wann Zwangseinweisung/Entmündigung?

  • ich habe letztens mit einem Bekannten über den Suizid geredet; er meinte, dass jmd. der Selbstmordabsichten hat und diese offen äußert zwangseingewiesen wird, bzw. entmündigt wird. ich hab da nicht so die ahnung von und mich würde mal interessieren welche genauen voraussetzungen es braucht, damit jemand gegen seinen willen in eine klinik gesteckt wird bzw. sogar entmündigt wird! reicht da ein selbstmordversuch bzw. n diagnostiziertes borderline-syndrom aus?
    wenn jemand sich zb gegen ne lebensrettende OP entscheidet, dann ist das ja quasi auch Selbstmord, aber in dem fall darf der arzt doch nix machen?! wieso ist das dann bei Suizidenten anders? wenns denn anders ist...
    konkretes beispiel: person x; klar bei kopf und vollkommen gesund erklärt seinem arzt er hat vor, sich heute abend zu vergiften, die erforderliche Dosis hat er sich schon besorgt und liegt griffbereit auf seinem Schreibtisch. Muss der Arzt die Polizei/Krankenwagen einschalten oder ihn selbst gewaltsam davon abhalten?
    würd mich freuen wenn mir da jemand infos zu geben könnte, der wiki-artikel über entmündigung ist leider sehr allgemein gehalten.

  • Hallo Slania,

    soweit ich informiert bin (ist aber keine 100%ige Sicherheit ;)), kann man nur zwangseingewiesen werden, wenn man wirklich versucht, sich umzubringen, also bei einem aktuellen, akuten Versuch, die Ankündigung ansich reicht meiner Ansicht nicht aus.
    Entmündigung... Da kenn ich mich leider gar nicht aus... Sorry!

    Liebe Grüße
    rose

  • Puh ich weiß es auch nich so genau. Aber es ist glaub ich schon so, dass man über die Polizei bei ner Ankündigung eingewiesen werden kann. Also wenn die so definitiv ist wie du das beschrieben hast, dann geht das schon. Aber das muss dann halt die Polizei machen. Naja und dann entscheidet halt der diensthabende Arzt ob man bleiben muss oder nicht. Wobei, dann ist es doch besser freiwillig zu bleiben...Naja ansonsten kann man gegen seinen Willen 24 Stunden eingewiesen werden falls eine akute Selbst-oder Fremdgefährdung vorliegt. Nach den 24 Stunden muss es ein Richter entscheiden ob man dann noch weiter in der Psych. bleiben muss. Naja und das kann dann lang dauern glaub ich bis man wieder draußen ist wenn ein Richter eingeschaltet wird...

    Entmündigen in dem Sinne gibts ja nicht mehr. Wird jedenfalls nicht mehr so genannt. Also es gibt Betreuer, die von nem Richter dann eingesetzt werden können. Und die können dann auch entscheiden zum Beispiel wo man sich aufhält (können dann jem. auch in die Psych. einweisen usw.) naja und paar andere Sachen. Aber dafür muss denk ich schon bissel was vorgefallen sein bzw. derjenige dann schon ne Weile in der Psych sein und der Eindruck entstehen, dass er für sich selbst keine Entscheidung treffen kann.

    Ähm...und ja nur weil man ne Borderline-Diagnose hat wird man nich eingewiesen^^

    LG, Ragazza

  • Hi Slania,

    da sind paar grundsätzliche Sachen vermischt, eben Entmündigung und Einweisung, dazu eben dein Beispiel mit der OP!

    Entmündigung in dem Sinne gibt es eigentlich nicht, so wie Ragazza dass schon geschrieben hat.
    Nur wenn jemand unter Betreuung gestellt wird, dann kann es gleiches bedeuten :winking_face:
    Dazu kommt es einfach drauf an ob man im Sinnes des Gesetzes geschäftsfähig ist und ich mag mal bezweifeln, dass man die verliert, wenn man einen Selbsttötungsversuch unternimmt.
    Borderline reicht dazu jedenfalls nicht aus, nur wenn man eben echt nix mehr peilt, dann kann so ein Verfahren eingeleitet werden.

    Die Einweisung kann man bisserl mit einer Festnahme vergleichen. Es ist aber schwierig da genauere Aussagen zu treffen, weil eine Einweisung wird nach dem Unterbringungsgesetz entschieden und das ist Ländersache. Also haben wir in Bayern eben teilweise etwas andere Kriterien als irgendwo weiter oben :winking_face:
    Die Einweisung wird durch die Polizei vollzogen, wenn se denn unfreiwillig ablaufen muss.
    Dann läuft es ähnlich wie bei einer Festnahme, es muss ein richterlicher Beschluss her und zwar umgehend. Bei einer Verhaftung heißt es recht schwammig im Gesetzestext "Vorführung beim Ermittlungsrichter spätestens an darauffolgenden Tage" (also im Grunde bis zu 48 Stunden)!
    Im Falle der Einweisung muss also ein vorläufiges Gutachten durch einen 'Psychiater erstellt werden, dieser kann eben dann die Unterbringung fordern, die muss aber durch das Vormundschaftsgericht erlassen werden. Das Gericht hat den Patienten, deren Vertreter oder Betreuer zu hören, am besten man lässt das alles von einem Anwalt überwachen (anwaltlicher Notdienst, sollte es in jeder größeren Stadt geben).

    Aus einem psychiatrischen Ratgeber hab ich folgendes entnommen!

    Einfache Abfolge:
    1. passiver Todeswunsch
    2. unkonkrete Suizidgedanken (noch innerer Wiederstand??)
    3. konkreter Suizidplan
    4. Abschiedsvorbereitungen
    5. Suizidhandlung

    Vorgehen:
    - geduldiges Gespräch mit dem Patienten, prüfen, in welchem Stadium der sich befindet
    - ab 1. psychiatrisch-psychotherapeutische Hilfe einleiten
    - spätestens ab 3. stationäre Einweisung (notfalls auch per UBG)

    Zu empfehlen ist also folgendes:
    - freiwillig in die Klinik mitfahren
    - Untersuchungen über sich ergehen lassen
    - einer vorläufigen Unterbringung zustimmen, normal kann man nach 1-2 Tagen eh wieder gehen

    - ehrlich zu sich sein und echt überlegen, ob man nich ne Zeit in der Klinik bleibt und seine Probleme angeht ==> weiterführende Therapien einleiten usw.


    Zur OP noch kurz!
    Man kann per Patientenverfügung lebenserweiternde Maßnahmen ausschließen, aber noch gibt es keine klare Gesetzgebung dazu.
    Um dein Beispiel fortzuführen, solange der Patient voll zurechnungsfähig ist, da kann er eine OP eventuell ablehnen. Fällt er ins Koma, dann entscheidet der Betreuer/Ehepartner/gesetzliche Vertreter mit dem Arzt, eher letzterer, weil sich Verwandte da eher durch die ärztliche Meinung fügen würde.
    Abgewandelt zum Selbsttötungsversuch, da greift das aber nicht, weil man da immer von einer zumindest vorübergehenden Unzurechnungsfähigkeit ausgeht, also werden die immer versuchen, so jemanden zu retten :smiling_face:

    Wenn man in Deutschland von weit über 100'000 Selbsttötungsversuchen jährlich ausgeht, da sind Einweisungen per Gericht doch eher die Ausnahme und kommen selten vor.

    Aber ganz ehrlich, wer einen Versuch begeht, der gehört auch mal paar Tage unter Beobachtung und meist schaut es dann ja schon etwas anders aus, als in dem Moment wo man sich das angetan hat.

    LG Franz

  • Hallo zusammen,

    ich kann ganz aktuell zu diesem Thema etwas beitragen. Ich habe gestern vom hiesigen Amtsgericht - Abteilung Vormundschaft, einen Schriftsatz erhalten, in dem für mich eine Betreuung durch das Familiengericht angeregt wird. Hierbei geht es schon seit über drei Jahren um die Schizophrenie meiner Ex Frau und Kindesentzug nach §235 StGB . Hierzu hatte ich vor gut einem Jahr ein Posting eröffnet:(showthread.php?t=3437

    Mittlerweile war ich, sowie mein ältester Sohn, in der Psychiatrie und sind als normal eingestuft worden, sogar meine "Version" der damaligen Ereignisse wurden als realistisch eingestuft. Trotzdem soll ich jetzt vom Gericht einen Betreuer gestellt bekommen. Das merkwürdige an der ganzen Sache ist aber, dass ich schon vor einem halben Jahr den gleichen Antrag gegen meine Ex gestellt und dazu offensichtliche Beweise angeführt habe - aber passiert ist nichts! Im Gegenteil, ICH werde jetzt für verrückt gehalten und soll unter Betreuung gestellt UND therapiert werden.
    Hierzu wurde vom Gericht das Kreisgesundheitsamt aufgefordert, über mich ein Gutachten zu erstellen und die "Notwendigkeit einer Betreuung" zu prüfen.
    Des weiteren bin ich dazu aufgefordert worden, mich schriftlich zu äußern, ob ich einer Betreuung zustimmen werde (denn gegen meinen Willen geht es nicht)! Es ist also mehr ein "FREIWILLIGER Zwang"! trotzdem erkenne ich hier nicht die Notwendigkeit! Nicht ich habe Stimmen gehört und leide an Verfolgungswahn, sondern die Ex Frau!!!
    Allerdings muss ich sagen, dass ich vor zwei Jahren eine "nicht näher bezeichnende Pesönlichkeitsstörung" diagnostiziert bekam, die sich dann als Asperger Syndrom (leichte Form des Autismus) heraus stellte. D. h.: ein Autistisch veranlagter Mensch reagiert emotional und im Sozialverhalten anders wie "normale Menschen"!
    Muss ich deshalb einen Betreuer bekommen? Ich bin 50 Jahre recht ordentlich mit der Gesellschaft klargekommen - urplötzlich fällt meiner Frau auf, dass ich gesellschaftlich NICHT kompatibel bin?
    Ich denke der unerkannte/unbehandelte Verfolgungswahn und Schizophrenie meiner Ex nimmt jetzt sehr krasse Formen an!!!????

    Werde morgen zum Gericht gehen und fragen, welche Begründung für einen Betreuer bei mir vorliegen sollen (es gibt ja mehrere Möglichkeiten)!!!!

    Ihr seht, Entmündigung (jetzt Betreuung) ist immer noch aktuell .......
    Ich werde euch auf den laufenden halten!

    Gruß euer
    Xerxes

  • *mal das Thema rauskram*

    Bei uns reicht eigentlich schon die Ankündigung eines Selbstmordes für ein UBG.
    Unfreiwillig = Polizei.
    Richterliche Unterbringung zieht ersteinmal ein Gutachten des diensthabenden Arztes mit sich beim eintreffen in die Klinik. Wenn es per Gericht entschieden wird, das die Gefährdung noch besteht und es zu einer längeren UB kommen wird, wird nochmal ein Gutachten erstellt das dann bestimmt wie lange in etwas die Unterbringung andauern wird.
    Es gibt jedoch den Patientenanwalt in jeder größeren Klinik denn man sofort verlangen kann und zugestellt bekommt - hab ich auch schon gemacht.

    Grundsätzlich rate auch ich jedem sich in so einem Fall versuchen zu beruhigen und freiwillig in der Klinik zu bleiben.
    Ich war mal wieder so intelligent und hab mich so gewehrt, bis ich wieder auf freiem fuß war, das hat fast 14 (!) Wochen gedauert.

    Also, versuchen kühlen Kopf zu bewahren. Die Klinik und die Ärzte wollen keinem etwas schlechtes.
    Es gibt keinen Grund auszurasten oder versuchen zu flüchten. Eine Flucht ist sinnlos wirklich sinnlos und kann auch schon mal mit fixiergurten enden. Gesetz den falles man entkommt - ist auch schon passiert- kann man sich sicher sein das ein doch eher großes Aufgebot der Polizei eingeschaltet wird. Die Klinik ist verpflichtet (!!) des Leben des Menschen zu beschützen, sie machen sich strafbar wenn sie keine Polizei zur Suche einschalten.
    Und dann wird man immer gefunden, und dann sind die nicht gerade zimperlich.. Also mit lange einreden ist da nichts mehr.


    LG nf

  • hi

    Future: ich weiß aber dass in österreich ein suizidversuch straffrei ist. obwohl man ja zwangseingeweist werden darf wenn man sich selbst oder andere gefährdet. das mit den gesetzen ist immer so ne sache... da stehen ja immer irgendwelche anderen darüber.

    ich hatte als kind immer Angst eingewiesen zu werden, deswegen hab ich auch meine therapie abgebrochen, weil ich die rechtsgrundlage nie wusste. und wenn dann noch leute horrorgeschichten vom lsf erzählen, und wie schnell man da gegen seinen willen reinkommt, ist das dann ganz schön verwirrend als kind.

    im mittelalter war das sehr schräg. wenn man versucht hat sich selbst umzubringen wurde man mit hängen bestraft. kommt ja auch noch vom christlichen glauben dass das eine sünde ist wenn man Suizid begeht.

  • Hallo Slania,

    ich arbeite in der Psychiatrie/geschlossene Akutaufnahmestation und habe es bisher häufig erlebt, dass PatientInnen aufgenommen wurden, weil sie Freunden/Bekannten/Ärzten gegenüber suizidale Gedanken geäußert haben, teilweise unter Einfluss von Alkohol und/oder Drogen stehend. Alleine die Ankündigung reicht aus, dass v. a. ein Arzt verpflichtet ist, sofort die Einweisung zu veranlassen, notfalls mit Hilfe der Polizei. Wenn er das unterlässt und die Person bringt sich um, kann er strafrechtlich belangt werden wegen unterlassener Hilfeleistung. Ich erlebe häufig, dass "einfach so" geäußerte suizidale Gedanken tatsächlich zu Zwangseinweisungen führen und PatientInnen dann schon in Fixierung bei uns eingeliefert werden, weil sie freiwillig nicht in die Klinik mitgehen wollten. Wobei ich der Überzeugung bin, dass niemand "einfach so" und ohne tieferliegenden Grund suizidale Absichten äußert. Vielleicht ist es nicht der konkrete Wunsch, nicht mehr zu leben, sondern der Wunsch nach Ruhe, Entlastung, einer Auszeit oder der Wunsch nach einem anderen Leben als dem bisherigen. Sobald die PatientInnen wieder ansprechbar sind - in der Regel kommen sie mit hohen Dosen Diazepam und/oder Haldol (vom Notarzt verabreicht) - führt einer unserer Ärzte ein Gespräch zur Abklärung der Suizidalität, was dann die entscheidenden Weichen für den weiteren Verlauf stellt. Wenn jemand auf die Entlassung drängt, sich aber nicht von Suizidalität distanzieren kann, besteht die Möglichkeit, ihn nach UBG (Unterbringungsgesetzt) für 24 h fürsorglich zurück zu halten. Dann muss aber das Amtsgericht eingeschaltet werden, denn, und das auch zu Deiner Frage, niemand kann ohne weiteres festgehalten oder "entmündigt" werden.
    Konkreter Handlungsbedarf besteht in jedem Fall, wenn ein Suizid nicht nur angekündigt, sondern auch die Art/der Zeitpunkt benannt wird - je konkreter, umso akuter. Leider kommt es nach wie vor zu vielen Suiziden, die nicht angekündigt wurden und die Hinterbliebenen wie ein Schlag aus heiterem Himmel treffen. Und da man diese gewöhnlich schon nicht verhindern kann, ist es umso wichtiger, sensibel auf geäußerte Suizidabsichten zu reagieren. Ich bin der Meinung, dass lieber einmal zuviel als einmal zuwenig darauf reagiert werden sollte, denn erfahrungsgemäß setzt die stationäre Aufnahme in einer Psychiatrie schon etwas in Gang bei dem Patienten, hat sozusagen auch einen "pädagogischen" Effekt; ganz abgesehen von den Patienten, die sich durch die Aufnahme entlastet zeigen und nach einer Weile auch äußern, froh um die Aufnahme gewesen zu sein.

    Ich wünsche Dir alles Gute.

    Lieber Gruß,
    Katzendevil

  • Hallo Slania,

    ein Suchttherapeut hat mir gegenüber mal folgendes formuliert: "Wenn Sie mir gegenüber äussern, dass Sie suizidale Absichten haben kann ich Sie umgehend zwangseinweisen lassen. Wenn Sie mir gegenüber äussern, Sie möchten sich todsaufen, kann ich nichts machen. Das ist dann legitim und liegt in Ihrer Entscheidung."

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