Begleitende Umstände können das Entwickeln einer Suchterkrankung (Drogen, 'Alkohol) oder gar einer 'Borderline-Persönlichkeitsstörung sein. So wie belastende Beziehungen eine 'Bulimie auslösen und aufrechterhalten können, so kann die 'Bulimie natürlich auch die Beziehungen der Betroffenen belasten und nicht selten zerstören.
    Die 'Bulimie hat neben diesen seelischen Konsequenzen auch, abhängig vom Ausmaß der Symptome, deutliche körperliche Folgen: Elektrolytentgleisung Durch Erbrechen, AbführmittelMissbrauch und Fehlernährung Vergrößerung der Speicheldrüsen ("Hamsterbacken"), Durch die Magensäure bedingte Zahnschmelzdefekte, v.a. an den Schneidezähnen, Durchfall und Verstopfung (oft im Wechsel), Verhornungsmale an den Handrücken Durch das selbst herbeigeführte Erbrechen ("Finger in den Hals") Kreislaufprobleme u.a..

  • Auf ein gesundes Essverhalten hinarbeiten
    Es ist nicht nur wichtig, sich mit den grundlegenden Ursachen zu beschäftigen, die die Eßstörung verursachen. Genauso wichtig ist es, auf ein gesundes Eßverhalten hinzuarbeiten. Viele Menschen haben 'Angst davor, wieder normal zu essen, weil sie befürchten, daß sie, wenn sie einmal mit dem Essen begonnen haben, nicht mehr aufhören können. Aber diese Befürchtung ist unnötig. Es braucht Zeit, wieder mit dem normalen Essen anzufangen, und es sollte langsam geschehen, damit Sie nicht in 'Panik geraten und die Kontrolle verlieren.
    Ihr ultimatives Ziel wird es sein, zu lernen, 3 Nicht-Diät-Mahlzeiten und 2 bis 3 Zwischenmahlzeiten pro Tag zu sich zu nehmen. Kohlenhydrate wie z.B. Getreide, Pasta, Reis, Brot, Obst und Gemüse sollten dabei 50 bis 60 % Ihrer täglichen Nahrungsmenge ausmachen. Fett ist ebenfalls ein essentielles Nahrungsmittel und sollte etwa 25 % zu Ihrer täglichen Nahrungszufuhr beitragen, während es bei Eiweiß, wie z.B. Eiern, rotem Fleisch, Milchprodukten und Geflügel zwischen 10 und 15 % sein sollten.
    Ein qualifizierter Ernährungsberater kann Ihnen dabei helfen, schrittweise ein gesundes Eßverhalten zu erlernen. Beigefügt ist eine Liste mit Vorschlägen, die Ihnen helfen können, zu normalem Essen zurückzufinden.
    Wenn Sie an 'Bulimie oder Freßattacken leiden, versuchen Sie, 3 Nicht-Diät-Mahlzeiten und 3 Zwischenmahlzeiten pro Tag zu essen. Die Mahlzeiten sollten jeden Tag etwa zur gleichen Zeit gegessen werden. Am Anfang kann es Ihnen helfen, einem Mahlzeitenplan zu folgen, so daß Sie schon im voraus wissen, was Sie essen werden. Erlauben Sie sich keine Mahlzeiten darüber hinaus! Mehr zu essen, könnte zu Versagensgefühlen führen und damit einen neuen Eß-/Brechanfall auslösen. Meiden Sie am Anfang Lebensmittel, die einen Heißhungeranfall oder zu starke Schuldgefühle nach dem Essen auslösen könnten. Zu einem späteren Zeitpunkt können Sie diese Lebensmittel schrittweise in Ihren Nahrungsplan aufnehmen.
    Werfen Sie Ihre Waage fort! Waage können Sie daran hindern, Ihr gesetztes Ziel des gesunden Essens zu erreichen. Denken Sie außerdem daran, daß Sie keine Nummer sind, und daß die Zahl auf der Waage nichts ändert an der wunderbaren Person, die Sie sind. Versuchen Sie sich nach dem Essen mit einer Lieblingsbeschäftigung abzulenken. Wenn Sie sich sehr unwohl fühlen, versuchen Sie es mit Atemübungen.
    Hören Sie auf mit dem Kalorienzählen. Kalorienzählen hindert Sie daran, normal zu essen. Konzentrieren Sie sich lieber darauf, zu lernen, was normales Essen bedeutet. Andere beim Essen zu beobachten, kann dabei hilfreich sein. Manchmal hilft es, sich Essen als Medikament vorzustellen. Sie mögen es vielleicht nicht nehmen, aber es ist wichtig, es einzunehmen, um gesund zu werden. Sie können Essen auch mit Treibstoff vergleichen: Ihr Körper braucht ihn, um ordnungsgemäß zu funktionieren.
    Denken Sie daran, daß die Stimme in Ihrem Kopf lügt – Sie müssen genau das Gegenteil von dem tun, was sie Ihnen sagt. Wenn sie Ihnen befiehlt, nicht zu essen, halten Sie sich nicht daran und essen Sie. Dadurch werden Sie die Kontrolle zurückgewinnen, die die Eßstörung jetzt noch hat.
    Viele Menschen glauben, daß sie die Kontrolle haben, solange sie nicht essen. Die Wahrheit ist, daß die Eßstörung Sie unter Kontrolle hat, solange Sie sich nicht erlauben zu essen. Wenn Sie übermäßig Sport treiben, versuchen Sie, langsam auf ein normales Maß zu kommen.
    Üben Sie am Anfang „mechanisches Essen". Das bedeutet, zu vorgegebenen Zeiten zu essen, ganz gleich, ob Sie hungrig sind oder nicht. Die körperlichen Mechanismen, die Hunger und Sättigung signalisieren, funktionieren nämlich noch nicht. Mit der Zeit werden sie aber wiederkehren und Ihnen anzeigen, wann Sie hungrig und wann Sie satt sind. Denken Sie immer daran, daß KEIN Essen Sie fett macht, solange es in Maßen gegessen wird.
    Hören Sie auf, „Diätprodukte" zu kaufen. Kaufen Sie Essen, auf das Sie Lust haben, und nicht, weil es wenig Kalorien hat. Normales Essen zu lernen, braucht Zeit, und Sie sollten es langsam angehen, um sich nicht zu überfordern. Am Anfang ist es harte Arbeit, aber schon bald wird es ein normaler Teil Ihres Tagesablaufs sein.

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